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in verschiedenem Umfange – unter staatlicher Kontrolle. Nach dem bestehenden Rechtszustande waren die Staaten in der Lage, trotz der prinzipiellen Bankfreiheit die Ausgabe der Noten an Bedingungen zu knüpfen und ihre Innehaltung zu überwachen. In Preussen insbesondere war die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber an staatliche Genehmigung geknüpft. Das gleiche war in den meisten übrigen deutschen Staaten der Fall. Weiter kam hinzu, dass sich für den Betrieb einer Zettelbank von den privatrechtlichen Gesellschaftsformen nur die Rechtsform der Aktiengesellschaft eignete: Zettelbanken, die als offene Handelsgesellschaften oder reine Kommanditgesellschaften gegründet worden wären, existierten daher in Deutschland nicht. Zur Errichtung einer Aktiengesellschaft war nun aber bis zum Jahre 1870 ganz allgemein die staatliche Genehmigung erforderlich. So war allerdings mittelbar der Einfluss des Staates auf die Errichtung und den Betrieb der Zettelbanken gesichert. Die staatliche Kontrolle wurde um so schärfer gehandhabt, als der Staat in den Banknoten einen unliebsamen Konkurrenten seines Papiergeldes erblickte. Ausserdem bot die Notwendigkeit der staatlichen Genehmigung den kleineren Staaten die Möglichkeit, als Vorbedingung der Konzession finanzielle Vorteile für die Regierung zu fordern.

Immerhin hat das Erfordernis der staatlichen Konzession das deutsche Zettelbankwesen im grossen und ganzen auf eine gesunde kommerzielle Basis gestellt. Es muss hervorgehoben werden, dass keine der deutschen Zettelbanken in den damaligen Zeiten schwerer politischer und wirtschaftlicher Krisis zusammengebrochen ist. –

An der Spitze der deutschen Zettelbanken stand die Preussische Bank mit einem Grundkapital von 60 Millionen Mark. Durch ihre enge Verbindung mit dem preussischen Staate nahm sie eine besondere Stellung unter allen übrigen Notenbanken ein. Ihre Grundlage bildete die Bankordnung vom 5. Oktober 1846.

Die übrigen 32 Notenbanken wiesen in ihrem rechtlichen Aufbau, der Höhe ihres Kapitals, dem sächlichen Geschäftskreise, der Höhe des Notenumlaufs, der Stückelung der Noten und der Deckung die denkbar grösste Verschiedenheit auf.

2. Die Regelung des Banknotenwesens war neben der Ordnung des Münzwesens von vornherein als eine der dringendsten Aufgaben des Norddeutschen Bundes anerkannt worden. Infolgedessen wurden in § 4 No. 3 R.V. der Beaufsichtigung des Reichs und seiner Gesetzgebung

„die Ordnung des Mass-. Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundiertem und unfundiertem Papiergelde“, und in No. 4: „die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen“ unterstellt.

Unter dem Bankwesen war hierbei nach dem damaligen Sprachgebrauche nur an das Notenbankwesen gedacht.

Zunächst erging als Vorläufer des kommenden Bankgesetzes das sogenannte Banknotensperrgesetz vom 27. März 1870. Danach konnte vom Tage der Publikation dieses Gesetzes an – dem 29. März 1870 – das Notenemissionsrecht nur durch Bundesgesetz erworben werden. Der Konzession neuer Notenbanken durch die Landesregierungen war damit ein Riegel vorgeschoben.

Da die Landesgesetzvorlage länger, als vorauszusehen war, sich verzögerte, so wurde das Banknotensperrgesetz mehrfach, zuletzt bis zum 31. Dezember 1875 verlängert.

Inzwischen hatte die Regierung den Entwurf eines Bankgesetzes dem Reichstage vorgelegt. Die Errichtung einer Zentralnotenbank war in dem Entwurfe noch nicht vorgesehen. Erst in der Reichstagskommission wurde die Gründung der Reichsbank beschlossen (Bamberger!) Regierung und Plenum stimmten zu. Das Gesetz wurde unter dem 15. März 1875 vom Kaiser vollzogen und unter dem für die heutige Zeit irreführenden Titel „Bankgesetz“ am 18. März 1875 R.G.Bl. 177 ff veröffentlicht. Die richtige Bezeichnung wäre Notenbankgesetz gewesen.

Nachdem noch am 24. Mai 1875 das Statut der Reichsbank publiziert war, hatte die deutsche Notenbankgesetzgebung ihren vorläufigen Abschluss erlangt.

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/346&oldid=- (Version vom 9.10.2021)