Neue Prachtwerke des Buchhandels (Die Gartenlaube 1878/49)

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Titel: Neue Prachtwerke des Buchhandels
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 818
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Blätter und Blüthen
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Mutterfreude. Von R. Beyschlag.
Aus dem Prachtwerke „Album für Deutschlands Töchter“.

[813]

Heinrich der Vogler. Von Paul Thumann.
Aus dem Prachtwerke „Album für Deutschlands Töchter“.

[818] Neue Prachtwerke des Buchhandels. Im Anschluß an die Besprechung des Werkes „Aegypten“ in voriger Nummer, beginnen wir heute mit der Notiz, daß ein anderes Prachtwerk unter dem Titel „Hellas und Rom“ (Stuttgart, Spemann, dessen Anfänge bereits der Oeffentlichkeit übergeben sind, in ganz verwandter Ausstattung sich die Aufgabe stellt, die classische Welt der Antike in den Rahmen eines Prachtwerkes zu fassen. Auch von diesem Werke dürfen wir nach der vorliegenden Probe das Beste erwarten. – Das groß geplante populäre Geschichtswerk, welches der Grote’sche Verlag (Berlin) unter dem Titel „Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen“ durch Professor Oncken herausgeben läßt, und in dessen erschienener erster Abtheilung ein anderer berühmter Aegyptologe, Dümichen, gleichfalls über Aegypten handelt, concurrirt in dieser Partie nur zum Theil mit dem Ebers’schen Werke, ist aber kein Prachtwerk im engeren Sinne, die Illustration wird hier einen mehr instructiven Charakter tragen. Das Unternehmen ist jedenfalls höchst wertvoll und empfehlenswerth; denn die besten Specialforscher sind für die populäre Behandlung ihrer wissenschaftliche Domänen gewonnen, und die Illustrationen führen möglichst unverfälscht bildliches Material aus erhaltenen Ueberresten der betreffenden geschichtlichen Zeit vor Augen. – Näher liegt es, unter dieser Rubrik eines anderen nunmehr vollendeten Prachtwerkes zu gedenken, der von Scherr geschriebenen „Germania“ (Stuttgart, Spemann), welches Buch bekanntlich einen Ueberblick über die geschichtliche Vergangenheit unseres Vaterlandes in der kernigen plastischen Schreibweise Scherr’s giebt und, was Geschmack und Reichthum der Ausstattung anlangt, dem ihm zur Seite getretenen Ebers’schen Werke die Concurrenz schwer genug macht. Wie das stattliche Riesenbuch vor uns liegt, eine Musterleistung des deutschen Buchhandels in jeder Beziehung, können wir den Wunsch nicht unterdrücken, daß es recht vielen unserer Leser vergönnt sein möge, dasselbe auf den Weihnachtstisch legen zu dürfen. Zu dem Scherr’schen, die Geschichte unseres Vaterlandes behandelnden Prachtwerk gesellt sich als ergänzendes Pendant ein bisher nur zum kleineren Theil herausgegebenes, sonst ähnlich angelegtes, beschreibendes, welches Land und Leute der deutschen Gegenwart in Wort und Bild darzustellen unternimmt und den Titel „Unser Vaterland“ führt (Stuttgart, Kröner). Der Herausgeber, welchem die tüchtigsten Kenner von Land und Leute helfend zur Seite stehen, ist wiederum einer der altbewährten „Gartenlauben“-Mitarbeiter: Herman von Schmid. – Die Wiedergeburt in zweiter Auflage feiert ein Werk, das nach Ausstattung und theilweise auch Anlage als Vorgänger und Vorbild sämmtlicher bisher genannter Prachtwerke zu betrachten ist: „Italien, eine Wanderung von den Alpen bis zum Aetna“, in Schilderungen von Stieler, Paulus und Kaden, mit Bildern der hervorragendsten deutschen Meister. (Stuttgart, Engelhorn). Zwischen den genannten, einander so ähnlichen Publicationen ist schwer eine Wahl zu treffen. Der persönliche Geschmack am Stoffe muß entscheiden, und dazu kommt noch eins, was bei einem großen Theile unserer Leser in die Wagschale fallen dürfte: der verschiedenartige Preis. An dieser Stelle ist es Zeit, einem Vorwurf zu begegnen, der unserer Aufführung dieser Prachtwerke leicht begegnen könnte: solche gewiß so theure Bücher – wie wenige unter den „Gartenlauben“-Lesern sind in der glücklichen Lage, sie kaufen zu können! Wir antworten: alles Angeführte sind Lieferungswerke, welche bei einiger Geduld und der Ersparniß von fünfundsiebenzig Pfennig bis anderthalb Mark monatlich doch Eigenthum auch des weniger Bemittelten werden können. Da Werke von solcher künstlerisch monumetaler Ausstattung für den eisernen Bestand einer Familie berechnet sind, so wird es bei der wirklich keine sonderlichen Opfer fordernden Zugänglichkeit nur Mangel am gutem Willen sein, wenn sich nicht in der bürgerlichen Familie allmählich eine Bibliothek bildet, welche ihre geschmackerziehende Wirkung durch Generationen fortpflanzt.

Bevor wir zu Unternehmungen übergehen, welche reine Kunstblätter, ohne textliche Grundlage, bieten, müssen wir noch ein paar Erscheinungen erwähnen, welche im Charakter und wohl auch im Umfang von den bisher angeführten abweichen. Vielen unserer Leser dürften die großen Prachtausgaben des „Faust“ von Kreling, von Lietzen-Meyer vor Augen gekommen sein. Verwandt in Schmuck und Ausstattung, schwer und solid, ist die jüngst erschienenen Ausgabe der Fouque’schenUndine“, mit zwölf Bildern nach Gemälden von Leopold Bode (Frankfurt am Main, G. Keller). Die Bilder sind prächtige Photographien mit je einer, gleichfalls durch eine Photographie ausgefüllten Lünette darüber, von zarter Rahmenzeichnung eingefaßt. Die wertvollen Originale befinden sich im Besitze des Baron Erlanger in Paris. Von den Werken geringeren Umfangs steht, was Gediegenheit des Geschmacks hinsichtlich der Ausstattung anlangt, der eben erschienene zweite Band des Bodenstedt-Albums „Kunst und Leben“ (Stuttgart, Spemann) wohl obenan, eine so vornehme Würde bei wirklicher Gediegenheit des Inhalts hatten jene verschollenen „Taschenbücher“, welche hier in moderner Verwandlung wieder aufleben, freilich nicht aufzuweisen. Das elegante „Töchter-Album“ (Leipzig, Amelang’s Verlag), aus dessen Illustrationsschmuck wir heute unserer Nummer zwei Proben beigeben, hat die „Gartenlaube“ bereits früher empfohlen. Es hat in der neueste, neunten, Auflage einen weiteren Zusatz an illustrativen Beigaben erhalten und wird seinen Reiz für die heranwachsende weibliche Jugend noch lange behalten. Die reizvollen Bilder, welche wir herausgegriffen haben, bedürfen kaum einer besonderen Erläuterung: die Geschichte von der Ueberreichung der Kaiserkrone an den gerade aus dem Vogelfange befindlichen Heinrich ist ebenso bekannt, wie der Ausdruck des Mutterglückes auf dem anmuthigen Blatte, welches Beyschlag zu dem Album gesteuert hat, verständlich und sympathisch berühren wird.

Da wir einmal bei der Jugend angelangt sind, so können wir es uns nicht versagen, den Finger wiederholt auch auf ein zweites, schon bei anderer Gelegenheit den Lesern unseres Blattes empfohlenes Werk zu legen, welches, obzwar es zunächst in Monatsheften erscheint, doch diese wie jede Weihnacht auch in Bandform vor das Publicum tritt: wir meinen die „Deutsche Jugend“ (Leipzig, Alphons Dürr). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Jugendschrift bei relativ mäßigem Preise das Beste bietet, was eine deutsche Jugendschrift in Text und Ausstattung bieten kann; um so empfehlenswerther ist dieselbe, als sie den Eltern mindestens ebenso viel Genuß gewährt, wie den Kindern selber. Daß diese „Deutsche Jugend“ zu werthvoll ist, um als Spielzeug den ungeschickten kindlichen Händen überliefert zu werden, spricht nur zu Gunsten des Werkes; wir wünschen nichts lebhafter, als daß man unseren Kindern Bücher für eine Kinderbibliothek kauft, um ihnen Achtung vor der Literatur und das Bewußtsein einzuprägen, daß ein wirklich gediegenes Buch nicht dazu da ist, um, nachdem der Inhalt flüchtig verschlungen, in die Rumpelkammer geworfen zu werden.

Wir kommen jetzt auf eine Reihe Publicationen zu sprechen, deren Inhalt bloße Kunstblätter bilden. Sie gehören auf den Büchertisch des Salons, der „guten Stube“, soweit sie abgeschlossene Cyclen, durch geschmackvolle Mappe zusammengefaßt, bilden. Dahin zählt eine neue „Fritz Reuter-Gallerie“, welche bei der Popularität, die der verstorbene liebenswürdige Humorist in ungeschwächtem Maße genießt, gewiß ihre Freunde im Publicum finden wird. Die reiche Sammlung von Photographien Beckmann’scher Originalgemälde ist ein Unternehmen des Bruckmann’schen Verlages (München), dem der Kunsthandel schon so manches photographische Prachtwerk verdankt, und ist auf dreißig Blätter berechnet, von welchen der für das diesjährige Weihnachtsfest bestimmte Theil die erste Hälfte umfaßt. Die Blätter erscheinen in drei verschiedenen Größen, in Großfolio – in einer Lieferungsausgabe ist das Blatt zu zehn Mark zu erwerben –, in Quartformat und in Cabinetformat. Eines der ansprechendsten Blätter, welches wir für unsere Leser vervielfältigen ließen, geben wir in der heutigen Nummer; es stellt die altbekannte drollige Scene aus der „Stromtid“ dar, in welcher Onkel Bräsig die beiden „lütten Druwäppel“ dabei erwischt, wie sie den beweglichen Kopfschmuck von Großvater und Großmutter annectirt und mit kindlicher Nachahmungssucht in Benutzung gezogen haben. Ein zweites der Bilder versprechen wir unsern Lesern für die Weihnachtsnummer. – Und damit genug für diesmal! Einen zum Theil sehr werthvollen Rest versparen wir uns für die nächste Nummer.

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Bräsig, Lining und Mining.
Scene aus Fritz Reuter’s „Stromtid“.
Der Reuter-Gallerie von C. Beckmann entnommen.