Der Weg der Buhlerin. Sechstes Blatt

Der Weg der Buhlerin. Fünftes Blatt W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Erste Abtheilung (1840) von Georg Christoph Lichtenberg, Franz Kottenkamp
Der Weg der Buhlerin. Sechstes Blatt
Der Weg des Liederlichen. Erstes Blatt
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Der


Weg der Buhlerin.


Sechstes Blatt.
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DER WEG DER BUHLERIN.
THE HARLOT’S PROGRESS.
VI.

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Der Weg der Buhlerin.


(The Harlot’s Progress.)




Sechstes Blatt.


Hier liegt sie nun endlich, unsere Heldin, ruhig und still im Sarge, sicher vor Sir John Gonsons Trabanten, Herrn M. Thwackums Hieben und – Dr. Misaubins Pillen. Was für eine kräftige Schutzwehr ein Sargdeckel nicht ist! O! sie war noch immer glücklich, denn da, wo sie ihre Nägelchen zum Sarge schmiedete, werden auch nicht selten die Nägel zum Galgen geschmiedet. Auf dem Deckel steht:

M. Hackabout died Sept. 3d 1731, aged 23.
M. H. gestorben den 3. Sept.[1] 1731, alt 23 Jahr.

[318] Sie wurde also hingerafft, noch ehe sie Betschwester werden konnte. Sie war sehr glücklich, denn man hat Beispiele, daß Betschwestern aus dieser Schule gehenkt worden sind. O! Wie vieles ließe sich hier nicht sagen, – – wenn es sich sagen ließe! Allein wir fürchten [319] das Gebet der Betschwestern, respectiren den Sargdeckel und – schweigen.

Wenn man dieses Ensemble bloß flüchtig oder etwas von ferne ansieht, so ist man geneigt zu glauben, man habe irgend einmal in der Welt schon so etwas gesehen, und erwartet etwas zwar Trauriges, aber immer Honettes. Ein Sarg, in den man ein zärtliches: Schlafe wohl hineinblickt; viel Trauerflor; ein Wesen wie ein Geistlicher und eines wie ein Küster; ein Leichen-Wappen an der Wand; ein Kind in tiefer Trauer, Rosmarin, Thränen und weiße Schnupftücher; man erwartet den Leichenwagen. Wer in aller Welt sollte da etwas Arges vermuthen? Allein bringt man das Auge näher und die Theile einzeln zur Deutlichkeit: so findet man, daß man nie in der Welt noch desgleichen gesehen hat. Alles verändert sich und verschwindet zum Theil ganz. Da ist Trauerflor ohne Trauer und Geheul ohne Thränen; keine Spur von einem Geistlichen und keine von seinem Küster; das Wappen ist ein Pasquill und der Sarg selbst nebenher ein Schenktisch – für Branntwein. Es ist abscheulich! Nun was gibt’s denn hier? Das soll der Leser nun zum Theil hören, zum Theil leicht errathen.

Die Stube, in welche wir hier hineinsehen, ist entweder ein unteres Zimmer des Hauses, worin die Heldin gestorben ist, oder des Mannes, der gegen ein gewisses Geld die ganze Besorgung der Leiche übernimmt[2]. Der Mann mit dem Küster-Gesicht, ist hier dieser Mann. Der weibliche Theil der Versammlung besteht gänzlich aus Klosterjungfern, Priorinnen und Aebtissinnen aus dem Orden von der strengen Regel, zu welchem die Selige gehörte, unstreitig einem der zahlreichsten [320] in der Welt. Das Kloster in Drurylane allein soll mehr Nonnen enthalten, als London Miethkutschen, deren Zahl man auf tausend setzt: und obgleich die strengen Vigilien und der Märtyrer-Tod ihrer jährlich eine Menge hinraffen, auch die Missionen nach Jacksons-Bay[3] eine beträchtliche Zahl wegnehmen: so bemerkt man dennoch nicht den mindesten Abgang. – Man wartet hier auf den Abzug, der nicht ganz präcis erfolgen zu wollen scheint. Es geht gewöhnlich so bei Abreisen, die aus dem Leben etwa ausgenommen, wo alles gewöhnlich viel zu früh fertig wird; bei der nach dem Kirchhofe hingegen geht es oft wieder so unpünktlich, als wäre man frisch und gesund. – Indessen man weiß sich hier zu helfen, man amüsirt sich so gut man kann.

Es befinden sich in dieser Gesellschaft dreizehn lebendige Personen, eine todte, und dann noch eine Art von Mittelding zwischen beiden, ein Bild im Spiegel, also zusammen fünfzehn. Unter diesen stehen drei einzeln für sich; die übrigen zwölf sind paarweise gekuppelt. Zwei Paar von lebendigen Damen machen mit jenen einzelnen Subjecten, sieben; eine lebendige Dame mit einer todten gekuppelt, sind neun; zwei höchst lebendige Chapeaux mit zwei Damen von gleicher Beschaffenheit, sind dreizehn; und endlich eine Dame mit ihrem Bilde im Spiegel – von gleicher Capacität mit der Dame selbst, sind fünfzehn. Wir werden von jeder etwas sagen, wäre es auch nur ein Wort. Der linke Flügel fängt an.

[321] Hier fällt sogleich in die Augen das grobe Geschütz, das an der Flanke aufgepflanzt ist. Wer es bloß flüchtig mit der daneben sitzenden Figur vergliche, könnte es leicht für ein Thränenfläschchen halten. Aber dafür hat die Form offenbar viel zu viel vom Mörser und der Haubitze. Es ist eigentlich ein Trinkgeschütz, wenigstens ein Sechspfünder, mit Nants (französischem Liqueur) geladen. Sehr friedlich, und bloß zum Freudenfeuer und Schwärmerschießen für die Colonne. Das Echostück dazu, ein kleiner Böller, befindet sich nahe beim rechten Flügel auf dem Sargdeckel, zu gleichem Zweck. Dieses Feuer an den Flügeln hat, wie wir sehen werden, eine ungemeine Wirkung auf das Centrum. Der Zeitpunkt ist von dem Künstler vortrefflich gewählt. Es ist nämlich der, da das durch Nants exaltirte Alter sich den Gefühlen der Jugend nähert, und die Gesellschaft dem schönen Bilde der Schlange gleicht, die mit dem Schwanz im Maule, sich zu dem Cirkel rundet, mit welchem alles Vollendete in der Welt bald mehr, bald minder Aehnlichkeit haben muß. Es wird sich auch noch so halten – wenn der Leichenwagen nicht zu lange bleibt, und der Sarg seinen Respect nicht über der Zögerung verliert. Doch wir wollen nun näher untersuchen, wie die Sachen stehen.

Die Artillerie wird gut bedient. Der Böller wird durch die Stumpfnase besorgt, die wir schon kennen, und die Haubitze durch die Feuerkröte, die da im Winkel die beiden Vorderbeine ringt und ein Hinterbein wegstreckt. Wer nicht weiß, was tragicus boatus ist, der blicke, wenn er kann, in dieses Gesicht. Es verträgt keine Illumination, und bedarf auch keiner, nur bitten wir unsere Leser, zu merken, daß das, was in dem schönen Munde der Constablerin so reizend glänzt, keine Zähne sind, denn deren hat sie nur noch ein Paar, sondern das nothwendigste Stück aus ihrem Schluck-, Fluch- und Bet-Besteck – ihre eigene, ungeräucherte Zunge. Sie scheint für ihr Departement wie geboren, und in ihrer Taille ist die Haubitzenform nicht zu verkennen, wenigstens ist es kaum möglich, daß bei einem Menschen die beiden Enden A und B einander näher liegen können: sie ließen sich von einem geschickten Feldscheerer beide mit einer Hand besorgen. Uebrigens bedarf [322] es kaum einer Erinnerung, daß sie nur so dasitzt, so lange sie nicht trinkt und nicht einschenkt. Sollte es wohl die Frau seyn, die auf dem vorigen Blatte vor dem Coffer kniete? Die Gesichter sehen sich freilich nicht so ganz ähnlich, allein Laokoon sah auch am Tage vor seinem Unglück anders aus, als er in diesen letzten Paar tausend Jahren ausgesehen hat. Und die Taille? I nun, an einem solchen Tage zieht man auch das Bischen Zeug zusammen an, was man hat.

Neben diesem Feuerlands-Gesichtchen, das unter die einzelnen gehört, erblicken wir das erste Paar gekuppelter, von europäisch-londonscher Cultur. Der Herr Undertaker, der einer Kloster-Jungfer einen Trauer-Handschuh anziehen hilft, nützt diese vortheilhafte Gelegenheit dazu, ihr eine kleine Supplik von ziemlich verständlichem Inhalt zu überreichen, und thut es mit so vielem Anstand und so vieler demüthigen Herzlichkeit, daß sie unmöglich unerhört bleiben kann. Wirklich ist auch bereits so was wie ein Widerschein von gnädiger Erhörung, selbst im Auge des Supplikanten, obgleich das Zeichen selbst verborgen ist. Vermuthlich gab er aber seiner Hilfe beim Anziehen selbst die Form einer Frage, und dadurch Gelegenheit zu einer Antwort, die schlechterdings unsichtbar bleiben mußte. Der Contrast in diesen beiden Gesichtern ist vortrefflich. Der Undertaker hat weiter keinen Plan, als den, den Auge und Mund verrathen, er ist durchaus concentrirt, und so einseitig wie möglich; – jetzt wenigstens. Dem Mädchen hingegen sieht die Universalseitigkeit und der Plan aus dem Auge. So trübe es immer scheint, so ist es doch sicherlich nicht der Spiritus rector der Assemblee allein, der es trübt; es ist Methode darin, die sich durch deutliche Spuren von triumphirendem Lächeln, über die Blindheit des gefangenen armen Teufels, jedem verrathen würde, der dieser Tropf nicht selbst ist. Drurylanerinnen vergessen sich nicht. Jede Bewegung bei ihnen, wäre sie auch noch so klein, gilt, außer dem Herzen, das sie öffentlich damit angreift, wenigstens noch ein Schnupftuch heimlich. So wie die Hexe nur längs dem rechten Arme herauf erfährt, daß das Herz über ist, so plündert sie schon mit dem linken. Dieses ist das sogenannte kleine Souvenir für den Herrn Undertaker; das große wird sich finden.

[323] Gleich nach diesem ersten gemischten Paare kommen nun die vier ungemischten nach einander, wenn man vom linken Flügel nach dem rechten fortgeht, und zwar zuerst eines, das eine Besichtigung vorstellt. Beide Theile sind, wie man sieht, von etwas mehr als mittlerem Alter. Bei beiden ist bereits eine lobenswerthe, höchst vernünftige Busen-Oeconomie eingetreten, wovon das junge, unbesonnene Geschmeiß hier noch nichts wissen will. Die Eine scheint sogar schon von den Jahren, wo man eine Brille vergessen kann. Man sieht, sie fehlt hier. Die Zweite, eine hagere Dulderin, hat da zwischen den Fingern etwas, das schmerzen muß, das von der Ersten mit chirurgischem Ernst, und wirklich mit kennerhafter Feinfingerigkeit und Subtilität zur Inspection gebracht wird. Was mag das seyn? Oder ist es vielleicht gar nichts, und bedeutet bloß etwas? Offenherzig zu reden, so fürchten wir hier fast – (das Griechische mag es thun) – tiefen, esoterischen Muthwillen, unter einer Maske von ganz exoterischem, von dem man natürlich auch sagen kann, was man will. O! wie wohl es einem Commentator thut, wenn er sich von einer schweren Stelle, zu welcher er dem Leser bloß die Thüre geöffnet hat, ohne weiter etwas zu sprechen, als ein Paar griechische Zauberworte, wegschleichen kann. – Die Dulderin hat Warzen an den Fingern, und auf Warzenvertreiben verstehen sich bekanntlich die Todten besser, als die Lebendigen. Die Dame ohne Brille scheint bloß auf Wege zu denken, eine Warze zwischen den Fingern mit einem Leichnam in Berührung zu bringen. Das Problem ist nicht leicht. Wenn es die Nase nicht thut, so thut es nichts. Hierüber weint das arme Geschöpf. Aber man denke nur, was für ein Schalk unser Künstler ist, selbst in seinem Blendwerk. Er verhüllt einen muthwilligen Gedanken, und seine Hülle ist wieder ein Muthwillen, auch tief, aber verständlicher, als der erste, und ohne alle Verbindung mit ihm. Ich habe von einer Politik gehört, tief und unergründlich, die man in eine andere hüllt, die auch tief ist, aber ergründlich und ohne Verbindung mit der ersten (Politik für Journale); aber von solcher Satyre habe ich nie gehört. Die Warzenvertreiberin, die hier die Operation commandirt und lenkt, hat ihrer selbst zwei, gerade vor der Stirne, wie Hörnersprossen. Ist [324] man in der Betrachtung einmal so weit, so geht’s nun immer leichter mit der Moral, die sich hier offenbar an Splitter und Balken und Brudersaugen anschließt u. s. w.[4].

Hinter diesem Paare steht das dritte: Eine Nonne in Unterredung mit einer andern, die wir nicht nennen wollen, im Spiegel. Unstreitig das glücklichste Paar unter allen. Bei allen Verbindungen nach Paaren in der Welt ist zum Bestand gemeinschaftlicher Glückseligkeit eine gewisse Vertheilung von Mängeln und Vollkommenheiten in den Subjecten nöthig. Was Du nicht hast, habe Ich, und was Mir fehlt, hast Du, ist die festeste Basis für sie. Allein bei der Verbindung, von welcher hier die Rede ist, ist sie ganz unnütz; und um recht zum Entzücken einig zu sein, ist es völlig hinreichend, daß bloß eine von beiden Parteien entweder alle möglichen Vollkommenheiten hat, oder, welches ganz einerlei ist, alle möglichen zu haben glaubt. So ist z. B. in unserem gegenwärtigen Falle das Mädchen, das den Rücken herauswendet, jung und schön, oder sie selbst glaubt es wenigstens: ist nun dieses festgesetzt, so bekümmert sie sich nicht ein Bohnenfleckchen weiter um die Eigenschaften der andern, und doch sehe man, mit welcher liebevollen Bewunderung sie einander anstaunen; gleich zwei Engeln, die sich einander begegnen und nicht kennen; jeder sieht in dem andern ein höheres Wesen, jeder bewundert, und wird bewundert; jeder beugt seine Knie, und die Scene endigt mit wechselseitiger Anbetung.

Wir versparen die Betrachtung über das vierte Paar, nämlich die Lebendige mit der Todten in Verbindung, noch etwas, weil Hogarth auf diesem gleichsam den Schlußstein des Bodens, und, wie uns dünkt, mit Recht gemacht hat; wenden uns zum rechten Flügel, und gehen von da aus, wie vorher vom linken, nach diesem Scheitel-Punkt zu.

Ueber dieses Paar, das den rechten Flügel ausmacht, haben wir [325] nicht wenig zu sagen, und dennoch sehr viel zu verschweigen. Hogarths Ehre fordert von uns das erstere, und die Achtung, die wir unserem Publikum schuldig sind, das letztere. Verstanden soll und muß indeß die Scene werden, nur wird man uns erlauben, daß wir nicht immer hinschreiben: Teufel, sondern dafür so etwas wie Herr Urian, oder auch ein bloßes T....

Er sowohl als Sie sind diesesmal declarirte Porträte. Das Mädchen war ein berüchtigtes Mensch, Namens Mary Adams, die nach unzähligen Liederlichkeiten, die sie als Mädchen verübt hatte, endlich in ihrem dreißigsten Jahre wegen eines Diebstahls, nicht nach der neuen, sondern, sehr gravirender Umstände wegen, nach jener Welt geschickt wurde. Sie wurde am 30. September 1737 gehenkt. Man hat Porträte von ihr, und nach einem von diesen soll gegenwärtiges gezeichnet seyn. Da nun diese Blätter schon 1734 erschienen sind, also drei Jahre vor ihrem Tode, so erhellt daraus wenigstens so viel, daß sie ihre Celebrität nicht bloß ihrem letzten Verbrechen und ihrer Todesart zu danken hatte. Es könnten leicht persönliche Reize gewesen sein, die diesem Gesicht selbst hier nicht fehlen, wo doch britischer Teint und britische Zähne aus dem Spiel bleiben, und wo Alles, was von Leben in einem schönen Gesichte in die Welt hinaus gehört, zurück in sich selbst gekehrt zu sein scheint. Der Mann neben ihr ist kein Geistlicher. Wir bitten unsere Leser inständigst, diesen Gedanken ganz fahren zu lassen; so etwas müßte nothwendig gegen den Künstler einnehmen, wodurch der ganze Eindruck, den dieses Stück machen soll, verloren werden würde. Es ist bloß der Rock. Was hier in demselben steckt, ist einer mit von den wenigen eminenten Schurken, denen Hogarth eine infamirende Unsterblichkeit von Rechtswegen zuerkannt hat; ein Chartres in seiner Art. Vielleicht, könnte Jemand fragen, hätte der Künstler doch besser gethan, wenn er auch hier das Kleid geschont hätte? Wir finden diese Erinnerung sehr gegründet, ja sind sogar überzeugt, es wäre besser gewesen. Allein da es nun einmal geschehen ist, so muß man auch des Künstlers Vertheidigung hören. Wir übernehmen sie mit wahrem Vergnügen und in der sichern Hoffnung, daß man ihn freisprechen werde.

[326] Hogarth hat in seinen Werken an drei Orten Ausfälle auf Menschen in Prediger-Kleidern gethan; das ist wahr[5]; daß er aber je einen auf den geistlichen Stand, als solchen, gethan hätte, erinnern wir uns nicht. Unter diesen dreien sind zwei, Porträte von bekannten Personen, über deren nichtswürdigen Charakter die Stimme des Publikums schon längst entschieden hatte, als er die seinige gab. Er that also nichts, als was jeder rechtschaffene Mann vor ihm gethan hatte, nur zeichnete er und malte er, wie jene sprachen oder schrieben. Ob die Darstellung des dritten auch ein Porträt sey, können wir mit Gewißheit nicht sagen. Es würde aber auch der guten Sache nicht schaden, wenn sie kein Porträt wäre. Der Tropf ist bloß ein wenig Gourmand, und das bei einer Gelegenheit, die regulariter nur alle sieben Jahre wiederkömmt. Ueber das treibt er sein Wesen nicht im Winkel, sondern er schmaust, so zu sagen, mitten in dem Schooße seiner Gemeinde, die zugleich mit ihm schmaust, und es kostet dabei seiner Familie nicht einen Pfennig. So etwas ist kaum ein Ausfall zu nennen. Aber hier, hier geht die Situation über alle Beschreibung. Hogarth hat dieses gewiß sehr gefühlt. Er that daher auch, was er sonst bei keinem seiner Werke, so viel wir wissen, gethan hat, ja was selbst mit dem Wesen seiner Satyre kaum vereinbar ist (aber sich völlig zu rechtfertigen, waren auch solche außerordentliche Mittel nöthig), er bezeichnete nämlich auf den 1200 Abdrücken für die Subscribenten diesen Nichtswürdigen mit dem Buchstaben A, der sich auf eine Note unter dem Blatte bezog, worin deutlich angezeigt wurde, wer er wäre, und wo und wie er sich der Gerechtigkeit zu entziehen wisse. Nun bedenke man, was für ein vogelfreies Geschöpf dieses Scheusal muß gewesen sein, daß ein rechtschaffener, bekannter und beliebter Mann, wie Hogarth, sich nicht scheut, dasselbe vor der Welt so zu zeichnen, und obendrein die Gerechtigkeit gleichsam dagegen aufzufordern. Auf diese Weise hat er, dünkt uns, nicht bloß bewiesen, daß [327] er nichts gegen den geistlichen Stand damit gemeint habe, sondern, gerade umgekehrt, zu erkennen gegeben, wie sehr ihm die Ehre desselben am Herzen liege. Bei seinen Bilder-Jagden für die Satyre, die er unermüdet anstellte, lief ihm manches Stückchen in’s Garn, das sich dem Treiben der Polizei und der Justiz zu entziehen wußte, und er handelte recht, daß er es an die Behörde auslieferte, oder ihm, wenn es die Behörde aus Unachtsamkeit wieder laufen ließ, bei der nächsten Gelegenheit den Genickfang selbst gab.

Dieser Bösewicht, offenbar die Spadille, so wie das andere schwarze Aß, der Herr Undertaker, die Basta unter diesen Trümpfchen in Coeur, wurde unter dem Namen Couple-Beggar (Gesindel-Copulator, weil er für ein Paar Groschen copulirte) so bekannt, daß die Erklärer Hogarths seinen eigentlichen Namen darüber vergessen haben. Ein Zug, der schon allein von großer Eminenz im Fache zeigt. Wie uns versichert worden ist, so vermählte er sich auch selbst, neben diesem Geschöpfe her, regulariter ein Paar Mal wöchentlich – – mit der Gosse. Nicht so darüberhin, wie der Doge von Venedig mit dem adriatischen Meer. Anstatt eine Kleinigkeit hineinzuwerfen, warf er vielmehr Alles hinein, was ihm am Abend gewöhnlich übrig blieb – Sich Selbst. Theologe hat er so gar nicht einmal je geheißen. Er war bloß der Liturgie Beflissener, und auch selbst in dieser salbaderte er bloß über die Capitel von der Ehe und dem Begräbniß – für ein Paar Groschen. Seine geistliche Hand, wie man sie nannte, griff nie nach mehr, aber griff desto öfter – Seine weltliche hingegen forderte die Stollgebühren, wo sie sie immer fand, in Taschen mit und ohne Boden, in’s Unendliche. Das ist bekannt. Ob Hogarth hier so etwas habe andeuten wollen, ist schwerlich jetzt mehr auszumachen. In seiner so genannten geistlichen Hand, der linken, hält er den Begräbniß-Branntwein sehr schlecht, und befleckt damit sein Schnupftuch. Wo der weltliche steckt, hat bis jetzt, so viel wir wissen, noch Niemand ausmachen können. Man hat sie unter Couple-Beggars Hut gesucht, den die Manille mit vieler Sorgfalt vorhält, aber auch da nicht gefunden. Wir geben also diesen locum difficillimum [328] gerne und willig auf, und gehen, nach Commentator-Art, mit innigstem Wohlbehagen, zu einem leichtern über – zur Stumpfnase. Sie steht am Fuße des Sarges ihrer Freundin, mit dem Böller in der Hand, wie eine Marketenderin vor dem Schenktische. Das heiße ich mir Gefühl! Und dennoch ist, zur Ehre der menschlichen Natur, in ihrem wilden Blick eine Art von Unwillen über das Benehmen des benachbarten Paares nicht zu verkennen. Es fesselt, wie man sieht, ihre ganze Aufmerksamkeit, allein obgleich ihr Mund von vieler Gelassenheit bei der Sache selbst zeugt, so scheint doch ihr Auge Ort, Zeit und Stunde dazu etwas unschicklich zu finden. Es ist ein schöner Zug von Hogarth, selbst in dieses gefühllose Tigerkatzen-Gesicht einen Ausdruck von Mißbilligung einer solchen Bestialität zu legen und sonach – die Steine darüber schreien zu machen. Im Vorbeigehen bitten wir unsere Leser, einmal für sich selbst kurz zusammen zu nehmen, was dieses Mensch bisher gethan und ausgestanden hat, und was das für ein Leben ist, und doch wird es jetzt, da wir dieses lesen, noch von unzähligen geführt! – Doch wir wollen den Betrachtungen über die Erben der ewigen Herrlichkeit und ihre Hofmeister, die sich hierbei aufdringen, nicht vorgreifen! –

Ganz hinten bei der Thüre erblicken wir das fünfte Paar. Hierher muß man sehen, wenn man noch nicht weiß, was Weinseligkeit ist. Man möchte fast mitschmelzen, wenn man diese Herzen zusammen fließen sieht, die wahrscheinlich auch nicht ganz schlecht sind. Welche Glückseligkeit! Sie glauben einem Himmel von Liebe und Freundschaft zuzuschweben, und wissen nicht, daß das Fusel-Gewölke, das sie trägt, in der nächsten Viertelstunde unter ihnen auseinander gehen, und sie mit beschleunigter Bewegung in die Tiefe senden wird, wo Schaarwächter, Pranger, Quacksalber und der Hanfklopfer-Club immer bereit sind, sie in Empfang zu nehmen.

Die eine Partei des sechsten und letzten Paares, die Lebendige in Betrachtung der Todten begriffen, hat Hogarth nicht umsonst in die Mitte des Blattes gestellt. Er will, daß man auf sie vorzüglich hinsehen soll. So wie sie der höchste Punkt des Halbkreises ist, den die Versammlung formirt, und in welchem sich die beiden Flügel derselben [329] vereinigen, so laufen auch die Linien von Leere, die der Künstler hier ziehen will, in ihrer Rolle zusammen. Daher ist das Mädchen auch eine von Hogarths Schönheiten. Dieses ist etwas, das man sich merken muß, denn es könnte kommen, daß man es nicht sähe. Indessen ganz schlecht ist das Mädchen denn doch nicht. Jugend und Blüthe sind wenigstens da, und an diese ist die Lehre gerichtet, die sich wohl am leichtesten durch die Worte aus dem Sarge darstellen läßt:

„Was du bist, und wie du, war auch ich vor kurzer Zeit. Verlaß den Weg, den du wandelst; wo nicht, so bedenke: Was ich jetzt bin, wirst du auch sein, in kurzer Zeit.“

Ob das Gänschen diese Worte gehört hat, läßt sich aus dem Gesichtchen nicht schließen; daß aber, wenn es sie gehört hat, sie, noch ehe der Leichenwagen kömmt, das Gänschen wieder vergessen haben wird, das, dünkt mich, läßt sich schließen.

Fast unter dem Sarge, so wie vorher unter dem Sterbesessel, sitzt auch hier die kleine Nachkommenschaft, und ist mit einem schmerzstillenden Mittel beschäftigt. Dort war es ein Rippenstück, was der Manser drehte, hier bewickelt er einen Spitzkreisel, um ihn im Trauer-Zimmer schnurren zu lassen. Bei dem Jungen, scheint es, schlagen die anodyna gut an. Es könnte aber auch seyn, daß, was man für die Ursache hält, eigentlich die Wirkung wäre. Der Junge betrübt sich nicht; nicht weil er Braten wendet und an Kreiseln wickelt, sondern weil er sich nicht betrübt, brät und wickelt er. Warum sollte er sich grämen? So wie er keinen Vater hat, weil Niemand von einem wußte, eben so hatte er auch keine Mutter, weil in der Gesellschaft, wo er lebte, Niemand Zeit hatte, es zu seyn. O! die Wörter Vater und Mutter sagen sehr viel mehr, als gewöhnlich in Wörterbüchern dabei geschrieben steht, und von manchen Köpfen dabei gedacht wird! So wie, Gottlob! manches Kind noch einen Vater oder eine Mutter findet, dessen Eltern längst jenseits des Grabes hingegangen sind, so gibt es, leider! auch vater- und mutterlose Waisen, deren Eltern es sich, diesseits desselben, einen Tag und alle Tage noch recht wohl schmecken lassen. [330] Vermuthlich ist der arme Tropf oft aus einem Winkel in den andern gestoßen worden; nach dem Trauerfall ist aber nun offenbar eine der Stoßenden weniger. Gesetzt auch, die Stumpfnase wirft ihn jetzt einmal in die Ecke, so ist doch nun Niemand sogleich bei der Hand, der ihn wieder zurückwirft. Aus den Beinchen des Knaben schließen wir fast, daß die anodyna necklaces nicht viel geholfen haben. – Daß Hogarth den Knaben hier als Chief-mourner (Trauer-Chef, Chef des Leichenzuges) herausgekleidet hat, ist in mehr als einer Rücksicht Spott. Kinder werden nie dazu genommen, sondern es muß immer ein Mann von einem gewissen Exterieur sein, das einem leidtragenden Herzen keine Schande macht. Es kann aber auch das englische Wort an etwas wie Erster unter den Leidtragenden erinnern, und so wird die Sache fast lustig. Denn wenn der Tiefstgebeugte noch kurz vorher, ehe der Zug abgeht, an seinem Spitzkreisel wickelt, so läßt sich leicht schließen, wie tief die andern erst müssen gebeugt sein. Der Teller mit Rosmarin, so wie das Tischchen mit den Handschuhen nebst den Steckspindeln für die zu engen Fingerlinge, sind deutlich genug. Doch ist die Lage des Handschuh-Paares vielleicht nicht ganz zu übersehen. Sie scheinen im Affect auseinander gebracht, um wieder zusammen zu schlagen, und durch ihr Beispiel wenigstens zehn Paar Hände von Fleisch und Blut unter den dreizehn zu beschämen, die hier versammelt und etwas weltlich beschäftigt sind.

Das Trauerwappen an der Wand (escutcheon) wollen wir, unserer Pflicht gemäß, zwar beschreiben, aber ohne uns im mindesten über die Ansprüche zu erklären, die dadurch verewigt, oder die Provinzen, die damit angedeutet werden sollen: indem uns der Friede, auch mit dem kleinsten Familienstolz, mehr werth ist, als alle Ehre, die wir mit unserem heraldischen Scharfsinn allenfalls bei dieser Gelegenheit einlegen könnten. – Das Instrument, das man hier im blauen Felde drei Mal angestellt sieht, heißt im Englischen Spigot and fosset, das man besser faucet schreibt. Es ist eine Art von Hahn für Fässer. Dieser besteht, wie man sieht, aus zwei Stücken, wovon das kleinere (the Spigot) im größern (the faucet) steckt, so wie das größere selbst in das [331] Faß zu stecken kömmt. Beim Weinzapfen wird nur das kleinere ausgezogen, und wenn die Bouteille voll ist, wieder hineingebracht. Es ist der simpelste Hahn von der Welt. Des gegebenen Worts aber ungeachtet, wird es uns dennoch verstattet sein, eine kleine Anmerkung über dieses Wappen beizubringen, weil, wie der Leser sogleich sehen soll, das gegebene Wort wirklich dadurch nicht gebrochen wird. Dieses Wort ging bloß auf die Deutung vorgespiegelter Ansprüche auf Verwandtschaften und Provinzen, aber gar nicht auf den muthwilligen Mißbrauch, den unser Spötter von einer an sich unschuldigen Sache machen konnte. Dieser hat nämlich, und vermuthlich vorsätzlich, die drei Hähnchen so gezeichnet, daß man sie in einiger Entfernung für die drei französischen Lilien hält. Ein schönes Lob für eine Mamsell im Sarge, das französische Wappen über demselben aufzuhängen! Ich glaube, der Schelm hätte gern die drei Lilien selbst dahin gehängt, wenn er nicht gefürchtet hätte, einer der drei Wappenkönige in England möchte ihm auf die Finger klopfen! Obwohl Hogarths englische Commentatoren etwas Aehnliches selbst für ihre Deutungen befürchtet haben? Von allen diesen sagt keiner ein Wort.

In dem Fenster steckt ein Körper von so zweideutiger Substanz und Form, daß man nicht recht weiß, ob er von Innen aus hineingesteckt ist, die Oeffnung zu verstopfen, oder von Außen herein; und im letzten Falle, ob er nicht selbst das Loch erst gemacht hat, das er jetzt verstopft. Zu dieser letzten Art von Pfuschereien in’s Glaser-Handwerk ist der tugendsame, junge Pöbel in London sehr geneigt, wo er so viel Untugend im Zimmer, und vorzüglich Begräbnisse, mit dem französischen Wappen vermuthet. Man kann alsdann froh sein, wenn sie den Steinwurf so abmißt, daß er wie hier, den Schaden zugleich wieder heilt, den er angerichtet hat[6].

[332] Zum Beschluß nun noch eine Anmerkung über Roucquets Urtheil von diesem Blatte. Er meint, in der von uns in der Vorrede S. 9. angezeigten Schrift, Hogarth würde besser gethan haben, wenn er die Geschichte mit dem Tode geschlossen hätte, und sagt von gegenwärtigem Blatte: c’est une farce dont le défunte es plutôt l’occasion que la cause. Man ist es zwar von den Franzosen schon gewohnt, daß sie sehr ernsthafte Dinge oft farcenmäßig behandeln, und sehr triviale mit Gravität. Dieses soll nichts weiter sagen, als: den Franzosen ist Alles möglich. Allein ganz unrecht hat Roucquet wirklich nicht. Er hat nur den Hauptstandpunkt, aus dem dieses Gemälde angesehen werden muß, verfehlt, und es aus einem andern betrachtet, für den es, leider! nebenher auch entworfen ist, und das heißt mit andern Worten so viel als: Hogarth hat wirklich gefehlt. Hätte Roucquet gleich den ersten Punkt getroffen, so wäre vielleicht das ganze Urtheil unterblieben. Hogarth wollte unstreitig sagen, was Gray in seiner vortrefflichen Elegie so schön gesagt hat: selbst der Elendeste und der Niedrigste, sie sterben auch noch so unberühmt, trösten sich mit der Achtung einiger Zurückgebliebenen und wünschen sie. Nicht bloß Beschimpfungen nach dem Tode (denn wem sind die gleichgültig?), sondern schon der Gedanke an lachende Erben verbittern die letzten Augenblicke auch des Leichtsinnigsten. Hält man nicht z. B. in England die Todesstrafe für sehr geschärft durch den Zusatz, daß der Körper nach der Anatomie gebracht werden solle? und an anderen Orten dadurch für sehr gemildert, daß man den Enthaupteten nicht unter den Galgen, sondern in einen Winkel des Kirchhofs begräbt[7]? Allein was ist dieses hier für ein Leichenbegängniß? Fürwahr, es sind der Staffeln nur sehr wenige, um die eine solche Ehre nach dem Tode von einem Begräbniß unter dem Galgen unterschieden ist. Dieses war wohl unstreitig Hogarths Gedanke, und [333] so schließt sich die Begräbniß-Scene recht sehr gut an das Ganze an. Aber wie hat er ihn ausgeführt? – Gewiß nicht sonderlich. Mit solchen Umständen, mit einem Chief-mourner, der noch dazu ein Kind, und gar das eigene Kind ist, mit einem Wappenschilde, einer Inschrift auf dem Sargdeckel, und überhaupt mit solchem Prunk wird in London keine Hure begraben, oder es müßte eine von Stande gewesen sein. Nichols sagt, ein solcher Zug wäre sicherlich nicht an Ort und Stelle gekommen, zumal in jenen Zeiten, wo die Polizei so sehr schlecht war. Satyre ist freilich darin, aber die Einheit fehlt, und freilich von der Seite betrachtet, gewinnt dieses sechste Blatt allerdings das Ansehen einer Nachcomödie hinter dem Trauerspiel.




  1. Daß Hogarth eine Ursache gehabt habe, unter allen Tagen des Kalenders gerade den 3. September zum Sterbetage zu wählen, wird wohl Niemand bezweifeln, der nur einigermaßen mit diesem sonderbaren Genie bekannt ist. Vielleicht ist es ein Hieb, den nur allein die Familie merkte, die er traf. Im Gentleman’s Magazine Sept. 1731, S. 403 steht: am 3. Sept. starb Miß Betty Fish zu Enfield. Dieses führe ich an, nicht als den Schlüssel zu Hogarths Satyre, sondern als eine Erläuterung meines Gedankens. Eine solche Schalkheit wäre ganz in seiner Manier. Ich habe sonst nichts finden können, vermuthlich findet es aber sonst Jemand sehr leicht. Im julianischen Kalender heißt dieser Tag Mansuetus. Hieraus wird die größte Weissagerin aus dem Kaffee-Satz nichts machen können. Im gregorianischen freilich heißt er Euphemia. Dieses wäre noch so was von einem Sterbetag für eine tugendbelobte Jungfer. Aber er läßt sich nicht wohl hierherziehen. Auch enthalten die englischen Kalender, die ich wenigstens nachsehen kann, nur wenige Namen dieser Art, und der von Euphemia ist nicht darunter. Das große Feuer in London (1666), für dessen Jahrtag man gewöhnlich den 2. September angibt, setzt wenigstens Hume auf den 3ten. Aber da hätte Hogarth sicherlich den Löschtag des Brandes gewählt. – Da wir einmal an dem 3. September sind, so können wir unmöglich mit Stillschweigen übergehen, daß dieses der durch Cromwell so berüchtigte, von ihm selbst belobte, glückliche Tag ist, an dem er seine beiden großen Siege, den bei Dunbar (1650) und bei Worcester (1651) erfocht; an dem ferner sein erstes, so merkwürdiges Parlament (1654) zusammen kam, und an dem er, (der Natur dieses Schwärmers, der, nunmehr kränkelnd, seine Einbildungen gegen sich selbst zu brauchen anfing, sehr angemessen) – endlich starb. Der Tag, der immer schon merkwürdig genug war, ist es noch mehr durch den Sturm geworden, der bekanntlich an demselben wüthete, und den Waller in seiner berühmten Ode so vortrefflich, nur etwas sehr hof-poëtice, genützt hat. Daß Hogarth hieran gedacht habe, ist nicht wahrscheinlich, denn daß eine Hure an dem Tage stirbt, an welchem ein Usurpator auch starb, ist nichts Besonderes. Wäre aber Hogarth ein Deutscher gewesen, so gäbe es noch einen Ausweg, und das wäre der desperate Einfall, das deutsche Wort Nickel von Nikolaus herzuleiten, und dieses Nikolaus natürlich von νικη und λαος (Sieg und Volk). Denn im Besiegen und Betriegen dieser nützlichen Menschen-Classe kommen wirklich der sel. Cromwell und die sel. Molly etwas überein.
  2. Diese nützlichen Leute heißen in England Undertakers. Sie sind in gewisser Rücksicht das beim Austritt aus der Welt, was die Hebammen beim Eintritt in dieselbe sind. Allein sie gehen dabei viel vorsichtiger zu Werke, und unternehmen bloß den leichtesten Theil bei der Sache, etwa was bei der Geburt das Waschen, Wickeln und Bringen nach der Wiege ist. Die Hauptoperation dabei überlassen sie ganz der Natur oder den Gelehrten.
  3. Zu dieser Ehre zu gelangen, ist ein gewisser Probe-Grad nöthig. Ehemals wurde es so gehalten: wenn Eine zu reif für diese Welt, aber noch nicht reif genug für jene war: so schickte man sie nach einer Art von Mittelwelt, nach der sogenannten neuen: Da aber diese neue Welt allmählich anfing selbst alt zu werden und Klöster anzulegen, so machte man eine zweite für sie zurecht, und in dieser ganz neuen liegt nun oben benannte Jacksons-Bay: Weil nun hier der südliche Polarstern schon ganz beträchtlich hoch über dem Horizont steht: so hat man diesem weiblichen Ritterorden den Namen davon gegeben, und die Ritterinnen selbst, Ritterinnen vom Südstern genannt.
  4. Herr Ireland glaubt noch, es würde hier ein Trauer-Ring aufgesteckt; wir selbst haben es lange vor Herrn Ireland auch einmal geglaubt, aber nachher bereut.
  5. Einmal in der Punschgesellschaft, die wir gesehen haben; das zweite Mal hier, und zum dritten Mal in seinem Wahlschmauß (Election dinner).
  6. Was uns die Deutung, daß dieses ein Stein sei, der beim Hereinwerfen in der bleiernen Fassung stecken geblieben ist, sehr wahrscheinlich macht, ist, daß Hogarth bei einem späteren Werke diesen Zug deutlicher, ja ganz unverkennbar genützt hat. Da ist es ein Backstein, der stecken bleibt, während andere frei durchfliegen.
  7. In des Erklärers Vaterland geschah dieses gewöhnlich mit Kindermörderinnen, die des Mitleids würdig waren. Sie wurden aber auch zu dem Ende weder unter dem Galgen geköpft, noch von eigentlichen Henkerknechten angefaßt.