BLKÖ:Zipser, Christian Andreas

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 60 (1891), ab Seite: 173. (Quelle)
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Zipser, Christian Andreas (Naturforscher, Mineralog, geb. zu Raab 25. November 1783, gest. zu Neusohl in Ungarn am 20. Februar 1864). Sohn eines Militärs, erblickte er, als sein Vater mit seiner Familie sich in Raab auf dem Durchmarsche befand, daselbst das Licht der Welt. Seine Studien machte er an den evangelischen Schulen in Neusohl und Schemnitz und zuletzt am Preßburger Lyceum. Dem Lehramte sich zuwendend, erhielt er ein solches im Jahre 1803, und zwar eine Adjunctenstelle an der berühmten André’schen[WS 1] Lehranstalt in Brünn, an welcher er durch vier Jahre thätig war, worauf er den Posten eines Geschäftsführers an einer der ansehnlichen Brünner Feintuchfabriken annahm. Als aber die Fabrik nachderhand in Verfall gerieth, verließ er die mährische Hauptstadt, kehrte wieder zu seiner ursprünglichen Beschäftigung, dem Lehramte, zurück und gründete zu Neusohl in Ungarn eine Privatmädchenschule, welche er bis an sein Lebensende leitete. Neben seinem Berufe beschäftigte er sich mit verschiedenen wissenschaftlichen Disciplinen, wie Münzkunde, Naturwissenschaften und unter diesen vornehmlich mit Geognosie und Botanik. In diesen und auch in anderen Gebieten, wie z. B. der Pädagogik, Topographie, Biographie, wirkte er auch vielfach schriftstellerisch und gab theils mehrere selbständige Werke heraus, der ungleich größere Theil seiner literarischen Arbeiten ist aber in Zeit- und periodischen Fachschriften zerstreut. Wir nennen von den wichtigeren Arbeiten folgende: „Versuch eines topographisch-mineralogischen Handbuches von Ungarn“ (Oedenburg 1817, 8°.); – „Lesebuch zum Gebrauche für Töchterschulen“ (Kaschau 1822); – „Der Badegast in Szliács in Niederungarn. Mit [174] einer lithogr. Ansicht“ (Neusohl und Schemnitz 1827, 8°.); – „Ueber die Situation in Ungarn“ (Kaschau 1834, 8°.); aus Anlaß der Verleihung der Kohary’schen Güter an den Herzog Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha; – „Franz l., Kaiser von Oesterreich, geehrt im Tode wie im Leben. Eine Zusammenstellung von Nachrichten und Empfindungen über die Todesfeyer dieses Monarchen in den sämmtlichen k. k. österreichischen und übrigen europäischen Staaten“ (Stuttgart 1836); – „Die Versammlungen ungarischer Aerzte und Naturforscher mit besonderer Beziehung auf die am 4. August 1841 zu Neusohl abgehaltene dritte Versammlung“ (Neusohl 1846); – „Oedenburg und die achte Versammlung ungarischer Aerzte und Naturforscher im August des Jahres 1863“ (Pesth 1863). Ungleich größer aber ist, wie schon erwähnt, die Zahl seiner in Fachblättern und periodischen Werken erschienenen Arbeiten, und zwar in Leonhard’s[WS 2] Taschenbuch für Mineralogie: „Ammoniten aus dem Árvaer Comitate“ [Band X, S. 286] – „Geognostische Beobachtungen auf einer Reise von Neusohl nach Wien“ [Bd. XI, S. 113]; –„Bemerkungen bei einer Fußreise über die Karpathen nach Polen“ [Bd. XIII, S. 283]; – „Beschreibung meiner Mineraliensammlung“ [Bd. XV, S. 713]; – „Die Basaltkuppe Diotunata Goata in Siebenbürgen“ [Bd. XIV, S. 186]; – „Ueber die Mineralien aus dem Sohler Comitat“ [ebd., Jahrg. 1813]; – „Ueber verschiedene ungarische Fossilien“, [ebd.]; – „Ueber die geognostische Umgebung von Neusohl“ [1815]; – „Mineralogische Bemerkungen“ [Jahrg. 1815, 1816, 1817, 1819, 1820]; – „Ueber das phosphorsaure Kupfer von Libethen“ [1816]; – „Die Wieliczkaer Salzniederlage“ [1819]; – in Leonhard’s und Bronn’s[WS 3] Jahrbuch: „Ueber den Lievrit aus Ungarn“ [1834]; – „Ueber das Erdbeben in Ungarn im October 1834“ [1835]; – „Die Knochenhöhle bei Neusohl“ [1839]; – „Das Phänomen von Nagy-Oloszi in Ungarn, kein Schlammvulcan“ [1846]; – in den Mittheilungen des Osterlandes: „Reisenotizen, ungarischen und siebenbürgischen Bergbau betreffend“ [1846, VIII, 2, S. 216, 283]; – im Correspondenzblatt des zoolog. mineralog. Vereines in Regensburg: „Ueber die Entdeckung fossiler Pflanzen zu Erdő-Bénye und Tokaj durch die Herren von Kubinyi und Kováts“ [1851, V, 127]; – in André’s[WS 4] Hesperus: „Ein Spaziergang nach Polen im Sommer 1815“ [1818]; – im Magazin der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin: „Laumonit zu Schemnitz“ [VII, 1815]. Viele kleinere Aufsätze und Mittheilungen finden sich im „Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt“, im „Magazin der Pharmazie“, in der „Iris“ und anderen Blättern, und dann erwies er sich als ein fleißiger Mitarbeiter der Ersch- und Gruber’schen „Encyklopädie“. Zipser war, als er starb, der Nestor der ungarischen Naturforscher, in welcher Eigenschaft er sich um sein engeres Vaterland sehr verdient gemacht hat. Seine freie Zeit zu mineralogischen und geognostischen Forschungen benutzend, bereiste er alle Gegenden Ungarns. Mit scharfem Blicke beobachtend, sammelte er fleißig und verstand es, seine Sammlungen möglichst gemeinnützig zu machen. Anfänglich beschäftigte er sich auch viel mit Numismatik und legte eine Münzsammlung an; dann aber concentrirte er sich auf das naturgeschichtliche Studium, unternahm [175] Reisen durch Polen und Preußen, und nachdem er sich immer mehr von der Nothwendigkeit eines wechselseitigen Austausches überzeugt hatte, sowohl in Beziehung auf Ansichten als Gesammeltes, leitete er allmälig einen Verkehr ein, der sich bald nicht nur auf die meisten, europäischen Länder, sondern auch auf Nord- und Südamerika erstreckte. Seine mannigfachen Verdienste um Hebung der Naturwissenschaften in Ungarn und um die Erziehung fanden mehrfache Anerkennung, so verlieh ihm der Kaiser 1862 das goldene Verdienstkreuz mit der Krone und eine Pension jährlicher 300 fl.; von mehr als einem Dutzend Souverainen wurde er mit Orden und anderen Ehrengaben ausgezeichnet; der Herzog von Sachsen-Altenburg ernannte ihn zum Ehrenrath der Universität Jena, verlieh ihm das Doctordiplom der Philosophie, und mehr als achtzig gelehrte Gesellschaften und Vereine schickten ihm ihre Diplome. Er war bis in sein hohes Alter von 81 Jahren mit vielen Gelehrten des In- und Auslandes in brieflichem Verkehr gestanden, und in seinem Nachlasse befand sich außer seiner reichen mehrere tausend Stücke zählenden Mineraliensammlung eine ungemein werthvolle Correspondenz. Aus seiner Ehe mit einer geborenen Kolbányi hinterließ er mehrere Kinder.

Kubinyi (Franz). Dr. Christian Zipser. Ein Lebensbild (Pesth 1866, 8°.). – Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur in vier Bänden. Bd. IV, S. 1049. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, S. 252. – Poggendorff (J. C.). Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften u. s. w. (Leipzig 1862 und 1863, Joh. Ambr. Barth, schm. 4°.) Bd. II, Sp. 1417. – Ungarische Nachrichten (Budapesther polit. Blatt) 1864, Nr. 47. – Pesther Lloyd (polit. Blatt, gr. Fol.) 1864, Nr. 46. – Volks- und Wirthschafts-Kalender (Wien, gr. 8°.) Jahrg. 1846, S. 38 [in Ritter v. Hoffinger’s Nekrologen]. – Magyar orvosok és természetvizsgálok munkálatai (Pesth) Bd. XI, 1866, Biographie von Dr. Wilhelm Knöpfler. – Természettudomány közlöny (Pesth) III, 1871, S. 498. – Ujabbkori ismeretek tára, d. i. Ungarische National-Encyklopädie (1855) Bd. VI, S. 608. – Ziva (belletristicky tydennik), d. i. Ziva, belletristisches Wochenblatt 1851, S. 743.
Porträt. Sein Bildniß befindet sich als Titelblatt in Kubinyi’s Biographie Zipser’s.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Andre’schen
  2. Vorlage: Leonhardt’s
  3. Vorlage:Leonhardt’s und Braun’s (korrigiert nach ADB:Bronn, Heinrich Georg.
  4. Vorlage: Andrée’s