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Autor: James Breit
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Titel: Notenbanken
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aus: Handbuch der Politik Zweiter Band: Die Aufgaben der Politik, Elftes Hauptstück: Handel, Geld und Kredit, 55. Abschnitt, S. 329−337
Herausgeber: Paul Laban, Adolf Wach, Adolf Wagner, Georg Jellinek, Karl Lamprecht, Franz von Liszt, Georg von Schanz, Fritz Berolzheimer
Auflage:
Entstehungsdatum: {{{ENTSTEHUNGSJAHR}}}
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Dr. Walther Rothschild
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Erscheinungsort: Berlin und Leipzig
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[329]
55. Abschnitt.


Bank- und Börsenwesen.


a) Notenbanken.
Von
Dr. James Breit,
Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Dresden.


Literatur: Bearbeiten

Kommentare zum Bankgesetz von
Breit,
Strauss,
Henschel,
Merzbacher,
Koch,
Obst,
sowie die dort angegebene weitere Literatur.

I. Entwicklung des deutschen Notenbankwesens. Bearbeiten

1. Die Entstehung des modernen deutschen Bankwesens führt nicht weiter als bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück. Die Banken, die um jene Zeit entstanden, waren vornehmlich Diskontobanken. Der ausserordentliche Aufschwung des Wirtschaftslebens, der mit dem Bau der Eisenbahn einsetzte, hatte ein in früheren Zeiten unbekannt gewesenes Kreditbedürfnis und damit ein Bedürfnis nach diskontierenden Banken zur Folge. Da der Wechsel zudem um jene Zeit eine sichere Rechtsgrundlage durch die allgemeine Wechselordnung erhalten hatte, so bot sich das Diskontgeschäft den Banken als eine gewinnbringende und im allgemeinen gefahrlose Tätigkeit dar.

Die Banken jener Zeit waren in der Hauptsache Zettelbanken, d. h. Banken, denen die Befugnis zur Ausgabe von Banknoten erteilt war. Bis zum Jahre 1875 hatte die Zahl der deutschen Zettelbanken die ansehnliche Zahl von 33 erreicht. Ein Bankgesetz oder ein spezielles Zettelbankgesetz existierte in keinem deutschen Staat. Insbesondere war die Ausgabe von Banknoten nirgends gesetzlich reglementiert, oder etwa gar ein gesetzliches Notenmonopol zugunsten einer bestimmten Bank begründet. Trotzdem standen sämtliche 33 Zettelbanken – wenn auch natürlich [330] in verschiedenem Umfange – unter staatlicher Kontrolle. Nach dem bestehenden Rechtszustande waren die Staaten in der Lage, trotz der prinzipiellen Bankfreiheit die Ausgabe der Noten an Bedingungen zu knüpfen und ihre Innehaltung zu überwachen. In Preussen insbesondere war die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber an staatliche Genehmigung geknüpft. Das gleiche war in den meisten übrigen deutschen Staaten der Fall. Weiter kam hinzu, dass sich für den Betrieb einer Zettelbank von den privatrechtlichen Gesellschaftsformen nur die Rechtsform der Aktiengesellschaft eignete: Zettelbanken, die als offene Handelsgesellschaften oder reine Kommanditgesellschaften gegründet worden wären, existierten daher in Deutschland nicht. Zur Errichtung einer Aktiengesellschaft war nun aber bis zum Jahre 1870 ganz allgemein die staatliche Genehmigung erforderlich. So war allerdings mittelbar der Einfluss des Staates auf die Errichtung und den Betrieb der Zettelbanken gesichert. Die staatliche Kontrolle wurde um so schärfer gehandhabt, als der Staat in den Banknoten einen unliebsamen Konkurrenten seines Papiergeldes erblickte. Ausserdem bot die Notwendigkeit der staatlichen Genehmigung den kleineren Staaten die Möglichkeit, als Vorbedingung der Konzession finanzielle Vorteile für die Regierung zu fordern.

Immerhin hat das Erfordernis der staatlichen Konzession das deutsche Zettelbankwesen im grossen und ganzen auf eine gesunde kommerzielle Basis gestellt. Es muss hervorgehoben werden, dass keine der deutschen Zettelbanken in den damaligen Zeiten schwerer politischer und wirtschaftlicher Krisis zusammengebrochen ist. –

An der Spitze der deutschen Zettelbanken stand die Preussische Bank mit einem Grundkapital von 60 Millionen Mark. Durch ihre enge Verbindung mit dem preussischen Staate nahm sie eine besondere Stellung unter allen übrigen Notenbanken ein. Ihre Grundlage bildete die Bankordnung vom 5. Oktober 1846.

Die übrigen 32 Notenbanken wiesen in ihrem rechtlichen Aufbau, der Höhe ihres Kapitals, dem sächlichen Geschäftskreise, der Höhe des Notenumlaufs, der Stückelung der Noten und der Deckung die denkbar grösste Verschiedenheit auf.

2. Die Regelung des Banknotenwesens war neben der Ordnung des Münzwesens von vornherein als eine der dringendsten Aufgaben des Norddeutschen Bundes anerkannt worden. Infolgedessen wurden in § 4 No. 3 R.V. der Beaufsichtigung des Reichs und seiner Gesetzgebung

„die Ordnung des Mass-. Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundiertem und unfundiertem Papiergelde“, und in No. 4: „die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen“ unterstellt.

Unter dem Bankwesen war hierbei nach dem damaligen Sprachgebrauche nur an das Notenbankwesen gedacht.

Zunächst erging als Vorläufer des kommenden Bankgesetzes das sogenannte Banknotensperrgesetz vom 27. März 1870. Danach konnte vom Tage der Publikation dieses Gesetzes an – dem 29. März 1870 – das Notenemissionsrecht nur durch Bundesgesetz erworben werden. Der Konzession neuer Notenbanken durch die Landesregierungen war damit ein Riegel vorgeschoben.

Da die Landesgesetzvorlage länger, als vorauszusehen war, sich verzögerte, so wurde das Banknotensperrgesetz mehrfach, zuletzt bis zum 31. Dezember 1875 verlängert.

Inzwischen hatte die Regierung den Entwurf eines Bankgesetzes dem Reichstage vorgelegt. Die Errichtung einer Zentralnotenbank war in dem Entwurfe noch nicht vorgesehen. Erst in der Reichstagskommission wurde die Gründung der Reichsbank beschlossen (Bamberger!) Regierung und Plenum stimmten zu. Das Gesetz wurde unter dem 15. März 1875 vom Kaiser vollzogen und unter dem für die heutige Zeit irreführenden Titel „Bankgesetz“ am 18. März 1875 R.G.Bl. 177 ff veröffentlicht. Die richtige Bezeichnung wäre Notenbankgesetz gewesen.

Nachdem noch am 24. Mai 1875 das Statut der Reichsbank publiziert war, hatte die deutsche Notenbankgesetzgebung ihren vorläufigen Abschluss erlangt.

[331] 3. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte hat das Bankgesetz mehrfache Änderungen erfahren. Die Bankgesetznovellen vom 18. Dezember 1889, vom 7. Juni 1899 und vom 1. Juni 1909, sowie das Gesetz betr. die Ausgabe von Reichsbanknoten von 50 und 20 M vom 20. Februar 1906, haben zwar die Grundlagen des Gesetzes unangetastet gelassen, haben aber die Stellung der Reichsbank gegenüber den sogenannten Privatnotenbanken dauernd verstärkt. Den Schlussstein dieser Entwickelung bildet die allerdings mehr theoretisch als praktisch bedeutsame Änderung des § 2 Bank-G. durch die Novelle vom 1. Juni 1909, durch die die Noten der Reichsbank zum gesetzlichen Zahlungsmittel erhoben sind.

Im übrigen hat die moderne wirtschaftliche Entwickelung, die einer mächtigen den Diskont regulierenden Zentralbank nicht entbehren kann, das ihrige dazu beigetragen, um der Reichsbank mehr und mehr ihre überragende Stellung im deutschen Wirtschaftsleben zu schaffen und zu sichern. Gleichzeitig hat dieselbe Entwickelung – freilich unterstützt von den strengen Normen des Bankgesetzes – dazu geführt, dass die früheren 32 Privatnotenbanken heute bis auf 4 verschwunden sind.

II. Die rechtlichen Grundlagen des heutigen Notenbankwesens. Bearbeiten

Die Befugnis zur Ausgabe von Banknoten – das sind der Geldfunktion dienende, von einem privaten Rechtssubjekte emittierte Schuldverschreibungen – kann nur durch Reichsgesetz begründet werden (sog. Notenhoheitsrecht). Zurzeit besitzen dieses sog. Notenprivileg ausser der Reichsbank noch die Bayerische Notenbank, die Sächsische Bank, die Württembergische Notenbank und die Badische Bank (die sog. „Privatnotenbanken“). Alle vier Privatnotenbanken stammen übrigens aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Bankgesetzes. Das Reich hat – abgesehen natürlich von der Reichsbank – von seiner Befugnis zur Erteilung des Notenprivilegs niemals Gebrauch gemacht. – Weiter bedarf jede Abänderung des Statutes einer Notenbank der Genehmigung des Bundesrats, falls die Abänderung sich auf das Grundkapital, den Reservefonds, den Geschäftskreis, die Deckung der auszugebenden Noten oder die Dauer der Befugnis zur Notenausgabe bezieht. Endlich entspringt dem Notenhoheitsrechte des Reichs seine Befugnis zur Aufsicht und Kontrolle des gesamten Notenbankbetriebes. Für die Reichsbank ist in § 12 Bank-G. ausdrücklich ausgesprochen, dass sie unter Aufsicht und Leitung des Reichs steht. Die dem Reiche zustehende Aufsicht übt das Bankkuratorium aus (Reichskanzler und vier vom Kaiser bezw. Bundesrat ernannte Mitglieder). Die oberste Leitung der Reichsbank liegt in den Händen des Reichskanzlers. Ihm ist das Reichsbankdirektorium als die verwaltende und ausführende und die Reichsbank nach aussen vertretende Behörde unterstellt.

Für die Privatnotenbanken ist Aufsichtsbehörde der Reichskanzler. Er darf jederzeit von den Büchern, Geschäftslokalen, Kassenbeständen der Privatnotenbanken kommissarisch Einsicht nehmen, um sich auf diese Weise von der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überzeugen.

Ein weiterer Ausfluss des Notenhoheitsrechts des Reiches ist das Recht zur Kündigung des Notenprivilegs. Das Reich ist befugt, unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist die Reichsbank am 1. Januar 1921 und, sofern es für diesen Tag von diesem seinem Rechte nicht Gebrauch macht, nach jedesmal weiteren 10 Jahren aufzuheben oder zu verstaatlichen. Zu den gleichen Terminen kann der Bundesrat den Privatnotenbanken das Notenprivileg kündigen.

Die Notenbanken sollen ihren Geschäftsbetrieb unter der ständigen Kontrolle der Öffentlichkeit führen. Aus diesem Grunde sind sie gesetzlich verpflichtet, wöchentlich einen Ausweis über ihren Aktiv- und Passivbestand und spätestens drei Monate nach dem Schlusse jeden Geschäftsjahres eine Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung zu veröffentlichen. Über die Spezifikation der einzelnen Bilanzposten ist das Erforderliche in der Bekanntmachung des Bundesrats, betreffend die Vorschriften über die von den Notenbanken in der Jahresbilanz gesondert nachzuweisenden Aktiva und Passiva vom 15. Januar 1877 enthalten.

Der Befugnis zur Ausgabe von Banknoten steht als Korrelat eine Beschränkung im Geschäftsbetriebe gegenüber. Im Interesse der Möglichkeit jederzeitiger Noteneinlösung wird einmal eine gewisse Liquidität des Bankvermögens angestrebt, und zweitens werden den Notenbanken [332] gewisse riskante Geschäfte ein für allemal untersagt. Die Notenbanken dürfen keine Wechsel akzeptieren – eine in der heutigen Zeit nicht mehr angebrachte Geschäftsbeschränkung, zumal die Indossierung nicht untersagt ist und im Interesse der Rediskontierung auch nicht untersagt werden kann–, sie dürfen keine Zeitgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung abschliessen, oder Bürgschaften für Zeitgeschäfte übernehmen. Über die negative Beschränkung hinaus ist aber der Reichsbank im § 13 Bank-G. ausdrücklich positiv vorgeschrieben, welche Geschäfte sie überhaupt betreiben darf. Es gehört hierher vor allem das Diskontgeschäft in kurzfristigen Wechseln und Schecks, das Lombardgeschäft mit Beschränkung auf Edelmetalle und gewisse Effekten, das Effektenkommissionsgeschäft und Giro- und Depositengeschäft. Vergl. § 13, § 44 Bank-G. Ausserdem gilt noch für die Reichsbank die Sonderbestimmung, dass sie verpflichtet ist, Barrengold zum festen Satze vom 1392 M für ein Pfund fein gegen ihre Noten umzutauschen. In diesem Kaufzwange kommt die Stellung der Reichsbank als des zum Schutze der Goldwährung in erster Linie berufenen Organs deutlich zum Ausdruck. Die Bestimmung hat praktisch zur Folge, dass im grossen und ganzen der gesamte Goldimport nach der Reichsbank geleitet und ihrer Leitung dadurch eine ständige Kontrolle über den Goldmarkt ermöglicht wird.

Die Befugnis zur Notenausgabe ist bei der Reichsbank ziffernmässig nicht beschränkt, sie darf „nach Bedürfnis ihres Verkehrs“ Banknoten ausgeben. Reichsrechtlich existiert auch für die Privatnotenbanken eine ziffernmässige Beschränkung nicht. Anders nach Landesgesetz oder Privileg. Die Sächsische Bank ist allerdings auch landesrechtlich einer Beschränkung nicht unterworfen. Für die Bayerische Notenbank ist als Höchstbetrag der umlaufenden Noten 70 Millionen Mark festgesetzt. Bei der Württembergischen Notenbank und der Badischen Bank darf der Gesamtbetrag der auszugebenden Noten den dreifachen Betrag des jeweilig eingezahlten Grundkapitals nicht übersteigen, bei der Badischen Notenbank ist noch als Maximalziffer 25 714 285 Mark festgesetzt. Wohl sieht nun aber das Bankgesetz eine zweifache indirekte Beschränkung der Notenausgabebefugnis für alle Notenbanken – auch für die Reichsbank – vor. Einmal setzt der Grundsatz der sog. Drittelsdeckung dem unbeschränkten Notenemissionsrecht eine faktische Schranke. Die Reichsbank und die heute noch existierenden Privatnotenbanken – die letzteren allerdings auf Grund einer formell freiwillig übernommenen Beschränkung – sind verpflichtet für den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Banknoten jederzeit mindestens ein Drittel in kursfähigem deutschen Gelde, Reichskassenscheinen oder Gold und den Rest in diskontierten Wechseln mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten, aus denen in der Regel drei- mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, oder Schecks, aus denen mindestens zwei als zahlungfähig bekannte Verpflichtete haften, in ihren Kassen als Deckung bereit zu halten.

Die zweite Beschränkung des Notenemissionsrechts bilden Kontingentierung und Notensteuer. Prinzipiell ist die Notenemission steuerfrei. Die Steuerfreiheit endigt aber bei einer bestimmten Höhe des Umlaufes: sobald die Bank diese Grenze überschreitet, hat sie von dem überschiessenden Betrage des Umlaufs eine Steuer von 5% an die Reichskasse zu zahlen. Der steuerfreie Betrag setzt sich bei jeder Notenbank aus zwei Faktoren zusammen: einer variablen Grösse, das ist ihr Barvorrat (kursfähiges deutsches Geld, Reichskassenscheine, deutsche Banknoten, Gold) und einer konstanten Grösse, d. i. dem ihr durch das Bankgesetz zugewiesenen ein- für allemal fixierten Betrage an steuerfreien Noten, dem sog. Kontingent. Die Kontingente betragen:

a) für die Reichsbank seit der Novelle vom 1. Juni 1909 im allgemeinen       550 Millionen Mark
für die Quartalsschlüsse 750 Millionen Mark
b) für die Bayerische Notenbank 32 Millionen Mark
c) für die Sächsische Bank 16 771 000 Mark
d) für die Württembergische Notenbank 10 Millionen Mark
e) für die Badische Bank 10 Millionen Mark

Fällt eine der Privatnotenbanken weg, so wächst ihr Kontingent der Reichsbank zu.

[333]

III. Statistik des deutschen Notenbankwesens (nach dem Stande vom 31. Dez 1910). Bearbeiten

1. Grundkapital: Bearbeiten

Reichsbank M       180 000 000,—
Bayerische Notenbank M 7 500 000,—
Sächsische Bank M 30 000 000,—
Württembergische Notenbank      M 9 000 000,—
Badische Bank M 9 000 000,—

2. Reservefonds: Bearbeiten

Reichsbank M       64 813 723,75
Bayerische Notenbank M 1 772 267,33
Sächsische Bank M 7 500 000,—
Württembergische Notenbank      M 1 470 500,58
Badische Bank M 2 250 000,—

3. Durchschnittlicher Notenumlauf im Jahre 1910. Bearbeiten

Reichsbank M       1 605 882 000,—
Bayerische Notenbank M 63 382 000,—
Sächsische Bank M 40 729 700,—
Württembergische Notenbank      M 22 721 100,—
Badische Bank M 20 097 500,—

4. Giroguthaben am 31. Dez. 1910. Bearbeiten

Reichsbank M       561 729 722,99
Bayerische Notenbank M 4 114 438,25
Sächsische Bank M 15 720 226,05
Württembergische Notenbank      M 15 469 218,26
Badische Bank M 10 782 428,65

IV. Refombestrebungen. Bearbeiten

1. Die Reichsbank. Bearbeiten

Selbstverständlich unterliegt ein Institut wie die Reichsbank, das den gesamten deutschen Geldmarkt beherrscht oder doch reguliert, einer ständigen Kritik durch die Öffentlichkeit. Diese Kritik greift insbesondere dann ein, wenn – wie in Zeiten grosser Geldknappheit – die Reichsbank die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich zieht. Tatsächlich vorhandene oder eingebildete Missstände geben der Öffentlichkeit Veranlassung, auf der einen Seite die rechtlichen Grundlagen des Instituts, auf der andern Seite die von der jeweiligen Leitung geübte Bankpolitik zu bemängeln und Reformvorschläge daran zu knüpfen. Es können an dieser Stelle natürlich nur die wichtigsten Reformvorschläge erwähnt werden.

a) Die sog. Verstaatlichung. Bearbeiten

Der weitgehendste, namentlich auf konservativ-agrarischer Seite seit der ersten Bankgesetznovelle ständig wiederkehrende Vorschlag ist der der Ablösung des Privatkapitals und des Erwerbs der sämtlichen Reichsbankanteile durch das Reich gemäss § 41 Bank-G. Der einzige wirkliche Grund, der für die Verstaatlichung vorgebracht werden kann, ist das Finanzinteresse des Reichs. Zweifellos würde das Reich, sofern die Reichsbank auch weiterhin mit Gewinn arbeitet, jährlich mehrere Millionen mehr aus der Reichsbank ziehen als nach dem bisherigen Stande seiner Beteiligung am Reingewinn. Wäre daher mit absoluter Bestimmtheit vorauszusagen, dass die Reichsbank nach wie vor einen regelmässigen Gewinn abwerfen wird, dass sie weiter auch nach der Verstaatlichung ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Reich wahren könnte und nicht Parteiströmungen unterworfen [334] werden würde, so könnte man den Erwerb der Anteile durch das Reich wohl befürworten. Aber die Sicherheit dauernder Gewinnerzielung existiert nicht. Seit dem Erlass des Bankgesetzes hat das Reich eine grössere wirtschaftliche Krisis noch nicht durchgemacht. Wie sich die Zentralbank in einer solchen Krisis bewähren wird, lässt sich nicht voraussehen. Daher würde das Reich durch die Übernahme der Anteile immerhin ein nicht unerhebliches Risiko eingehen. Gegen die Verstaatlichung spricht weiter die Befürchtung, dass Parteipolitik und Parlamentsmehrheit Einfluss auf die Bankleitung gewinnen können. Die Tatsache lässt sich nicht ignorieren, dass gerade die bedeutendsten Anhänger der Verstaatlichungsidee auch im Interesse der Landwirtschaft eine Erweiterung der Kreditgewährungsbefugnis für die Reichsbank fordern. Ein wichtiges Argument gegen die Verstaatlichung ist weiter die Erhaltung der Selbständigkeit der Bank gegenüber dem Reich. Die Übernahme der Anteile durch das Reich würde die Gefahr erhöhen, dass das Reich noch weit mehr als wie bisher durch Diskontierung von Schatzanweisungen zur Deckung seiner Kapitalbedürfnisse auf die Reichsbank zurückgriffe. Und schliesslich wird man noch darauf hinweisen dürfen, dass nicht an den Grundlagen der Zentralbank, die sich doch nun einmal über ein Menschenalter hindurch im allgemeinen bewährt haben, ohne Zwang herumexperimentiert werden darf. Solange die Bank in der gleichen Weise sich weiter entwickelt, wie dies bisher der Fall gewesen ist, liegt für Deutschland kaum ein Grund vor, mit einem System zu brechen, das sich in gleicher Weise in der Bank von England und den Zentralbanken von Frankreich, Österreich-Ungarn und Italien verwirklicht findet.

b) Die Sozialisierung der Reichsbank (Vorschlag Bendixen). Bearbeiten

Bendixen fordert in seiner Abhandlung über den Charakter der Reichsbank – Bank-Archiv 8,67 – eine neue Organisation der Reichsbank. Er will zwar die Grundlagen der Zentral- Bank als einer mit Privatmitteln betriebenen Bank aufrecht erhalten wissen, er erachtet es aber für unstatthaft, dass den Anteilzeichnern ein höherer Gewinn zufliesse als die normale Verzinsung ihres Kapitals. Vielmehr sollten die Überschüsse nach Abzug einer nicht zu hoch bemessenen Rente für das Reich ausschliesslich der Reichsbank selbst zufallen, die sie zur weiteren Erfüllung ihrer gemeinnützigen Aufgaben zu verwenden hat. Bendixens Vorschlag ist praktisch undurchführbar, die vollkommene Verstaatlichung der Bank wäre seinem Vorschlage entschieden vorzuziehen. Es würde kaum zweckmässig sein, die Reichsbank zu zwingen, die Gewinne durchaus den eigentlichen sozialen Aufgaben der Reichsbank zuzuwenden, während für andere ausserhalb des Wirkungskreises der Reichsbank liegende Aufgaben notwendig Mittel gebraucht werden. Schliesslich ist es doch ganz gleichgültig, in welcher Form die Allgemeinheit am Gewinn der Reichsbank partizipiert.

c) Reformvorschläge im Rahmen der bestehenden Bankorganisation. Bearbeiten

Muss man bei nüchterner und vorurteilsfreier Betrachtung die Vorschläge derer, die eine radikale Umwälzung der geltenden Reichsbankorganisation fordern, im Interesse der ruhigen und stetigen Entwickelung des deutschen Wirtschaftslebens ablehnen, so lässt sich doch auf der andern Seite nicht leugnen, dass unter Aufrechterhaltung der allgemeinen rechtlichen Grundlagen der Bank Reformen im einzelnen – und zwar auch in wesentlichen Punkten – angebracht erscheinen.

Hierher gehören vor allem die Beseitigung der Drittelsdeckung und der Notensteuer und die zweckentsprechendere Ausgestaltung der Wochenausweise.

α) Aufhebung der Drittelsdeckung. Bearbeiten

Das Prinzip der Drittelsdeckung ist wie jedes andere mechanische Prinzip für eine Staatsbank schon als solches verwerflich. Es kann die Bank zu Massnahmen, insbesondere Diskonterhöhungen zwingen, die als solche in den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht begründet sind. Offenbar darf die Bank niemals auch nur an die Grenze der Drittelsdeckung herankommen, sie muss vielmehr in Wahrheit ständig eine viel höhere Deckung bereit halten, weil sie ja sonst Gefahr läuft, auf den toten Punkt zu gelangen, von dem an sie ihre Geschäfte solange einstellen müsste, bis Metall oder Noten zu ihr zurückgeflossen sind. Andererseits wird in Zeiten einer Krise die Drittelsdeckung [335] voraussichtlich doch suspendiert werden müssen. Weiter kommt hinzu, dass das Prinzip nicht einmal folgerichtig durchgeführt ist. Bedarf die Note überhaupt im Hinblick auf die internationalen Beziehungen einer Deckung, so kann heute nur Deckung in Gold in Frage kommen. Deckung in Silber ist keine Deckung und noch weniger Deckung in Reichskassenscheinen. Weder für Scheidemünzen noch für Reichskassenscheine besteht ja gesetzlich eine Deckung in Gold. Zu alledem kommt nun noch hinzu, dass sich die positive Ausgestaltung der Drittelsdeckung mit der Ausbildung des Girowesens nicht verträgt. Das Prinzip der Notendeckung gründet auch auf die Fiktion, dass der gesamte deckungsfähige Barvorrat für die Einlösung der Noten zur Verfügung stehe. Ist doch das Deckungsprinzip der Ausfluss des Misstrauens, mit dem man ehedem die Zettelbanken betrachtete. Für alle übrigen Verbindlichkeiten der Reichsbank, insbesondere auch die Giroverbindlichkeiten existiert eine gleichgeartete Deckungsvorschrift nicht. Nun wird gerade das Deckungsgesetz dadurch zur Farce, wenn die Reichsbank in der Lage ist, durch Kontrahierung täglich fälliger Verbindlichkeiten sich deckungsfähige Barmittel zu verschaffen. Das Gold, das die Girogläubiger der Bank auf Girokonto einzahlen, und das – wenn es überhaupt zur Deckung irgendwelcher spezieller Verbindlichkeiten bestimmt sein sollte – der Deckung eben der Giroverbindlichkeiten dienen müsste, wird nur unter dem Gesichtswinkel der Notendeckung betrachtet. Das ist gesetzlich natürlich durchaus gerechtfertigt. Aber die Deckung ist eine rein fiktive: sobald nur ein erheblicher Teil der Girogelder zurückgezogen würde, wäre das Deckungsgesetz verletzt. Der gesamte Goldbestand der Reichsbank deckte in den Jahren 1906 und 1907 kaum zwei Drittel der Giroverpflichtungen. Will man heute Deckungsvorschriften schaffen, so darf nicht die Eigenschaft der Zentralbank als Depositenbank vollständig neben der als Notenbank unberücksichtigt bleiben. Es würde zu bestimmen sein, dass in Höhe eines Teils – etwa eines Sechstels – der sämtlichen täglich fälligen Verbindlichkeiten Gold in Reserve zu halten ist. – So käme man dazu, einer modernen Deckungsvorschrift überhaupt nicht das Prinzip der Einlösbarkeit der Noten in Goldmünzen zugrunde zu legen. Die Zentralnotenbank muss als Hüterin der Währung, also für den Verkehr mit dem Ausland, Goldreserve haben. Dann würde von selbst der Goldbarren vollwertiges Deckungsmaterial werden und der Abzug der Prägegebühr erledigt sich ohne weiteres. Desgleichen stehen alsdann keinerlei Bedenken mehr der Einrechnung von Golddevisen entgegen. Nach der heute herrschenden Auffassung, wonach die Bardeckung den Reichsbankkassierer in die Lage versetzen soll, eine präsentierte Hundertmarknote in Goldmünzen umzuwechseln, wäre die Einrechnung der Golddevise allerdings eine Inkonsequenz.

β) Aufhebung der Notensteuer (der Kontingentierung). Bearbeiten

Die indirekte Kontingentierung mag für die Privatbanken zweckmässig sein, weil sie die Leitung der Bank immerhin zwingt, in der Kreditgewährung bestimmte Schranken einzuhalten. Ganz anders bei der Reichsbank. Es ist ein Widerspruch, der Zentralbank, die im Interesse der Allgemeinheit das Notenkontingent überschreitet, zur Strafe eine Steuer aufzuerlegen. Die indirekte Kontingentierung hat nur dann Sinn und Verstand, wenn gleichsam automatisch auf die Überschreitung des Kontingents die entsprechende Diskonterhöhung folgt. Wenn dagegen die Reichsbank – wie sie dies z. B. in ihrem Jubiläumsbericht mit Genugtuung hervorhebt – wiederholt die Notensteuer selbst getragen und im Interesse der Allgemeinheit einen niedrigeren Diskont aufrecht erhalten hat, so ist damit der einzige Zweck der Notensteuer, die Eindämmung der Spekulationslust, vereitelt.

Aber auch die prinzipiellen Erwägungen, auf denen die Kontingentierung beruht, sind für die Reichsbank nicht mehr stichhaltig. Der Gedanke, einer Volkswirtschaft durch eine mechanische Ziffer vorzuschreiben, wie hoch das Maximum ihres Notenbedarfs ist, erscheint für moderne Verhältnisse verwerflich. – Ebenso widersinnig wie die Kontingentierung selbst, ist nun aber auch das vom Reich zur Abhilfe der aus ihr entspringenden Nachteile gewählte Hilfsmittel, d. h. die periodisch eintretende Kontingentserhöhung. Besteht einmal eine Kontingentierung, so ist eine von Jahrzehnt zu Jahrzehnt eintretende, sich nach den Kontingentsüberschreitungen des verflossenen Jahrzehnts richtende Kontingentserhöhung doch nur das indirekte Geständnis, dass die bisherige Kontingentierung den Anforderungen des Wirtschaftslebens nicht genügt hat. Statt dass sich der Notenumlauf [336] nach dem Kontingent richtet, folgt die Kontingentierung dem tatsächlichen Notenumlauf! Nach alledem wird man die Hoffnung aussprechen dürfen, dass das Reich bei der nächsten Erneuerung des Privilegs die Reichsbank von den Fesseln der indirekten Kontingentierung befreit und ihr damit die Möglichkeit gewährt, ihre Diskontpolitik ausschliesslich nach der Lage des Geldmarktes einzurichten und nicht daneben Rücksichten auf die Notensteuer einen massgeblichen Einfluss zu gestatten.

Für die Beibehaltung der indirekten Kontingentierung haben sich vor allem Lexis, Bank-Archiv 6,310, Heymann, Reichsbank und Geldverkehr 16, Raudnitz, Bank-Archiv 6,311, und Feiler, Die Probleme der Bank-Enquete 18, ferner der dritte deutsche Bankiertag und die meisten Mitglieder der Bankenquetekommission – vor allem Riesser und Schinkel – ausgesprochen. Dagegen fordern die Beseitigung u. a. Jacoby, Die deutsche Zettelbankreform im Jahre 1891, 65, Helfferich, Finanzarchiv 13,520, Kaemmerer, Reichsbank und Geldumlauf 25, Landmann, Bank-Archiv 8,165, Bendixen, Bank-Archiv 9,67, ferner auch Wagner, Bank-Enquete-Verh. 1,47.

γ) Weitergehende Spezialisierung der Wochenausweise. Bearbeiten

Für die Spezialisierung der einzelnen Posten der Wochenausweise ist die Verordnung betreffend die Vorschriften über die von den Notenbanken in der Jahresbilanz gesondert nachzuweisenden Aktiva und Passiva vom 15. Januar 1877 massgebend. Die dort vorgeschriebene Spezialisierung genügt aber den heutigen Anforderungen an die Publizität des Zentralbankbetriebes keinesfalls mehr. Seitdem Jahre 1909 gibt nun zwar die Reichsbank in ihren Wochenübersichten freiwillig ihren jeweiligen Geldbestand bekannt, und damit ist wenigstens ein „oft und viel beklagter Übelstand“ gehoben (vergl. Helfferich, Bank-Archiv 6,66). Nach wie vor scheidet aber die Reichsbank auf der Passiva-Seite die „sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten“ nicht in die Regierungsdepositen und Privatdepositen. Eine solche Scheidung muss im Interesse der Publizität des Reichsbankbetriebes gefordert werden. Die Gründe, aus denen die Reichsbankleitung bisher sich dieser billigen, besonders aus kaufmännischen Kreisen wiederholt geforderten, Trennung widersetzt, sind nicht überzeugend.

δ) Erhöhung des Grundkapitals. Bearbeiten

Das Grundkapital der Reichsbank bestand ursprünglich aus 120 Millionen Mark (40 000 Anteile von je 3000 Mark). Durch die Novelle vom 7. Juni 1899 wurde es auf 180 Millionen Mark erhöht. Es ist verständlich, dass in Zeiten besonderer Geldknappheit die damit verbundene Höhe des Diskonts auch u. a. auf das angeblich ungenügende Grundkapital der Zentralbank zurückgeführt wurde. Zur Unterstützung wurde hierbei insbesondere auf die Tatsache hingewiesen, dass die grossen Berliner Kreditbanken heute ein höheres Grundkapital aufweisen als die Zentralbank. Nun hat sich ja gewiss das Kapitalverhältnis der Reichsbank gegenüber den Kreditbanken im Laufe der Jahrzehnte ganz erheblich zu Ungunsten der Reichsbank verschlechtert. Insbesondere wurde in der Reichstagssitzung vom 17. Februar 1909 darauf hingewiesen, dass das Kapital und die Reserven der Reichsbank im Jahre 1875 150 Millionen Mark, im Jahre 1907 200 Millionen Mark betragen hätten, während Kapital und Reserven der Berliner Grossbanken in derselben Zeit von 250 Millionen Mark auf 2500 Millionen Mark gewachsen seien. Es ist sogar die Auffassung ausgesprochen worden, dass die Reichsbank eben als Reichsbank „um ihres Ansehens willen“ das grösste Grundkapital unter sämtlichen deutschen Banken aufweisen müsse (vergl. Raab, Bank-Enquete-Verh. 1,27). Mit Recht wird hiergegen eingewendet, dass das Grundkapital einer Notenbank für ihre Diskontpolitik ohne Einfluss ist, dass es nur eine Art Garantiefonds für die Gläubiger darstellt, dass das Betriebskapital dagegen durch die umlaufenden Noten und die Girogelder gebildet wird. Zur Erhöhung ihres Ansehens bedarf die Reichsbank eines höheren Kapitals, als sie zur Durchführung einer sozialen Aufgaben benötigt, gewiss nicht. Erachtet die Leitung der Reichsbank eine Erhöhung des Grundkapitals zum Zwecke der Durchführung dieser Aufgaben der Reichsbank für geboten, so ist selbstverständlich der Zeitpunkt für eine weitere Erhöhung gekommen.

[337]

2. Die Privatnotenbanken. Bearbeiten

Das Ziel der deutschen Notenbankgesetzgebung, d. h. die Ausmerzung der privaten Notenbanken, ist heute, wo von den 32 ehemaligen Privatnotenbanken nur noch 4 existieren, wohl im allgemeinen erreicht. Immerhin besitzen heute noch vier private Banken die Befugnis zur Notenausgabe, und es scheint, als ob diese vier Banken in absehbarer Zeit nicht daran denken auf ihr Privileg zu verzichten. Soll das Reich ihnen gegenüber von dem ihm zustehenden Kündigungsrechte Gebrauch machen? Schwerlich kann zugegeben werden, dass der Wegfall der Privatnotenbanken eine „kaum ausfüllbare Lücke im Verkehrsleben“ hervorrufen würde, wie dies einer der hervorragendsten Bankpraktiker, Stroell, in seiner Schrift über Gegenwart und Zukunft des deutschen Notenbankwesens S. 21 behauptet. Hat das deutsche Wirtschaftsleben die Ausmerzung von 28 Privatnotenbanken überstanden, so ist kaum einzusehen, weshalb gerade die noch bestehenden vier Notenprivilegien eine unbedingte Notwendigkeit für das Wirtschaftsleben bilden sollten. Gewiss sind die Nachteile, die das sogenannte gemischte System mit sich bringt, nicht allzu erheblich. Auch mag die blosse Tatsache, dass die Existenz von vier Privatnotenbanken neben dem Zentralnoteninstitut heute völlig unmotiviert erscheint, dass diese Banken wie ein Schönheitsfehler in der Organisation des deutschen Bankwesens wirken, allein noch keinen zureichenden Grund abgeben, störend in einmal bestehende Verhältnisse einzugreifen. Aber es sprechen doch nicht ungewichtige Gründe für die Aufhebung des Privilegs. Einmal kann ein mit den deutschen Notenverhältnissen nicht vertrauter Ausländer in die wenig angenehme Lage kommen, dass ihm die in Süddeutschland eingetauschten Privatbanknoten jenseits des Mains sogar von öffentlichen Kassen zurückgegeben werden. Vor allem aber ist es die Rücksicht auf die Zentralnotenbank, die eine Aufhebung nahe legt. Die frühere Durchkreuzung der Diskontpolitik der Reichsbank durch Bewilligung des Privatdiskonts ist ja allerdings den Notenbanken seit der Novelle von 1899 abgeschnitten. Aber Kollisionen sind nach wie vor unvermeidlich. Wenn das Reich von der Zentralbank verlangt, dass sie ihre Bankpolitik ohne Rücksicht auf den eigenen Nutzen, nur nach Gesichtspunkten des öffentlichen Wohls einrichtet, so ist es nur folgerichtig, wenn anderen Instituten die Möglichkeit genommen wird, die zum Wohle der Allgemeinheit getroffenen Massnahmen zu durchkreuzen. Dass die Kündigung des Privilegs in der denkbar schonendsten Form zu erfolgen hätte, ist selbstverständlich.