BLKÖ:Tomaschek, Johann Adolph

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 46 (1882), ab Seite: 45. (Quelle)
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Tomaschek, Johann Adolph (Geschichtsforscher, geb. zu Iglau in Mähren 16. Mai 1822). Sein Vater, gleichfalls Johann Adolph mit Vornamen (geb. 8. Mai 1791, gest. 1849), ein tüchtiger Lateiner, der das heute mit Unrecht vergessene didaktische Gedicht von Neubeck „Der Gesundbrunnen“ ins Lateinische übersetzte, war Gymnasiallehrer und ein verdienstvoller Pädagog. Der Sohn besuchte das k. k. Gymnasium zu Iglau, auf welchem namentlich Professor Anton Lorenz, der Vater des Historikers Ottokar Lorenz [Band XVI, S. 41], und der nachmalige Schul- und Hofrath Karl Enk von der Burg bestimmenden Einfluß auf seine geistige Entwicklung nahmen. Die philosophischen und juridischen Studien legte er an der nunmehr aufgehobenen Universität zu Olmütz zurück, an welcher er auch im Jahre 1844 die juridische Doctorwürde erlangte. Hierauf trat er bei dem Olmützer Magistrat in die Civil- und Criminalpraxis ein und unterzog sich der praktischen Prüfung für das Richteramt in Strafsachen. Seiner Neigung zum Lehrfache folgend, übernahm er 1845 eine systemisirte Adjunctenstelle am k. k. Gymnasium zu Brünn und wurde 1847 als Professor am k. k. Gymnasium zu Iglau definitiv angestellt. Im Jahre 1848 von seiner Vaterstadt zu ihrem Vertreter bei der constituirenden deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt am Main gewählt, blieb er daselbst durch ein volles Jahr. Seiner politischen Richtung nach gehörte er dem linken Centrum an. Nach der Auflösung des Parlaments kehrte er zu seinem Lehramte zurück, in welchem er nun bei den durch Umgestaltung der Mittelschulen herbeigeführten Veränderungen zehn Jahre hindurch vorzüglich im Gebiete der lateinischen und griechischen Philologie und der Mathematik wirkte. Seine bereits an der Universität genährte Vorliebe für die Rechtswissenschaften, der er später durch einige mit Anerkennung beurtheilte Concurse für juridische Lehrkanzeln einen äußeren Ausdruck gegeben hatte, führte ihn zu einem eifrigen Studium der reichhaltigen im Archive der Stadt Iglau befindlichen, von der ruhmvollen Vergangenheit derselben [46] als Oberhof durch das ganze Mittelalter Zeugniß gebenden urkundlichen Rechtsquellen und zu eingehenden Forschungen über deutsches Recht und Rechtsgeschichte. Als sich ihm nun im Jahre 1857 die Gelegenheit darbot, als Beamter in das k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien einzutreten, ergriff er dieselbe umso lieber, als es ihm, abgesehen von dem reichen Material, welches er daselbst für seine Studien fand, dadurch auch möglich wurde, sich anfangs des Jahres 1859 als Docent an der k. k. Universität zu Wien für das Fach der deutschen und der österreichischen Rechtsgeschichte zu habilitiren und so jenem Lehrzweige sich zu widmen, der seinen Neigungen und seinen Studien seit Jahren am meisten zusagte. In diesem wirkte er nun ununterbrochen an der Universität Wien bis zur Stunde. 1860 wurde er zum Commissär bei der rechtshistorischen Staatsprüfungs-Commission, 1861 unter Belassung seiner Stellung als Concipist im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchive zum außerordentlichen Professor für österreichische Rechtsgeschichte und Rechtsalterthümer und 1871 auf Vorschlag des Professorencollegiums zum ordentlichen öffentlichen Professor dieses Faches verbunden mit der juristischen Encyklopädie und Methodologie ernannt. In Würdigung seiner wissenschaftlichen Leistungen ward er von Sr. Majestät dem Kaiser mit der großen goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet, von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien zum correspondirenden Mitgliede der philosophisch-historischen Classe erwählt und als solches am 29. Juni 1867 ah. Ortes bestätigt, von dem germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aber in dessen ständigen Gelehrtenausschuß aufgenommen. Im Jahre 1877/78 bekleidete er die Dekanswürde der juridisch-staatswissenschaftlichen Facultät an der Wiener Hochschule. Auch widerfuhr ihm die Auszeichnung, durch zwei Jahre Se. kaiserliche Hoheit Herrn Erzherzog Friedrich, Sohn Sr. kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Albrecht, in den Gegenständen des juridischen Studiums zu unterrichten. Indem wir schließlich einen Blick auf Tomaschek’s schriftstellerische Thätigkeit werfen, haben wir zunächst folgende im Buchhandel erschienene Arbeiten desselben zu verzeichnen: „Deutsches Recht in Oesterreich im dreizehnten Jahrhunderte. Auf Grundlage des Stadtrechtes von Iglau“ (Wien 1859, Tendler, gr. 8°., VIII und 351 S.), mit Unterstützung des mährischen Landesausschusses veröffentlicht; – „Die ältesten Statuten der Stadt und des Bisthums Trient in deutscher Sprache. Zum ersten Male herausgegeben nach einer Handschrift des kaiserlichen Staatsarchivs vom Jahre 1363, mit einer rechtsgeschichtlichen Einleitung, Glossar und Inhaltsverzeichnisse“ (Wien 1861, 8°.), befindet sich auch im XXVI. Bande des „Archivs für Kunde österreichischer Geschichtsquellen“; – „Recht und Verfassung der Markgrafschaft Mähren im fünfzehnten Jahrhundert. Mit einer Einleitung über die Geschichte des böhmisch-mährischen Landrechts in seinem Gegensatz zum deutschen Weichbildrechte“ (Brünn 1863, Nitsch, Lex.-8°., 88 S.); – „Der Oberhof Iglau in Mähren und seine Schöffensprüche aus dem dreizehnten bis sechzehnten Jahrhundert, aus mehreren Handschriften herausgegeben und erläutert“ (Innsbruck 1868, Wagner, gr. 8°., VII und 396 S.), mit Unterstützung des mährischen Landesausschusses gedruckt. Bei der Herausgabe der Geschichtsquellen der Stadt Wien veröffentlichte er auf deren Aufforderung auch die „Rechte und Freiheiten der Stadt Wien“ (Wien 1877, Hölder) in zwei Bänden. Von seinen [47] in gelehrten Sammelwerken abgedruckten Abhandlungen nennen wir in den „Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften philosophisch-historischer Classe“: „Ueber die ältere Rechtsentwickelung der Stadt und des Bisthums Trient“ (1860); – „Ueber zwei ältere Rechtsgutachten der Wiener Universität“ (ebd.); – „Ueber die oberste Gerichtsbarkeit des deutschen Königs im fünfzehnten Jahrhundert“ (1867); – „Ueber die beiden Handvesten Kaiser Rudolphs I. für Wien vom 24. Juni 1278 und ihre Bedeutung für die Geschichte des österreichischen Städtewesens“ (1876); – im „Programm des Iglauer Gymnasiums“ vom Jahre 1852: „Mathematisch-pädagogische Briefe“; – in der „Zeitschrift für Österreichische Gymnasien“, 1854: „Der stereometrische Anschauungsunterricht“; – und in Haimerl’s „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“, 1859: „Ueber die Erblichkeit der Bürgschaft nach österreichischem und deutschem Rechte“. Wir schließen diesen Artikel über Tomaschek mit der Bemerkung, daß alle seine jüngeren Brüder in der Gelehrtenwelt bekannte Namen sind, so Ignaz, Universitätsbibliothekar in Graz, Anton, Gymnasialprofessor und Botaniker, Karl, Philosoph und Aesthetiker, und der Stiefbruder der Vorgenannten, Wilhelm, Professor der Geographie an der Universität in Gratz.

Wiener Zeitung, 1861, Nr. 109, über sein Werk: „Die ältesten Statuten der Stadt und des Bisthums Trient“. – Bote für Tirol und Vorarlberg, 1863, S. 327, über sein Werk: „Recht und Verfassung Mährens im fünfzehnten Jahrhundert“. – Zarncke (Friedrich Dr.). Literarisches Centralblatt (Leipzig, Avenarius, 4°.) 1869, Nr. 19, Sp. 546, über sein Werk: „Der Oberhof Iglau in Mähren“.
Johann Adolph Tomaschek im Deutschen Parlaments-Album. Wie wir in der Biographie berichtet haben, wurde Tomaschek im Jahre 1848 von der Stadt Iglau als Abgeordneter in das deutsche Reichsparlament gewählt. Es erschien nun ein „Parlaments-Album. Autographirte Denkblätter der Mitglieder des ersten deutschen Reichstags“ (Frankfurt am Main, S. Schmerber [Nachfolger Keller], kl. Fol.), in welches er folgende Distichen schrieb: „Hast du irgend ein Ziel, mit ganzen Kräften erstreb’ es, | Ist dir die Kraft auch schwach, ist doch der Wille Ersatz | Oft schon dacht’ ich: es ist unmöglich, nichts wird mir gelingen, | Und mit Erfolg ward doch endlich mein Streben gekrönt. | Dr. und Professor Joh. Tomaschek, Abgeordneter für den Wahlbezirk Iglau in Mähren“.