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vereinigen, so laufen auch die Linien von Leere, die der Künstler hier ziehen will, in ihrer Rolle zusammen. Daher ist das Mädchen auch eine von Hogarths Schönheiten. Dieses ist etwas, das man sich merken muß, denn es könnte kommen, daß man es nicht sähe. Indessen ganz schlecht ist das Mädchen denn doch nicht. Jugend und Blüthe sind wenigstens da, und an diese ist die Lehre gerichtet, die sich wohl am leichtesten durch die Worte aus dem Sarge darstellen läßt:

„Was du bist, und wie du, war auch ich vor kurzer Zeit. Verlaß den Weg, den du wandelst; wo nicht, so bedenke: Was ich jetzt bin, wirst du auch sein, in kurzer Zeit.“

Ob das Gänschen diese Worte gehört hat, läßt sich aus dem Gesichtchen nicht schließen; daß aber, wenn es sie gehört hat, sie, noch ehe der Leichenwagen kömmt, das Gänschen wieder vergessen haben wird, das, dünkt mich, läßt sich schließen.

Fast unter dem Sarge, so wie vorher unter dem Sterbesessel, sitzt auch hier die kleine Nachkommenschaft, und ist mit einem schmerzstillenden Mittel beschäftigt. Dort war es ein Rippenstück, was der Manser drehte, hier bewickelt er einen Spitzkreisel, um ihn im Trauer-Zimmer schnurren zu lassen. Bei dem Jungen, scheint es, schlagen die anodyna gut an. Es könnte aber auch seyn, daß, was man für die Ursache hält, eigentlich die Wirkung wäre. Der Junge betrübt sich nicht; nicht weil er Braten wendet und an Kreiseln wickelt, sondern weil er sich nicht betrübt, brät und wickelt er. Warum sollte er sich grämen? So wie er keinen Vater hat, weil Niemand von einem wußte, eben so hatte er auch keine Mutter, weil in der Gesellschaft, wo er lebte, Niemand Zeit hatte, es zu seyn. O! die Wörter Vater und Mutter sagen sehr viel mehr, als gewöhnlich in Wörterbüchern dabei geschrieben steht, und von manchen Köpfen dabei gedacht wird! So wie, Gottlob! manches Kind noch einen Vater oder eine Mutter findet, dessen Eltern längst jenseits des Grabes hingegangen sind, so gibt es, leider! auch vater- und mutterlose Waisen, deren Eltern es sich, diesseits desselben, einen Tag und alle Tage noch recht wohl schmecken lassen.