Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 346. (Quelle)
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Roschmann, Anton (Geschichtsforscher, geb. in Tirol 7. December 1694, gest. zu Innsbruck? 25. Juni 1760). Sein Vater Martin war ein unbedeutender Salinenbeamter zu Hall, seine Mutter Christine die Tochter des erzherzoglichen Chormeisters Paul Bockstaller. Anton besuchte die Schule in Hall, hörte die philosophischen Studien, dann die theologischen und zuletzt auch die rechtswissenschaftlichen zu Innsbruck. [347] Dabei war er bei der Mittellosigkeit der Eltern frühzeitig auf sich selbst angewiesen und ließ sich bei seiner großen Vorliebe zu Büchern zu Katalogisirungs-Arbeiten u. dgl. verwenden. So verfaßte er im Jahre 1720 im Kloster Stams ein Verzeichniß der vorzüglicheren, in der Klosterbibliothek vorhandenen Handschriften; erhielt nach kaum beendeten Studien von der Regierung zu Innsbruck den Auftrag, über die im Schlosse Ambras und in der damit vereinigten Innsbrucker Hofbibliothek, die zusammen an 8000 Bande bildete, einen Katalog zu verfassen. Diese Arbeit mochte ihm zunächst zur Erlangung der Notarsstelle an der Innsbrucker Universität verholfen haben, welche ihm im Jahre 1722 verliehen wurde. Auch erlangte er im nämlichen Jahre die Würde eines Licentiaten der Rechte. Im Jahre 1727[WS 1] wurde er nach abgelegter Notariatsprüfung zum öffentlichen kaiserlichen Notar diplomirt. 23 Jahre später, im Jahre, 1745, wurde R. zum Universitäts-Bibliothekar ernannt: auch erhielt er schon 1740 von den Ständen den Titel eines tirolischen Historiographen, auf den er im Hinblicke auf seine erstaunliche Thätigkeit auf dem Gebiete der Geschichte, Alterthumskunde und Topographie seines Vaterlandes wohl den gerechtesten Anspruch hatte. R.’s Leben geht ganz in Arbeiten seines Berufes und in historischen Forschungen auf, denen er mit rastlosem Eifer oblag und wovon das von Di Pauli zusammengestellte Verzeichniß seiner Schriften Zeugniß gibt. Der bei weitem größte Theil derselben ist Handschrift geblieben und wird – mit wenigen Ausnahmen – in der Bibliotheca Tyrolensis aufbewahrt. Sie bilden für den Forscher noch heute eine reiche Fundgrübe schätzenswerther Mittheilungen über Tirols Geschichte und Geographie von ältester Zeit bis auf die neuere. Bezüglich seiner Forschungen über Wilten, das Veldidena der Römer, gerieth R. mit dem berühmten Linguisten Johann Sigmund Valentin Popowitsch [Bd. XXIII, S. 108] in eine literarische Fehde, in welcher Roschmann dem mittellosen Popowitsch, der den Druck seiner Gegenschrift ob Mangel an Geldmitteln nicht zu beendigen im Stande war, seine Beihilfe anbot, um den Druck der Schrift zu vollenden; ein Zug aus dem Leben eines Gelehrten, der der Vergessenheit entzogen zu werden verdient. Eine besonders werthvolle Arbeit lieferte R. mit seinen auch Handschrift gebliebenen Nachrichten über tirolische Künstler: „Tyrolis pictoria et statuaria“, welche dem kunstliebenden Franz Lactanz Grafen von Firmian zugeeignet ist. Dieser ehrte den Verfasser mit dem geistreichen Distichon:„Roschmann describis pictorum nomina, facte | Cunctis presentem quisque fuisse putet.“ (Roschmann, du schilderst so gut der Künstler Leben und Werke, | Hast du denn Jedem vertraut immer zur Seite gelebt?) Da der Graf selbst trefflich malte, porträtirte er ihn und ließ das Bildniß in Kupfer stechen. [Siehe S. 350 über das Porträt nach den biograph. Quellen.] Ein anderes wesentliches Verdienst erwarb sich R. durch seine vieljährigen Bemühungen, die durch Tirol zerstreuten römischen Inschriften und Alterthümer in getreuen Abschriften und Abzeichnungen möglichst vollständig zu sammeln, wovon auch noch das Manuscript: „Monumenta Romana per Tyrolim, cum notis et Commentariis collecta“ vorhanden ist. Ueberhaupt war R.’s Bestreben auch dahin gerichtet, Tirols alte und mittlere Geographie zu [348] beleuchten, und er, der sein ganzes Leben nicht außerhalb der Grenzen seines Vaterlandes gekommen, hatte dasselbe, um die geschichtlich denkwürdigsten Stellen und Ortschaften in Augenschein zu nehmen, nach den verschiedensten Richtungen durchwandert und über Alles, was ihm der Aufmerksamkeit und Erforschung werth schien, Aufzeichnungen gemacht, welche sich zahlreich in seinem handschriftlichen Nachlasse vorfinden. Ein Besuch des gelehrten Anton Theodor Thaulow von Rosenthal, k. k. Hof- und Hausarchivars in Innsbruck, im J. 1751 brachte diesen mit Roschmann zusammen, und bald erkannte Rosenthal Roschmann’s Gediegenheit und Kenntnisse, so daß er ihn ohne dessen Vorwissen der Kaiserin Maria Theresia zu seinem Adjuncten im kais. Hof- und Staatsarchive vorschlug. Als R. davon erfuhr, lehnte er diese Auszeichnung mündlich und schriftlich ab, so daß seine Beförderung durch ein Decret vom 7. August 1751 zurückgenommen wurde, dabei wurde ihm aber eine erbetene Vermehrung des Gehalts gnädigst gewahrt. So blieb R. ununterbrochen thätig bis ein Jahr vor seinem Tode, in welchem er sichtlich zusammenbrach. Der Tod endete dieses rastlos thätige Leben im Alter von 66 Jahren. Die Zahl der von R. verfaßten, sowohl gedruckten, als in Handschrift gebliebenen und zum größten Theile in der Bibliotheca Tyrolensis aufbewahrten, fast durchgehends historischen Arbeiten ist erstaunlich groß, und Di Pauli in seiner in den Quellen angeführten Biographie Roschmann’s führt die sämmtlichen 187 Nummern, S. 165–184, mit der Angabe, wo sie sich befinden, auf. Hier werden die gedruckten vollständig und von den handschriftlichen nur jene angeführt, die für weitere Kreise ein Interesse darbieten. Die gedruckten sind: „Vita mundi seu ars medica suis elogiis adumbrata ..“ (1720, ap. Mich. Ant. Wagner, 4°.); – „Angelus salutis, Medicus, stylo lapidali et elogiis expressus ...“ (ibid. 1722); – „Domus austriaca, jurisprudentiae miraculum suis elogiis expressum ... (ibid., 4°.); – „Austria saecolorum felicitas ex nummis et inscriptionibus romanis eruta ac Austriacorum Caesarum elogiis expressa ...“ (ibid. 1724, 4°.); – „Coeleste praesidium medicinae seu sancti tutelares Medici ... elogiis descripti ... Semestre primum et alterum“ (ibid., 1726, 1727, 4°.); – „Quadrifolium medicum seu fama posthuma IV medicorum Tyrolensium editis operibus illustrium elogiis asserta ...“ (ibid. 1729, 4°.), betrifft die vier Tiroler Aerzte Cäsar Scaliger aus Riva, Julius Alessandrini von Trient, Hipolyt Guarinoni von Trient und Ferdinand Karl von Weinhardt in Innsbruck; – „Gloria sacerdotii saecularis, seu sanctus Joannes Nepomucenus in Sanctorum numerum nuper relatus, tot elogiis descriptus, quod stellis illustris“ (ibid. 1729) 4°.); – „Coeleste praesidium medicinae, seu Sanctorum Medicorum senarius ...“ (ibid. 1731, 4°.); – „Coemeterium medici gloria stylo anatomico lapidali asserta ...“ (ibid. 1733, 4°.); – „Praerogativa Carinthiae antiquo-novae calamo encomiaste descriptae ...“ (ibid. 1734, 4°.); – „Divi Patroni Jurisprudentiae quas consultissima facultas juridica singulis mensibus per festa collegii celebrat. Semestre primum et alterum“ (ibid. 1728, 1731, 4°.), alle die bisher angeführten dreizehn Schriften gehören in die Kategorie der sogenannten Applausus [349] academici, sie enthalten Lobreden auf die Arzneiwissenschaft, auf berühmte tirolische Aerzte, auf die Kaiser aus dem Hause Habsburg und ihre Verdienste um die Jurisprudenz, auf die Schutzheiligen der medicinischen und juridischen Facultät, auf den h. Johann Nepomuk und das Land Kärnthen, und sind wohl das schwächste, was aus Roschmann’s Feder geflossen; – „Regnum animale, vegetabile et minerale medicum Tyrolense dissertatione academica ... propositum“ (ibid. 1738, 4°.); – „Kurze Beschreibung der fürstlichen Grafschaft Tyrol“ (Innsbruck 1740, Holzer, 4°.); – „Veldidena urbs antiquissima, Augusti Colonia, et totius Rhaetiae princeps ... insertis compluribus adhuc ineditis quae per Tyrolim supersunt, monumentis Romania“ (Ulmae 1744, Dan. Bartholomaei, 4°.); – „Glaubenswürdige Nachrichten über das Leben und vormahlig berühmte Grabstatt zu Mays in Tyrol des Heiligen Valentini, Bischoffs zu Passau und beeder Rhätien Apostels ...“ (Ulm 1746, Bartholomäi, 4°.); – „Ursprung und Merkhwürdigkheiten der Kayserlichen Königlichen Erzherzoglichen Haupt- und Residenzstadt Yhnsprugg in Tyrol“ (o. J. [1747], 4°.); – „Conjecturae pro asserendo Episcopatu Sabionensi S. Cassiani Martyris Imolensis idest Foro Corneliensis ...“ (Brixinae 1748, Joh. Cass. Krapf, 4°.); – „De Epsicopatu Sabionensi S. Cassiani Martyris, deque S. Ingenuini ejusdem urbis Episcopi actis Hieronymi Tartarotti Roborelani ad Antonium Roschmannum Epistolae Disquisitio ...“ (Ulmae 1757, Wagner, 4°.). Die Titel der vorzüglicheren handschriftlichen Arbeiten R.’s sind mit Angabe der Nummern, unter welchen Di Pauli in seinem Verzeichnisse der Roschmann’schen Schriften sie aufführt: „Principum Comitum Tyrolensium historiae breves, elogia breviora etc.“ (7); – „De Firmianis Romanis et de veteribus sedibus Firmianorum“, Fol. (76); – „De Moyse qua primo legislatore et variis veterum gentilium de eo testimoniiis“ (83). Di Pauli vermuthet, daß diese Abhandlung auch gedruckt ist; – „Relatio juridico historica Martyrii S. Appollonii Martyris Senatoris“ (89); – „Tyrolis pictoria et statuaria, oder von denen berühmten Tyrolischen Mahlern und Bildhauern gesammelte Nachrichten“. Pars I et II (93 u. 94); – „De Musicis Tyrolensibus“ (95); – „De origine Comitum Tyrolensium“ (96); – „Tabulae genealogicae Comitum Andecensium, Goritianorum ac Tyrolensium“ (97); – „Vita, scripta et patria venerabilis Abbatis Secundi Tridentini historice, chronologice et critice expensa“ (101); – „Historia litteraria Tyrolensis seu facta et Maecenates scientiarum et artium in Provincia Tyrolensi ab omni retro aevo ad nostra usque tempora synoptice adumbrata“ (102); – „Collectanea de Viris doctis et scriptoribus Tyrolensibus“ (103); – „Opus genealogicum familiae Harrachianae jussu ejusdem familiae compositum“ (106), wahrscheinlich im Besitze der gräflich Harrach’schen Familie; – „Index topographicus locorum tyrolensium“ (114); – „Sammlung auserlesener Kupferstiche von Anfang dieser Kunst bis auf gegenwärtige Zeiten, worin die Werke der vornehmsten Künstleren aus der Kunstkammer zu Amras, von der Residenz allhier (Innsbruck) mehrentheils aber durch einiger auf des Landes Tyrol Beste Gutthätern abzielende Freigebigkeit für die k. k. öffentliche Bibliothek allhier zusammen und in diese Ordnung [350] gebracht“, 31 Bände Groß-Fol. In der Bibliothek zu Innsbruck (112); – „Urbis Juvaviae origines romanae primis ex fontibus nunc erutae“ (123); – „Gens perantiqua et potens Wellffsberbiga illustrissimorum Welspergiorum familiae et una quoad originem Tyroli nostrae diplomatice asserta“ (126); – „Norici Tyrolensis seu Vallis Pusteriacae acpraecipue Dynastiarum Schoenegg, Michelspurg et Welsperg Antiquitates, Memorabilia et Genealogica ...“ (127). Roschmann war zweimal vermält, seine erste Frau verlor er im Jahre 1726, seine zweite, die er acht Jahre später, 1734, heirathete, überlebte ihn um acht Jahre. Seine drei Söhne, Joseph Anton, Cassian Anton und Anton Leopold, erlangten den Adel mit dem Prädicate Hörburg [vergleiche darüber das Nähere in den Quellen]. Noch sei bemerkt, daß Meusel in der unten bezeichneten Quelle unseren Roschmann „Bibliothekar am Theresianum, Hof-Vicearchivar und der österreichischen Stände Geschichtschreiber“ nennt. Aus der vorstehenden Lebensskizze ist zu entnehmen, daß dieß ebenso viele Irrthümer als Worte sind.

Beiträge zur Geschichte, Statistik, Naturkunde und Kunst von Tirol und Vorarlberg, herausg. von ...., Mersi, von Pfaundler und Röggl (Innsbruck, 8°.) II. Band (1826), S. 1–184: „Roschmann’s Biographie“, verf. von Di Pauli. – Bote von und für Tirol und Vorarlberg 1822, Beilage Nr. 10: „Roschmann’s Biographie“ von Prof. und Bibliothekar Bertholdi. – Staffler (Johann Jacob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Bd. I, S. 574. – Meusel (Johann Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1810, Gerh. Fleischer d. Jüng., 8°.) Bd. XI, S. 415. – Porträt. Unterschrift: A. Roschmanno | viventi | quod Patriam Historiam | et | Elegantiores litteras | Egregie illustrat | Lactantius Firmianus | H. M. | concivi optumo | D. D. D. Franz Schaur gest. in Salzburg [nach dem von Franz Lactanz Grafen von Firmian ausgeführten Originale].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1827.