Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schenk, Karl
Band: 29 (1875), ab Seite: 198. (Quelle)
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Schenk, Johann (Compositeur, geb. zu Wiener-Neustadt 30. November 1761, gest. zu Wien 29. November 1836). Da er Talent für die Musik zeigte, erhielt er noch als Knabe in seiner Vaterstadt Gesangsunterricht von einem Italiener. Im Alter von 10 Jahren kam er 1771 als Sängerknabe nach Baden, wo der Chordirector Stoll ihm die Anfangsgründe des Generalbasses und einiger Blasinstrumente beibrachte. Schon damals versuchte sich S. in kleineren Compositionen, darunter einige Lieder mit Clavierbegleitung, Menuetten für ganzes Orchester und sogar eine Symphonie, für welch letztere ihm Haydn [Bd. VIII, S. 108] und Dittersdorf [Bd. III, S. 316] als Vorbild [199] dienten. In Baden hatte sich S. das Wohlwollen des dortigen Pfarrers Ignaz von Fröhlich erworben, und dieser nahm ihn im Jahre 1773 eines Tages nach Wien mit, um ihn dem Erzbischofe Migazzi vorzustellen und auf das Wärmste anzuempfehlen. Die Folge davon war, daß S. auf die Chur nach Wien berufen und dem Domprediger Schneller, einem tüchtigen Musikkenner und gewandten Violinspieler, zur musikalischen Ausbildung übergeben wurde. Zugleich genoß S. den Unterricht Wagenseil’s in der Compositionslehre, welcher bis zu dessen im Jahre 1777 erfolgten Tode währte, in welcher Zeit S. mit seinem Meister die bedeutendsten Werke von Seb. Bach, Jos. Fux, Galuppi, Gluck, Händl, Hasse, Palästrina u. A. durchstudirt hatte. So hatte S. mit 18 Jahren es so weit gebracht, daß er eine solenne Messe componirte, welche auch am 8. Jänner 1778 durch den Domcapellmeister von St. Stephan, Leopold Hoffmann [Bd. IX, S. 160], öffentlich aufgeführt wurde. S. erntete für seine Arbeit die Anerkennung van Swieten’s und Haydn’s, und namentlich letztere besaß für ihn um so größeren Werth, da Haydn eben damals in der Sonnenhöhe seines Ruhmes stand. Nun versuchte sich S. in mehreren anderen Werken, wovon eine Litanei, ein Stabat mater, eine zweite Messe und die Zwischenmusik zu Blumauer’s Trauerspiel: „Erwine von Steinheim“ zu erwähnen sind. Anläßlich letzterer begann S. fleißig das Theater zu besuchen und gelangte so auf das ihm am meisten zusagende Feld in der Composition, das theatralische. Bald war sein Entschluß gefaßt, sich ausschließlich dem Theater zu widmen. Er componirte nun nach einander fünf Opern, welche aber alle nicht zur Aufführung gelangten; erst die Oper: „Die Weinlese“ wurde am 8. October 1785 auf dem Theater in der Leopoldstadt aufgeführt und mit entschiedenem Beifalle aufgenommen. Dieß eiferte ihn zu neuen Arbeiten an, mit denen er allmälig in die Oeffentlichkeit trat. [Die Uebersicht von S.’s Compositionen folgt weiter unten.] In diese Zeit fallen zwei Bekanntschaften Schenk’s, welche noch in seinem hohen Alter zu seinen stolzesten Erinnerungen zählen, nämlich mit Mozart [Bd. XIX, S. 170], den er oft auf dem Claviere phantasiren zu hören so glücklich war, und dann mit Beethoven [Bd. I, S. 224], dem er in der Zeit vom August 1792 bis Ende Mai 1793 Unterricht aus der Compositionslehre, vornehmlich in den Regeln des Contrapunctes ertheilte. Eine Reise, welche Beethoven Ende Mai 1793 mit Haydn nach Eisenstadt unternahm, unterbrach diesen Unterricht, wofür sich Beethoven in einem herzlichen Schreiben bedankte. Ununterbrochen aber währte das freundschaftliche Verhältniß zwischen Beiden. Bis zum Jahre 1802 aber beschäftigte sich S. ausschließlich mit der Composition und zum größeren Theile für die Bühne; von dieser Zeit an zog er sich in das ruhigere Privatleben zurück und beschäftigte sich außerdem mit Unterrichtertheilen in der Musik. Außer der schon erwähnten Oper: „Die Weinlese“ schrieb S. im December 1786 das dreiactige Singspiel: „Die Weihnacht auf dem Lande“, welches wie die vorerwähnte Oper sich nahezu zwei Decennien auf dem Repertoire erhielt; im Jahre 1787 für das k. k. Hoftheater das Singspiel: „Im Finstern ist nicht gut tappen“; im Jahre 1788 für die von Keeß veranstalteten musikalischen Akademien: „6 Symphonien“, deren Aufführung Joseph Haydn beiwohnte; [200] im Jahre 1789 für das alte Theater auf der Wieden die Oper: „Das unterbrochene Seefest“; 1790: „Das Singspiel ohne Titel“, und 1791: „Der Erntekranz“, auch diese beiden Opern für die vorgenannte Bühne. In den Jahren 1792 und 1793 schrieb S. zwei Symphonien und mehrere Concerte für Blasinstrumente. Den Sommer über bis in den Spätherbst 1794 brachte S. auf den Herrschaften des Fürsten Karl Auersperg zu, für deren Hausbühne er zwei Operetten componirte, deren Namen nicht bekannt sind. Im Jahre 1795 schrieb er für Freiherrn von Braun, der damals das Kärnthnerthor-Theater unter sich hatte, die Oper: „Achmet und Almanzine“, welche am 17. August aufgeführt wurde; im folgenden die nachmals auf allen Bühnen Deutschlands so oft gegebene und so beliebt gewordene Operette: „Der Dorfbarbier“, welche am 6. November g. J. zum ersten Male aufgeführt wurde. Im II. Jahrgange des musikalischen, von Dr. August Schmidt herausgegebenen Albums „Orpheus“ gibt Fr. Treitschke in dem musikgeschichtlichen Aufsatze: „Die Zauberflöte, Der Dorfbarbier und Fidelio“ die Geschichte dieser Oper, welche bei ihrer ersten Aufführung vornehmlich durch Weinmüller’s und Baumann’s treffliche Darstellung einen glänzenden Erfolg feierte. Nach einem für den kaiserlichen Hof componirten Singspiele nebst Pantomime, welche am 15. October 1798 in Laxenburg zur Aufführung kamen, schrieb S. noch im Jahre 1799 die zweiactige Oper: „Die Jagd“. Text von Weiße, aufgeführt im Kärnthnerthor-Theater; – „Der Bettelstudent“ und „Der Fassbinder“, diesen nach dem Texte eines alten französischen Singspiels. Mit dem „Faßbinder“, dessen Manuscript in Träg’s Musikalien-Katalog angeführt steht, schloß S. die Reihe seiner dramatischen musikalischen Compositionen. Nach einer langjährigen Pause trat er im Jahre 1819 mit zwei für die Gesellschaft der Musikfreunde componirten Cantaten: „Die Huldigung“ und „Der Mai“ noch einmal vor das Publicum, beide wurden von der genannten Gesellschaft im k. k. großen Redoutensaale aufgeführt. Mit diesen Werken verschwindet der durch seine außerordentliche Bescheidenheit liebenswürdige Componist, der wohl einen musikgeschichtlichen Essay verdiente. Im Leben war S. ein Mensch von seltener Bescheidenheit, dem seine Unabhängigkeit über Alles galt, daher er auch jede feste Anstellung, die zu erlangen ihm nicht schwer gefallen wäre, fast ängstlich vermied. Ein friedliches, stilles Privatleben erschien ihm das köstlichste; Zurückgezogenheit aus dem geräuschvollen Weltgetümmel, ein traulicher Umgang mit wenigen, aber gleichgesinnten Kunstgenossen galt ihm als beneidenswerthestes Loos, und so geschah es auch, daß dieser so beliebte, seiner Zeit viel genannte Componist, als er im hohen Alter von nahezu 77 Jahren starb, unbeachtet den Schauplatz der Welt verließ. Was Alles von S.’s Compositionen im Drucke erschien. weiß ich nicht zu sagen; sein „Dorfbarbier“ kam im Clavierauszuge gestochen im Jahre 1798 zu Hamburg bei Meyn, in neuerer Zeit bei Ph. Reclam in Leipzig mit vollständigem Dialoge heraus; auch ein Rondo aus einer seiner Opern für Sopran mit Orchesterbegleitung gab André in Offenbach heraus, und die Schik’sche, nachmals Witthauer’sche „Wiener Zeitschrift“ brachte noch wenige Jahre vor seinem Tode, im Jahrgange 1831, mehrere Lieder-Compositionen S.’s, darunter: „Das Rosenband“, von Klopstock, „Lied eines [201] Mädchens“ [Nr. 73 u. 151). Hinsichtlich der oberwähnten Generalbaßstunden, welche S. Beethoven gab, erscheint das Nachfolgende erwähnenswerth. Als Beethoven im Jahre 1792 nach Wien kam, empfahl ihn Abbé Gelinek [Bd. V, S. 128] an Schenk, da Haydn seiner vielfachen Arbeiten wegen sich nicht allzusehr (mit Beethoven) beschäftigen konnte. Dieses Verhältniß Schenk’s zu Beethoven mußte aber, um Haydn nicht zu beleidigen, geheim gehalten werden, und so geschah es denn auch, daß es lange Zeit ganz unbekannt geblieben ist. Auch sei der Vollständigkeit halber erwähnt, daß die beiden Operetten: „Die Weinlese“ und „Weihnacht auf dem Lande“. womit S. seine musikalische Laufbahn betrat, lange Zeit ohne seinen Namen gegeben wurden.

Curiositäten- und Memorabilien -Lexikon von Wien. Von Realis, herausg. von Anton Köhler (Wien 1846, gr. 8°.) Bd. II, S. 304 [nach diesem gest. 29. November 1836]. – Allgemeine Wiener Musik-Zeitung. Von Dr. Aug. Schmidt (4°.) Jahrg. 1842, S. 628, in den „Geschichtlichen Rückblicken“, und 1844, Nr. 40, im Artikel: „Der Dorfbarbier“, Anmerkung [nach jenen gest. am 29. December 1836 und nach der Anmerkung gar schon am 29. Dec. 1826]. – Gerber (Ernst Ludwig), Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, A. Kühnel, gr. 8°.) Bd. IV, Sp. 49. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorff (Dresden, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 460. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für das gebildete Publicum (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VII, S. 619, Nr. 3.