BLKÖ:Winterhalter, Joseph

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Winterhalter, Johann
Band: 57 (1889), ab Seite: 84. (Quelle)
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Winterhalter, Joseph (Bildhauer, geb. zu Föhrenbach im Schwarzwalde am 10. Jänner 1702, gest. zu Wien 1769). Wir finden den Namen dieses Künstlers auch Winterhalder geschrieben und als Geburtsort Järmbach, auch Zärnbach angegeben. Bei seinem Vater, der gleichfalls Bildhauer war, erlernte Joseph seine Kunst. Aber bald schüttelte er die beengenden Fesseln einer mehr handwerksmäßigen als künstlerischen Thätigkeit in dem kleinen Geburtsorte von sich ab, verließ denselben und begab sich zunächst nach Bayern. Nach kurzem Aufenthalte in München ging er nach Wien, wo er vorderhand bleibenden Aufenthalt nahm. Mit allem Eifer lag er dort der Bildhauerei ob, und während er in derselben große Fortschritte machte, gewann er durch sein reges Streben die Beachtung der namhaftesten Künstler, welche zu jener Zeit in Wien lebten, wie Rottenhammer, Daniel Gran, Paul Troger und van Schuppen. Nun besuchte er auch die Akademie, die unter des Letzteren Leitung stand, und fand als Gehilfe Arbeit in den Ateliers der berühmten Meister Mathieli und Donner. Dabei huldigte er auch der Schwesterkunst der Bildhauerei, der Malerei, in welcher ihn der Historienmaler Daniel Gran unterwies, und deren Kenntniß nicht ohne Einfluß auf seine Bildhauerarbeiten blieb, die sich durch eine gewisse Grazie und Leichtigkeit in der Behandlung auszeichneten. Der berühmte Historienmaler Paul Troger wandte dem jungen Künstler solche Theilnahme zu, daß er ihn in sein Haus aufnahm. Und bei diesem seinem Lehrmeister war es, wo sich Winterhalter dessen Grundsatz aneignete, daß ein guter Maler bildhauerisch, ein guter Bildhauer malerisch zu arbeiten trachten müsse. Bald erreichte [85] er in seinen Werken, die sich nicht bloß auf den Stein beschränkten, sondern auch auf Metall und Holz ausdehnten, eine große Vollendung, und sein Ruf als Künstler wuchs mit jedem Tage. Aber Alles, was er schuf, wollte ihm selbst noch immer nicht genügen, und er war unermüdet in Aneignung größerer Vollendung. Um diese Zeit langte die heute in der Belvederegalerie aufgestellte Alabasterstatue des Prinzen Eugen in Wien ein, welche von dem berühmten Dresdener Bildhauer Balthasar Permoser gearbeitet war. Dieses wirklich schöne Werk erregte Winterhalter’s volle und gerechte Bewunderung, und nun ließ es dem jungen Bildhauer keine Ruhe mehr, er reiste nach Dresden, um Permoser persönlich kennen zu lernen, mehrere Werkzeuge desselben zu sehen und zu studiren und sich durch den Augenschein zu unterrichten, wie der Künstler bei seinen Schöpfungen vorgehe. Insbesondere war es die Drapirung, die an Permoser’s Werken ihn entzückte und zur Bewunderung reizte. Nach längerem Aufenthalt in Dresden begab er sich infolge verschiedener Aufträge einzelner Wiener Kunstfreunde nach der Donaustadt zurück. Vor Allen beschäftigten ihn Graf von Kuefstein und Graf von Questenberg. Da er von Ersterem auf dessen Herrschaft Namiest im Znaimer Kreise Mährens zur Ausführung verschiedener monumentaler Sculpturen eingeladen wurde, so schlug er seine Wohnung in Znaim auf, und Mähren ward seine zweite Heimat, in welcher er seinen bleibenden Aufenthalt nahm. Vornehmlich wendeten sich nun die Prälaten einiger reicheren Stifte Mährens mit Aufträgen an unseren Künstler. Zuvörderst nahm der Prälat des Stiftes Hradisch nächst Olmütz, Rob. Sancius, die Thätigkeit Winterhalter’s in Anspruch; er und auch seine Nachfolger ließen von ihm Gruppen, Statuen und Basreliefs für Stift und Kirche ausführen, und so ist denn der größte Theil der Bildhauerarbeiten in diesem Stifte das Werk unseres Künstlers, denn er arbeitete meist allein; wohl waren ihm zwei Brüder Anton und Michael aus seiner Heimat nach Wien gefolgt, aber nur in Ausnahmsfällen bediente er sich ihrer Aushilfe. Der Erstere ließ sich später in Olmütz als Bildhauer nieder. Winterhalter aber kehrte in der letzten Zeit nach Wien zurück, wo er auch im Alter von 67 Jahren unvermält starb. Die Zahl seiner Werke, von denen der Mehrtheil in Mähren sich befindet, ist beträchtlich, da es aber an einem Verzeichniß derselben fehlt, können hier nur die bedeutenderen angegeben werden. So nennen wir denn: zu Namiest zwanzig Statuen in der Pfarr- und Spitalkirche, am Schloß- und Pfarrhofe, sämmtlich im Auftrage des Grafen Kuefstein; im ehemaligen Prämonstratenserstift Hradisch nächst Olmütz im Vorsaal des großen Saales sechs große Statuen, dann auf der Hauptstiege der Prälatur die Engel und zehn große Vasen; auf dem Brunnen im Hofe der Prälatur die Figur Samsons und vor dem Stifte die Statue des h. Johann von Nepomuk; auf dem Gesims des Stiftsgebäudes ein großes zehn Schuh langes Wappen; darüber eine schöne Vase mit herabhängenden Festons von Stein, sechs Statuen von Stein, jede acht Schuh hoch ohne Postament, folgende Tugenden: den Glauben, die Hoffnung, die Liebe, die Sanftmuth, die Stärke und die Mäßigkeit vorstellend; die Kirchenaltäre in der Hradischer Stiftskirche und viele Altäre in den Kirchen auf den Gütern des Stiftes Hradisch, [86] dessen Verschönerungsbau er auch leitete; auf dem heiligen Berg bei Olmütz die Platzgruppe des h. Norbert; im Cistercienserstift Welehrad die Bildhauerarbeiten in der Privatcapelle des Prälaten und mehrere Arbeiten auf den Güter dieses Stiftes; zu Ungarisch-Brod all Altäre in der Dominicanerkirche, die Statue des h. Vincenz auf dem Ortskirchhofe und die Statue des h. Florian auf dem dortigen Stadtbrunnen; in den Pfarrkirchen zu Niwnitz und Drzewohostitz verschiedene Bildhauerarbeiten; zu Brünn in der Dominicanerkirche den Hochaltar, die Kanzel mit dem Sturze der Engel, vor dieser Kirche auf der Galerie die Statuen der Heiligen Cyrill, Methodius Wenzel und Ludmilla; in der Dicasterialkirche den Hochaltar; zu Znaim in der Dominicanerkirche und zu St. Niclas in der Pfarrkirche die Kanzeln. Zu dem schönen Hochaltarbilde von Maulbertsch, welches sich früher in dem aufgehobenen Prämonstratenserstifte Bruck nächst Znaim befand, dann aber in die Dominicanerkirche in Znaim gebracht wurde und das Crucifix mit dem h. Norbert vorstellt, bossirte er mit seltener Vollendung und Schönheit den Christus. Auch andere mit der Bildhauerei verwandte Arbeiten führte er mit ungemeinem Geschick aus, so im Prämonstratenserstifte Hradisch die in Gyps mit Farben eingelassenen Schildereien in den Fensterspaletten und Seitenwänden des Refectoriums. In seinen Arbeiten mit dem Meißel manchmal wie zur Erholung innehaltend, griff er dann zur Malerei und malte in Oel und Pastell verschiedene Bilder, wodurch es denn auch geschah, daß sich seines Bruders Michael Sohn Joseph, den er an Kindesstatt angenommen, der Malerei zuwendete. Winterhalter gehört zu den besten Meistern in seiner Kunst. Er hatte nach der Antike und nach der Natur studirt, und diese Studien sind in allen seinen Arbeiten, welche er stets mit großer Sorgfalt und bis ins kleinste Detail mit allem Fleiße ausführte, kenntlich. Ein bei so vielen Künstlern seines Faches leider häufig zu bemängelnder Uebelstand: der unnatürliche, unwahre Faltenwurf, erscheint auf seinen Statuen nicht, denen er einen besonders leichten natürlichen Faltenwurf zu geben verstand. Auch die bei kirchlichen Arbeiten sich unwillkürlich einstellende Monotonie wußte er zu vermeiden, da er eine lebhafte Phantasie besaß, seinen Gegenstand im Geiste gründlich durcharbeitete und den Charakter des Werkes erfaßte, ehe er an die Ausführung ging, die er dann mit aller Sorgfalt und künstlerischer Vollendung zustande brachte. Das Marienbild auf dem h. Berge bei Olmütz mit dem Prospecte der dortigen Kirche und der Ansicht des Stiftes wurde nach seiner Zeichnung von den Brüdern Andreas und Joseph Schmutzer in Wien in Kupfer gestochen, und das Blatt ist mit der Unterschrift: „Vera effigies B. Virg. Mariae in Monte Praemonstrato in Moravia“ im Jahre 1733 erschienen.

Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, Anton Doll, 8°.) Jahrg. 1810, Bd. I, S. 543. – Dlabacz (Gottfried Johann). Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Haase, 4°.) Bd. III, Sp. 383; [nach diesem wäre er bereits im Jahre 1766 gestorben]. – (Ebersberg’s) Oesterreichischer Zuschauer (Wien, 8°.) 1838, Bd. I, S. 52. – Moravia (Brünn, 4°.) 1845, Nr. 107. – Nagler (G. K. Dr.). Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1835 u. f., E. A. Fleischmann, gr. 8°.) Bd. XXI, S. 552. – Wolny (Georg). Kirchliche Topographie von Mähren (Brünn 1846, gr. 8°.); der im Jahre 1866 erschienene „Generalindex“ zu [87] diesem Werke gibt auf S. 4 unter der Rubrik „Bildhauer“ alle Stellen an, wo dieses Künstlers und seiner Sculpturen Erwähnung geschieht.