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Angekommen unter diesen Reden
War am Hochzeithaus die Menge. Hohe

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Candelaber brannten vor den Thüren,

Aus den Fenstern hingen reichgestickte
Scharlachteppiche nieder. Doch in Assads
Seele glühten unbestimmte Wünsche,
Schmerz und Sehnsucht, Zweifel und Verzweiflung.

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Bald erhob sich sein Gemüt und sank dann

Wieder mutlos nieder bald; am Ende
Siegte männlich aber doch die Kühnheit.
Mitten unter jene Schaaren drängt er
Keck sich ein. Er hatte seidene Börsen

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Voll Zechinen, diamantne Schnüre,

Goldene Ketten und Juwelenschätze
Für die Reise mitgebracht von Bagdad:
Die vertheilt er nun umher an Alle.
Gierig haschten Mohren und Trabanten,

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Paukenschläger und Guitarrenspieler,

Frau’n und Knaben nach den holden Schätzen,
Die verschwendrisch seine Faust verstreute.
Alles wich dem milden Geber, Alles
Wich dem hohen majestätischen Jüngling.

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Schon im Saale, wo die Sängerinnen

Vor der kummervollen Diwisade
Tänze schlangen, steht der Sohn des Harun.
Alle Herzen flogen ihm entgegen,
Leise sprachen unter sich die Mädchen:

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Dieser königliche Knabe wäre

Wohl ein würdiger Bräutigam der Fürstin,
Statt des Zwergs mit seinem spitzigen Höcker.
Also sprechend führten sie die schöne
Diwisade nach dem Schlafgemache;

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Aber Assad löst vom Zeigefinger

Seinen Siegelring (ein großer Demant,
Der ein Königreich zu kaufen hinreicht),

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)