Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gemoroi, Partei der Grundbesitzer mit verschiedener Bedeutung
Band VII,1 (1910) S. 12191221
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Γεωμόροι (γαμόροι), Grundbesitzer. Das Wort findet sich zur Bezeichnung des Standes und einer auf ihm beruhenden Parteibildung in Syrakus, Samos und Athen, doch in wesentlich verschiedener Bedeutung. In Syrakus und Samos bedeutet das Wort dasselbe; es bezeichnet in beiden Orten die alteingesessenen, grundbesitzenden Familien, deren meist wohl umfangreicher Besitz noch auf die erste Gebietsaufteilung bei Anlegung der Kolonie zurückgeht. Diese aristokratischen Geomoren haben die Regierungsgewalt in Händen; sie stehen als Vollbürger einem minderberechtigten Demos von Gewerbe- und Handeltreibenden gegenüber, der sich hauptsächlich wohl aus später Zugewanderten, also grundbesitzlosen, und aus der unterworfenen Urbevölkerung gebildet hat. Auch das Schicksal der Geomoren ist in beiden Städten sehr ähnlich. In Syrakus wurde ihre Herrschaft gestürzt durch eine Verbindung des Demos mit den Hörigen, den Kallikyriern. Die Gamoren zogen sich nach Kasmenai zurück; dann aber benutzte Gelon, der Tyrann von Gela, diesen Zwist für seine eigenen Zwecke. Er führte 485 die Gamoren nach [1220] Syrakus zurück, fügte die Stadt aber seiner eigenen Herrschaft hinzu, so daß es mit der Macht der Gamoren denn doch zu Ende war (vgl. Herodot. VII 155). In Samos wurde die Herrschaft der dortigen Geomoren schon um 600 durch einen Aufstand des Demos gestürzt, aus den Wirren erhob sich die Macht der Tyrannen von Syloson bis zu Polykrates. Später aber gelangten die Aristokraten doch wieder zur Macht; bei Beginn des Delischen Bundes haben sie die Herrschaft. Von ihnen ging offenbar der samische Aufstand gegen Athen aus 440/439; sein Ende bedeutete den Sturz ihrer Macht. Viele von ihnen flohen und setzten sich fest in Anaia, Samos gegenüber am Festlande; von dort aus haben sie den Athenern viel Schaden zugefügt, besonders im Peloponnesischen Kriege (vgl. Thuc. IV 75). Es scheint dann, daß noch vor 412, vielleicht durch den Ausgang der sizilischen Expedition veranlaßt, neue Verfassungskämpfe ausbrachen (Busolt Gr. Geschichte III1 553, 2 nimmt an, daß sie die Herrschaft wieder erlangten, vgl. auch Swoboda Verfassungsgesch. von Samos in Festschrift für Benndorf 250ff.); denn 412 erhob sich das Volk von neuem und richtete mit Hilfe athenischer Flottenmannschaften ein furchtbares Blutbad unter den Geomoren an; 200 wurden getötet, 400 verbannt, den Übriggebliebenen alle Rechte, selbst die Epigamie mit den andern Bürgern genommen (Thuc. VIII 21). 404 erfolgte der Rückschlag durch die Eroberung von Samos durch Lysander; die Macht der Geomoren wurde jedenfalls völlig hergestellt, ist aber wohl 394 von neuem gestürzt.

Wesentlich anders nun ist die Bedeutung der Geomoren in Athen. Dort haben wir bekanntlich in den alten Zeiten die drei Stände der Eupatriden, Geomoren, Demiurgen, wie Plutarch (Thes. 25) sie nennt. Offenbar gehören die Geomoren hier nicht zum Adel; allerdings hat Busolt (Staatsaltert.2 127) sie auch hier als Adel auffassen wollen, und zwar als den ländlichen, im Gegensatz zum städtischen der Eupatriden und dem kaufmännischen der Demiurgen; doch er selbst hat schon (Griech. Gesch. II2 96) diese unhaltbare Annahme zurückgezogen. Nach allen Erwähnungen und dem ganzen Bilde der Verfassungskämpfe in Altathen ist es sicher, daß die Geomoren und Demiurgen zusammen den Eupatriden gegenüber das niedere Volk bilden; also sind die Geomoren hier die Kleinbauern, die späteren Zeugiten. Es ist aber sehr wohl möglich, daß die Bezeichnung Geomoren überhaupt nur irrtümlich auf athenische Verhältnisse angewendet ist. Außer bei Plutarch findet sie sich nur noch Pollux VIII 111 und Diod. I 28; sonst wird der Stand bezeichnet als γεωργοί (Schol. zu Plat. Axioch. 371 D. Lex. Seguer. 257, 7. Diod. IX 18) oder als ἀγροικοί (Hesych. u. Aristot. Ἀθ. πολ. 13, 2). Besonders diese letzte Stelle ist wichtig; es handelt sich um den eigentümlichen Vermittlungsversuch, den man 581/580 in den Verfassungskämpfen machte: zehn Archonten wurden gewählt πέντε μὲν εὐπατριδῶν, τρεῖς δὲ ἀγροίκων (nach sicherer Verbesserung statt ἀποίκων), δύο δὲ δημιουργῶν. Hier vor allem muß man die offizielle Bezeichnung der Stände erwarten. So scheint es richtiger, die Bezeichnung der athenischen [1221] Kleinbauern als Geomoren zu vermeiden. (Sollte dieser Irrtum Plutarchs oder seiner Quelle zusammenhängen mit der eigentümlichen Benennung des dritten Standes, der Demiurgen, als ἐπιγεώμοροι, die sich im Lex. Seguer. a. a. O. und im Etym. M. findet?).