Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Pompeianus, Ti. Schwiegersohn d. Kaisers Marcus
Band III,2 (1899) S. 28432845
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282) Ti. Claudius Pompeianus. a) Name. Der vollständige Name: CIL III 6176. IX 4970; Tib. Cl. P..., CIL VIII 18068; sonst Claudius Pompeianus oder nur Pompeianus.

b) Leben. C. stammte aus Antiochia. Seine Familie gehörte nicht zu den vornehmen dieser Stadt; sein Vater war römischer Ritter (Hist. Aug. Marc. 20, 6). Er selbst gelangte in den Senat. Im J. 167 n. Chr. verwaltete er Pannonia inferior (CIL III p. 888 dipl. XLVI, datiert vom 5. Mai 167) vermutlich bereits als Consular, da diese sonst von Praetoriern geleitete Provinz durch den im J. 166 ausgebrochenen Markomannenkrieg erhöhte Wichtigkeit erlangt hatte (vgl. Domaszewski Rh. Mus. XLV 1890. 207; irrig ist die Notiz quem postea [nach 169] bis consulem fecit, Marc. 20, 6). In den Kämpfen mit den Germanen, welche die J. 166–169 ausfüllten, muss Kaiser Marcus Pompeianus Tüchtigkeit erkannt haben, denn im J. 169 vermählte er seine Tochter Lucilla Augusta, die Witwe des Kaisers Verus, mit diesem, obwohl derselbe bereits grandaevus und selbst schon Witwer war (Marc. 20, 6. Herodian. I 6, 4 [κατ’ ἐπιγαμίαν]. 8, 3. Die Heirat erfolgte gegen den Willen der Kaiserin Faustina und Lucillas selbst (Marc. 20, 7). Demgemäss war denn auch die Ehe nicht glücklich (Dio LXXII 4, 5; vgl. die Nachrichten über Lucillas Beziehungen zu Quadratus und Quintianus, Herodian. I 8, 4. Dio LXXII 4, 4). Um so glänzender gestaltete sich die Rolle, die Pompeianus im Staate spielte. Im J. 173 wurde er zum zweitenmal [2844] Consul und zwar ordinarius mit dem anderen Schwiegersohne des Kaisers, Cn. Claudius Severus (CIL VIII 18068. IX 4970. III 6176 u. s. w., vgl. Marc. 20, 6; Carac. 3, 8; was in den gefälschten Briefen Avid. Cass. 10, 3. 11, 8. 12, 2 über C. berichtet wird, ist ohne Autorität), und fortan nahm er an allen Kriegen des Marcus in leitender Stellung teil (Carac. 3, 8; Pert. 2, 4; Did. Iul. 8, 3. Dio LXXI 3, 2). Man darf in ihm die Seele der erfolgreichen Kriegführung gegen Markomannen, Quaden und Sarmaten erblicken, da seinem kaiserlichen Schwiegervater die Talente eines Feldherren doch wohl versagt waren (vgl. Mommsen Die Marcussäule, Textband 1896, 23). Wir dürfen daher auch erwarten, ihn in der künstlerischen Wiedergabe des bellum Germanicum et Sarmaticum (171–175) auf der Marcussäule dargestellt zu finden. Thatsächlich hat Petersen in ,einem bejahrten Manne von entschieden semitischem Typus‘, der fast immer an des Kaisers Seite und zwar meist zu seiner Rechten dargestellt ist, Pompeianus erkannt (Marcussäule, Textband 43); eine Identifizierung, die kaum Zweifel gestattet. Wir gewinnen dadurch ein deutliches Abbild seiner charakteristischen Züge (vgl. namentlich Taf. 16. 27. 43. 63 [zur Linken des Kaisers]. 89. 99 in der Publication der Marcussäule; über sonstige Darstellungen des C. s. Röm. Mitt. 1890, 75f.). Die nämliche Stellung wie im ersten wird Pompeianus auch im zweiten Markomannenkrieg (178–180) eingenommen haben (vgl. Herodian. I 6, 4). Als Marcus am 17. März 180 starb, suchte er den neuen Kaiser, seinen Schwager Commodus, vergeblich zur Fortsetzung des Krieges zu bewegen (Herodian. I 6, 4–7). Die Regierung dieses Herrschers hatte viel Unheil für ihn im Gefolge. Seine Gemahlin, sowie sein Sohn aus erster Ehe, Cl. Pompeianus Quintianus, fanden bei dem Versuche, Commodus zu stürzen, ihren Tod (vgl. Nr. 284); er selbst liebte Commodus (Herodian. I 8, 4), wurde auch von diesem geschont (Dio LXXII 4, 2 = Zonar. XII 4; irrig ist Hist. Aug. Comm. 5, 12), umsomehr schmerzte ihn jedoch das unwürdige Treiben des Kaisers (Dio LXXII 20, 1). Daher zog er sich aufs Land zurück, indem er sein Fernbleiben von den Staatsgeschäften mit dem Alter und einem Augenleiden motivierte (Dio LXXIII 3, 2). Als nach Commodus Ermordung Pertinax zur Regierung kam (1. Januar 193), der unter ihm selbst gedient hatte und sein Avancement grossenteils ihm verdankte (Hist. Aug. Pert. 2, 4. Dio LXXIII 3, 1), erschien er wieder in Rom und im Senate und nahm an den Beratungen des letzteren teil (Dio LXXIII 3, 2. 3). Pertinax erwies ihm hohe Ehren (Dio a. a. O.) und soll ihm sogar die Kaiserwürde angetragen haben (Pert. 4. 10). Nach dem baldigen Untergang auch dieses Herrschers (28. März 193) verliess Pompeianus Rom abermals, um nicht mehr dahin zurückzukehren (Dio LXXIII 3. 2. 3), und begab sich in die Gegend von Tarracina. Als Didius Iulianus ihm die Mitherrschaft anbot, lehnte er sie mit Hinweis auf sein Alter und seine Augenkrankheit ab (Did. Iul. 8, 3). Ob er auch des Iulianus Ende (1. Juni 193) und den Sieg des Septimius Severus noch erlebte, wissen wir nicht. In richtiger Schätzung des Pompeianus tadelt Iulianus Apostata (in der Maske Silens) [2845] den Kaiser Marcus, weil dieser das Reich seinem Sohne Commodus hinterliess, obwohl er einen trefflichen Schwiegersohn hatte, der den Staat besser gelenkt und auch für den Sohn besser gesorgt hätte, als dieser für sich selbst (Caes. p. 401, 11 ed. Hertlein).

c) Familie. Söhne des C. erwähnt Dio LXXII 20, 1. Zu denselben gehörte Claudius Pompeianus (Nr. 280), den ihm Lucilla gebar (Carac. 3, 8). Sein Sohn aus erster Ehe (mit einer Quintia?) war vielleicht Cl. Pompeianus Quintianus (Nr. 284). Vgl. die Stammtafel der Claudii Pompeiani und Claudii Severi zu Nr. 348.