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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum: 1868
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[753]

No. 48.   1868.
Die Gartenlaube.
Illustrirtes Familienblatt. – Herausgeber Ernst Keil.
Wöchentlich bis 2 Bogen. Vierteljährlich 15 Ngr. – In Heften à 5 Ngr.



Das Erkennungszeichen.
Von A. Godin.
(Fortsetzung.)


2.

Es war Christabend. Schaumberg, über Land gerufen, kehrte erst zurück, als schon die Dunkelheit einbrach. An dem klaren, sternenhellen Himmel begann der Mond aufzusteigen, und während der Wanderer voranschritt, fiel das weiße Licht immer breiter auf die schimmernde Schneelandschaft. In dem Dorfe, das Schaumberg eben erreicht, erhellten sich fast zu gleicher Zeit die meisten Fenster; es hatte eben zum Ave Maria geläutet, und um diese Stunde erglänzt den Kindern jener Gegenden Weihnachtsfreude selbst in der ärmsten Hütte.

Eine eigenthümlich weiche Stimmung überkam Otto. Seit Jahren war ihm die Weihnacht nicht mehr lebendig geworden; allein in seinem Zimmer, oder im Gasthof mit Bekannten, hatte er diesen Abend verlebt wie jeden andern. Heut wachte nun auf einmal der alte, süße Kindertraum in ihm auf! Er sah die ihm kaum noch deutliche Gestalt der früh verstorbenen Mutter zwischen geschmückten Tischen auf und ab gleiten, vom Glanz des strahlenden Christbaums beleuchtet – all’ seine Sinne erfüllten ihn mit Weihnachtsträumen! Der eigenthümliche Duft des Tannenbaumes hauchte ihn an, das nichts Anderem vergleichbare Prasseln der Zweige, die, von einem der Lichtchen ergriffen, mitunter anbrannten, streifte sein Ohr. Er hörte den Choral wieder, den die Schwestern mit ihren feinen Kinderstimmen sangen, und ein alter, lang vergessener Spruch, den er selbst hatte vortragen müssen, während sein ungeduldiges Kinderherz der Bescheerung entgegenpochte, klang heute Wort für Wort in seiner Seele wieder.

Wehmuth durchschauerte ihn, er fühlte sich so allein, so verlassen, er sehnte sich aus tiefstem Herzen nach einer Hand, die er drücken könnte, nach einem Auge, das ihn freundlich ansehen möchte. Immer langsamer schlenderte er dahin, tief in Gedanken. Das rasche, kurze Anschlagen eines Hundes störte ihn aus der Träumerei plötzlich auf; vor ihm lag das Forsthaus. Er blieb stehen und sah nach den Fenstern. Sie waren alle dunkel, nur aus dem Zimmer des Revierförsters schimmerte das bekannte Lampenlicht. Schaumberg zögerte einen Augenblick, dann trat er in’s Haus. Er war seit einer Woche nicht mehr dort gewesen, das Eintreffen der neuen Bewohnerin hatte seinen Besuchen den Reiz der Ungenirtheit genommen, so dachte er wenigstens. Heut’ freute er sich auf das Schelten des Revierförsters, es war doch eine bekannte Stimme, es war doch ein Mensch, den er gern hatte. In irgend ein Familienfest einzufallen, fürchtete er nicht, dafür war der Abend noch nicht vorgerückt genug. Mit ein paar Sprüngen war der junge Mann oben; auf sein Klopfen tönte keine Antwort, er schaute in’s Zimmer, es war erhellt, aber leer.

Um nach Andlau zu fragen, ging er hinunter in die Stube der Haushälterin, die nach dem Hofe zu lag; ohne Umstände öffnete er die Thüre, blieb aber sogleich halb verlegen stehen, gefesselt von dem Anblick, der sich ihm bot.

Auf einem langen, mit weißen Tüchern bedeckten Tische stand ein grosser, hellbrennender Christbaum, an dessen Fuß eine kleine, aus vielen Figuren bestehende Krippe aufgebaut war. Geschenke aller Art, Kleidungsstücke, Schulhefte, Püppchen und Weihnachtskuchen, lagen in bunter Reihe den Tisch entlang. Acht oder zehn kleine Mädchen, Dorfkinder, wie es schien, drängten sich mit gespannten, etwas verblüfften Gesichtern um eine schlanke Mädchengestalt, die, dem Christbaum zugewendet und mit der Hand nach der Krippe zeigend, ihnen mit Lebhaftigkeit das Evangelium des Weihnachtsabends erzählte.

In einer Ecke des Zimmers saß Andlau, mit einer langen Pfeife bewaffnet, und einem schmunzelnden Ausdruck, der seinem Löwengesichte wunderlich genug stand. Er allein hatte das Eintreten seines jungen Freundes bemerkt und legte, ihm zunickend, sehr verständlich den Finger auf den Mund. Das Zeichen wäre nicht nöthig gewesen, denn Otto stand lautlos, den Blick unverwandt auf die hübsche, lebendige Gruppe vor ihm gerichtet, vor Allem auf die Hauptperson, die, von all’ den Weihnachtskerzen hell beleuchtet, aussah wie eine Fee im Märchen. Elisabeth war eine strahlende Schönheit, das etwas brünette Gesicht von edelster Form, die hohe Gestalt von plastischer Vollendung. Eben jetzt war das junge Gesicht von froher Erregung lebhaft gefärbt, die braunen Mandelaugen leuchteten vor Freude. Eine nach der Andern führte sie die kleinen Mädchen an den Tisch, beschenkte, erklärte und liebkoste sie dabei so innig und zutraulich, daß die Blödigkeit der Dorfkinder bald in lauten Jubel überging. Bei einer raschen Wendung gewahrte sie indeß plötzlich den jungen Mann, der, noch immer regungslos, wenige Schritte von ihr stand. Sie fuhr heftig zusammen und eine glühende Röthe übergoß ihr Gesicht.

Andlau, nachdem er den Gast in seiner gewöhnlichen lauten Weise begrüßt hatte, rief ihm mit dröhnendem Lachen zu: „Nun, Doctor, sehen Sie sich den Popanz einmal an, der Sie bis jetzt, wie’s scheint, aus meinem Hause verscheucht hat – sie ist nicht wie der Mann im Walde, der die kleinen Kinder frißt, sie giebt ihnen im Gegentheil was zu – essen!“

[754] Otto war zu dem jungen Mädchen getreten und sagte ihr ein paar artige Worte des Willkomms in der Heimath. Sie sah nicht auf, erröthete aber von Neuem und antwortete so undeutlich und befangen, daß der junge Mann, von ihrer Schüchternheit angesteckt, sich es zum Vorwurf machte, in die für Fremde gewiß nicht berechnete Scene hineingerathen zu sein.

In diesem unbehaglichen Gefühl wollte er sich nach ein paar Minuten empfehlen, Andlau erhob aber dagegen energischen Einspruch, und der Gast fand sich wider Willen in das Zimmer des Oberförsters entführt und dort etablirt, ehe er sich recht besonnen hatte.

„Lassen wir das Kind drunten mit ihren Rotznäschen wirthschaften,“ sagte er, die gewaltigen Glieder streckend, „und plaudern wir hier, bis der Rehziemer gar ist. Ich lasse Sie heut nicht fort, Doctor! Mein Mädel hat mir nun einmal weis gemacht, Weihnachtsabend sei etwas Absonderliches, da wollen wir Zwei ein paar Flaschen Würzburger Leisten mit einander ausstechen. Was sagen Sie zu der Kleinen? Ist wirklich ein Prachtmädel geworden in dem Jahr, seit ich sie nicht mehr gesehen. Und einen Trotzkopf hat sie, sag’ ich Ihnen! Mit der Lisett’ ist’s nichts, Elisabeth muß ich sie rufen, das hat sie schon durchgesetzt in den acht Tagen, und ihren Christbaum auch! Was denken Sie, Doctor – hat mir das Kind wirklich zugemuthet, ich solle mir heute von ihr bescheeren lassen, wie ein kleiner Junge in Pumphöschen, und wie ich mich auf solchen Schnickschnack nicht einlasse, beschwätzt sie den Gehülfen, daß er ihr den schönsten Tannenbaum im Revier schlägt, geht hin, liest sich ein halb Dutzend Bettelkinder zusammen, und richtet ihren ganzen Kram drunten so schmuck her, daß es mir selbst Spaß gemacht hat und ich mich jetzt ärgere, der Kleinen kein Präsent gemacht zu haben.

„Aber nun sagen Sie mir, Doctor, was Teufels sind Sie die ganze Zeit weggeblieben? Bscht – brauchen gar nichts zu antworten, ich weiß schon, daß Sie allen Unterröcken aus dem Wege gehen! Vor meinem Mädel brauchen Sie sich aber nicht zu scheuen, die ist kein solches Kräutchen Rührmichnichtan, wie ich mir vorstellte, lachen kann sie, daß Einem selber das Herz im Leibe lacht, in Wind und Wetter geht sie mit mir hinaus, und kann Einem den Stuhl und die Pantoffeln so gut zurechtrücken, daß es Einem ordentlich wohl dabei wird. Und ein Leben ist in dem Mädel, sag’ ich Ihnen! Das trillert den ganzen Tag wie eine Lerche, Trepp auf, Trepp ab, das springt wie ein Eichhorn und kann schmeicheln wie ein Kätzchen!“

Ergötzt hörte Schaumberg der Suada des alten Herrn zu, dessen herzinnige Freude an der Tochter, im Gegensatze zu dem Mißvergnügen, mit dem er sie erwartet hatte, im Stillen seine Heiterkeit hervorrief.

Als zum Essen gerufen ward, freute er sich darauf, das schöne Gesicht wiederzusehen, welches ihn wirklich von Neuem frappirte. Die lebhafte Färbung, die es vorhin gezeigt, war nun verschwunden, kaum ein Anflug von Röthe deckte die Wangen, nur die frischrothen Lippen erhöhten den warmen Ton ihres Teints. Elisabeth’s größter Reiz war ein eigenthümlich rascher Aufschlag der dunkeln, von langen, etwas gebogenen Wimpern beschatteten Augen. Unwillkürlich wandten Otto’s Blicke sich, magnetisch angezogen, ihr immer von Neuem zu, obgleich seine wiederholten Versuche, sie in ein Gespräch zu ziehen, wenig Erfolg hatten.

Elisabeth gab sich sehr schweigsam, von der heiteren Lebhaftigkeit, die ihr Vater so laut gerühmt, zeigte sich keine Spur, sie erschien dem Gast sogar auffallend befangen.

Dennoch, so wenig des Mädchens überaus melodisches Organ in das Ohr Schaumberg’s erklungen war, begleitete es ihn auf dem Heimwege wie das Echo des angenehmsten Eindrucks, und er gestand sich, selten eine wohlthuendere Gastlichkeit genossen zu haben. –

Von da ab kehrte Schaumberg oft und öfter im Forsthause ein, und er konnte und wollte sich nach einiger Zeit selbst nicht mehr verleugnen, welcher Magnet ihn dahin zog. Täglich ward ihm klarer, daß er in Elisabeth einer Natur begegnete, die zu der seinen stimmte, wie ein Doppel-Accord. Sie waren einander so sympathisch, daß Alles, was sie in der Unterhaltung berührten, ein Licht über die Dinge auszuströmen schien. In Elisabeth’s Nähe wurde jede Fähigkeit des jungen Mannes erhöht, gesteigerte Lebensfrische brachte er von ihr in sein Haus, zu seiner Berufsthätigkeit zurück; ihr strahlendes Bild begleitete ihn überall hin und war nirgend zu viel, nirgend störend. Ein lebhafter, ja feuriger Geist verrieth sich in jeder Aeußerung, jedem Thun des Mädchens, und während Otto sie von Herzen liebte, gefiel sie ihm auch in Allem, was sie sprach und vornahm. Der Einfluß, den sein Urtheil, seine Ansichten unverkennbar auf sie übten, that dabei seinem Selbstgefühl sehr wohl. Während Elisabeth im Verkehr mit den wenigen jungen Männern Bernecks, die sich eifrig um das schöne Mädchen bemühten, die harmloseste Heiterkeit zeigte, trat die Befangenheit, welche Schaumberg schon bei dem ersten Zusammentreffen an ihr aufgefallen, ihm gegenüber noch oft hervor und gab der glänzenden Erscheinung einen veilchensüßen Reiz. Wenn er in’s Forsthaus kam, war ihr Empfang stets freudig und zutraulich, im Gespräch kam es aber oft plötzlich über sie, wie ein Hauch von Verschüchterung; dann wechselte sie ohne sichtlichen Grund mit einem Mal die Farbe, stockte und verstummte, und jedesmal bedurfte es in solchen Augenblicken einiger Zeit, bis sie ihre Unbefangenheit und Munterkeit wieder gewann. Schaumberg sann oft über diese Eigenthümlichkeit nach, er konnte nicht herausfinden, was sie, offenbar im Zusammenhang mit einem von ihm gesprochenen, ihm gänzlich unwesentlichen Worte, wieder beunruhigt hatte.

Unmerklich war es Frühling geworden. Schon deckte sich der ganze Abhang des Schloßberges mit weiß und blauen Fliedersträußen, die ihre Düfte weithin in die junge Welt hinaus hauchten. Auch in den Bergen begann es sich zu regen; sind gleich die Stollen und Schachte, in denen man hier früher nach Gold, Alaun und Kupfer gegraben, nun zerfallen und unzugänglich, so werden doch heute noch Erze aus beutereichen Gruben an’s Licht gehoben. An Sonntagen fehlen die Bergknappen in ihrer originellen Tracht selten unter dem fröhlichen Völkchen, das sich im Tanze schwenkt, meist im Freien, und am liebsten vor der besuchten Schenke des Dorfes Goldmühl. Dies hübsche Dörfchen ist zugleich das Lieblingsziel der auswärtigen Gäste, die sich mit den ersten Primeln und Schneeglöckchen in Berneck einzufinden beginnen, und der Mittelpunkt für ein reges industrielles Leben und Treiben. In dem lieblichen Goldmühlthale sind zwischen üppigen Wiesen und Feldern, neben wohlhabenden Bauerngütern, zahlreiche Mühlen und Hammerwerke angelegt, die viel rührige Hände in Bewegung setzen.

Auch die Perlenmuscheln werden nun aus ihrer Winterruhe aufgestört und müssen Rechenschaft ablegen, was sie in der langen Ruhezeit gefördert. Schaumberg, der sich für diese in unseren deutschen Gauen immerhin seltene Industrie interessirte, hatte den Revierförster gebeten, ihn zu benachrichtigen, sobald der Perlenfischer den Bach zum ersten Mal begehen würde. Da auch Elisabeth wünschte, diese Erinnerung ihrer Kinderzeit aufzufrischen, so ward eine gemeinschaftliche Partie verabredet. An einem schönen schönen Maitage fanden sich die drei heiter gestimmten Menschen in Neidhard’s Mühle zusammen, um dort erst den Kaffee einzunehmen, dann den Perlenbach zu begehen und gegen Abend nach Amt Stein zu wandern, wohin ein Geschäft den Revierförster rief.

Während der Perlenfischer in das klare, schwach strömende Wasser des Baches hinabstieg, eine der rauhen unscheinbaren Muscheln nach der andern aus dem Kies grub und mit seiner kleinen Zange die Schale vorsichtig öffnete, um zu untersuchen, ob sie Perlen umschlossen, berichtete Andlau seinem jungen Freunde, in welcher Weise der Fiscus die Perlenfischerei organisirt hätte, und durch welchen Zufall im vorigen Jahrhundert von einem Dorfrichter dieser Hort des Baches entdeckt worden sei.

Elisabeth hörte lächelnd zu. „Glauben Sie kein Wort davon!“ sagte sie lebhaft zu Schaumberg. „Die Geschichte war ganz anders, der Perleninspector weiß auch nicht Alles! Das Muschelweibchen war dabei im Spiel, mir hat’s die alte Frau drüben in der Mühle erzählt, deren Urgroßmutter zu der ganzen Sache den Anlaß gab!“

Freundlich sah Otto in das leuchtende Gesicht des Mädchens. „Erzählen Sie mir Das!“ bat er. „Die Naturgeschichte der Perlen kenne ich jetzt zur Genüge; ich weiß, daß sie, wie wir Menschenkinder auch, in der Jugend rosig und im Alter grau aussehen. Da ist’s weit interessanter, zu erfahren, wer das Muschelweibchen war. Was meinen Sie, Herr Revierförster, dürfen wir langsam vorausgehen, nach Stein zu?“

„Meinetwegen,“ brummte Andlau, „ich brauch’ Euch nicht, und die dummen Ammenmärchen mit anzuhören, fehlte mir gerade noch. Uebrigens komm’ ich bald nach, es giebt heute nicht viel Rares zu inspiciren.“

[755] Schon wanderte das junge Paar den hübschen Fußpfad am Bache entlang. „Nun?“ sagte Otto und heftete einen warmen Blick auf seine Begleiterin.

Sie lächelte ihm zu: „Machen Sie sich aber auf eine ziemlich lange Geschichte gefaßt! Also, vor etwa hundert Jahren lebte einmal hier in Berneck ein blutarmer Knopfmacher, der besaß nichts auf der Welt, als seine zwei fleißigen Hände und einen braven Buben. Eines Abends gab er seinem Theobald die letzten Knöpfe, die er gedreht hatte, und weinte dabei, denn er hatte kein Horn mehr im Hause und auch keinen Kreuzer Geld. Bei’m Müller, der die Knöpfe bestellt hatte, mußte der Bube warten, weil gerade der Mühlgraben vom Schutt gereinigt wurde, und des Müllers kleines Gretchen forderte ihn auf, unterdessen mit ihr zu spielen. Sie lasen aus dem Schutthaufen eine Menge zerbrochener Muscheln auf und bauten damit.

Als Theobald endlich den Arbeitslohn bekommen hatte, ging er den Bach entlang nach Hause. Dabei dachte er an des Vaters trauriges Gesicht, und daß Der jetzt nichts mehr verdienen könnte. Das Herz wurde ihm ganz schwer, er setzte sich am Ufer nieder und fing an, so herzlich zu weinen, daß seine Thränen in den Bach fielen. Da sieht er auf einmal beim Zwielicht ein kleines Weibchen aus dem Wasser auftauchen – das hatte eine Rüstung an aus lauter glänzenden Muschelschalen; ihr schönes weißes Gesicht schimmerte, in der Hand hielt sie eine schwarze, häßliche Muschel, die zeigte sie dem Theobald, nickte und tauchte wieder unter.

Der Bube war erst ganz bestürzt. Auf einmal aber fiel ihm ein, daß die Muschel des Wasserweibchens gerade so ausgesehen, wie die Schalen, mit denen er vorhin gespielt hatte, und gleich darauf kam ihm der Gedanke, daß diese Schalen gewiß eben so hart wären, wie Horn, und man daraus wohl auch Knöpfe drehen könnte. Eiligst lief er zurück, suchte die größten Muschelstücke aus, stopfte seine Taschen damit voll und rannte nach Hause. Sein Vater machte gleich den Versuch, arbeitete die ganze Nacht und war glückselig, denn die Knöpfe mit den Muschelschalen bekamen den schönsten Perlmutterglanz und wurden so blank, wie er nie Aehnliches gesehen. Als sie am nächsten Tage hinter seinem kleinen Fenster zur Schau ausgestellt waren, kamen Käufer die Menge und noch mehr Bestellungen. Damit Niemand erfahren sollte, woraus die neuen Knöpfe gemacht würden, sahen Theobald und sein Vater sich nur bei Nacht nach neuem Vorrath um, und bald brachten sie heraus, daß die ganze Oelsnitz, bis zu der Bösenecker Brücke hin, mit solchen Muscheln wie gepflastert war. – Nun ward der Knopfdrechsler bald ein wohlhabender Mann, die Perlmutterknöpfe wurden weit und breit bekannt und verschrieben. Als Theobald heranwuchs, ließ der Vater ihn sogar damit wandern, und so kamen sie in der Welt herum. – Nach dem Theobald schauten jetzt die Bernecker Mädchen heimlich aus; er war ein gar netter junger Mann geworden und auch eine gute Partie. Ihm selbst gefiel aber nur Eine, und gerade diese konnte er leider nicht zur Frau bekommen. Sie selbst machte freilich keine Einwendungen, dagegen ihr Vater um so mehr. Es war Neidhard’s Gretchen, das reichste Mädchen und das schönste dazu. Der alte Müller wollte nichts von einer Heirath mit dem Knopfdrechsler hören, der zwar reichlichen Verdienst, aber weder Haus noch Hof zu eigen hatte. An einem Maiabend – vielleicht war es gerade heut vor hundert Jahren! – kam Theobald todttraurig aus der Mühle zurück. Der Müller hatte ihm rund heraus gesagt, er dürfte nicht mehr hinkommen, und Gretchen müßte den reichen Bäcker in Bischofsgrün heirathen. Theobald mochte gar nicht nach Hause gehen, sein Herz war ihm zu voll, er wollte Niemand sehen und ging weit hinaus, die Oelsnitz entlang, bis er sich endlich an’s Ufer setzte und in heiße Thränen ausbrach. Wie vor Jahren, fielen die Tropfen hinab in den Bach!

Da stieg abermals das längst vergessene Muschelweibchen auf! Sie lächelte ihm zu und zeigte ihm wieder eine Muschel – diesmal aber war die Schale geöffnet, und darin schimmerte eine große, schöne Perle. Das Muschelweibchen deutete abwärts in den Bach und tauchte dann unter.

Mit klopfendem Herzen grub Theobald einige Muscheln aus dem Kies; bis jetzt hatte er nur immer die leeren, ausgeworfenen Schalen genommen, die auf der Oberfläche lagen. Er öffnete sie und fand in jeder Muschel eine schimmernde Perle. Auf seinen Wanderfahrten hatte er genug von Perlen und ihrem Werth gehört, um zu ahnen, welchen Schatz er entdeckte. Voll Jubel eilte er am nächsten Tage nach Bamberg, ging dort zum Juwelier und löste für das Häufchen Perlen, welches er ihm gebracht, eine solche Menge Geld, daß er dafür das schönste Bauerngütchen kaufen konnte. Es versteht sich von selbst, daß er nun sein Gretchen zur Frau bekam, und diese war Niemand anders, als die leibhaftige Urgroßmutter der alten Frau drunten in der Mühle!“

Elisabeth schwieg und sah ihren Begleiter fröhlich an. „Die Geschichte ist entschieden glaubwürdig und der Einfall, einen guten Gedanken als Muschelweibchen auftreten zu lassen, ganz charmant,“ scherzte Otto. „Ist denn das Muschelweibchen seitdem noch öfter zum Vorschein gekommen? Und läßt es sich nur durch Thränen rühren?“

„Versuchen Sie’s – drunten rauscht der Perlenbach, wie damals,“ sagte Elisabeth, stehen bleibend.

Es war ein malerisch schöner Punkt, bei dem sie angelangt waren. Schon seit einigen Minuten hatten sie den Uferweg verlassen, um, langsam aufsteigend, dem Pfade zu folgen, der von Berneck durch den Wald nach Amt Stein führt und zu den schönsten Partien der Gegend gehört. Tief drunten, in der engen Schlucht, blitzte und rauschte der Bach, durch die dichten Gruppen des Laubwaldes drängten sich die Strahlen der schon sinkenden Sonne und woben ein Goldnetz um Zweige und Blätter. Durch eine Lichtung erblickte man von hier aus den schroffen Felsenvorsprung, der die Reste des alten Schlosses Stein trägt, theils in Ruinen, theils zu einer Kirche ausgebaut, die von der steilen Höhe winkt, ein Gruß des Friedens. Wohl diesem Ausblick zu Liebe war unter einer schattigen Eiche eine Moosbank angebracht.

„Wollen wir Ihren Vater hier erwarten, Fräulein Elisabeth?“ fragte Schaumberg, indem er auf die Bank zuschritt. Bereitwillig nahm das junge Mädchen an seiner Seite Platz. Sie nahm den Hut ab und lehnte den Kopf gegen den Stamm der Eiche. Es war wunderbar still ringsum; Beide saßen schweigend, dem Genuß des Waldfriedens hingegeben. Der junge Frühling und der sanfte Abend schwebten vereint über dem trauten Plätzchen. Das Leben des klaren Frühlingstages hatte sich noch nicht ausgeblüht – noch dufteten das dichte Moos und die wilden, so wunderbar eigenen Waldblumen aus den dunkeln Schatten hervor, noch klang hier und dort der Schlag einer Amsel, mit leisem Liebeston, der die Menschenbrust ergreift, wie eine Stimme vom Himmel; sanft ging ein schwaches Rauschen von Baum zu Baum, das geschwätzige Murmeln der Quelle, die wenige Schritte seitwärts aus dem Gestein drang, tönte unablässig – und doch hob all’ dies leise Klingen den Eindruck tiefster Stille nicht auf, es war gleichsam nur das Athemholen des schweigenden Waldes. Wie zur luftigen Kuppel eines Tempels wölbte sich das dichtverschlungene Laubdach der hohen Eichen und Buchen, dazwischen wallten die luftigen Zweige der Birke, schimmerte das zitternde Blatt der Silberpappel.

Nichts Lebendiges regte sich weit und breit. Otto’s Herz begann rascher zu schlagen. Ihm war, als ginge leise Liebeskunde durch den Wald, ein wunderbares Zukunftsträumen kam über ihn. Die thauigen, schwankenden Laubmassen ringsum schienen ihm ein leidenschaftliches, sehnsuchtsvolles Leben zu athmen. Er sah Elisabeth an. Noch lehnte ihr schöner Kopf an dem Baumstamm; ihr Auge, von den langen Wimpern halb bedeckt, sah träumend in die Schlucht hinab; dennoch mußte sie seinen Blick wohl fühlen, eine tiefe Gluth goß sich immer dunkler über ihr reizendes Gesicht.

„Ihre Sage hat einen tiefen Sinn!“ sagte Otto endlich, und seine Stimme klang weich.

„Ja,“ erwiderte das junge Mädchen, ohne aufzublicken, „das höchste Gut wird erst dem, der gezeigt hat, daß er es verdient.“

Schaumberg schüttelte das Haupt. „Nicht so – aber nur der Liebe gelingt es, echte Schätze zu heben! Das galt schon damals, das gilt noch heute. – Sie haben mir von einem Glücklichen erzählt, Elisabeth, wollen Sie einen Glücklichen machen? Darf ich, kann ich hoffen, daß Sie annehmen, was ich Ihnen biete – mein Herz, mein Leben?“

Elisabeth wandte sich und sah ihn mit einem unbeschreiblichen Blicke an, barg dann das glühende Gesicht in beide Hände und brach in Thränen aus.

[756] Betroffen sprang Schaumberg auf und stand vor ihr, keines Wortes mächtig. „Sie sind nicht mehr frei!“ rief er endlich mit leidenschaftlichem Ton.

Elisabeth ließ die Hände sinken und sah mit den feuchten, strömenden Augen zu ihm auf. „Ich bin zu glücklich!“ flüsterte sie kaum hörbar und ruhte in demselben Augenblick an Otto’s Brust, der sie an sich zog, als wollte er sie ewig halten.




3.

Am 4. Juli war Elisabeth’s neunzehnter Geburtstag; er sollte ihr Hochzeitstag werden. Andlau hatte dem Drängen des willkommenen Schwiegersohnes nichts entgegengesetzt; für Elisabeth ward der alte Rechtssatz geltend gemacht: Wer schweigt, willigt ein, und so hatte sich nur eine Stimme dem Beschluß widersetzt, daß die Hochzeit der Verlobung so bald folgen sollte. Dies war Elisabeth’s Pathin und Tante, die es sich ausgebeten, für die Ausstattung ihres Lieblings sorgen zu dürfen, und die nun ein Wehgeschrei erhob, weil nicht die Hälfte des „Nothwendigsten“ in so kurzer Zeit fertig geliefert werden könnte. Da sie aber noch in München festgehalten war und erst zur Hochzeit kommen sollte, ging es ihr, wie meistens den Abwesenden, sie ward überstimmt und mußte sich fügen. Als sie ein paar Tage vor dem festgesetzten Termin in Berneck eintraf, folgten ihr dennoch ein Möbelwagen, unendliche Kisten und Körbe, zu deren Masse so ziemlich auch ihr Mann zu gehören schien.

Schaumberg war ein so glückseliger Bräutigam, daß ihn Alles amüsirte und Nichts ihm beschwerlich fiel, was sich auf sein nahes Glück bezog. Er selbst erwartete zur Hochzeit Niemand von den Seinen. Er besaß nur zwei Schwestern, die seit dem Tode des Vaters eine Mädchenschule gegründet hatten, und dadurch an ihren Wohnort gebunden waren. Dennoch fehlte es auch ihm nicht an einem Hochzeitsgast; er hatte den Assessor Marbach als Brautführer geworben, und derselbe traf am Vorabend der Trauung in bester Laune ein. Er konnte schon in der ersten Viertelstunde nicht Worte genug finden, die Veränderung anzustaunen, die er mit dem Freunde vorgegangen fand. „Alter Junge!“ rief er, ihn durch’s Zimmer wirbelnd, „ich war neugierig genug, Dich im Zustand eines Bräutigams zu sehen, und muß bekennen, meine Erwartung ist übertroffen! Du bist ja gar kein alter Mann mehr, Du bist ja förmlich übermüthig! Wer hätte gedacht, daß hier ‚hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen‘, ein Schneewittchen versteckt sein würde die Dir’s so hurtig anthun sollte!“

„Ein Schneewittchen nun gerade nicht,“ sagte Otto lächelnd, indem er an Elisabeth’s bräunliche Schönheit dachte, „eher eine Waldfrau, eine Fichtennadelfee, die menschliche Gestalt angenommen hat, um den Heilkünstler zu verzaubern dafür, daß er ihren Wald zu – Bädern mißbrauchen läßt! Du wirst ja sehen! Wir wandern nachher hinaus, um bei Andlau’s den Abend zuzubringen. Vorerst nimm eine kleine Erfrischung und laß uns plaudern.“

„Vor Allem erzählen!“ rief Marbach. „Du warst gewaltig lakonisch in dem ersten und letzten Sendschreiben, das Du von hier hast auslaufen lassen. Verlobt – in sechs Wochen Hochzeit – das kam wie ein Wolkenbruch über Einen. Ja, à propos! ich soll Dir Gruß und Glückwunsch von Frau von Dalen ausrichten, Deiner einstigen Nachbarin. Sie macht sich eben reisefertig, wohin, wußte sie selbst noch nicht, oder sagte es doch nicht.“

„Und wie geht es ihr?“ fragte Schaumberg, indem er sich am andern Ende des Zimmers zu schaffen machte.

„Ich habe sie selten gesehen. Die schöne Capriciöse hat diesen Winter einsiedlerische Launen gezeigt und sich wenig blicken lassen. Möglich, daß die Leute Recht haben, es mit dem Verschwinden ihres Chaperon’s in Verbindung zu bringen; der Major von Feldheim ist nämlich gegen Neujahr in’s Kriegsministerium versetzt worden. Die Wahrheit zu sagen, Schaumberg, war ich lange der Meinung, zwischen Dir und dem schönen Weibchen hätte sich etwas eingefädelt, während Du an ihr curirt hast. Wenn Dein Abzug mich aber nicht schon darüber belehrt hätte, so wäre es jedenfalls die Gleichgültigkeit gewesen, mit der unsere holde Freundin die Mittheilung über Deine Verlobung aufgenommen hat. Ich faßte sie scharf in’s Auge, als ich ihr zu diesem Zweck eine Visite machte; sie verzog keine Miene ‚und läßt Dir alles Gute wünschen‘.“

Otto holte tief Athem. Er kannte Helene genug, um zu wissen, daß sie sich, bei all’ ihrer Leidenschaftlichkeit, in einem solchen Moment völlig in ihrer Gewalt hatte. „Auch ich wünsche ihr das beste Glück,“ sagte er nach minutenlangem Schweigen, „sie ist und bleibt eine seltene Erscheinung. – – Nun aber, wenn es Dir recht ist, laß uns zu Andlau’s gehen.“

Als die Freunde im Forsthause anlangten, wies die Haushälterin sie nach dem Garten, wo die Herrschaft zu finden sei. In der geräumigen Fliederlaube war bereits der Tisch zum Abendbrod gedeckt; dahinter, in die bequemste Ecke gedrückt, saß der Onkel und dampfte seine Pfeife, die vielversprechenden Zurüstungen behaglich musternd, während der Revierförster und seine Schwester in eifrigster Unterhaltung mit einander auf und ab wandelten. Otto stellte seinen Freund vor, erfuhr, daß Elisabeth in ihrem Zimmer sei, und ging in’s Haus, um sie aufzusuchen. Als sein bescheidenes Klopfen nicht beantwortet wurde, drückte er die Klinke leise nieder, um die Geliebte zu überraschen. Sie stand vor ihrem Schreibtisch, beschäftigt, ein Päckchen zu versiegeln, das sie in der Linken hielt.

Mit leuchtendem Auge betrachtete Otto seine Braut. Ihr herrlicher Nacken war leicht gesenkt, das dunkle Haar fiel in schweren Massen darauf nieder; ihre schönen Züge erschienen ihm in diesem Augenblick besonders ausdrucksvoll, ein nachdenkliches Lächeln schwebte um den Mund. Sein volles Bräutigamsherz wallte ihr entgegen – er trat nicht näher, sagte aber mit jenem leisen, vibrirenden Ton, der nur Liebenden zu Gebote steht: „Elisabeth!“

Das Mädchen schrak zusammen, wandte heftig den Kopf und warf mit auffallend plötzlicher Geberde das Päckchen, das sie hielt, in eine halb aufgezogene Schublade des Schreibtisches, die sie hastig verschloß. Als sie Otto darauf die Hand reichte, war ihre Verwirrung noch so augenscheinlich, daß er, etwas betroffen, den Arm um sie legte und ihr tief in’s Auge blickte. „Hat meine Elisabeth Geheimnisse?“ fragte er zwischen Ernst und Scherz.

Elisabeth ward feuerroth. „Wie kommst Du auf diese Idee?“ sagte sie, befangen lächelnd.

„Hier ist Etwas versteckt worden!“ scherzte er. „Das lasse ich mir heute wohl noch gefallen, von morgen an aber nicht mehr! Sieh doch nicht so bestürzt aus, mein Liebling, ich weiß ja, daß es sich um kein Staatsgeheimniß handelt!“

„Nein,“ sagte Elisabeth schüchtern. „Ich habe nur alte Briefe weggepackt, alte Sachen! Später zeige ich sie Dir wohl einmal.“

„Das ist es, was ich so an Dir liebe,“ rief Otto, indem er sie an sich zog, „daß Du klar und durchsichtig bist, wie ein Thautropfen, daß Du keine Vergangenheit hast, keine Erinnerungen, als solche, die Du mir gern erzählen magst. Und nicht wahr, so bleibt es zwischen uns? Laß mich immer wissen, was in diesem reinen Herzen vorgeht, immer Theil nehmen an Allem, was Deine Gedanken beschäftigt!“

Elisabeth lehnte schweigend den Kopf an seine Schulter. „Und was Du von mir nicht schon weißt, das werde ich Dir morgen sagen,“ hauchte sie mit einem tiefen Athemzuge.

Als die Verlobten den breiten Gang vom Hause her in den Garten kamen, blickte Marbach wirklich überrascht auf die herrliche Gestalt der Braut, und der Glückwunsch, den er nach geschehener Vorstellung gegen sie aussprach, war von einem stillen Händedruck an den Freund begleitet. „Du hast Recht,“ flüsterte er diesem im ersten freien Augenblick zu; „es bedarf hier keiner ausführlichen Liebesgeschichte, das Bild ist ganz genügend, um sich den Text dazu selbst zu machen.“

Es war ein wundervoller Sommerabend, die Gluth des Tages vorüber, eine laue, wohlige Luft voll Blumengeruch erfüllte alle Sinne. Marbach begleitete das Brautpaar nach dem Abendessen auf einem Gange durch die an den Garten grenzende Allee und fühlte sich von Elisabeth’s Frische so angesprochen, daß er ihr gegenüber bald in die Stimmung vertraulicher Behaglichkeit kam.

„Noch habe ich nicht erfahren, wer meine Brautführerin sein wird, Fräulein Elisabeth,“ sagte er, als das Programm des folgenden Tages zur Sprache kam.

[757] „Ein sehr hübsches und liebes Mädchen, die Tochter unseres Landrichters. Kennen Sie das alte Sprüchwort, Herr Assessor: ‚Keine Hochzeit so klein‘ etc. Wer weiß, vielleicht verlieren auch Sie morgen Ihr Herz!“

„Und was würde mir das nützen?“ seufzte Marbach mit komischen Pathos. „Ich habe mein Herz schon oft verloren, leider hat sich aber noch Niemand als glückliche Finderin melden wollen. Ja, Fräulein Elisabeth, manche Leute sind vom Schicksal merkwürdig bevorzugt! Ich bemühe mich Jahr aus, Jahr ein, den Damen zu gefallen, und es gelingt mir nicht – dieser junge Aesculap dagegen, der sich niemals der Courtoisie befleißigt hat, wird vom Glück förmlich überschüttet. Nicht allein, daß er jetzt so unverhofft das große Loos gewann, nein, auch schon früher flogen ihm die zartesten Herzen zu, sogar in anonymen Briefen verpackt!“

„Schwätzer!“ rief Schaumberg lachend, aber mit geheimem Verdruß. Er fühlte dabei den Arm seiner Braut, der in dem seinen lag, erzittern. „Wenn Du uns nichts Besseres aufzutischen weißt, als verjährte Phantasien,“ sagte er, etwas gezwungen scherzend, zu Marbach, „so dürften wir Dich leicht in Gnaden entlassen und den älteren Herrschaften den Vorzug Deiner Gesellschaft gönnen!“

Maienregen.


„Ein guter Vorwand, um mich an die Luft zu setzen,“ lachte Marbach. „Nun, ich weiß zu leben und Opfer zu bringen! Benützen Sie die Gelegenheit meines Rückzugs, mein Fräulein, und nehmen Sie diesen Verräther in’s Gebet! Heute beichtet er vielleicht noch, was ihm morgen keine Göttin mehr entreißt!“

Otto sagte kein Wort, den Freund zurückzuhalten, dessen Scherze heute wie eine Dissonanz in seine reine, schöne Stimmung hineinklangen. Schweigend führte er Elisabeth weiter hinaus in’s Freie, indem er ihren Arm fester in den seinen zog und liebevoll auf sie niederblickte; sie sah nicht auf, ihre Wimpern zuckten leise.

„Du hast anonyme Briefe erhalten?“ fragte sie nach einigen Augenblicken, kaum verständlich, indem sie seinen Schritt unmerklich anhielt. Er blieb stehen und sah ihr in’s Gesicht; sie war sehr blaß, er fühlte ihren Herzschlag laut pochend an seinem Arm.

„Ist es möglich, Elisabeth,“ sagte er, und suchte ihr Auge, – „ist es möglich, daß Du eifersüchtig bist?“

Sie antwortete nicht, doch lösten sich zwei große Tropfen langsam und schwer von den zitternden Wimpern.

„Kind!“ sprach Otto sanft, indem er mit der Hand über ihr Haar strich, „wie kannst Du Dich nur beunruhigen, so ganz ohne Grund! Was Marbach eben so indiscret erwähnte, ist an sich völlig unbedeutend. Ich erhielt allerdings im vorigen Jahre ein paar anonyme Briefe zarten Inhalts, die aber ohne jede Folge blieben. So unwesentlich die Sache ist, würde ich Dir doch vielleicht davon erzählt haben, wenn ich nicht wüßte, wer die Schreiberin dieser Briefe ist!“

„Du weißt es?“ rief Elisabeth lebhaft, indem sie ihre Augen mit dem eigenthümlich plötzlichen Aufschlag zu ihm erhob.

Reit, Melcher, reit!


„Ja,“ sagte Schaumberg, „und Du wirst es begreiflich finden, daß ich selbst mit Dir nicht davon sprechen möchte – es wäre allzu unzart! Ich gebe Dir mein Wort, geliebtes Kind, daß Du die Einzige auf der Welt bist, die je ein Wort der Liebe von mir gehört hat, und daß jene Briefe, deren Erwähnung Dich so aufregte, am wenigsten dazu angethan waren, mein Herz zu gewinnen. Sie boten mir, was ich weder suchte, noch begehrte. Alles, was an Unweiblichkeit grenzt, ist mir in der Seele zuwieder – nenn’ es Vorurtheil, nenn’ es Härte, aber ich könnte auf den Besitz eines Herzens, das sich mir unverlangt bietet, niemals Werth legen – im Gegentheil!“ – Schaumberg fühlte, wie seine Braut bei diesen Worten heftig erzitterte. Er sah sie besorgt an. „Bist Du noch nicht beruhigt?“ fragte er sanft. „Was stets der Inbegriff meiner Wünsche gewesen, das, Elisabeth, ist mir nur von Dir geschenkt worden, ein frisches, unberührtes Herz! ein Herz, in dem noch kein fremdes Bild gewohnt hat, das keinen fremden Gedanken beherbergte, ein echtes Mädchenherz, das sich suchen und finden läßt, sich aber nimmermehr ausbieten würde wie ein herrenloses Gut! Erhalte mir’s Gott, mein Liebling, und helfe mir, daß ich der schönen Gabe werth bleibe!“

Fest schloß er die Geliebte an seine Brust. Elisabeth, heftig erschüttert, umschlang ihn mit beiden Armen. Er fühlte ihre Thränen auf seiner Wange, ihren heißen Kuß auf seinen Lippen, er hörte die halb erstickten Worte: „Ich bin Deiner Liebe nicht werth!“ – dann löste sie sich aus seinen Armen und flog wie ein Reh dem Hause zu.

(Fortsetzung folgt.)




[758]

Die Kinderwelt in Bild und Lied.
Mit Abbildung (S. 757).

„Für Kinder ist nur das Beste gut genug.“ Mit diesem Gedanken ging Georg Scherer schon vor Jahren an die Zusammenstellung eines „Illustrirten deutschen Kinderbuchs“, wie er es nannte. Er legte sich nicht darauf, durchaus Neues und Selbstgedichtetes den Kindern auftischen zu wollen, sondern er wählte mit demselben guten Tacte und frischen Sinn, der ihn bei der Herausgabe seines von uns im vorigen Jahrgang der Gartenlaube (S. 549) besprochenen illustrirten Volksliederbuchs leitete, aus dem Schatze unserer Kinderliedchen, Märchen, Fabeln, Sprüche und Räthsel das Beste aus und trat nur ergänzend mit eigener Poesie da ein, wo das Vorhandene eine leere Stelle ließ oder der Illustration sich nicht gehörig anschloß. Denn diese, ausgeführt von einer Anzahl bewährter Meister, wie Cornelius, Kaulbach, Pletsch, Neureuther, Frz. Graf Pocci, L. Richter, M. v. Schwind, A. Strähuber und Anderen, streitet mit dem Textantheile um die Oberhand in Schmuck und Werth des Buchs. Wie das Volksliederbuch ist auch dieses Kinderbuch in den Verlag von A. Dürr in Leipzig übergegangen, welcher demselben soeben einen zweiten Band angefügt.

Der Streit um die Oberhand, welcher im ersten Bande noch unentschieden ist, wendete in diesem zweiten sich sehr zu Gunsten der Illustrationen. L. Richter, A. Strähuber, Oskar Pletsch, G. Süs und unser Paul Thumann haben sich als so glückliche Belauscher der Kinderwelt erwiesen, daß das Durchblättern des Buchs zur Bilderschau allein schon eine außerordentlich erquickliche Lust ist und Jeden, der ein Herz für die Freuden im ewigen Paradiese der Kindheit hat, mit jedem Blatte weiter selbst mehr und mehr zum glücklichen Kinde werden läßt.

Gleich der erste Blick fällt auf das Lieblingsbild der ganzen Welt, das in der christlichen sogar zum Gegenstand anbetender Verehrung geworden ist: die junge Mutter mit dem angeschmiegten Kinde auf dem Schooße und am Herzen. „Kindes Heimath“ steht dabei; sinniger und schöner ist’s nicht zu deuten. Und nun geht’s gleich mitten in die köstliche Kinderei hinein. Wie, ganz und gar das liebe Aeffchen der Mama, das Mädchen sein Püppchen einschläfert! Es ist ihm wirklich eine rechte Sorge, daß das große Schreikind Ruhe hält, so ein ernsthaft Gesichtchen macht der kleine Schelm vor seiner Puppenwiege. „Das ist der Daumen, und der schüttelt die Pflaumen.“ Brüderchen und Schwesterchen sind ganz vertieft in diese Fingerspielreime. Und wie lustig sehen die „fünf Engelein“ aus, die dem Kindchen ein Süppchen kochen! Der das Pfännlein hält, hat seine Höschen vorsichtig hinaufgestülpt, und der das Wasser im Eimerchen eingießt, ist ein richtiges Hausknechtchen mit Lederhöschen und der weißen wackelnden Zipfelmütze. Auch als Musikanten sind die „Engele“ zu brauchen. Da spielen sie auf mit Geigen und Flöten, Hoboen, Trompeten und Pauken, daß die Sterne nur so um sie herumfliegen. Aber das müde schöne Mama’chen, das mit dem Kindchen im Schooß da am Uhrkasten eingeschlummert ist, wird es lieber haben, wenn die Engel mit den großen Flügeln das Kindchen einsäuseln – und mit herrlichen Blumen schmücken, während draußen die Aehren nicken. – Ei ei, was man erleben muß! Da ist das Püppchen bedenklich krank geworden. Das Mädchen sitzt sehr besorgt vor der Wiege und davor steht der ernsthafte Herr Doctor mit des Vaters hohem Cylinder und großem Knopfstock. Es ist nur gut, daß ihm ein Arzneiglas mit dem langen Papierstreif aus der Tasche des Jäckchens guckt; da kann doch gleich geholfen werden.

– „Eins, zwei, drei, – hicke, hacke, Heu“ – und „Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt, so leit er“ – lassen ihre betreffenden Bildchen errathen, – der „Frühling“ bietet einen prächtig gelungenen Jubel, – eine spaßigere Gesellschaft giebt es jedoch ganz gewiß nicht, als Kinder und junge Hunde als Spielgenossen und gegenseitige Beobachter.

Damit aber die Kinder der Gartenlaubenleser auch Etwas von diesem sie betreffenden Artikel haben, stehen zwei der Bildchen drüben. Wer noch nicht weiß, was ein Maienregen für das Wachsthum der Kinder zu bedeuten hat, dem sagt es hier das Bild und das schwäbische Liedchen:

Maierege, mach’ mi groß,
I bin e kleiner Stumpe,
G’hör unter d’ Lumpe.
Bleib i als e Stumpe stehn,
Will i lieber in’s Himmele gehn.

Und nun betrachtet Euch den kühnen Ritter Melcher, den Prachtburschen! Er will ein Reiter werden, und er wird’s auch, nur ist sein Roß ein Ziegenbock, seine Reiterstiefel sind Wassereimer und Dörner seine Sporen, eine Ofengabel ist sein Schwert, ein Topf sein Helm und die Küchenthür sein Reitermantel. „Reit, Melcher, reit!“

Was nun den dichterischen Theil, den Text, betrifft, so finden wir manches altbekannte und beliebte Stück von guten Dichtern, manches hübsche Volksliedchen, viele Spielreime, selbst Schnaderhüpfl und sogar unschuldige Gassenhauerchen herbeigezogen, davon Vieles in süddeutschem Dialekte. Wie die Kinder ja immer die Alten nachahmen, so sind hier umgekehrt Lieder der Alten in’s Kindliche übertragen. Diese ausgewählten Sachen können sich größtentheils neben den Illustrationen sehen lassen. Was aber die einem unbekannten Dichter des siebenzehnten Jahrhunderts entnommenen Verschen zu dem sogenannten A B C mit Flügeln betrifft, so würde G. Scherer diese weit besser selbst neugedichtet haben; sie allein machen den Wunsch guter Besserung für die Zukunft rege. Dagegen freuen wir uns der völlig reinen Bilderlust, bis zum letzten Pünktchen des lieben lustigen Buchs.
F. H.




Gutes Wasser und gute Luft!

Während des noch warmen vorigen Herbstes brach unter den durchweg gebildeten Bewohnern eines der schönsten und vollkommensten Häuser im eigentlichsten Geheimrathsviertel Berlins eine wüthende Revolution aus. Die Bewohner sind fast alle echte, wirkliche Geheimräthe mit vier- bis achthundert Thalern Miethe, natürlich im Keller mit den üblichen Bierverlegern, Käsehandlungen, Drehrollen, und unterm Dache Waschfrauen, Schlafburschenmüttern und dergleichen nicht geheimräthlichen Familien. Aber sonst Alles sehr fein, Portierverschluß, kleiner Vorgarten, sogar – welch’ ein Wunder! – ein kleiner Hintergarten, breite Treppen mit gemalten Fenstern, Doppelfenster, große, hohe Zimmer und – der Wunder größte – echte Waterclosets! Was kann der wirklichste Geheimrath Vollkommneres in Berlin verlangen? Und doch mußten sie, wie fast alle gebildeten Berliner, bei dieser Hitze im vorigen Juni und Juli fliehen. Fliehen vor wem? Nun, vor den Hausdrachen, die ihre mörderischen Rachen von den Senkgruben unten giftathmend durch die vollkommensten Closets hindurch bis mitten in jede Achthundertthalerwohnung streckten. Auswege für die von ihnen gelieferte Luft gab es blos durch die Zimmer. Natürlich streckt auch der Hauptdrache jedes Berliner Hauses seinen Boa-Constrictorleib unter dem Hausflure hin und sendet seine Miasmen ununterbrochen die prachtvollen Treppen hinauf, von wo die Luft keinen Ausweg findet, so daß sie durch die Eingangsthüren und Corridors ebenfalls wieder in die Zimmer gepreßt wird. Kein Wunder, daß auch in solchen vollkommensten Häusern die Geheimräthe Unrath merkten. Sie flohen also während der hitzigsten Herrschaft und Fortpflanzung dieser Drachenbrut und glaubten zu Ende August in eine bessere Luft zurückzukehren; aber es war schlimmer, viel schlimmer, durchaus nicht zu ertragen! Also Revolution und Sturmpetitionen an den ausnahmsweise nachgiebigen Wirth. Dieser sollte die Herrschaft der Hausdrachen brechen und sie womöglich ganz exmittiren. Aber wie das anfangen? Selbst in Häusern voller Geheimräthe ist hier guter Rath theuer. Allein der Wirth ließ den Ungethümen jeder Etage und Wohnung wenigstens Auswege bahnen, nämlich Dunströhren aus den Closets in den Schornstein, von wo sie nun zwar zuweilen, [759] durch böse Geister des Rauches verstärkt, um so ärger zurückkehren, aber doch in der Regel in die schon anderweitig überaus gesegnete Berliner Luft entweichen können.

Die Dunströhren gelten für einen großen Triumph in diesem Prachthause. In den meisten andern Häusern und Wohnungen aber denkt man an solche Vervollkommnungen nicht. Dadurch sind die immer gewaltiger anschwellenden Großstädte trotz ihres schnellen Aufblühens an den Eisenbahnschwingungsknoten wahre Mördergruben geworden und die Sterblichkeit darin nimmt mit der anwachsenden Größe immer mehr zu. Nach der vergleichenden Sterblichkeitsstatistik gehen durchschnittlich auf dem Lande und in gesunden Kleinstädten jährlich siebzehn, in Großstädten zwanzig bis dreißig von je tausend Menschen mit Tode ab, und selbst in London, der größten und zugleich gesundesten Stadt der Welt, müssen noch jährlich etwa zehntausend Menschen den Drachen der Luft- und Wassermiasmen geopfert werden. In Berlin, Wien und Paris steigen diese Opfer freilich zu einer viel erschrecklicheren Anzahl, nämlich zu vierundzwanzig bis siebenundzwanzig im Tausend. Sicher ist, daß London und andere englische Städte den durchgeführten Entwässerungssystemen die Erhaltung von jährlich vier bis fünf Menschen vom Tausend verdanken und die Sterblichkeit in Folge der unterirdischen Cloaken, welche aus den Waterclosets alle miasmatische Lebensabfälle immer frisch der Unterwelt übergeben, je nach Vollkommenheit derselben von siebenundzwanzig und vierundzwanzig bis auf einundzwanzig und zwanzig vom Tausend gesunken ist. Diese und andere Thatsachen sprechen ungemein günstig für unterirdische Canalisirung der Städte, zumal seitdem man in England den größten Vorwurf, den man demselben im Interesse der Landwirthschaft machte, zu beseitigen weiß.

In dem Artikel „Ein Londoner Kummerhof“ wurde bereits beiläufig auf diese kostbare Entdeckung hingewiesen, und eine große Menge an die Redaction eingesandter Anfragen und Gesuche, das Geheimniß dieser Entdeckung mitzutheilen, beweisen, daß man auch in Deutschland die Wichtigkeit derselben zu würdigen weiß. Sie besteht darin, daß man durch einen chemischen Proceß im Großen aus den Cloakenflüssigkeiten den eigentlichen kostbaren Düngergehalt, die neubefruchtenden Stoffe für unsere Felder und Fluren so vortheilhaft ziehen kann, daß der Werth derselben von zwei Silbergroschen sich auf etwa zweitausendfünfhundert Silbergroschen erhöhen kann. Mit anderen Worten heißt dies: eine Tonne gewöhnliche Cloakenflüssigkeit enthält etwa für zwei Silbergroschen Düngerwerth, während dieselbe Masse durch den neuen chemischen Proceß aus der gewöhnlichen Flüssigkeit herausgefischt und verdichtet zweitausendfünfhundert Silbergroschen werth ist. Kein Wunder, daß praktische Landwirthe und sonstige Sachverständige das Geheimniß dieser kostbaren Verdichtung kennen lernen möchten. Der Verfasser dieses und des Kummerhof-Artikels muß leider bekennen, daß er dasselbe nur aus mancherlei englischen Berichten über großartige Experimente mit diesem neuen chemischen Proceß kennen gelernt hat, und aus diesen Berichten bis jetzt weiter nichts offenbar geworden ist, als daß die Erfinder hauptsächlich mit Kalk und Alaun und noch zwei oder drei wohlfeilen, aber von ihnen noch geheim gehaltenen chemischen Stoffen arbeiten, die Cloakenflüssigkeiten dadurch wirklich unschädlich und geruchlos gemacht und ihres ganzen Düngergehalts so entledigt werden, daß derselbe in verdichteter, gebundener, also geruchloser Form auf das Vortheilhafteste und Reinlichste als Dung verwendet werden kann. Damit wäre also ein großes Problem gelöst und alle Feindschaft gegen Canalisirung der Städte, selbst mit Liebig an der Spitze, geschlagen. Das Geheimniß des Verfahrens wird sicherlich früher oder später ganz bekannt werden, und dem Verfasser selbst liegt daran, es womöglich zuerst in englischen Blättern zu entdecken und dann sofort mitzutheilen.

Aber inzwischen sind neue Feinde der Canalisirung bekannt geworden, nämlich die bösen Luftgeister, die aus allen möglichen Oeffnungen der Cloaken, selbst durch die festen Wände, immerwährend herausdringen und, wie bereits angedeutet, auch die besten Häuser und Wohnungen nicht verschonen, während allerhand flüssige und feste Gifte aus denselben an schadhaften Stellen und mit der Zeit selbst durch gutes Mauerwerk in den Boden dringen und das Wasser vergiften. Und gerade dieses Wasser ist nach genau ermittelten Thatsachen englischer und deutscher Chemiker die Hauptquelle ansteckender Krankheiten, namentlich der Cholera und typhusartiger Fieber, welche in der aus denselben Quellen verpesteten Luft immer die größten Verheerungen anrichten. Nicht die Phantasie, sondern Jahre lang fortgesetzte sorgfältige Untersuchung von Männern der Wissenschaft und die nüchternste Sterblichkeitsstatistik weisen unwiderleglich nach, daß noch jährlich Millionen Menschen von diesen Ungeheuern der Civilisation thatsächlich erwürgt werden.

Zehn Jahrgänge von kostbaren Berichten des Londoner Gesundheitsamtes, die Mittheilungen des Congresses für sociale Wissenschaft in Birmingham, die Cholera-Conferenz von Aerzten und Naturforschern zu Weimar, der Ausschuß von Naturforschern für eine besondere Hygieine oder öffentliche Gesundheitspflege in Frankfurt am Main, werthvolle Schriften des Dr. Varrentrapp daselbst, eine Broschüre des Stadtbauraths Hobrecht in Stettin, das Gutachten der wissenschaftlichen Deputation über die Canalisirung Berlins und andere Bücher, Broschüren, Schriften und Erfahrungen, alle verdammen einstimmig die Luft und das Wasser, besonders aber die entsetzliche Bewirthschaftung der Städte, als die Hauptquellen von Krankheit, Siechthum, Epidemie, Elend und Tod. Desto weniger stimmen diese heiligen Georgs gegen die moderne Drachenbrut in ihren Mitteln zu deren Erlegung überein. Es ist deshalb vor allen Dingen höchste Zeit, auch in Deutschland nach englischem Muster ein Gesundheitsamt (Board of Health) aus den besten Männern der Wissenschaft und der Erfahrung zu gründen, durch das Land hin zu verzweigen und mit den gehörigen Vollmachten zu versehen, um wenigstens die erkannten Hauptquellen dieser Krankheiten und künstlichen Menschenopferungen zu beseitigen.

Das englische Gesundheitsamt ist befugt und verpflichtet, Untersuchungen über den Gesundheitszustand einer Stadt oder Gegend anzustellen, wenn mehr als dreiundzwanzig von je tausend Einwohnern im Jahre sterben oder wenigstens ein Zehntel der Steuern zahlenden Bewohner darum nachsuchen. Je nach dem Ausfall dieser Untersuchungen kann es beim betreffenden Ministerium beantragen, daß für diese Stadt oder Gegend eine besondere Gesundheits-Commission niedergesetzt werde. Diese hat dann das Recht, ermittelte Quellen der Ungesundheit in Luft und Wasser auf Kosten der Bewohner nöthigen Falles gewaltsam zu beseitigen, ungesunde Industrien an dieser Stelle zu verbieten oder ganze Häuser, in welchen den nothwendigen Bedingungen für gesundes Wohnen darin nicht genügt wird, umzubauen oder niederzureißen.

Ohne diese Bestimmungen durchweg als Muster zu empfehlen, müssen wir doch anerkennen, wie es auch bereits vielfach in der Presse geschehen ist, daß eine solche Macht, eine solche Behörde, in Deutschland unerläßlich geworden ist, und alle Kräfte aufbieten, ein solches über Deutschland verzweigtes Gesundheitsamt in’s Leben zu rufen. Die Herren, welchen jetzt die Sorge für öffentliche Gesundheit obliegt, sind der Aufgabe durchaus nicht gewachsen. Wer sich um die Sache bekümmert hat, weiß das gehörig, und Jeder kann es in jeder Stadt, in jedem, auch oft dem feinsten Hause sehen, hören, schmecken, fühlen und besonders riechen. In Berlin ist es notorisch, daß jeder nächtliche Reinigungsact die Luft weit umher in der Nachbarschaft, selbst durch verschlossene Doppelfenster hindurch, geradezu verpestet. Aus einem sonst sehr respectablen Hause zog eine Familie aus, weil während solcher Nächte das Silberzeug und sonstige metallische Gegenstände gräulich, grünlich angegriffen und angeschwärzt wurden. Die Vorschriften wegen Desinfection werden eben nur sehr ausnahmsweise erfüllt. Und was diese nächtliche „Abfuhr“ gewöhnlich für ein Schicksal haben mag, können wir aus einer nächtlichen Jagdscene schließen, wie sie unlängst in Berliner Blättern geschildert ward.

Nachts um die zwölfte Stunde poltert es schwerfällig durch die classische Schönheit des Brandenburger Thores. Späte Wanderer und aus fröhlichen Gesellschaften zurückkehrende Partien verstummen in ihrem Gelächter und fliehen. Das polternde Ungethüm bewegt sich hinaus in eine der schönsten Gegenden des Thiergartens am Goldfischteiche und fängt an, angesichts der Statue der Schönheits- und Liebesgöttin sich seiner entsetzlichen Bürde zu entledigen. Da sprengt eine berittene Schaar bewaffneter Helden durch’s Brandenburger Thor heran und der noch ziemlich gefüllte Wagen donnert fliehend Charlottenburg-wärts, nach allen Seiten ruchloses, aber geruchvolles Verderben speiend, die berittene Schaar bewaffneter Helden hinterher, und ihr gelingt es, freilich ohne jede Rücksicht auf ihre Nasen, das verbrecherische Gespann einzuholen. Der Wagenlenker gesteht mit weinerlicher Stimme, [760] daß er angewiesen sei, allnächtlich seine Ladungen irgendwo und irgendwie los zu werden, da kein Platz dafür erlaubt sei.

Solcher nächtlichen Jagdscenen mag sich der Mittelpunkt der Intelligenz wohl sehr häufig rühmen und damit beweisen können, daß er nicht so arm an romantischen Scenen sei, wie die böse Welt behauptet. Außerdem kann man in Hobrecht nachlesen, wie und mit welchen Kenntnissen die jetzigen Communal- und Polizeibehörden sich mit öffentlichen Gesundheitsfragen beschäftigen. Es ist nicht mehr auszuhalten, und kein gebildeter Mensch sollte länger ruhig in solchen Städten und Häusern Tod und Verderben athmen, wenigstens müßte er sich zunächst der Agitation für ordentliche Gesundheitspflege und ein betreffendes Gesundheitsamt anschließen und jede Art von Verbrechen auf diesem Gebiete selbst vermeiden und an Anderen nach Kräften rügen und bestrafen. Guter Rath und Belehrung sind auch nicht zu verachten, aber gründlich helfen und durchgreifen kann blos eine mit Wissenschaft und vollstreckender Gewalt ausgerüstete Behörde. Diese Behörde läßt sich vielleicht aus schon jetzt vorhandenen Bestrebungen und Vereinen entwickeln. Die Abtheilung des Naturforscher-Congresses für öffentliche Gesundheitspflege mag sich zu einer selbstständigen Versammlung erweitern und allerhand Volks- und Landwirthe, betreffende Polizei- und Communalbeamte, Volksvertreter, Bevollmächtigte landwirthschaftlicher, medicinischer und sonstiger praktischen Vereine mit herbeiziehen und zunächst alle Thatsachen und Erfahrungen, die hierher gehören, prüfen und sichten.

Gutes Wasser und gute Luft! Wer zweifelt hier noch? Und doch dürfen beide Grundbedingungen für die öffentliche Gesundheit noch überall täglich und nächtlich von Jedem ungestraft verletzt werden. Noch wichtiger für einen solchen Congreß wäre die Entscheidung über noch streitige Fragen, namentlich Abfuhr oder Canalisirung, so wie über das Geheimniß praktischer Verdichtung der Düngstoffe aus den Cloakenflüssigkeiten, welches übrigens wohl schon jetzt von jedem guten Chemiker gelöst werden kann, so daß wir auf die Engländer nicht zu warten brauchen. Nach dem Ausspruche Palmerston’s ist Unrath nur ein wirklicher Geheimrath am unrechten Platze. Die Hauptaufgabe für die öffentliche Gesundheitspflege ist richtige Anstellung dieses Unraths. Trotz unserer gerühmten Wissenschaft und Erfahrung wußten wir bis jetzt nicht, ihn richtig unterzubringen. Nun haben wir endlich ermittelt, daß alle thierischen Lebensabfälle immer so schnell wie möglich der Erde anvertraut werden müssen, um ihre Tödtlichkeit in die schönsten Quellen neuen Lebens zu verwandeln. Die unterirdischen Cloakensysteme entwickeln immer viel giftige Luftarten und werden auch, wenn sich die erwähnte englische Erfindung bewährt, eine noch fragliche Wohlthat bleiben. Aber diese thierischen Lebensabfälle dürfen auch unter keiner Bedingung in Häusern und Höfen liegen bleiben und in Gährung übergehen, ehe sie vielfach entwerthet und des Mordes schuldig der Erde anvertraut werden. Es gilt also möglichst schnelle Vermischung derselben mit der Erde. Dadurch wird ihr Tod sofort neue Lebenskraft. Und auch in dieser Richtung gehen uns die Engländer bereits mit einem gutem Beispiele voran und wenden statt der Waterclosets immer häufiger und mit dem besten Erfolge die Moule’schen Erdclosets an.

Diese können beinahe in jeder Form eingerichtet werden, wenn sie nur die Bedingung erfüllen, daß alle hineingeworfenen thierischen Lebensabfälle immer sofort mit frischer, trockener Erde vermischt oder überdeckt werden. Dies hindert alle Entwickelung schlechter Luft und giebt ihnen für neue Lebens- und Nahrungserzeugung ohne Abzug den höchsten Werth. Es giebt also Vieles zu prüfen und das Beste zu behalten, aber auch streng durchzuführen durch ein mächtiges, weises Gesundheitsamt.




Der Redacteur im fernen Westen.

Eine Stadt auf dem Grund und Boden der Vereinigten Staaten – möge sie vorläufig auch aus nichts weiter bestehen als einem paar Kaufläden „für Alles“, einigen Schenkstätten, einem Schulhause und zwei oder drei Dissentercapellen – ohne Tages- und Wochenblatt, oder vielmehr ein Organ, welches die Interessen der amerikanischen Demokratie, und ein anderes, das die der Republikaner vertritt und verficht – verficht oft genug in der buchstäblichen Bedeutung des Wortes – ist geradezu undenkbar, undenkbar in den eben erst zur Civilisation geweckten neuen Colonien des fernen Westens wie in den ihr seit Jahrhunderten erschlossenen „alten“ Staaten Neuenglands.

Es ist ein originelles Gewächs diese fernwestliche Presse, ein nicht minder originelles Subject aber der Herausgeber und Redacteur des fernen Westens. Begleite uns also der Leser einmal auf einem Sommerausfluge nach einer jener stillen kleinen Städte am Rande der Prairie, einem jener Orte ohne klingenden Namen, von denen es schwer ist zu bestimmen, wo das Land aufhört und die Stadt anfängt, und wo die Bewohner in ihrem dolce far niente sich vor dem Specereiladen auf der Schattenseite der Straße in ihren Schaukelstühlen wiegen, Tabak kauen und um die Wette – spucken.

Noch haben wir uns kaum unserer kolossalen mexicanischen Pfundsporen entledigt, noch ist am Schenktisch der Bude, die sich „Hotel“ titulirt, unsere erste Herzstärkung nicht völlig hinabgespült, noch haben wir die frische Havanna nicht in Brand gesteckt, so tritt ein mit schäbiger Eleganz gekleidetes Individuum geschäftig zu uns heran und beginnt mit jenem Gemisch von vorsichtiger Verschlagenheit und unverschämter Zudringlichkeit, wie sich in gleicher Vollkommenheit nur der Amerikaner seiner rühmen darf, ein Kreuzfeuer von Fragen über uns auszugießen. Einigermaßen verdutzt, betrachten wir uns die seltsame Erscheinung mit den listig funkelnden kleinen Augen, die währenddem auf die gegenüberliegende Wand des Zimmers eine unaufhaltsame Fluth von braunem Tabakssaft ausgesprudelt hat, etwas näher, um, nicht mehr grün in den Verhältnissen und Gestalten des Landes, sofort zu wissen, daß wir einen der Zeitungsherausgeber und -Redacteure des Ortes vor uns zu sehen das Vergnügen haben.

Eben ist die Neuigkeitspumpe im schwunghaftesten Gang; mit einem Male fährt unser Preßmann auf, als sähe er einen Alligator auf sich losrudern, schiebt hastig und geschwind den Tabaksknäuel von der rechten nach der linken Wange, schleudert einen noch energischeren Strahl als die bisherigen nach dem erkorenen Ziele und eilt mit dem Ausdruck supremster Verachtung im Gesicht durch die offene Thür von dannen. Von der jenseitigen Seite der Straße aber nähert sich mit den langen Schritten der langen Beine eine Figur in Hemdärmeln, – der Besitzer und Herausgeber des gegnerischen Blattes. Zufällig ist dies von der Farbe, zu welcher sich unser Wirth bekennt; es ermangelt derselbe daher nicht, uns den „Doctor“ oder „Richter“ oder „Capitän“ So und So – ohne Titel geht es bekanntlich in dem republicanischen Amerika noch viel weniger als bei uns im monarchischen Deutschland; die Capitäne, Obersten und Generale sind zahllos in den Vereinigten Staaten – „den Herausgeber des ‚Freiheitspaniers‘ und einen der ausgezeichnetsten Bürger dieser Stadt“, in aller Form vorzustellen.

Capitän So und So ist, wie uns nähere Bekanntschaft lehrt, durchaus nicht das wilde, blutschnaubende, grausame Geschöpf, als welches es sich in seinen Leitartikeln und namentlich in seinen „persönlichen Notizen“ darstellt. Es ist vielmehr ein Mann von wohlwollender Gesinnung, der uns auf das Gastfreundlichste einladet, ihn auf seinem Bureau zu besuchen, welches, wie wir finden, Setzer- und Drucksaal, Wohnstube und Redactionsbureau, kurz Alles in Allem ist, obschon es außer einem mit Tabakssaft gesprenkelten Ofen, einem Tisch und einem abgenutzten Schaukelstuhl der wohlfeilsten Art blos die zu Leben und Geschäft allerunentbehrlichsten Möbeln und Geräthe enthält. Zugleich aber scheint das vielseitige Gemach der Hauptversammlungsort aller Politiker und Bummler der Stadt zu sein, die sich um das „Freiheitspanier“ schaaren.

Der Herr Redacteur selbst entschlüpft, wenn er gerade nichts Dringendes zu verrichten hat, dann und wann diesem Tempel der Literatur, um einen vorübergehenden Bekannten zu fragen, „ob er nicht etwa Stoff zu einer kleinen Notiz bei sich hat,“ oder eilt hinüber einen Goldgräber „auszupumpen“, welchen er gerade auf der Straße erblickt und der soeben erst in der Stadt angelangt ist, seinen Wochenbedarf an Bohnen und Schweinefleisch gegen Goldstaub einzuhandeln. [761] Kurz darauf sehen wir das würdige Paar sich in ein Schenkhaus verlieren; sind die Nachrichten aus den Minen, dem Gegenstande, worauf sich in diesen Bezirken des fernen Westens vor allem Andern das Interesse concentrirt, besonders pikanter Natur, so beehrt der ungeschlachte Goldgräber, mit dem Redacteur Arm in Arm wandelnd, wohl auch das Office selbst mit seinem Besuche. Hier werden seine Mittheilungen sonder Verzug Schwarz auf Weiß festgenommen; mit aller ihm möglichen Cordialität bittet der jetzt höchst emsige Herausgeber seinen Gast, sich’s bei ihm bequem zu machen, weniger aus Gastfreundschaft, als um ihn dem „Oppositionsblatte“ aus dem Wege zu schaffen, denn in diesen öden, abgeschiedenen Orten in den Bergen und Wüsten des fernen Westens ist jeder Mensch, der Neues zu berichten weiß, eine Persönlichkeit von allergrößter Bedeutung, ein gefundener Schatz und verdient demgemäß ungewöhnliche Rücksicht und Aufmerksamkeit.

In der Regel hat der amerikanische Redacteur, speciell der Redacteur des fernen Westens, seine Laufbahn als Setzerjunge eröffnet, hat alle Staffeln dieser Carriere erklommen und ist schließlich Besitzer einer Druckerei und Herausgeber eines Blattes, sehr oft Leitartikelschreiber, Redacteur, Hauptmitarbeiter, Setzer und Drucker derselben in einer und derselben Person geworden. Manchmal ist er früher auch wohl Omnibuskutscher oder Gasthofsportier gewesen, bis ihn die speculative Richtung seines Geistes auf die höhere Laufbahn geführt hat. Am häufigsten indeß pflegt er zugleich Sachwalter und Winkeladvocat zu sein, der seine Mußestunden mit Politik und Literatur ausfüllt und sich dergestalt allmählich bis zu einem Sitze in der Legislatur seines Staates oder Territoriums aufschwingt. Wohl giebt es nur wenige Staatsmänner des fernen Westens, die nicht, ihren Weg als Setzer oder Buchdrucker beginnend, sich zum Redacteur und Rechtskundigen emporgearbeitet und schließlich ihren Platz unter den Gesetzgebern des Landes gefunden hätten. Auch ist es ein Wunder, wenn ein Redacteur einmal Zeit seines Lebens dem Redactionspulte treu bleibt; mit der Beweglichkeit, wie sie diese Männer des Westens kennzeichnet, legt er vielmehr Stahlfeder und Rothstift, Scheere und Kleisterpinsel unbedenklich nieder und ergreift ohne Weiteres das erste beste Geschäft, welches ihm größere materielle Vortheile verspricht, als die Einnahme seiner Zeitung; geht unter die Goldgräber, errichtet einen Kleiderhandel, wird Locomotivenführer oder Dampfschiffcapitän, je nachdem sich die Chancen darbieten. –

Ein Merkmal haben alle diese auf schlechtem Papiere gedruckten, im Ganzen ziemlich ärmlich aussehenden Tages- und Wochenblätter des fernen Westens mit einander gemein, Etwas, was vor allen ihren sonstigen Besonderheiten dem Fremden zunächst auffällt – es ist das persönliche Moment, die persönliche Polemik und persönliche Ruhmredigkeit, die persönliche Mittheilung und Benachrichtigung, welche den Grundton des Ganzen ausmachen. Unsere deutschen Parteiblätter, zumal gewisse Organe jenseit des Maines, commandiren nachgerade ein recht nettes Register von freundschaftlichen Ausdrücken und Apostrophen, wenn es sich darum handelt, den Blättern einer Gegenfraction kleine Artigkeiten zu sagen, allein was wollen ihre bittersten Ergüsse, ihre schärfsten Stiche, ihre plumpsten Hiebe bedeuten gegen die desfälligen Leistungen ihrer transatlantischen, speciell ihrer Collegen im fernen Westen! Es ist eitel Honigseim, eitel Liebkosung und Sammethandschuhstreicheln im Vergleich zu den amerikanischen Attaken. Das Lexikon der amerikanischen Redacteure ist unerschöpflich für dergleichen Ausfälle und Scharmützel, der gesammte Wortschatz der englischen Sprache nebst dem ansehnlichen Zuwachs von Yankeeursprung reicht oftmals nicht aus, der politischen Feindschaft und Gehässigkeit Ausdruck zu verleihen, die schöpferische Einbildungskraft des Herausgebers erfindet vielmehr noch die ungeheuerlichsten Substantiva und Adjectiva, die ungeheuerlichsten Wortbildungen, um dem Grimme Luft zu machen, der seine für das Wohl des Vaterlands glühende Brust erfüllt. Merkwürdig aber, diese Ausfälle richten sich immer weniger wider das feindliche Lager oder das ihm dienende Blatt, sondern speciell und wiederum ganz persönlich wider den gegnerischen Redacteur selbst, „den gemeinen Hund Capitän E. Taylor, der das lumpige Zweibitblatt[1] drüben über der Straße herausgiebt.“ Um jedem etwa aufsteigenden Argwohn, daß wir übertreiben, von vornherein zu begegnen, bemerken wir ausdrücklich, daß die eben angezogene redactionelle Herzerleichterung keineswegs eine poetische Licenz, sondern buchstäblich einer Zeitung des Westens entlehnt ist, ebenso wie die gesammte Blüthenlese gewählter Höflichkeiten und interessanter Anzeigen, mit denen wir im Nachstehenden unsere Leser zu unterhalten denken, Wort für Wort, ohne eine Silbe schmückender Zuthat, in verschiedenen westamerikanischen Blättern zu lesen sind, welche wir uns zum Zwecke dieser Mittheilungen gesammelt haben.

Der Herausgeber eines in San José in Californien erscheinenden Organs liegt mit einem andern dortigen Redacteur im Streite; man höre nun, welches anmuthige Bild er von seinem Collegen entwirft. „Der Kerl ist seines Zeichens nichts als ein Bummler und gewöhnlich nur in Trink- und Branntweinstuben anzutreffen, nicht etwa blos in den Wahlperioden, sondern Jahr aus Jahr ein. Er spielt mit der Politik, gerade wie er mit falschen Karten spielt oder Jemandem die Kehle abschneiden würde, um im Monte (einem bekannten mexicanischen Hazardspiele) zu gewinnen. Sein Haar trägt er kurz abgeschnitten wie die Raufbolde und Boxer von Profession, damit ihn in der Hitze des Gefechts Niemand etwa am Schopfe packen und so ihm einen Vortheil abgewinnen könne. Sein Gehirn sitzt ihm hinter den Ohren und sein Gesicht ist blos ein convexer Fleischklumpen, in welchem stets wenigstens das eine Auge von der letzten Balgerei her noch das schwarze Trauerkleid trägt. Frömmigkeit und Gottesfurcht liegen völlig außer seinem Wege, dagegen ist Fluchen und Lästern seine Force. Mit verbundenen Augen kann er einen Whiskypunsch von einem Genevergrog unterscheiden und verbraucht alle Tage ein Pfund Kautabak. Sein Geld vergeudet er mit zweideutigen Weibern und macht es sich zur besondern Ehre, niemals seine Schulden zu bezahlen. Oeffentliche Aemter nimmt er nur an, um Staat und Publicum zu bestehlen, und ist ehrlich blos so lange, wie es besser lohnt, als die Schurkerei.“

Welche Rolle das persönliche Element in der amerikanischen Tagespresse spielt, erhellt vielleicht noch deutlicher aus einer Zeitung Nevada’s, die gleichfalls ein Stück unserer interessanten Sammlung bildet. Es ist die „Virginia Enterprise“, und darin steht unter andern classischen Stellen auch die folgende: „Wir nehmen soeben wahr, daß Herr Brier (der Redacteur der am selben Ort publicirten „News“ – Nachrichten) einen neuen Rock anhat. Entsinnen wir uns recht, so ist vor Kurzem ein Kleider- und Schnittwaarenmagazin ausgebrannt, bei welchem Anlaß ein paar Röcke vermißt worden sind, die, wie man bestimmt weiß, vor den Flammen geborgen wurden. Selbstverständlich enthalten wir uns aller Betrachtungen hierüber, auch fällt es uns nicht im Allerentferntesten ein, zu behaupten, daß Herr Brier sich etwa eines dieser Kleidungsstücke angeeignet habe. Behüte Gott! Wir constatiren nur die eine und die andere Thatsache.“ –

Der Herausgeber eines andern Blattes ruft mit Entrüstung aus: „Wahrhaftig, eine gekochte Mohrrübe wird eher die Alpen durchbohren, als ein einziger Funke gesunden Menschenverstandes durch den dicken Hirnkasten eines gewissen Redacteurs zu dringen vermag.“ – In San Leandro – ebenfalls jenseit des Felsengebirges – bittet der Herausgeber der „Oakland News“ den Redacteur einer andern Zeitung höflichst um Entschuldigung wegen eines Druckfehlers, welcher in der letzten Nummer seines Blattes stehen geblieben sei; er habe seinen Collegen nicht Affen, sondern Esel nennen wollen. (Die eigentliche Pointe dieser eleganten Redewendung ist unübersetzbar: monkey“ heißt nämlich Affe und donkey“ Esel.) Manchmal nehmen dergleichen Federplänkeleien einen etwas minder harmlosen Charakter an. So schreibt der vielgenannte Herausgeber eines weit verbreiteten westamerikanischen Blattes vom Hauptcorrespondenten einer gegnerischen Zeitung: „Mr. Prentice ist ein Erzlügner, und wir werden ihm dies in’s Gesicht sagen, wann und wo wir ihm immer begegnen.“ Hierauf erwidert der also Angegriffene in der nächsten Nummer seines Organs: „So meinen Sie, Mr. Smith? Zur selben Zeit, wo Sie Ihren Vorsatz ausführen, wird ein Leichenbegängniß nothwendig werden und die Familie Smith als Hauptleidtragende dabei fungiren.“ Das läßt wenigstens von Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Vor einigen Jahren brachten wir einen Abend in den Dalles zu. Die Dalles sind eine rasch emporblühende kleine Stadt unweit [762] der großen Katarakten des Columbiastromes, jenseit des Felsengebirges an der Straße nach den Goldminen von Idaho, und unsern Lesern vielleicht bekannt durch den umfänglichen Lachsfang, welchen die Indianer in der Nähe der erwähnten Stromschnellen betreiben. Der Ort wimmelte gerade von Fremden und Reisenden. Unter der bunten Menge derselben befand sich auch eine Anzahl von Mitgliedern der Presse, welche nach den Minen gehen wollten, um von dort aus ihren verschiedenen Blättern detaillirte Berichte einzusenden. Einer dieser Herren, ein Mr. Samuel Bowers, dem ich vorgestellt wurde, machte mir den Eindruck eines wohlunterrichteten und liebenswürdigen Mannes, so daß ich mich sofort zu ihm hingezogen fühlte und, nach Brauch und Sitte des Landes, manches Glas Branntwein und Wasser, manchen Sherry-Cobler und Whiskey-Toddy (beliebte amerikanische Getränke) mit ihm leerte, ja, wenn ich mich nicht ganz irre, einen regelmäßigen Briefwechsel mit ihm verabredete. Wie sehr war ich daher erstaunt, als ich am nächsten Morgen in einem in den Dalles erscheinenden Wochenblatts die nachfolgende Schilderung meines Freundes vom gestrigen Abend las: „Goldgräber und Bergleute, paßt auf! Unter anderen Hallunken, Dieben, Räubern, Kehlabschneidern und Lumpen im Allgemeinen war auch Samuel Bowers hier, der seither als Zeitungsredacteur, Schulfondsdieb und in mehreren ähnlichen Rollen thätig gewesen ist. Wir glauben, daß er sich auf der Reise nach den Minen befindet, in welchem Falle jeder rechtschaffene Goldgräber und Bergmann sich doppelt und dreifach in Acht nehmen möge, sonst wird Sam ihn ‚machen‘, das ist klar wie der Tag.“

Natürlich konnte ich nicht umhin, dem Bekannten, welcher mich mit Bowers in Verkehr gebracht, meine Verwunderung darüber auszusprechen, daß er mir zur Gesellschaft einer so anrüchigen Persönlichkeit geholfen hatte. „Ach,“ antwortete er, „was will denn das weiter sagen! Bowers ist vielleicht nicht gerade ein Tugendausbund, doch so schlecht nicht, wie ihn das Blatt hier machen will; er bekennt sich eben zu einer anderen politischen Meinung als die Leute hier herum, das ist der Kern der Geschichte. Wollen einmal abwarten, was die Blätter weiter stromaufwärts sagen.“

Und diese Blätter zögerten nicht sich vernehmen zu lassen. Eine im nächsten Dorfe herauskommende Wochenschrift druckte die ganze oben erwähnte Stelle ab und setzte als Commentar hinzu: „Sam hat unsern Ort passirt, ohne daß hier irgend etwas vermißt wird.“ Eine andere Zeitschrift fügte weiter bei: „Sam ist am Donnerstage auch bei uns gewesen, doch, soviel wir in Erfahrung bringen konnten, ohne daß der beweglichen Habe unserer Mitbürger Schaden geschehen wäre. Zwar munkelte man von einer Kinderklapper und einer rothglühenden Ofenplatte, welche fehlen sollten, allein es hat sich herausgestellt, daß dies nur leeres Gerede war.“

Der Redacteur der „Solano-Preß“ titulirt seinen Collegen vom „Herald“ einen einfältigen Esel, einen verächtlichen Köter, einen schmutzigen Hund und einen nichtswürdigen Lügner. Einer ähnlichen parlamentarischen Sprache befleißigt sich „der Staatsmann von Oregon“ mit Bezug auf einen andern Redacteur: „Wir drucken weiter unten eine niederträchtige, verruchte, fluchwürdige Lüge aus den Spalten des ,Oregon-Tageblattes’ ab. Nächste Woche, wenn wir Zeit und Raum dazu haben, wollen wir darauf entgegnen; für heute genüge dem ordinären, stinkmäuligen, ungebildeten Hunde zu wissen, daß wir ihn fortwährend im Auge behalten und daß er uns nicht entwischen kann.“

Es ist leicht begreiflich, wie dergleichen Persönlichkeiten gelegentlich zu sehr fühlbaren Handgreiflichkeiten ausarten; nicht nur zählen derartige Begegnungen zwischen den Redacteuren der rivalisirenden Blätter selbst zu den tagtäglichen Vorkommnissen, sondern finden oft genug auch zwischen Herausgebern und Publicum statt. Meistens bleibt es bei einfachen Prügeleien, und ich glaube, kein Zeitungsredacteur des fernen Westens darf sich rühmen, bei passender Gelegenheit nicht seine Tracht Hiebe davon getragen zu haben. Indeß auch ernstliche Ehrenhändel und blutige Angriffe, die leider häufig einen traurigen Ausgang nehmen, gehören zu den gewöhnlichen Abwechselungen des Westamerikanischen Redacteurs. So war der uns bekannte Herausgeber eines texanischen Blattes in der kurzen Zeit von sechs Monaten zweimal von Kugeln, ebenso oft durch Messerstiche verwundet, einmal mit einem „Todtschläger“ bearbeitet und einmal in einen liefen Teich geworfen worden, allen diesen Fährlichkeiten jedoch glücklich entkommen. In demselben Zeitraume erschoß er selbst zwei seiner Gegner im Zweikampf. Ein anderer Redacteur, Namens John King, der Herausgeber des „San Francisco-Herald“, wurde von einer Bande von Strolchen umgebracht, gegen deren ruchloses Treiben er in seinem Organe zu Felde gezogen war. Sein Tod gab den nächsten Anlaß zur Gründung jenes Vigilanz-Comité’s in Montana, welches ein interessanter Artikel der Gartenlaube unsern Lesern bereits früher geschildert hat. Zwar eine ungesetzliche Behörde, nur ein Act der Selbsthülfe und lediglich Volksjustiz, hat dieses Comité doch binnen Kurzem verhältnißmäßige Ruhe und Ordnung geschafft in Gegenden, wo vorher die wildeste Anarchie herrschte und Raub und Plünderung, Mord und Todtschlag an der Tagesordnung waren.

In einen Ort dieses gefährlichen Gebietes, der sich einer besonders zahlreichen Schaar jenes wüsten Gesindels zu erfreuen hatte, war ein neuer Zeitungsredacteur gekommen. Ein entschlossener Charakter, warf sich derselbe alsbald tüchtig in’s Zeug und ging in seinem Blatte dem Unwesen, welches die Schaar stiftete, nachdrücklichst zu Leibe, noch ehe das große Publicum ihn von Angesicht zu Angesicht kannte. Eines Morgens, nachdem er Tags zuvor einen besonders scharfen Artikel gegen die Bande losgelassen hat, sitzt er ruhig in seinem Büreau, als ein verdächtig aussehender vierschrötiger Gesell hereintritt und, die schwere Reitpeitsche schwingend, nach dem Redacteur fragt. Nichts Gutes ahnend, bittet der letztere seinen Gast, einstweilen Platz zu nehmen während er hinunter gehen wolle, um den Redacteur herbeizurufen, der auf einen Augenblick sich zum Nachbar hinüberbegeben habe. Auf der Treppe begegnet er einem zweiten unheimlichen Individuum, das, einen dicken Knüttel in der Hand, gleichfalls gebieterisch nach dem Redacteur verlangt.

„Der Herr Redacteur sitzt oben in seinem Bureau,“ antwortet er mit Geistesgegenwart; „belieben Sie sich nur hinaufzubemühen, Sir.“

Er läßt ein paar Minuten verstreichen, dann lugt er vorsichtig in das Zimmer und sieht, wie die beiden Strauchdiebe einer über den andern auf der Diele liegen und sich mit ihren Waffen nach Herzenslust bearbeiten. Jeder hatte den Andern für den verhaßten Redacteur gehalten, und bei der Wuth, welche in beiden kochte, war alle Verständigung unmöglich gewesen. –

Wer jemals eine amerikanische Zeitung in die Hand genommen hat, der weiß, welcher Raum in jeder Nummer dem Inseraten- und Reclamewesen gewidmet ist und daß dieses letztere, wie im amerikanischen Verkehrsleben überhaupt, so in der amerikanischen Tagespresse ganz besonders einen mächtigen Factor abgiebt. In der Presse des fernen Westens haben Anzeige und Reclame ihre vollkommenste Entwicklung gefunden. Hier annoncirt alle Welt; hier macht Jedermann und muß Jedermann Reclame machen, der Gelehrte und Künstler, der Pfarrer und Advocat so gut wie der Handels- und Gewerbsmann; hier ist ohne Klappern und zwar tüchtiges Klappern kein Handwerk denkbar, und dies wiederum wird die Ursache, daß eine so ungeheure Anzahl von Zeitungen und Zeitschriften existiren kann. Jeder Anzeigende erwartet nun aber vom Redacteur des Blattes, dem er seine Ankündigungen zuwendet, daß derselbe, bei der erstmaligen Insertion einer Annonce, im redactionellen Theile der Zeitung mit kräftiger Lobposaune auf das bezügliche Inserat hinweist. „Unsere Leser werden bemerken,“ heißt es dann z. B., „daß die Herren Caleb Johnson & Co., Ecke der A- und der B-Straße (in vielen Städten Californiens werden die Straßen nur durch Buchstaben oder Zahlen von einander unterschieden) eine Restauration eröffnet haben, wo die reichlichsten Portionen von Speisen jeglicher Art zu den allermäßigsten Preisen zu haben sind. Wir rathen unsern Freunden auf das Angelegentlichste, dem neuen Etablissement ihren Besuch zu machen.“ Vorherrschend unter den Ankündigungen sind Empfehlungen von Hôtels, von Maulthierhändlern und Pferdeverleihern, nach unserm Geschmack in der Regel höchst wundersam gefaßt. „Concurrenz ist die Seele des Geschäfts!“ äußert sich ein Gastwirth im „Staatsmann von Idaho“. „Aber wenn ich Dich unter die Fäuste bekomme, Du bettelhafter, alter Schuft“ – das Compliment ist auf den Besitzer eines concurrirenden Hôtels gemünzt – „so schlag ich dir den Schädel ein; verlaß Dich darauf. Eine neue Aera ist angebrochen! Kommt nach dem … Hôtel und seht selbst. Alle Bequemlichkeit, die der Mensch [763] sich wünschen kann, sind in unserm Hause zu erhalten, wie nur irgendwo auf der Sonnenseite der Blauen Berge.

Seid Ihr hungrig? So kommt in unser Haus.
Durstig? Trinkt bei uns.
Seid Ihr müde? Schlaft bei uns.
Seid Ihr traurig? Wir werden Euch trösten.
Seid Ihr fröhlich? Wir werden uns mit Euch freuen.
Seid Ihr verrückt? Kommt, wir werden Euch in Sicherheit bringen.
Kommt, kommt Alle und besucht uns!“

Heirathsanzeigen werden stets mit einem Geschenk an die Druckerei zur Aufnahme in die Zeitung geschickt. Am Schluß dieser Annoncen pflegt dann die Druckerei meist wie folgt das Wort zu ergreifen: „Unser Personal dankt bestens für das Präsent und hat die Gesundheit des glücklichen Paares in strömendem Champagner getrunken.“ Die Spende besteht gewöhnlich in einem Viertel- bis einem halben Dutzend Flaschen Champagner[2]; dagegen werden in der Regel keine oder nur sehr geringe Insertionsgebühren bezahlt. –

Ohne Zweifel würden die Leser dieser Blätter höchlichst verwundert sein, wenn eines schönen Freitags unsere Zeitschrift einmal anstatt auf das gewohnte stattliche weiße Papier auf ordinäres braunes Papier gedruckt ihnen zukäme, weil „der Vorrath ausgegangen ist und die Verlagshandlung augenblicklich kein anderes Papier hat auftreiben können.“ Solche kleine Zwischenspiele mit der angeführten Entschuldigung haben wir jedoch im Westen Amerikas selbst mehrmals erlebt. Desgleichen lasen wir in einem auf Vancouver Island, im britischen Nordamerika, erscheinenden Blatte wörtlich folgende Benachrichtigung: „Das Papier von der gewöhnlichen Größe unserer Zeitung ist gegenwärtig nicht zu haben, wir werden mithin in kleinerem Formate erscheinen, bis uns der nächste Dampfer neuen Papiervorrath zuführt.“ Das nämliche Organ wurde eines Tages mit einer ganz unbedruckten Seite ausgegeben und dieser Mißstand folgendermaßen erklärt: „Ein unglücklicher Zufall hat die Satzform zerstört, zum nochmaligen Satze der Columne war keine Zeit, unsere Leser werden also die leere Seite entschuldigen.“

Eine nicht unbeträchtliche Zahl der im fernen Westen publicirten Blätter werden von Frauen redigirt, und diese Redactricen thun es in Kraftausdrücken und wuthschnaubenden Invectiven den Männern womöglich noch zuvor, namentlich, wie unlängst, in den Zeiten der großen politischen Wahlen, wo alle Leidenschaften aufgestachelt zu werden pflegen. Einer dieser weiblichen Redacteure läßt sich in seinem politischen Ingrimm also aus: „Ich bin eine Frau und kann folglich den jämmerlichen Hund, welcher die Zeitung jenseit des Weges herausgiebt, nicht selber durchbläuen, aber ich habe einen Sohn, der ihm in weniger als zwei Minuten den Standpunkt gründlich klar machen wird.“ Vor diesen großen Wahlen zeigt sich die Westamerikanische Presse immer in ihrer vollsten Glorie; dann ist jedes Blatt ein brüllender Löwe, der die Tatzen hebt und Alles, Groß und Klein, niederzuschlagen und zu verschlingen droht, was sich unterfängt, anderer Meinung zu sein als er.

Gewöhnlich haben Herausgeber und Redacteure der westamerikanischen Blätter freie Fahrt auf Eisenbahnen, Dampfbooten und Postkutschen und wohl auch freie Zeche und freies Quartier in Gasthöfen und Hôtels; dafür aber müssen sie die betreffenden Gesellschaften und Directionen wie die Wirthe und Hôteliers in ihren Zeitungen mit allen Prädicamenten herausstreichen. Dies ist entschieden ein sehr fauler Fleck der amerikanischen Presse und als solcher von den besseren Organen auch anerkannt und zu beseitigen versucht worden. Indeß ist es bis heute nur zum Theile gelungen, und obschon die Gesetzgebung des Staates New-York ausdrücklich ein Verbot gegen dieses Reclameunwesen erlassen, so blüht es doch in den meisten Blättern des Westens noch auf das Lustigste fort. Eines dagegen gereicht der Presse in den fernen Prairien und Bergen des nördlichen Amerika zur hohen Ehre: sie hält sich durchaus rein von Zweideutigkeit und Frivolität, wie sie leider in der populären Literatur auch unserer deutschen Städte immer mehr überhand nehmen. Sie ist ein ungeleckter Bär, roh und ungeschlacht, leidenschaftlich und gewaltthätig, ihre Redacteure und Leiter sind oft eben so ungeschliffen, abenteuer- und händelsüchtig, wie ihre Leser, aber sie meint es ehrlich, ehrlich im Haß wie in der Liebe, und ohne sie dürfte noch lange Zeit verrinnen, ehe in jenen weltentlegenen Wildnissen die brutale Barbarei der menschlichen Gesittung das Feld räumte.




Thiercharaktere.

4. Der Fuchs.
Von Gebrüder Adolf und Karl Müller.

Eben hat die Nebelhaube auf einer der Kuppen des Gebirges sich etwas zu Thal gesenkt, und ein bleicher Strahl stiehlt sich durch den leichteren Dunst über der herbstlich gelichteten Buchenwaldwölbung. Still ist die Waldnatur; nur daß jetzt das Geraschel eines vom Reif geknickten fallenden Laubblattes die Stille unterbricht, nun der eigenthümliche Ruf „Schaokschaokschaok“ einiger Vogelkehlchen unser Ohr trifft. Horch! jetzt ertönt’s plötzlich wie erstickte Stimmen sterbender Vögel – ein Geflatter erfolgt – dann ist’s wieder lautlos wie zuvor. Neue Nebelstreifen kommen und ziehen durch’s Gehölze mit grauem Flor, der endlich heller und heller von dem steigenden Tage durchbrochen wird. Allmählich dämmern die glatten Stangen eines Buchenortes aus dem Zwielicht auf – und auf einmal wie durch einen Zauber beleuchtet der siegende Frühstrahl eine belebte Waldscene vor uns, wie wir sie unter der vorherigen Stille des öden Nebelgrauens nicht geahnt hätten.

Wir stehen vor einem „Dohnensteig“ oder einer „Vogelschneiße“. Längs eines alten Holzweges hängen „Dohnen“ oder „Biegel“ in Dreiecksform am niedergehenden Geäste und Gezweige der Buchen, die kleinen Galgen mit unterhängenden Vogelbeeren und in der Mitte mit zwei in ihren „Schleifen“ halb sich deckenden Pferdehaarschlingen versehen, den nach den Beeren abwärts pickenden Vögeln den Hals verschlingend. Nun löst sich uns auch das Räthsel der vorher vernommenen Klagetöne: – an mehreren Dohnen hängen in den Schlingen gefangene Krammetsvögel. Ein „Flug“ vor unserem Anblick scheu gewordener Drosseln ist aufgestoben und fällt nahe wieder in die Schneiße ein, da und dort den Tod sterbend in den trügerischen Biegeln. – Doch horch! der ewig rege Wachtmeister des Waldes, der Eichelheher, ruft mit einem gellenden „Gähk“ Etwas an – und was kündet plötzlich der langgezogene Warnruf „Sieh“ des Rothkehlchens dort auf jener Hartriegelstaude, über die sich das zählebige Grün der Brombeerranke schlingt? Das hohe Schnellen des Schwanzes und die tiefen Bücklinge unter dem wiederholten Warnungsrufe deuten an, daß das wache Thierchen des Waldgebüsches etwas Auffallendes in seinem Waldbereiche bemerkt hat und nun der Umgebung seine Entdeckung auszuplaudern bestrebt ist. Ja, es muß eine ganz besondere Erscheinung die Bühne des Waldes betreten, da jetzt auch der kleine schelmische Gnom Zaunkönig hinter einem Holzstoße hervor in einer langen Reihe von rrrrr unter dem beweglichen Tactstäbchen seines hochaufgeschürzten Hintertheils den erregten Gefühlen seines Herzens Luft macht.

Und sieh! die Wächter der Gebüsche haben den Rechten verrathen. Schon ist er „vertraut“ den „Paß“ heran zum Holzweg geschlichen. Da steht er im Lichten „windend“, die feine Nase hoch in der Luft; da steht er mit dem eigenthümlich mephistophelischen Schielen der grünlich leuchtenden Augen voll Lüsternheit und Blutdurst, die Muskeln jedes Gliedes gespannt vor Erwartung, das „Gehör“ vorgereckt und also das vor ihm liegende Jagdrevier auskundschaftend. Es ist Niemand anders als unser Gauner Fuchs, der Waldräuberhauptmann mit dem stets wandelbaren Mordsinn auf Alles, „was da kreucht und fleucht“, vom Hirschkalb und Reh bis zur Maus herab, vom dummbrütenden [764] Auerhuhn am Holzwege bis zum verborgenen Neste des Zaunkönigs am bewurzelten Raine hin, vom Fisch und Krebs im Wasser, dem Frosch im Sumpfe bis zum Heuhüpfer im Grase oder dem Schmetterling auf der Blume. Jetzt hat sein reges Gesicht den ersten Vogel über sich in der Dohne bemerkt. Welch’ ein Leben durchzuckt das Thier! Die „Ruthe“ bewegt sich in Schlangenwindungen, das Gehör dreht sich zuckend vor und zurück, die Nase arbeitet aufwärts, immer lüsterner reckt sich Kopf und Hals, und jetzt hebt sich das Vordertheil den nächsten Buchstamm hinauf.

Fürwahr, der Dieb und Räuber im glänzenden Momente, in seiner Glorie, hingezaubert von Meister Deiker! Schon haben die Spätherbstnebel und kalten Nächte seinem „Balg“ den charakteristischen Reif auf den Haarspitzen über Rücken und Schultern hin entlockt, so wie sich auch die Ruthe höher und voller mit der weißen „Blume“ geziert hat. Es ist ein alter, geriebener „Brandfuchs“: – das zeigen uns seine dunkle Unterfärbung unter dem hellen Rückenreif, der aschgraue Bauch und die gleichgefärbte Kehle, so wie die ungemein starken schwarzen Läufe; das kündet der dunkle Schnauzstreif über den weißen Lippenrändern, die lüstern geöffnet das Elfenbeingebiß zeigen. Nun hat er die ganze „Witterung“ des noch warmen Krammetsvogels, des leckeren Bratens, den er schon einige Morgen hintereinander durch meisterlichen Sprung nach den tiefer hängenden Biegeln hinauf zum Verdruß des Försters geraubt. Eben ist er im Begriff, sich durch eine Wendung des Hintertheils zur Linken, angestemmt mit den Vorderläufen an den Baumstamm, eine doppelte Schnellkraft mit den vier Läufen zugleich zum Satze nach dem Vogel zu geben: – – aber „warte, Spitzbube!“ so klingt’s gleichzeitig im Gemüthe des anstehenden Försters im Hintergrund auf, der im „Anschlage“ seinem Rohre sofort den rächenden Hagel entsendet. Ein Knall durch die echoweckenden Buchenhallen und Meister Reinecke endet die vielbewegte Laufbahn seines Lebens.

Schildern wir dieses in seinen hervortretendsten Zügen. Und fürwahr, es ist kein überflüssiges Beginnen. Ist doch unser Fuchs einer der allbekanntesten Unbekannten. Unbekannten, behaupte ich; denn obwohl jede sogenannte Naturgeschichte uns sagt, daß wir im Fuchs den interessantesten Vertreter unserer heimischen Waldthiere vor uns haben: so beweisen doch nur zu viele dieser Aufzeichnungen über unseres Thieres Leben, daß man sein Wesen und seinen Wandel noch lange nicht genau kennt.

In die verdeckten, freilich oft mühsamen Pfade der Bergwaldeinsamkeit mußt Du lenken, willst Du hinter das wahre Hausen des Raubthieres kommen. Aber es ist lohnend, dieses stundenlange stille Ausharren im grünen Palast, jetzt hoch oben auf den Felsgeröllen der Bergkuppen nahe den Wolken, nun tief unten im heimlichen Dämmer der Waldschlucht am Geriesel der Felsquelle. Und endlich belohnt sich doch die unverdrossene Hingebung an den Gegenstand durch die Gelegenheit, einem geheimen Zug des Thieres zu belauschen, und alle Mühe und vergeblichen Gänge sind vergessen.

Wir betreten einen Buchwald mit seinem Geäste, das sich zum mächtigen gothischen Domgewölbe den Berghang hinaus spannt. Von seinem ersten Maigrün umwoben, herrscht magisches Zwielicht in ihm. Eine wohlthuende Dämmerung erfüllt ihn, aber unser Auge durchdringt bald seine Räume und erspäht hier die vom Gesträuch des Hollunders, des Schneeballs, der Faul- und Vogelbeere bewachsene, vielberühmte Feste Malepartus, den Bau unseres Fuchses. Hier an heimlicher Stelle hat sich der Lumpaci- Vagabundus, getreu seiner Neigung, auf anderer Thiere Unkosten sich’s bequem zu machen, die viel geräumigere und tiefere Wohnung des Dachses angeeignet. Aber nicht etwa nach der Fabel, die sich von Buch zu Buch gleich „Gesetz und Rechten fortgeerbt hat wie eine ewige Krankheit“, daß Reinecke den vielfach stärkeren Grimmbart aus seiner Burg hinausbeiße oder gar auf die verschmitzte Art des absichtlichen Verpestens des Baues durch Absetzen seines Unrathes verjage. Bewahre! Unser Held ist für’s Erste viel zu feig, auch zu klug, nutzlosen Kampf zu beginnen; für’s Zweite ist dem Thiere aber eine List angedichtet worden, die ihm gar nichts helfen würde, weil sie den Dachs gleichgültig ließe, um deren Erfindung endlich das Thier den Menschen wahrlich nicht zu beneiden braucht. Schon an dieser Geburtsstätte des „Gehecks“ oder der jungen Füchse lassen also die Aufzeichnungen über Reinecke’s Lebensgeschichte die Fabel und den Irrthum thätig sein, die sich beide aber gipfeln in der Ansicht über das Ehe- und Familienleben unseres Helden.

Da finden sich Fuchs und Füchsin wie zwei liebende Seelen in einem alten Ritterromane zum ehelichen Bunde zusammen, der nach einigen Schriftstellern sogar für das ganze Fuchsdasein geschlossen werden soll. Der wahre Kenner unseres Waldmephisto weiß aber, daß vornehmlich er der Vielweiberei huldigt; der Kundige weiß, daß in den für unser Thier erregten Tagen des Februar und März bei den heißen Fuchsturnieren der Sieger allein der Minne Preis erringt; er hat es tief im Walde dem geheimnißvollen Wandel der Frau Füchsin abgelauscht, daß sie sich ganz insgeheim die Geburtsstätte für ihre Nachkommenschaft erwählt, hier einzig und allein für diese wacht und sorgt und hier auch die rührendsten Aeußerungen von Mutterliebe an den Tag legt. Ja, sie steht so sehr unter der Macht jener zärtlichen Regungen, daß sie, aller ihrer sonstigen Vorsicht baar, nicht selten selbst den gefürchteten, dem Baue nahenden Dachshund förmlich angreift und sogar verjagt. In welchen starken Gegensatz setzt sich dies Bild und Wesen der Fuchsmutter nun mit dem Gebahren des Fuchsvaters! Für ihn giebt es keine Familie. Das zeigt sprechend schon, gegenüber dem von unablässiger Jungenpflege abgenutzten Kleide der Füchsin, sein tadelloser Sommerrock, in dem er sorgenlos Wald, Haide und Feld durchstreift. Enthüllen wir einige Scenen seines Sommerlungerlebens.

Den ersten Tagesschimmer hat das Feldhuhn in der Flur angerufen. In dunklen, undeutlichen Massen ragt der Wald, allmählich mit dem Frühlicht Form und Gestaltung gewinnend. Vor dem Morgenzuge her wogt das Getreide in sanften Wellen dem Walde zu. Dort am äußersten Ende des Ackers, wo der „Steig“ – das Pfädchen, das sich den Sommer über ein Hase auf seinem „Wechsel“ durch die Frucht getreten – am Waldrande ausmündet, peitscht die letzte Halmenwoge ein undeutliches Etwas, welches das Auge vorher nicht gewahrte, das es nun aber beim beginnenden Tage schärfer faßt. Sieh! regt sich der Punkt nicht eben, oder täuscht das wogende Aehrenmeer über ihm? Dieses Fernglas, die Waffe unseres beobachtenden Auges, soll uns den Gegenstand näher bringen. Richtig! – Wie das bemalte Gesicht eines in Laub versteckten nordamerikanischen Wilden auf dem Kriegspfade, so lugt dort am Boden der rothe Kopf eines Fuchses, unbeweglich dem Steig zugewandt. Halmenbedeckt liegt der Rumpf sammt der verräterischen Ruthe des Lauernden in die Furche gedrückt. So wenig diese Stelle sich dem Kundigen als das eigentliche Lager des Thieres zeigt, so gewiß beweist die Lage des letzteren, daß der junge Tag mit einer eigenthümlichen That des erfahrenen, erfinderischen Wegelagerers beginnen wird. Schau! gilt es dem von der „Aeßung“ aus dem Felde jetzt zum Walde kehrenden Hasen? Wahrlich! keinen Anderen; denn da lenkt er ja schon in das Pfädchen, schnurstracks auf den fürchterlichen Hinterhalt zu „hoppelnd“. Immer näher und näher „rückt“ der vertraute Lampe. Für den Aermsten klopft unser Herz, für den sonst so Behutsamen, dessen feines Gehör das leiseste Knistern vernimmt, dessen ewig bewegliche Nase den geringsten verdächtigen Windzug auffängt. Keiner seiner Sinne verräth ihm heute die furchtbare Nähe. Auch jetzt nicht, wo er den Wechsel fortrückt, nur noch einige Schritte entfernt von dem Erzfeinde, der nun aber urplötzlich wie ein rother Teufel mit hochgeschwungener Ruthe und Einem Satze das Opfer an der Kehle packt, der sich nur ein schwaches Klagen des Erstickens entwindet. – So ist er in seinem Raube, der geriebene Fuchspracticus, jeden Lärm, jedes Aufsehen sorgfältig vermeidend und sich rasch, wie er es auch jetzt, nach einem kurzen Umhersehen, den Hasen im Rachen, thut, vom Schauplatz seiner Thaten entfernend.

Wir wollen schweigen von dem Frevel, den er berechnend verübt, wenn tief im Walddickicht die alte Rehgeise ihr Kälbchen auf Augenblicke verläßt und zur Aeßung auf die saftige Waldwiese zieht; denn solcher Streiche einen schildern wir vielleicht auf einem anderen Thiergedenkblatte der Gartenlaube. Künden aber wollen wir als Augenzeugen, wie er, der Schlaukopf Fuchs, vom Schlaraffenleben des Sommers faul, sich’s bequem macht und ganz seiner verschlagenen Natur gemäß dem Geheck den von der Mutter mit Gefahr ihres Lebens erbeuteten Raub aus dem Bauernhofe vom Bau wegstiehlt und hierdurch sich so recht schneidend in Gegensatz bringt mit dem zählebigen Irrthume der Schriftsteller, welche aus ihm den rührendsten Gatten und Kinderpfleger stempeln

[765]

Der Fuchs am Dohnensteig.
Originalzeichnung von C. F. Deiker in Düsseldorf.

[766] wollen. Geht in den Wald und seht ihn, ihr Alle, die ihr bewußt und unbewußt die Fabeln nacherzählt, die dem Urbild aller Strolche und Diebe von den Nimroden, diesen schlechtesten Beobachtern des Thierlebens, auf Rechnung geschrieben werden; schaut ihn, den Fuchs, wenn er im geschonten Rocke der im Kampfe um’s sorgenvolle Dasein mager gewordenen Füchsin auf einem seiner Schleich- und Bummelgänge von ungefähr begegnet: – theilnahmlos „trollt“ der treulose Wicht vorüber, der im Vorfrühling um sie als echter Raufbold so manchen Strauß bestanden. Ja, sehen könnt ihr vielleicht obendrein, wie er der Begegnenden Spur folgt, nicht aus Aushänglichkeit oder auch nur aus Geselligkeitstrieb, nein, lediglich um des lieben Diebsgelüstes halber, sobald die Mutter etwa mit Beute beladen dem Geheck zueilt. Der niederträchtigste Zug eines Thiercharakters spricht aus dieser selbstsüchtigen Absicht. – Nur selten gesellt sich unser Fuchs zu Seinesgleichen; es sei denn des Fraßes auf Schindangern halber, oder in der Noth strenger Winter bisweilen in der Absicht, gemeinschaftlich zu jagen. Aber diese losen Verbrüderungen dauern nicht länger als der Zweck, der sie hervorgerufen; oft lös’t sie schon hier der Streit um eine gemeinschaftlich erfaßte Beute, dort die von Hunger gesteigerte Freßgier und der stets wache Diebssinn.

Ein Grundzug des alten Fuchses ist Bedachtsamkeit auf seine Sicherheit und in der Entfaltung dieser Eigenthümlichkeit bewährt sich Reinecke glänzend als ein Wesen mit erfinderischer Seelenthätigkeit. Man findet den in der Schule der Erfahrung Gewiegten selten auf dem breiten augenfälligen Paß der „gangbaren“ (besuchten) Baue, worin sich die ungewitzigte Fuchsjugend an stürmischwüsten Novembertagen oder beim ersten Schnee oft bis zu drei oder vier zu ihrem Schaden dem Jäger verräth.

Des alten Reinecke Wandel ist verschieden von dem alltäglicher Sünder, fern von der breiten Straße des Gewöhnlichen. Sein Weg ist schmal und verdeckt und die Pforte zu seinem auserkorenen Lager enge, verborgen, gleich dem bekannten Pfade, auf dem der tugendhafte menschliche Dulder pilgert, gleichsam, als hätte in dieser Uebereinstimmung der Zufall für den Gauner im Thierreiche auch noch mit gleißnerischem Scheine wirken wollen. Hier ist es die enge Spalte der hohlen Eiche, durch die er sich zum Lager zwängt, das nicht immer am Boden, sondern auch bisweilen über Mannshöhe in der Höhlung gewählt wird; dort im Dunkel einer Dickung läßt ihn sein Bestreben nach Sicherheit den Hebel ansetzen zur sauren, gefürchteten Arbeit, zur Anfertigung eines „Nothbaues“ (kleinen Schlupfwinkels); hier steckt er sich, echt berechnend, mitten unter der geräuschvollen Arbeit des Landmannes in die dichte Dornhecke eines Raines im Felde, einen wahren Gang in’s Gestrüppe zum Lager bildend; dort endlich, in seinen gewöhnlichen Schlupfwinkeln auf und unter der Erde beunruhigt durch Hunde und Treiber, erhebt er sich gleichsam über sein eigenes Naturell und erwählt sich den Strunk oder schiefen Stamm eines Waldbaumes zum luftigen Lager, auf dem er mit erfahrungsmäßiger Sicherheit oft erstaunlich fest schläft und, ähnlich wie in alten Steinbauten, Jagd und Hunde an sich vorüber ziehen läßt. Kein Wunder, wenn bei solcher geschmeidigen, den verschiedensten Verhältnissen sich anbequemenden Natur, bei solcher erfinderischen Vielseitigkeit unser Reinecke den großen Kampf aufnehmen und bestehen kann, den er fortwährend kämpft mit der Menschheit und kraft dessen er sich den Grad der Meisterschaft viel glänzender erworben, als mancher zweifelhafte Forscher mit dem traurigen Bemühen, das Thier zu einer bloßen Maschine herabzudrücken.





Schulze-Delitzsch und seine Stiftung.

Seit einiger Zeit haben die Gegner des Gründers der deutschen Genossenschaften öffentlich die Beschuldigung ausgesprochen, daß Schulze-Delitzsch von der „Bourgeoisie“ mit einem Capitale von 45,000 Thalern geworben worden sei, um ihre Interessen wahrzunehmen und zu vertheidigen. Diese Anklage des hochverehrten Volksmannes ist nichts weiter als eine wissentliche Lüge, wie der einfache Thatbestand hinlänglich beweist. Bekanntlich traten im Jahre 1863 eine Anzahl wackerer Männer aus allen Ständen zusammen, um Schulze-Delitzsch, der nicht nur seine Zeit, sondern auch einen großen Theil seines eigenen Vermögens dem Wohle des Volkes geopfert hatte, für die Zukunft die Mittel zu sichern, um mit ungeschwächter Kraft und frei von Sorgen seinem verdienstvollen Werke sich widmen zu können. An dieser Sammlung betheiligten sich damals alle Volksclassen ohne Ausnahme, nicht nur die sogenannte Bourgeoisie, sondern vor Allen dreißigtausend Mitglieder der deutschen Genossenschaften, meist aus dem Handwerker- und Arbeiterstande. Trotz der dringenden Vorstellungen und Bitten seiner Freunde und Gesinnungsgenossen ließ sich Schulze nicht bewegen, den reichen Ertrag dieser Sammlung als sein Eigenthum anzunehmen, sondern er begründete mit demselben eine Stiftung „zur Besoldung solcher Männer, deren Wirken und Thatkraft man in der öffentlichen Sache zum Besten des gesammten deutschen Vaterlandes in nationaler, politischer und socialer Hinsicht in Anspruch nimmt.“ Erst auf das wiederholte Drängen der Geber, besonders der Genossenschaften, ließ er sich bewegen, den kleinsten Theil der Sammlung zum Ankauf eines Hauses und Gartens zu verwenden in Erwägung, daß ihm zweimal, im Herbst 1863 und Sommer 1864, bereits abgeschlossene Mietsverträge durch Einwirkung der Reaction in Potsdam rückgängig gemacht worden waren. Schulze hatte zu diesem Zwecke 11,500 Thaler angenommen, da aber der Ausbau des Hauses erhebliche Kosten machte, fernere 6000 Thaler verbraucht, die er jedoch von freien Stücken an die Stiftung zurückgezahlt, als er durch Erbschaft des väterlichen Vermögens dazu in den Stand gesetzt worden war, so daß gegenwärtig der sogenannte Schulze-Delitzsch-Fonds sechsunddreißigtausend Thaler beträgt. Dies ist der wahre Sachverhalt, welcher noch durch die wenige Tage nach der Schenkung erlassene „Erklärung und Dank“ von Schulze-Delitzsch bestätigt wird. Das wichtige Actenstück, welches hier zum ersten Mal abgedruckt und der verdienten Öffentlichkeit übergeben wird, enthält folgende Motive seiner eben so edlen als ehrenwerthen Handlungsweise:

Von Freunden und Gesinnungsgenossen, von Mitstrebenden auf politischem und socialem Felde, Männern aus allen Classen des Volks und aus ganz Deutschland, insbesondere auch von Genossenschaften und Vereinen ist ein bedeutendes Capital zusammengebracht und mir gestern als Eigenthum zu freier Verfügung durch eine Deputation, nebst mehreren Ehrengaben der sinnigsten und schönsten Art, überwiesen.

Ich habe mich im Drange und in der Bewegung des Augenblicks vor den Mitgliedern der Deputation über Annahme dieser Gabe wie über die Art ihrer Verwendung meinerseits nur sehr kurz und andeutungsweise aussprechen können. Indem ich hierdurch nun offen und herzlich meinen Dank abstatte, fühle ich mich gedrungen, das bei der Ueberreichung Gesagte der Gesammtheit der Geber, wie den Einzelnen gegenüber theils zu wiederholen, theils zu ergänzen und mich überhaupt bestimmt über Alles zu erklären. Es ist meines Wissens das erste Mal in Deutschland, wenigstens innerhalb der liberalen Partei, daß man, um die Thätigkeit eines Mannes für die gemeine Sache zu erhalten, ihm die Mittel zu seinem Lebensunterhalt bietet. Desto ernster und größer ist aber ebendeßhalb die Verpflichtung, welche damit an mich herantritt.

Was den Charakter der Gabe anlangt, so weiß ich und sprach es schon gegen die Deputation aus: daß von einem sogenannten Nationaldanke nicht im Entfernten die Rede ist. Ich sehe hierbei von dem in jeder Hinsicht Mißlichen eines Wägens und Vergleichens der eigenen Leistungen mit denen Anderer ganz ab, und enthalte mich aller in solchen Fällen vorkommenden Bescheidenheitsphrasen. Aber das steht fest: es würde ein hoher Grad von Geckenhaftigkeit dazu gehören, wollte ich eine Auszeichnung vor einer Schaar trefflicher Männer darin erblicken, in deren Reihen auch nur mitzuzählen schon die höchste Ehre ist. Nein, „Leistung und Gegenleistung“, das ist Ihre Losung bei dieser Gabe. Weil der Zweig der Thätigkeit, dem ich mich speciell im Interesse des Gemeinwohls gewidmet habe, meine Zeit und Kraft so vollständig in Anspruch nimmt, daß ich wenig für mich und meine Familie übrig behalte, während ich es doch jeden Augenblick in der Gewalt habe, mir ein reiches Einkommen aus eigener Kraft zu schaffen, und schon verschiedene dahin zielende Anerbietungen von mir zurückgewiesen sind: deßhalb wollen Sie die Differenz ausgleichen, damit ich im Stande bleibe, mich dem erwählten Berufe nach wie vor zu widmen und manches Begonnene weiter zum Ziele zu führen.

Und weil dies die einfache Wahrheit ist, so nehme ich das Dargebotene an, mit dem selbstverständlichen Vorbehalt der Verfügung darüber nach meinem eigensten Sinne und Geiste. – Ich werde daraus, den Absichten der Geber gemäß, mir Erleichterung und die mit wachsender Arbeit in immer größerem Maße nöthig werdende Hülfe schaffen, mich von manchen Sorgen für meine und der Meinigen Zukunft befreien, mir eine feste Häuslichkeit gründen. Ich darf hoffen, dadurch meine wankende Gesundheit zu befestigen, mich länger und frischer in meiner Thätigkeit zu erhalten, auch mehr als bisher durch Reisen in den verschiedenen Theilen Deutschlands für meine Bestrebungen wirken zu können. – Aber Alles dies kann und wird durch den zusammengebrachten Fonds in einer Weise [767] erreicht werden, daß derselbe nicht blos mir, während meiner Wirksamkeit, sondern nach meinem Abtreten dauernd auch anderen Männern, deren Kräfte nach irgend einer Richtung für die gemeine Sache in Anspruch genommen werden, zu Statten kommt.

Denn ich äußerte es schon gegen die Deputation, das dürfen wir uns nicht verhehlen, daß uns Allen der ganzen liberalen Partei, höchlich daran gelegen sein muß, daß diese Angelegenheit in einer für Geber wie Empfänger gleich würdigen Weise geordnet werde. Es ist ein Vorgang, ein Beispiel von weitgreifender Bedeutung. Wie die Gabe im großen, freien Sinne geboten wurde, so muß sie auch im gleichen Sinne angenommen werden. Sie legen Werth auf meine Wirksamkeit, Sie wollen auch darin erhalten, darin fördern, nicht hemmen. Da haben wir vor Allem darauf zu achten, daß diese meine Wirksamkeit in ihren inneren sittlichen Bedingungen, wie in ihren äußeren Erfolgen nicht erschüttert werde. Zu diesen inneren und äußeren Bedingungen meiner Wirksamkeit, zur Erhaltung der echten Freudigkeit am eigenen Thun, sowie der allein wirksamen Stellung in socialer wie in politischer Hinsicht gehört aber vor Allem:

daß ich rücksichtlich der Hauptquellen meiner äußeren Existenz auf mich selbst angewiesen bleibe!

Wer dem Volke die Selbstverantwortung für die eigene Existenz, das Stehen auf der eigenen Kraft als Grundbedingung wirthschaftlicher Selbstständigkeit und bürgerlicher Freiheit predigt, der hat diese Principien zunächst im eigenen Leben darzustellen. Eben dem Umstande, daß ich, aus Amt und Einkommen gedrängt, meinen Weg unbeirrt wandelte, und mir eine neue Existenz aus eigener Kraft in strenger Arbeit gründete, verdanke ich zum großen Theile, daß man mir von allen Seiten mit dem Vertrauen entgegenkam, welches die wesentliche Bedingung jeder gedeihlichen öffentlichen Wirksamkeit ist. Wer ernste, oft schwere Forderungen an die Menschen zu stellen genöthigt ist, von denen ihr Emporkommen abhängt, der soll diesen Maßstab auch an sich selbst legen. Den meisten Anklang, namentlich bei unseren Arbeitern, wird naturgemäß immer der finden, der seinen Unterhalt, gleich ihnen, aus seiner Arbeit zieht und in einer so wichtigen Beziehung mit ihnen auf gemeinsamem Boden steht. Diese meiner Lebensgewöhnung und Lebenshaltung entsprechende, mir lieb gewordene Stellung, – ich darf wohl sagen, die Frucht nachhaltiger Anstrengung, die mich deshalb mit einigem Selbstgefühl erfüllt, – ist mit allen Wurzeln meines Seins und Thuns innig verwachsen. Daher mag ich wohl eine Steigerung der mir zu gewährenden Gegenleistung für meine Thätigkeit auf angemessene Höhe, sowie die Gewährung der Mittel zur Besoldung von Gehülfen annehmen, weil dies das Princip dieser Thätigkeit selbst nicht alterirt, nicht aber die Schenkung eines ganzen Vermögens, welches auf die Zukunft hin mich der Selbstsorge für mich und die Meinigen überhöbe und es gleichgültig machte, ob und wie viel ich ferner auf dem erwähnten Felde arbeitete. Denn dadurch würde meine angedeutete Stellung in ihrem Grunde verschoben und mir diejenige Freude am eigenen Thun verkümmert, welche für Jeden daraus entspringt, daß es ihm nicht nur innere Befriedigung, sondern auch die Mittel zum Leben gewährt.

Und dieser Grundforderung meinerseits wie allen sonstigen Rücksichten kann leicht und im vollsten Maße genügt werden. Wird selbst ein unerheblicher Theil der Gabe zum Erwerb einer bescheidenen Häuslichkeit für mich verwendet – ein Punkt, in welchem ich dem wiederholten Dringen der deutschen Genossenschaften nachgegeben habe –, so sind doch die Zinsen des dann noch verbleibenden eigentlichen Stammcapitals mehr als ausreichend für mich, die nöthigen Hülfsarbeiter anständig zu besolden, den Bureauaufwand zu decken, die Kosten von Reisen zu bestreiten und nach Befinden selbst einen Ueberschuß zum Honorar noch zu gewähren. Daher muß das Capital unangetastet erhalten, in Form einer bleibenden Stiftung der Einzelverfügung entzogen und der Verwaltung eines Comités, dessen Mitglieder ich mir zu ernennen vorbehalte, unterstellt werden, mit der Bestimmung:

1) daß mir, so lange ich lebe, eine Stimme in diesem Comité zusteht;

2) daß die Zinsen nach meinem Rücktritt zur Besoldung solcher Männer verwendet werden, deren Wirken und Thatkraft man in der öffentlichen Sache zum Besten des gesammten deutschen Vaterlandes in nationaler, politischer und socialer Hinsicht in Anspruch nimmt;

worüber das Comité allein entscheidet.[3]

Und diese Verfügung kann ich, wie vor mir selbst, so auch vor Ihnen verantworten. Ich gebe Ihnen die freudige Versicherung, daß ich durch Uebertragung der Hülfsleistungs-, Bureau-, Reisekosten und dergl. aus dem Zinsertrage des Fonds, in Folge deren mir das sonstige Einkommen aus meinen Arbeiten zur Deckung der eigenen Bedürfnisse völlig freibleibt, nicht nur ein reichliches Auskommen, sondern so viel besitze, daß ich für die Zukunft meiner Familie zu sorgen im Stande bin. Sie sehen also, Ihr Zweck wird durch Ihre Gabe, in der Form, wie ich sie annehme, vollständig erreicht, sie kommt mir gar sehr zu Statten. Darin aber liegt gewiß keine für Sie kränkende Ablehnung, wenn ich so damit haushalte, daß dieselbe nach mir auch noch Andern in gleicher Lage zu Statten kommt. Haben Sie doch auf diese Weise, anstatt blos einen einzigen Mann zu stützen, etwas Bleibendes geschaffen zum Wohle de gesammten Vaterlandes, den Grund zu einem Fond gelegt, aus dem die Nation Arbeiter lohnt in der gemeinen Sache. So erhebt sich Ihr Unternehmen zu einer nationalen That, und der Empfänger solchen Soldes fühlt sich nicht, wie beim Empfange einer Wohlthat, herabgedrückt, sondern gehoben, im Dienste der Nation, welche seine Arbeit verlangt und honorirt.

Und wie Ihnen verdiente Ehre, dem Vaterlande eine gute Frucht, wird mir so noch zu alledem die höchste Freude. Ich wüßte nicht, was Sie mir Lieberes hätten erzeigen können, als es möglich machen, daß ich auch an meinem Theile zu einer solchen Schöpfung mit beitragen kann. Durch nichts konnten Sie mich so stärken und erfrischen in der mir nun doppelt lieben Thätigkeit, welche durch die Anerkennung so vieler Ehrenmänner aus allen Schichten des Volks eine neue Weihe erhalten hat. Gewinne ich doch die Gewißheit, daß zur Fortführung und Sicherung so manches Begonnenen ein wichtiger Schritt gethan, daß für die Arbeiter gesorgt ist, welche künftig an unserer Stelle einzutreten haben.

So liegt denn, das, hoffe ich, werden Sie nach dieser offenen Darlegung mit mir fühlen, in meiner Verfügung über Ihre Gabe der beste Dank, den ich Ihnen überhaupt dafür zollen konnte. Seien Sie versichert, ich weiß das lebhafte wiederholte Andringen von Ihrer Seite, das ganze Capital für mich und die Meinen zum freien Eigenthum zu behalten, nach seinem vollen Werthe zu schätzen. Aber wenn es Ihnen ziemte, zu geben auf Ihre Weise, frei und unbedingt, so ziemte es mir, zu nehmen nach der meinen, d. h. bedingt, weil ich nur so die innere Freiheit, den wahren Boden meiner Wirksamkeit zu bewahren im Stande war, ohne welchen ich in dieser Wirksamkeit, die doch einzig das Motiv Ihrer Gabe bildet, gelähmt worden wäre.

Darauf Ihnen Allen, denen ich nicht persönlich danken kann, aus der Ferne Gruß und Handschlag!

Potsdam den 5. October 1863.

Schulze-Delitzsch.


Blätter und Blüthen.

Verheirathete Bäume. Es ist das wohl eine merkwürdige Ueberschrift, entspricht aber vollkommen der Sache und der Leser würde die Bezeichnung durchaus gerechtfertigt finden, wenn er selber im Stande gewesen wäre jene wunderlichen Baumgruppirungen zu beobachten, die ich auf meiner letzten Reise in Venezuela in der Nähe des Apure und in den Llanos fand. Die Vegetation in den Llanos, nördlich vom Apure und zwischen Caracas und diesem ganz tüchtigen Strom, besteht hauptsächlich – und nur solche Strecken abgerechnet, wo der kleine verkrüppelte Chaparro mit seinen rauhen, aber hellgrünen harten Blättern in den Vordergrund tritt – aus einer Palmenart, die dort palma sombrero oder Hutpalme genannt wird und fächerartige Blätter trägt. Von diesen fächerartigen Palmen giebt es überhaupt drei verschiedene Hauptarten, von welchen jede ihren besonderen District zu haben scheint. Die vorgenannte ist die kleinste, und wächst überall in den trockenen Llanos – wenn sie sich auch dort die tiefsten, also feuchtesten Stellen sucht. Um Bolivar oder Angostura, herum kommt die größer und eleganter geformte Morichepalme vor, und südöstlich von dort, in den dichten Wäldern des Innern und in der Nähe der jetzt dort entdeckten Goldminen steht die hochstämmige und prächtige Caratapalme. Alle diese aber tragen die fächerartigen Blätter, nur in etwas verschiedener Form, und alle werden zum Decken der Hütten benutzt, da sie, fest ineinandergreifend und mit ihren rinnenartigen Falten, selbst den strömenden Regengüssen der Tropen Trotz bieten.

Alle diese Palmenarten findet man theils zerstreut, in einzelnen Exemplaren, was besonders in der Ebene eigenthümlich aussieht, theils auch in kleinen und oft dichten Wäldern zusammengedrängt, mit selten einem Laubholzbaum dazwischen. Ist die Panne noch jung, so hat sie einen kurzen, etwas ruppig aussehenden Stamm da die herumstehenden Blätter abfallen, aber ein etwa fußlanges Stück vom Stiel, das eine bräunliche Färbung annimmt, zurücklassen. Der Wipfel ist dabei nicht groß und ziemlich rund, der Stamm fest und gerade emporstehend, und ohne die zierliche Biegung der Cocospalme, auch holzig und ohne jenes den Palmen sonst eigene leichte Mark. Wird der Baum älter und höher, so nimmt der Stamm nicht an Dicke zu, sondern steigt nur empor: die Patine selber wird dadurch schlanker und verliert ihr früher etwas plumpes Aussehen. Jetzt fallen auch die alten braunen Blattstiele ab, sie bekommt eine ziemlich glatte und silbergraue Rinde und verschönt sich merklich.

Auf dem ganzen Marsch nun, von da, wo ich unterhalb San Juan del Morro, einer höchst merkwürdigen Felsenpartie mit einem durch ein Erdbeben auseinandergerissenen Gebirge, die Llanos zum ersten Mal betrat, und weit noch über die Steppenstadt Calabozo hinaus, bis ziemlich in der Nähe des am Tortuga liegenden Städtchens Camahuan, fand ich nichts außerordentliches in diesen Palmen. Sie standen einzeln oder in Gruppen, bald junger, üppiger Nachwuchs, bald ihre schlanken grauen Stämme in der Brise schaukelnd, und wenn sie mir auf meinem heißen und sonngebrannten Ritt auch keinen Schatten gewährten, freute sich doch das Auge an der zierlichen Form derselben. Noch anderthalb Tagereisen vom Apure entfernt erreichte ich mit meinem Führer, einem einarmigen Mestizen, den trockensten District dieser ganzen Gegend. Sogar die Hütten, die wir, in weiten Zwischenräumen, unterwegs antrafen, waren verlassen und standen öde und leer, und wenn wir an solchen Plätzen nach einem Brunnen suchten – denn die Revolution hatte ebenfalls viel dazu beigetragen das Land zu entvölkern – so trafen wir wohl den Brunnen selber, aber ohne einen Tropfen Wasser, ja selbst ohne die geringste Feuchtigkeit. Die Vegetation sah dabei verkümmert genug aus; war doch die trockene Jahreszeit diesmal sehr früh eingetreten und noch kein erfrischender Schauer in der ganzen Zeit gefallen, um den gedörrten und auseinander gerissenen Boden nur in etwas zu erfrischen. Selbst die Blätter der Palmen, die schon angefangen hatten eine kleine schwarze Frucht zu reifen, nahmen ein bräunliches Ansehen an.

Hier aber traten einzelne Bäume mit hellgrünem Laub auf, die ich [768] bis dahin noch nicht gesehen, oder wenigstens nicht beachtet hatte; mir kam es nur sonderbar vor, daß ich drei oder vier von ihnen sah, die mit ihrem Stamm eine der Palmen umschlossen und zwar so, daß es fast schien, als ob der Samen der Palme vielleicht in die Auszweigung des niedrigen Stammes hineingeweht sei und dort Wurzel geschlagen habe. Aber immer häufiger wurden diese Doppelbäume, Palme und Laubholz zusammen, und einzelne Exemplare überzeugten mich bald, daß ich es hier eigentlich gar nicht mit einem Baume, sondern mit einer zum Baume werdenden Schlingpflanze zu thun hatte.

Ich frug meinen Führer nach dem Namen, den er aber natürlich nicht wußte, denn was bekümmern sich diese Burschen um die Benennung einer Pflanze – der Baum heißt palo und das Uebrige yerba, Kraut, damit sind sie fertig. Von da an aber achtete ich fast auf nichts weiter mehr, als auf diese immer zahlreicher vorkommenden Paare und konnte zuletzt nicht mehr in Zweifel bleiben, wie sie entstanden, denn ich traf sie von den ersten bis zu den letzten Stadien an.

In die noch jungen Palmen mit den rauhen Blattüberresten – nicht in den Baum von der Palme aus – wurde der Samen eingeweht. Ich bemerkte verschiedene junge Palmen, an denen die Schößlinge aus den Blatthülsen wie aus einem natürlichen Blumentopf herausschauten. An anderen wieder, wo diese endlich vertrockneten Reste abfielen, sah ich, wie die Schlingpflanze in der grauen Rinde Wurzel geschlagen und sich um den Stamm klammerte, während sich diese Wurzelfasern oder Arme mehr breiteten und schon hier und da wie ein breites, dickes Band um die Palme lagen.

Noch deutlicher zeigte sich diese Entwickelung in anderen, an denen sich die Schmarotzerpflanze nur an der einen Seite so ausgedehnt hatte, daß sie dort wie eine feste Schale lag, während sie den Stamm selber mit ihren Armen fest umschloß. Wo sie ihn, mehr und mehr anwachsend und sich ausdehnend, schon fest genug in ihre Fesseln gezogen und in der That als Baum mit auszweigenden Aesten auftrat, konnte man noch immer an einzelnen nicht ganz geschlossenen Theilen den durchgehenden grauen Stamm der Palme deutlich unterscheiden, und erst im reiferen Alter – wie viel Jahre dazu gehören, kann ich allerdings nicht sagen – umzog der eigentliche Baumstamm Alles, und nur erst zehn oder zwölf Fuß über der Erde stieg die Palme scheinbar aus dem Holz heraus und stand mit ihrer grünen Krone mitten zwischen den dichtbelaubten und breitästigen Zweigen.

So viele solcher Paare ich antraf – viele Hundert von ihnen auf einer Strecke von kaum mehr als sechs oder acht Leguas – nicht ein einziges Exemplar fand ich, an welchem die Palme durch die enggeschlossene Umarmung des Baumes geschädigt oder gar abgestorben wäre. Im Gegentheil sahen gerade die Wipfel dieser. „verheiratheten“ Palmen viel frischer und grüner aus, als die einzeln und verlassen stehenden. Eine besonders war in der That merkwürdig, und wenn ich sie abgezeichnet hätte, würde mir doch kein Mensch geglaubt haben, daß die Natur eine so wunderliche Form hervorbringen könne. Es war eine wirkliche Gruppe, wo der erst zum Theil und ziemlich unten in der Nähe des Bodens wie etwa sechs Fuß darüber ausgebildete oder auswachsende Stamm die Palme mit starken, armähnlichen Wurzeln wie ein in Leidenschaft glühender Mensch umschloß; der erst beginnende buschige Wipfel neigte sich dabei der Palme zu, während diese – und Beide konnten recht gut so gleichmäßig durch den Wind gebogen sein – ihre Krone etwas von ihm abbog, als ob sie sich seiner Liebkosung entziehen wollte. Mit einiger Phantasie nur boten sie in der That ein lebendes und in seiner Art gewiß einziges Bild.

An dem Abend erreichten wir das Städtchen Camahuan, aber an der anderen Seite desselben erinnere ich mich jetzt nicht noch mehr von diesen gepaarten Bäumen gesehen zu haben. Die Palmen selber reichten bis nahe zu dem Waldstreifen, der die Ufer des Apure einfaßt, aber sie standen wieder so einzeln, wie ich sie weiter oben im Norden gefunden hatte.

Fr. Gerstäcker.


Todtenfeier in den Pyrenäen. Einer meiner Freunde hatte vor einigen Jahren einen mehrwöchentlichen Ausflug nach Andorra gemacht und bei dieser Gelegenheit die Gebirgsdörfer der ganzen Umgegend besucht. Er wanderte beständig umher, mit dem hohen Stab in der Hand bestieg er die höchsten Berge, das Haupt stets frisch durch die balsamische Luft des frühen Morgens. Dunkelgrüne Wiesen wechselten mit der Einsamkeit duftiger Tannenwälder ab, dichter und wilder als die der Tiroler Alpen. Abends deckte die Sonne einen rothen Mantel über die Landschaft und hier und da erschien ein hervorragender Baumgipfel wie eine Rose. Manch alte Kirche mit romanischem Gemäuer war zu sehen, und um sie herum lagen todtenstill die Kirchhöfe mit unzähligen Kreuzen von Holz. Aus diesen Gräbern sieht man keinen Kranz und keine Blume. Es konnte scheinen, als ob die Bergbewohner ihre Todten schneller vergessen als die Städter.

Keineswegs; sie erinnern sich ihrer im Gegentheil länger als wir. In unseren Städten ist alle Jahr nur ein einziger Tag den Todten geweiht, da geht man hinaus auf ihre Gräber und widmet ihnen eine Blume und einen Immortellenkranz. Ganz anders bei jenen Bergbewohnern, wo man jede Woche ein rührendes Schauspiel erleben kann.

Es ist Sonntag. Um zehn Uhr Morgens belebt sich der Weg zur Kirche. Es ist große Messe. Die Kirche ist mit wilden Bergblumen und Eichenblättern geschmückt. Vorn in der ersten Reihe der Stühle bemerkt man schwarze Tücher in Teppichform. Hier sind die Plätze der Wittwen; wenn sie sich wieder verheirathen, so wird das Trauertuch fortgenommen. So will es die Sitte des Landes.

Draußen stehen auf der einen Seite die Bursche, auf der anderen die jungen Mädchen und warten die Ankunft der Alten ab. Die jungen Männer tragen einen hellblauen Rock, einen großen Hut mit breitem Rand und kurze, unten zugeknöpfte Hosen. Die jungen Mädchen haben ein rothes Kleid mit grünem Leibchen, aus dem, nicht ohne ländliche Anmuth, schöne nackte und kräftige Rosenarme hervorragen. Alle aber waren in Trauer, die Frauen mit einer großen Kappe bedeckt und die Männer in einen großen schwarzen castilianischen Mantel gehüllt.

Sobald die Aeltern erscheinen, stellt sich Jeder auf seinen Platz; die Alten treten zuerst in die Kirche, das junge Volk folgt ihnen.

Nach Beendigung der Messe bietet sich alle Sonntage, gleichviel in welcher Jahreszeit und bei welcher Witterung, eine merkwürdige Scene dar. Die Dorfbewohner schreiten ordnungsmäßig, jede Familie für sich abgetheilt, aus der Kirche heraus, gehen in großem Schweigen vorwärts, bilden einen Kreis um das Kreuz, welches in der Mitte des Friedhofes steht, machen das Zeichen und gehen rechts und links auseinander an die Gräber der Ihrigen.

Die Frauen knieen nieder. Hier sagt eine junge Mutter mit lauter Stimme: „O mein Sohn, mein armes Kind, ich werde dich immer beweinen, ich konnte dich nicht groß und schön werden sehen, ich soll nicht mehr den süßen Namen Mutter hören!“ Dort ruft eine Wittwe: „O, du Einziger, den ich geliebt, o mein Mann, wie warst du so schön und immer so muthig bei der Arbeit!“

Auf dem ganzen Gottesacker hört man weiter nichts als Schluchzen und Wehklagen. Nur die Männer bleiben schweigsam, das Haupt entblößt und niedergebeugt, ohne eine Thräne zu vergießen, immer in ihren großen Mantel gehüllt.

Diese wöchentliche Todtenfeier dauert dreiviertel Stunden. So wahren jene schlichten Bergbewohner das Andenken an diejenigen, welche sie im Leben liebten und die sie auch im Tode nicht vergessen können.

A. W.


Bock’s erst neulich in diesen Blättern angekündigtes Schulbuch: „Bau, Leben und Pflege des menschlichen Körpers in Wort und Bild“ hat einen überraschend schnellen Erfolg gehabt. Heute, wo wir diese Zeilen schreiben, ist das Buch bereits in den Schulen folgender Städte eingeführt: Memmingen, Dresden, Meißen, Coburg, Döbeln, Zürich, Chemnitz, Grimma, Eichstädt, Annaberg, Sondershausen, Wunsiedel, Gleiwitz. Halle, Breslau, Köthen, Schwabach, Leipzig (3 Schulen), Langensalza, Coblenz, Freiberg, und in vielen anderen Orten steht die Einführung noch bevor. In dieser Woche ist bereits die dritte, abermals 15,000 Exemplare starke Auflage ausgegeben.


Kleiner Briefkasten.


D. in Cassel. Herr Professor Carl Vogt aus Genf, der augenblicklich starkbesuchte Vorlesungen in rheinischen und westfälischen Städten hält, ist Ihren Wünschen zuvorgekommen. Die „Gartenlaube“ bringt schon in einer der nächsten Nummern aus der Feder dieses geistreichen Forschers eine ausführliche Schilderung der neuentdeckten Iserlohner Höhle, mit Abbildungen des Düsseldorfer Malers Carl Hoff.

X. in Schaffhausen. Verehrter Freund!, schreibt Dr. Brehm in Berlin an den Redacteur dieser Blätter, „haben Sie die Güte, den Herren in Schaffhausen mitzutheilen, daß diejenige Wettpartei das Bier zu bezahlen hat, welche behauptet, die weißen Mäuse seien eine von den gewöhnlichen Hausmäusen verschiedene Art.

Allerdings pflanzen sich die weißen Mäuse fort und erzeugen in der Regel wiederum Albinos; das aber kann für die angeregte Frage in keiner Weise von Gewicht sein. Freigelassene Albinos von Hausmäusen erzeugen fast regelmäßig graue Junge, welche sich von der Stammart in Nichts unterscheiden.

Zu bedauern ist für mich noch, daß ich meinestheils beim Entscheid dieser Angelegenheit trocken sitzen muß und die Gesundheit beider Parteien höchstens in Berliner Gerstensaft trinken kann.

R. in Berlin. Besorgt und aufgehoben. Für jetzt freilich ist die Erfüllung Ihres Wunsches unmöglich. Anfangs December beginnt eine neue Novelle von Paul Heyse, mit welcher der Jahrgang schließt, das neue Jahr aber wird mit der längsterwarteten Erzählung von E. Marlitt: „Die Reichsgräfin Gisela“ eröffnet, der dann eine Novelle von Karl Gutzkow: „Durch Nacht zum Licht“ folgt. Also Geduld!

Herrn R. Glave in Buenos Ayres. Der Beitrag des deutschen Vereins „Concordia“ von 275 Mk. B ist uns in Ihrer Tertia zugegangen und wird entsprechende Verwendung finden.



Für die Wasserbeschädigten in der Schweiz

gingen wieder ein: J. K. und J. R. in Gönnheim 1 Thlr. und 1 fl. rhein.; beim Krappelspiel in Lengefeld 1 Thlr.; Gesangverein Harmonia in Döbeln 1 Thlr. 20 Ngr. 2 Pf.; W. W. in Mühlhausen 2 Thlr.; Dr. R. in B. 2,Thlr.; im Familienkreise am Theetisch in Schönlinde 13 fl. österr und 20 Ngr.; E. Kr. in K. 1 Thlr.; Kn. in R. 3 Thlr.; R. Roth in Reichenbach 2 Thlr.; von mehreren Mitgliedern der Societät in Ludwigslust 6 Thlr.; Ibsen in Hannover 1 Thlr.; Pastor Krecke in Augustdorf 2 Thlr.; Cl. Giseke in Eisleben 2 Thlr. 7 1/2 Ngr.; F. F. 2 Thlr; M. in Graz 1 Thlr.; R. T. in St. Petersburg 1 Rubel; Gebr. Just u. Co. in Sebnitz 10 Thlr.; A. Hamel in Fokschan 2Thlr. 20 Ngr.; A. O. in Fokschan 5 Thlr. 10 Ng. Summa aller bisherigen Eingänge 218 Thlr. 19 Ngr. 2. Pf.

Berichtigung. In Nr. 46 ist zu lesen: Esche u. Hager in Leipzig 20 Thlr. anstatt Cosche u. Hager. Die Redaction.     


Inhalt: Das Erkennungszeichen. Von A. Godin. (Fortsetzung.) – Die Kinderwelt in Bild und Lied. Mit Abbildungen. – Gutes Wasser und gute Luft! – Der Redacteur im fernen Westen. – Thiercharaktere. 4. Der Fuchs. Von Gebrüder Adolf und Karl Müller. Mit Abbildung. – Schulze-Delitzsch und seine Stiftung. – Blätter und Blüthen: Verheirathete Bäume. – Todtenfeier in den Pyrenäen. – Bock’s Schulbuch. – Kleiner Briefkasten. – Quittung.


  1. Ein Bit, etwa vier Neugroschen, oder zwei Bit ist westlich des Felsengebirges der gewöhnliche Preis für die einzelne Nummer einer Zeitung. Das Einbitstück ist zugleich die kleinste der dort coursirenden Scheidemünzen.
  2. Würde sich auch bei uns in Deutschland zur Nachahmung empfehlen!
    Der Setzer. 
  3. Der Fond ist bereits einem interimistischen Comité bis zur definitiven Ordnung der Angelegenheit überwiesen.