Die Abbassiden − 2. Gesang
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Zweiter Gesang.
Auf dem Vorsprung einer Felsenkuppe,
Peinlich harrend, stand indessen Assad.
Wie die Braut den Bräutigam erwartet,
Der, dem vaterländischen Ruf gehorsam,
So, von Ungeduld gequält, erwartet
Seines Bruders Wiederkunft der Jüngling.
Sieben Stunden sind bereits vorüber,
Vom Zenith zum Untergange neigt sich
Länger trägt sie nicht Mohadi’s Enkel.
Selber steigt er vom Gebirg in Eile
Nach der Stadt hinunter, durch des Oelbergs
Lockere Schollen, durch Cypressenhaine,
Als der Abendstern im Westen aufging,
Stand er vor dem Thor, und drängte kühn sich
Durch die wildbewegte Menschenmenge,
Die die kühlere Luft gelockt in’s Freie.
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Stadt nur wenige Muselmänner hausen,
Ja, des Feuerdiensts Altäre sieht er.
Durch die Straßen irrt er auf und nieder,
Nach dem Bruder, doch vergebens, forschend,
Abzuwarten, und die Nacht in irgend
Eines Hauses Porticus zu schlafen.
Als er dieß erwägt, vernimmt er plötzlich
Paukenschall, Drommetenklang und Pfeifen,
Zug von Fackeln. Junge Fraun und Männer
Gingen paarweis, um die Schläfe Rosen,
Und in goldenen Körben Rosen tragend,
Die sie singend auf den Weg verstreuten;
Einen weissen Zelter, bunt behangen.
Auf dem Zelter saß die schönste Jungfrau,
Uebersät von Perlen und Rubinen;
Aber Thränen blitzten ihr im Auge,
Thränen fielen über bleiche Wangen,
Schien der Schmerz in ihrer schönen Seele.
Ihr zur Seite ritt ein Zwerg, phantastisch
Aufgeputzt, mit einem spitzen Höcker.
Wie die alte Fabel uns die Göttin
Zugesellt ihr einen lahmen Unhold:
Also ritt auch jenes Paar selbander.
Aber Haruns Sohn verwandte keinen
Blick vom nassen Angesicht der Jungfrau.
Seiner Brust der ersten Liebe Seufzer,
Und in Sehnsucht schmolz das tiefste Herz ihm.
Einen jungen Flötenspieler endlich
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Aus dem Zug bei Seite ziehend, lispelt
Was bedeutet dieses Fest, und welche
Schöne Dame reitet auf dem Zelter?
Was beweint sie? Sag’ es mir, Geliebter!
Ihm versetzte drauf der Flötenbläser:
Daß du nichts von Diwisadens Kummer,
Nichts erfuhrst von Diwisadens Hochzeit?
Dieses Mädchen ist die holde Tochter
Unsers einstigen Königs Abdorrachmans;
Thron und Leben ihm, und weihte wieder
Dieses Land dem Feuerdienst der Väter;
Doch die königliche Diwisade
Wollt’ als Erbin Schehriar vermälen
Der Corsarenschiffe sonst befehligt.
Aber standhaft trotzte stets die Jungfrau,
Treu dem Alcoran, und ihres Vaters
Mörder hassend wie den Pfuhl der Hölle.
Stolze Thörin, wenn der tapfere Behram
Deinem Dünkel mißbehagt, so werde
Dein Gemal der letzte meiner Sklaven!
Fahen läßt er einen Zwerg (du siehst ihn),
Läßt in Purpur ihn und Seide kleiden,
Schenkt ein Haus ihm, Diener und Eunuchen,
Zur Gemalin unsere Diwisade.
Feiern soll sie heute Nacht die Hochzeit;
Durch die Stadt sie mit Musik begleiten;
Alle ziehn wir nach des Zwergs Behausung.
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Angekommen unter diesen Reden
War am Hochzeithaus die Menge. Hohe
Aus den Fenstern hingen reichgestickte
Scharlachteppiche nieder. Doch in Assads
Seele glühten unbestimmte Wünsche,
Schmerz und Sehnsucht, Zweifel und Verzweiflung.
Wieder mutlos nieder bald; am Ende
Siegte männlich aber doch die Kühnheit.
Mitten unter jene Schaaren drängt er
Keck sich ein. Er hatte seidene Börsen
Goldene Ketten und Juwelenschätze
Für die Reise mitgebracht von Bagdad:
Die vertheilt er nun umher an Alle.
Gierig haschten Mohren und Trabanten,
Frau’n und Knaben nach den holden Schätzen,
Die verschwendrisch seine Faust verstreute.
Alles wich dem milden Geber, Alles
Wich dem hohen majestätischen Jüngling.
Vor der kummervollen Diwisade
Tänze schlangen, steht der Sohn des Harun.
Alle Herzen flogen ihm entgegen,
Leise sprachen unter sich die Mädchen:
Wohl ein würdiger Bräutigam der Fürstin,
Statt des Zwergs mit seinem spitzigen Höcker.
Also sprechend führten sie die schöne
Diwisade nach dem Schlafgemache;
Seinen Siegelring (ein großer Demant,
Der ein Königreich zu kaufen hinreicht),
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Und den Mohren, die allein im Saale,
Ehrerbietig um den Zwerg beschäftigt,
Worte flüsternd, die sie wohl verstanden.
Schnell ergriffen wird der Zwerg, der Mund wird
Ihm verstopft, man schleppt zum Feuerherd ihn,
Hängend ihn an einen Eisenhaken,
Jener zappelte nun, den Kopf nach unten.
Doch des Harun Alraschids Erzeugten
Führen unter’m Baldachin zum Thron sie,
Wo der Zwerg gesessen; ehrerbietig
Händ’ und Arme kreuzend, rasch hinweg dann
Fliehn die Mohren, mit dem theuren Kleinod
Aus der Stadt entweichend. — Unter hellen
Candelabern, unter tausend Kerzen,
Sitzt allein im weiten Saal der Jüngling.
Ihm beflügelte rasch der Gefühle Chaos
Seines Herzens lauten Schlag, er dachte
Bald an Assur, bald an Diwisade.
Ihn die Dienerinnen; diese kehrten
Aus dem Schlafgemach zurück der Fürstin,
Die mit Zähren ihre Polster netzte.
Staunend sehn sie auf dem Thron den Assad.
Neigen tief sich ihm die Frau’n und scheiden.
Leise tritt zum Schlafgemach der Holden,
Aber kühn und voll Verlangen, Assad:
Abdorrachman’s Tochter, Diwisade,
Meinem Wagestück vergieb, und meiner
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Liebe neige dein verklärtes Antlitz!
Wenn von meinem Aug’ in deins ein Funke
Wiederstralt von meiner Glut, empfange
Dein Geschick an meins, des kühnen Tausches
Frucht genießen laß den seligen Fremdling,
Der, berauscht von deinem Zauber, Schwüre,
Ewige Schwüre zum Propheten sendet,
Eide schwör’ ich unverrückter Treue!
Nicht ein Sklave steht vor dir, o Fürstin:
Mein Geschlecht ist edel, mein Erzeuger
Harun Alraschid, Kalif in Bagdad.
Diwisade sich dem schönen Freier.
Worte wurden, Liebe ward gewechselt,
Bis der Schlaf die müden Augenlieder
Beiden schloß. − Doch plötzlich fühlt sich Assad
Welcher schien um’s ganze Haus zu fließen.
Durch den Glanz geblendet, Angst im Herzen,
Schlägt die Augen auf der Abbasside,
Der Entdeckung schon und Tod vorher sieht.
Der des Lagers feste Pfosten rüttelt,
Während rings Palläste dröhnen, Glocken,
Nicht von Menschenhand geschwungen, läuten:
So betäubte dieser Glanz den Assad.
Hohe Frau, von einer Stralenkrone
Haupt und Nacken göttlich überschimmert.
Diese spricht zu ihm melodische Worte:
Sohn des Harun Alraschid in Bagdad!
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Deiner Braut Beschützerin von frühster
Jugend an, so weit es mir die Sterne,
Ueber denen heilige Wesen walten,
Welche mächtiger, als ich selbst, vergönnten.
Durch ein Wunder meine Freunde retten.
Dich, den Gatten dieses holden Kindes,
Dessen Loos mit deinem Loos verknüpft ist,
Hab’ ich nun erkoren mir zum Schützling.
Voll Begier nach deinem Blut, betreffen!
Fleuch hinweg aus dieser Stadt und nimm hier
Diesen Talisman in eines Ringes
Diamantenzauber eingeschlossen:
Wenn du drehst ihn um den Zeigefinger,
Magst du sprechen ein Verlangen, diesem
Folgt, sobald gerecht es ist, Erfüllung.
Doch die Kraft versiegt, sobald sie einmal
Drum gebrauch’ ihn nicht zu früh, und niemals,
Wenn Vertraun du hegst in andern Beistand.
Aber jetzt entfliehe, Sohn des Harun!
So die Fee; darauf erwiedert Assad:
Mich versuchst, wie soll ich Diwisaden
Fliehend ihren Feinden überlassen?
Schützen laß mich meine Braut, und diesen
Talisman gieb meinem Bruder Assur,
Mehr bedarf der Zartere deiner Hülfe,
Der vielleicht in dieser Stadt umherirrt,
Ohne Freund und ohne einen Bruder.
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Nicht mit Undank lohne mir, versetzte,
Vorzugreifen wage nicht dem Schicksal!
Nimm den Ring, ich schütze deine Gattin.
Einst vielleicht vermag ich auch des Bruders
Aufenthalt in meinen Zauberbüchern,
Lebe wohl indeß, o Sohn des Harun!
Also sprach und dann verschwand Melinda.
Stille kehrte mit dem Dunkel wieder,
Während ruhig Diwisade fortschlief.
Halb und wachte halb, und halbgereifte
Nachtgedanken wälzt’ er im Gemüte.
Doch gemach erschien der Morgenröte
Sanftes Licht. Da ward ein lautes Pochen
Aus dem Schlaf erwachte Diwisade:
Wehe mir! Mit seinen Häschern naht sich
Schehriar! Er ist’s! Er hat es gestern
Mir vorausverkündet, nach der Brautnacht
Wenn ich selbst dir theuer bin, so fliehe!
Dich verlassen! rief der Abbasside.
Wiedersehn, erwiedert ihm die Gattin,
Werden wir in schönerer Zeit vielleicht uns.
Wenn du bliebst. Nicht meinethalben fürchte;
Denn vor Weibern zittert nicht der Wütrich,
Nimmer drum beraubt er mich des Lebens.
Grausam ist er, aber nie von Jähzorn
Pflegt er nicht im Blute sich zu baden.
Flieh' und rette dich für mich, Geliebter!
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Rasch vom Lager springt der Fürst, den Kaftan
Wirft er um und gürtet sich den Säbel;
Oeffnet schnell und sieht mit vier Trabanten
Stehn den König Schehriar, und stößt ihn
Vor die Brust, so daß zur Erd’ er hinsank.
Während um den König seine Sklaven
Harun Alraschids Erzeugter, Assad.
Auf dem Markte drängt er durch die Menge
Rasch hindurch sich, im Gewühl verborgen,
Bis er athemlos am Hafen anlangt.
Weiter kaum entfernt vom letzten Steindamm,
Als ein Knabe mit der Schleuder schleudert.
Nach dem letzten ihm gebliebenen Goldstück
Greift er schnell, und einen Mann erblickend,
Wirft er’s diesem zu mit diesen Worten:
Fördere schnell nach jenem Schiff, o Freund, mich.
Dieser auch befestigt unverzüglich
An den Pflock das Ruder mit der Schlinge;
Die das Gold gesehn, zugleich in’s Fahrzeug.
Alle, vorgebeugt den jugendlichen,
Rüstigen Leib, beschleunigen flugs die Reise,
Rudernd emsiglich. Sie sind zur Stelle.
Denn ein Kaufmann war’s, dem Magierkönig
Wenig hold, weil für die Waaren dieser
Uebermäßigen Zoll bedungen hatte.
Leichter schlägt das Herz dem Abbassiden,
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Hohen Thurm gemach gemach herabfiel,
Endlich wachend seines Wahns gewahr wird.
Doch das Schiff durchschnitt der Woge Purpur.