Textdaten
<<< >>>
Autor: unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Illustrirte Volkspoesie
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 549
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Georg Scherer: „Die schönsten deutschen Volkslieder mit ihren eigenthümlichen Singweisen“
Buchempfehlung
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[549]
Illustrirte Volkspoesie.


Von den deutschen Volksliedern hat der schwäbische Dichter Georg Scherer vor einigen Jahren die schönsten zu einem durch Bild und Liederweisen bereicherten Strauß zusammengebunden,

Thüringer Volkslied.
„Ach, wie wär’s möglich dann, daß ich dich lassen kann“.

von welchem so eben eine zweite um vierzehn Nummern vermehrte Auflage bei Alphons Dürr in Leipzig erscheint. Die Auswahl der Lieder ist eine gelungene, wir vermissen von unseren beliebtesten Volksliedern keines; die Illustration bietet achtundsechszig Holzschnitte nach Originalzeichnungen von J. Grünewald, Andr. Müller, Carl Piloty, A. Romberg, L. Richter, M. von Schwind, Thumann und Alex. Strähuber; die vierstimmige Bearbeitung der Melodien hat K. M. Kunz besorgt. Unter den zum größten Theil recht hübschen und sinnigen Bildchen haben wir drei besondere Lieblinge. Dem Geist des herzigen Thüringer Volksliedes „Ach, wie wär’s möglich dann, daß ich dich lassen kann“ unübertrefflich abgelauscht ist das Mädchen voll „treuer Liebe“, das, an den Tisch am Waldabhang gelehnt, sehnsüchtig in die Ferne blickt. Piloty hat’s gezeichnet.

Das zweite unserer Leibstückchen, des Schneiders Höllenfahrt, von L. Richter, ist ein Bildchen von urkomischer Wirkung. Auf den Befehl eines Teufels:

„Hehe, du Schneiderg’sell,
Du mußt mit mir in d’Höll,
Du mußt uns Teufel kleiden,
Es gehe wie es wöll’!“

kommt der Wanderbursch mit Scheere und Elle in die Unterwelt und beginnt hier unsäglichen Unfug. Erst prügelt er alle Teufel

Schneiders Höllenfahrt.
„Es wollt’ ein Schneider wandern“.

mit seinem „Ellenstab“ durch, dann stutzt er ihnen „d’Schwänzeln“ ab, bügelt ihnen die Falten aus, sticht sie mit den Pfriemen in die Köpfe, näht ihnen die Nasen zu und schneidet ihnen schließlich die Ohren ab. Das Lied beschreibt dies Alles gar rührend, z. B.

Da zog er’s Bügeleisen ‘raus
Und warf’s in’s Höllenfeu’r;
Er streicht den Teufeln die Falten aus,
Sie schrieen ungeheu’r.
„Hehe, du Schneiderg’sell,
Geh du nur aus der Höll’!
Wir brauchen nicht das Bügeln,
Es geh’ halt wie es wöll’.“

Regt sich nicht unser Mitgefühl für die gutmüthigen dummen Teufel? Was sagen die zelotischen Vertheidiger des Teufelglaubens zu dieser ihrer Abfertigung durch den Volkswitz? – Aber weiter im Lied:

Er nahm den Pfriemen aus dem Sack
Und stach sie in die Köpf’;
Er sagt: „Halt still, ich bin schon da:
So setzt man bei uns die Knöpf’.“
„Hehe, du Schneiderg’sell,
Geh einmal aus der Höll’!
Wir brauchen keine Kleider,
Es gehe wie es wöll’.“

Drauf nahm er Nadel und Fingerhut
Und fängt zu stechen an;
Er näht den Teufeln d’ Nasen zu,
So eng er immer kann.
„Hehe, du Schneidergs’ell,
Pack dich nur aus der Höll’!
Wir können nimmer schnaufen,
Es geh’ nun wie es wöll’.“

Darauf fängt er zu schneiden an,
Das Ding hat ziemlich brennt,
Er hat den Teufeln mit Gewalt
Die Ohren abgetrennt.
„Hehe, du Schneiderg’sell,
Marschir nur aus der Höll’!
Sonst brauchen wir den Bader,
Es geh’ nun wie es wöll’.“

Und da sitzt nun der Herr Lucifer auf seinem Thron, aus einer türkischen Pfeife rauchend und trägt seinen stattlichen Schwanz über den rechten Arm gelegt, wie ein Küster seinen Mantelflügel, und vor ihm stehen die heulenden Teufel und zeigen ihm ihre abgeschnittenen Schwänze, während das Schneiderlein einem uralten Teufel noch den Wedel stutzt. Da wird’s endlich ihm doch zu toll, denn

„Nach diesem kam der Lucifer
Und sagt: „Es ist ein Graus!
Kein Teufel hat kein Schwänzerl mehr!
Jagt ihn zur Höll’ hinaus!“

Das geschieht, und dabei erfahren wir die Nutzanwendung der Begebenheit, die wir verschweigen; aber das Schneiderlein

„ging eilends aus der Höll’
Und blieb ein Schneiderg’sell. –“

Ein Stück reine liebe Natur ist Paul Thumann’s „lustiger Fuhrmannsbue“, der auf dem Treppengeländer des Wirthshauses sitzend, die Peitsche in der Linken, den Maßkrug in der Rechten, der schmucken Kellnerin, die ihm „den Hut außi tragen hat“, sein Fuhrmannslied vorsingt. Man sieht wie Recht das Lied hat:

„B’hüt di Gott, Kellnerin, auf’s nächste Mal!“
„B’hüt di Gott, du herzlieber Bue!
Bleib fein net gar z’lang aus,
Kehr fein bald wiederum zue!“