BLKÖ:Württemberg, Karl Alexander Herzog

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 58 (1889), ab Seite: 241. (Quelle)
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15. Karl Alexander Herzog (geb. 24. Jänner 1684, gest. 12. März 1737). Ein Sohn aus der mit Eleonore Juliane geborenen Prinzessin von Brandenburg-Anspach geschlossenen Ehe des Herzogs Friedrich Karl, Administrators der württembergischen Lande während der Minderjährigkeit des Herzogs Eberhard Ludwig, wurde er in [242] frühem Alter nach Tübingen geschickt, um daselbst den Studien obzuliegen, vertauschte aber dieselben schon im Alter von 14 Jahren mit dem Schwerte, indem er am 21. Juni 1697 von Kaiser Leopold I. zum Obersten und Inhaber eines österreichischen Infanterie-Regimentes ernannt wurde, dessen Inhaber vor ihm sein Vater gewesen. So als 14jähriger Prinz befehligte er mit entschiedenstem persönlichen Muthe im genannten Jahre in den Laufgräben bei der Belagerung des Schlosses Ebernburg und unterschrieb die Capitulation der französischen Besatzung am 27. September. Im Jahre 1698 diente der Herzog in Kaiser Leopolds Heere in Ungarn, zwischendurch machte er Reisen nach Frankreich (1698). England (1700), und nach Reducirung seines Regimentes im Jahre 1700 ward ihm mit kaiserlichem Decret das nächste ledig werdende Regiment gesichert. Am 4. Mai 1701 zum Oberst-Feldwachtmeister und am 1. Mai 1703 zum Inhaber des Infanterie-Regimentes Nr. 17, nachmals Prinz Hohenlohe-Langenburg, heute Freiherr von Kuhn, ernannt, rückte der Herzog 1705 zum Feldmarschall-Lieutenant, am 10. April 1708 zum Ober-Feldzeugmeister und Anfangs 1717 zum Feldmarschall vor. Im Feldzuge 1702 hatte er sich bei der Eroberung von Landau so sehr ausgezeichnet, daß der römische König Joseph I. aus Aschaffenburg am 15. October ein höchst ehrenvolles Dankschreiben an ihn richtete. Dann kämpfte er in der Schlacht bei Friedlingen und 1703 in jener am Speierbache. 1704 bei dem Sturme des Schellenberges am Schenkel verwundet, nahm er noch im nämlichen Jahre an der zweiten Belagerung Landaus, sowie an jener von Ingolstadt und Ulm ruhmvoll Theil. 1705 folgte er den Fahnen des Prinzen Eugen nach Italien und trug beim Uebergange über die Adda nächst Cassano eine so schwere Wunde davon, daß er zur Heilung derselben nach Brescia gebracht werden mußte, und 1706 holte er sich bei der Erstürmung der französischen Linien vor Turin die dritte Wunde, machte aber noch im nächsten Jahre Eugens leider fruchtlosen Zug in die Provence und den Angriff auf Toulon mit. Im Juni 1708 vom Kaiser aus Italien abberufen, wurde er zur Armee an der Mosel gesendet und kämpfte vor Ryssel. Am 12. März 1709 übernahm er das Gouvernement von Landau. Obgleich durch diese Stellung von jeder Berührung mit dem Feinde entbunden, eilte er, von Kampflust getrieben, während der Jahre 1709 bis 1712 mehrere Male zur alliirten Armee in den Niederlanden und erkämpfte dort als Volontär neue Lorbern in der Schlacht bei Malplaquet, bei der Erstürmung von Lille und in einigen anderen Gefechten. Nach Landau auf seinen Posten zurückgekehrt, vertheidigte er 1713 die Festung gegen die Franzosen. Zwei Monate widerstand er dem furchtbaren Angriffe – die Franzosen warfen aus 27 Batterien 25.000 Bomben in die Festung und verschossen über 300.000 Kugeln gegen deren Werke – zuletzt mußte der Heldenherzog wogen gänzlichen Mangels an Munition den Platz übergeben. Auch der darauf folgende Türkenkrieg gab ihm Gelegenheit, neue Lorbern zu pflücken. Bei Peterwardein 1716 that er den ersten Angriff, bei Temesvár, das er mit Johann Grafen Pálffy [Bd. XXI, S. 218], dem späteren Palatin, eroberte, erhielt er neuerdings eine Kopfwunde. Darauf zum General-Feldmarschall und Gouverneur des Banats ernannt, erscheint er bei dem Siege von Belgrad am 19. Juni 1717 wieder unter den Helden des Tages. Während des Friedens verwaltete der Herzog bis zu seinem Regierungsantritte im Jahre 1733 zu Belgrad das Königreich Serbien, in der Zwischenzeit 1718 zum Gouverneur dieses Platzes, 1719 zum Generalcommandanten des Landes, am 20. September 1720 zum geheimen Rath, am 28. December 1721 zum Ritter des goldenen Vließes ernannt. Am 18. Februar 1734 erhielt er an Stelle des Infanterie-Regimentes, dessen Inhaber er bisher war, das k. k. Dragoner-Regiment Nr. 3. Bereits Regent seines Landes, fühlte er sich wieder ins Feld gezogen, wohnte 1734–1735 in der Eigenschaft eines Reichsfeldmarschalls den Rheinfeldzügen Eugens bei und führte während dessen zweimaliger Abwesenheit den Oberbefehl des kaiserlichen Heeres. Der Herzog hatte sich am 1. Mai 1727 mit Marie Auguste, Tochter des Anselm Franz Fürsten von Thurn und Taxis vermält, welche ihm drei Söhne und eine Tochter gebar. Er war von Antlitz schön, schlank von Gestalt, in späteren Jahren etwas beleibt, sein Aeußeres streng soldatisch. Keusch, fromm, offenherzig, uneigennützig, treu in der Freundschaft, haßte er alles Gemeine, Niedrige, jede Verstellung, setzte aber auch arglos dieselben Gesinnungen bei Jedem voraus, dem er sein Vertrauen [243] geschenkt. In den Augenblicken der Hitze konnte er gegen den Nahekommende hart, ja ungerecht sein, war aber nach zurückgekehrter Ruhe ebenso bereit, das Unrecht gut zu machen. Bescheidene Vorstellung nahm er gern an; schroffer Widerspruch brachte ihn außer sich. Er trat am 28. October 1712 zu Venedig zur katholischen Kirche über und erklärte sich noch in seinem Testamente vom 7. März 1737 mit der Sprache der innersten Ueberzeugung für die Vorzüge des Katholicismus. „Gleichwohl und ungeachtet“, schreibt einer seiner Biographen, „Karl Alexander der Prinz ist, um den sich Schiller’s „Geisterseher“ bewegt, ist es doch das Wahrscheinlichste, daß zunächst die Absicht, seine Laufbahn in kaiserlichen Diensten noch besser sichern zu wollen, den Schritt bestimmt hat, den aus gleichen Gründen in jener Zeit unter Anderen auch zwei Prinzen von Darmstadt thaten.“ Als er die Regierung antrat, hielt er am 16. December 1733 unter dem Jubel des Volkes seinen Einzug, und am 27. Jänner 1734 fand die Huldigung statt, wobei er die Religionsreversalien bestätigte, da er schon von Belgrad aus einen Revers ausgestellt hatte, demzufolge er erklärte, daß er den Protestantismus stets als Landesreligion anerkennen und aufrecht erhalten werde. Die Graevenitz [siehe Eberhard Ludwig S. 237, Nr. 6] ward in contumaciam zum Tode verurtheilt, ihre Brüder und Neffen wurden entlassen. Doch verglich man sich mit der Gräfin, welche in Wien und Berlin Beschützer gefunden, unter Vermittelung des Juden Süß-Oppenheimer – welcher in der Zeit Karl Alexanders auch eine, und zwar sehr traurige Rolle spielt, die jedoch nicht hierher gehört – mit einer Abfindungssumme. Der Herzog war eben im Begriffe, eine Reise nach Danzig anzutreten, als er im vollen Mannesalter von 53 Jahren, plötzlich vom Schlage gerührt, sofort starb. [(Zedler’s) Universal-Lexikon, 59. Bd., Sp. 1117–1140, mit Angabe zahlreicher Quellen. – (Stramberg’s) Rheinischer Antiquarius, III. Abth., Bd. XIII, S. 750–769. – Dizinger (Karl Friedrich). Beiträge zur Geschichte Württembergs und seines Regentenhauses zur Zeit der Regierung Herzog Karl Alexanders und während der Minderjährigkeit seines Erstgeborenen (Karl Eugen) u. s. w. (Tübingen 1834, 8°.). – Thürheim (Andreas Graf). Feldmarschall Otto Ferd. Graf von Abensberg und Traun (Wien 1877, 8°.) S. 285, 380 und 389. – (Bülau’s) Geheime Schriften und räthselhafte Menschen (Leipzig, 8°.) Bd. III, S. 127-138 im Artikel: „Württembergische Prinzen“. – Schels (Joh. Bapt.). Biographie des Herzogs Ferdinand von Württemberg, kaiserl. öster. Feldmarschalls (Wien 1841, Braumüller und Seidel, 12°.) S. 11 u. f. – Morgenstern (Raphael). Oesterreichs Helden des 17. und 18. Jahrhunderts (St. Pölten 1783, Franz Lorenz, 8°.). 182 u. f. – Reilly (Franz Jos. v.). Skizzirte Biographien der berühmtesten Feldherren Oesterreichs von Maximilian dem I. bis auf Franz II. (Wien 1813, 4°.) S. 315. – Porträts. 1) F. Stenglin sc., Hüftbild, Schwarzk., (Fol.), selten. – 2) J. W. Windter sc. (8°.).] –