BLKÖ:Galuppi, Balthasar (Buranello)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Galura, Bernhard
Band: 5 (1859), ab Seite: 75. (Quelle)
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Galuppi, Balthasar, genannt Buranello (Compositeur, geb. in Burano, einer venetian. Insel 26. Oct. 1706, gest. zu Venedig 3. Jän. 1785). Der Sohn eines armen Barbiers auf der venetianischen Insel Burano, daher Galuppi’s Beiname: Buranello. Früh zeigte sich seine Anlage zur Kunst. Sein Vaterspielte im Orchester des Theaters von Murano und der Sohn brachte – 17 Jahre alt – eine von ihm componirte Oper auf demselben zur Aufführung; aber eine furchtbare Niederlage war der Erfolg. Der Sohn dachte im ersten Anfalle der Verzweiflung daran, Barbier zu werden wie sein Vater, als ihn der Zufall mit dem berühmten Benedict Marcello zusammenführte. Dieser erkannte sogleich des Jünglings Talent, sprach ihm Muth zu und G. bildete sich nun in des Anton Lotti Schule für die Kunst. Mit der Composition zu einer Dichtung Marcello’s, zu welcher schon Jemand früher die Musik geschrieben und welche nunmehr unter dem neuen Titel: „La fede riconosciuta“ zur Darstellung kam, eröffnete G. seine musikalische Laufbahn. Mit dem Erfolge derselben begann für G. eine Reihe von Triumphen, welche nur der Tod unterbrach. Wie Goldoni seine Lustspiele unter dem arcadischen Namen Polisseno Felejo, so schrieb G. seine Opern unter dem Namen Ageo Liteo. Indem er vorerst die Orchester verschiedener frommer Genossenschaften dirigirte, folgte er im J. 1740 einem Rufe nach London, wo er bis 1743 blieb. Am 22. April 1762 übernahm G. als Lotti’s Nachfolger die Direction der Capelle des Dogen, deren Vicecapellmeister er schon seit 24. März 1748 war. Durch den Gesandten Venedigs am Wiener Hofe erbat sich die Kaiserin Katharina den Compositeur von der Republik und mit Decret vom 9. Juni 1765 erhielt er auf 3 Jahre Urlaub nach Petersburg mit Beibehalt seines Gehaltes als Capellmeister und war nur verpflichtet, jährlich eine neue Messe auf den Festtag des heil. Natalis einzusenden. Nach seiner Rückkehr aus Petersburg 1770 dirigirte er neuerdings seine Capelle und verlegte sich mit besonderem Eifer auf die Kirchenmusik, in welcher er wie vordem im Fach der Oper Treffliches leistete. Auf diesem Posten blieb er nun bis an sein Lebensende, das ihn in einem Alter von 79 Jahren nach langer Krankheit erreichte. Die Zahl von G.’s Compositionen, sowohl Opern, deren er 54 componirt, als Kirchenmusiken, ist sehr groß. Von ersteren sind besonders gerühmt worden: „Mondo della luna“; – „Il re dei matti“; – „Il mondo al rovescio“; – „La diavolessa“; – „L’uomo femina“; – „Il re alla caccia“; – „L’Arcadia in Brenta“; – „Gli amanti ridicoli“, sämmtliche in Venedig gegeben; – „Siroe“, in London (1743); – „Scipione nelle Spagne“ (1746); – „Cavalier della piuma“, in Leipzig; – „Didone abbandonata“ (1766) und „Ifigenia in Tauride“ (1768); für St. Petersburg. Von seinen Kirchenmusiken sind anzuführen das vierstimmige: „Dixit Dominus“, ein „Tantum ergo“; – „Die Messe vorn J. 1778“; – das Te Deum vom J. 1769, – ein großes Miserere für die Charwoche – die Oratorien: „Il Sagrifizio di Jefte“; – „Daniel in lacu leonum“; – „Tres pueri hebraei in captivitate Babylonis“; – „Debora prophetissa“; – „Moyses de Sinai reversus“. Aber nicht blos als Compositeur besitzt G. Verdienste, auch als Reformator der [76] Musik überhaupt. Er reformirte vorerst die opera seria und schuf die opera buffa. Die Musik der ersteren war vor ihm in keinem oder doch geringem Zusammenhange mit dem Texte, anders unter ihm, der die Musik dem Charakter des libretto anpaßte. Das Orchester war vor G. ein wenig gekannter Schatz, er wies ihm jene Stelle an, aus der es zur gegenwärtigen Einrichtung sich entwickelte, vermehrte es in der Besetzung und führte das sogenannte Recitativo stromentato ein. Die Musik, pflegte er zu sagen, muß im Theater wie die Malerei sich verhalten, Umfang und Ferne verlangen stärkere Striche, hellere Lichter, Verschiedenheit und Mischung der Tinten. Er verlangte die genaueste Ausführung des Details; „Proveremmo venti volte il pezzo e se all’ ultima non verrà bene straccierò le carte ma non rallenterò“ war sein Ausspruch. Unter ihm erreichte das Orchester in Venedig den glänzendsten Ruf. Die Capelle, welche er durch 23 Jahre dirigirte, hatte unter ihm folgende Zusammensetzung: das Vocal-Orchester bestand aus 24 Sängern und zwar je 6 Sopranisten, Altisten, Tenoren und Bässen; das eigentliche Orchester zählte 35 Instrumente u. z. 12 Violinen, 6 Violen, 4 Violoncelle, 5 Violons, 4 Oboen oder Flöten, 4 Hörner oder Trompeten. Dabei sorgte er auch für bessere Zahlung der Leute, um gute Kräfte zu gewinnen und zu behalten. Fehlte es G. bei seinen energischen Vornahmen und seiner Entschiedenheit, mit welcher er veralteten Bräuchen entgegentrat, nicht an Gegnern und bei seinen Triumphen an Neidern, so besaß er doch auch große Gönner und hochgestellte Freunde und erfuhr zahlreiche Auszeichnungen.

Caffi (Francisco), Storia della Musica Sacra nella già Capella ducale di San Marco in Venezia dal 1318–1797 (Venedig 1854, 8°.) I. Bd. S. 349, 373. II. Bd. S. 47, 56, 63, 105–109, 126, 144, 184. – Die meisten Angaben über G.’s Geburt, die Nouv. Biogr. générale, Brockhaus, Gamba, Bernsdorf stimmen über 1703 als G.’s Geburtsjahr überein. Obige Angabe, welche Caffi dem Taufregister entnahm, ist die richtige. – Universal-Lexikon der Tonkunst (begonnen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt) von Eduard Bernsdorf (Dresden 1857, Schäfer, Lex. 8°.) II. Bd. S. 95. – Chaudron et Fajolle, Dictionnaire historique des Musiciens. – Gamba (Bartol.), Galleria dei Letterati ed Artisti illustri delle Provincie Veneziane nel secolo XVIII (Venedig 1824, 8°.). – Ersch (J. S.) u. Gruber (J. G.), Allg. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 53. Thl. S. 253. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de Nr. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XIX. Bd. Sp. 348. – Gerber (Ernst Ludwig), Neues histor. biogr. Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1812, Kühnel, gr. 8°.) II. Bd. Sp. 246. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) VI. Bd. S. 492. – Porträte. 1) Unterschrift: Baldassare Galuppi. Comirato incise (Venedig, 8°.). – 2) Unterschrift: Baldassare Galuppi (G. Bernasconi inc. 8°.). – Ein Porträt G.’s befindet sich im Patriarchen-Seminar zu Venedig mit folgender Aufschrift: „Balthasar Galuppi, quem et Buranello ex domo dicunt summis principibus quorum stipendiis charissimus, musices in Marciana Basilica moderatos obiit anno 1785, annos natus 82“, von welcher Angabe sich der Irrthum in Angabe seines Geburtsjahres 1703 statt 1706 weiter fortpflanzte.