Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vorwort (Band 24)
Band: 24 (1872), ab Seite: 1. (Quelle)
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Prokop, auch Prokopp, Philipp Jacob (Bildhauer, geb. zu Rohberg im Königgrätzer Kreise in Böhmen 1. Mai 1740, gest. zu Wien 16. October 1814). Zeigte schon als Kind große Anlagen zur Bildhauerei, denn während er das Vieh seines Vaters, der eine kleine Wirthschaft besaß und nebenbei einen Kleinhandel betrieb, hütete, formte er aus Thon allerlei Figuren, welche oft das Staunen seiner Umgebung erregten. P. erhielt in der Schule seines Dorfes Unterricht im Lesen, Schreiben und Rechnen, und machte auch in der Musik, zu welcher er einiges Talent zeigte, gute Fortschritte. In seinen freien Stunden besuchte er einen Tischler in seinem Dorfe, welcher nebenbei auch etwas mit Bildhauerei beschäftigt war, um bei ihm zu arbeiten und einige Handgriffe in seiner Kunst abzulauschen. In seinem 18. Jahre gelang es ihm, endlich bei einem Bildhauer, und zwar bei Franz Decker in Königgrätz in die Lehre zu kommen, bei welchem er sechs Jahre, also bis 1764, blieb. Länger konnte P. jedoch dem inneren Drange, sich größere Kenntnisse zu erwerben und sich weiter auszubilden, nicht widerstehen und er trat, nachdem er von seinen Eltern Abschied genommen, kärglich mit Geld versehen, zu Fuß die Reise nach Wien an. Hier kam P. nun zuerst zu dem Bildhauer Anton Fengler, dann zu Raimund Steinbauer und zuletzt zu Johann Schrott, alle drei ziemlich geschickte Meister ihrer Kunst. Der Letztere hatte gerade einen Theil der Bildhauerarbeit für einen Sommerpalast des Fürsten Eszterházy in Ungarn übernommen, so daß P. daselbst bedeutende Arbeit vorfand. Von Schrott ging nun P. in das Atelier des Hofbildhauers und Professors Balthasar Moll [Bd. XIX, S. 11], wo es für ihn mannigfache Arbeiten in Stein, Metall u. s. w. gab. In den Abendstunden besuchte er die Akademie der bildenden Künste zu St. Anna und concurrirte mit einer Arbeit um den Preis. Dieselbe wurde ihm jedoch aus Neid oder Mißgunst beschädigt und er erhielt nur den zweiten Preis. Da brachte das Jahr 1774 in P.’s Leben einen bedeutenden Umschwung. Die Kaiserin Maria Theresia ließ ihre Sommerresidenz Schönbrunn mit erneuerter Pracht herstellen und wollte den herrlichen Park derselben mit Statuen aus Tiroler Marmor zieren. Sie ließ deßhalb alle Künstler in diesem Fache in Oesterreich auffordern, zu concurriren. Unter den vielen, welche dem Rufe der Monarchin Folge leisteten, war auch Prokop. Johann Wilhelm von Beyer [Bd. I, S. 364), k. k. Hofstatuar, welcher die Leitung der sämmtlichen Bildhauerarbeiten unter sich hatte, und zu den meisten Figuren auch die Idee oder Skizze entwarf, übertrug demselben die Gruppe: „Aeneas, Anchises aus den Flammen tragend und von Ascanius gefolgt“, in Marmor auszuführen. Während P. an diesem Werke arbeitete, wurde er mehrmals [2] von der Kaiserin Maria Theresia besucht, welche ihn durch ihren Beifall aufmunterte. Nach Vollendung der Gruppe erhielt er von der Kaiserin nebst dem Honorare eine goldene Denkmünze mit dem Bemerken, daß bei Gelegenheit auf ihn Rücksicht genommen werden würde. P. hoffte nun, daß sein sehnlichster Wunsch, nach Italien zu gehen und Rom besuchen zu können, der Erfüllung nah sei. Allein die Aeußerung Kaiser Joseph’s II. über die Gruppe, „wie es denn komme, daß der eine Fuß länger sei als der andere“ – obwohl eine Messung das Gegentheil beweist — war Ursache, daß P. nicht nach Italien geschickt wurde. Auch mit Beyer entzweite er sich über diese Statue, da P. seinen Namen in die Fußsohle des Aeneas eingraben wollte, dieser aber es nicht gestattete und nun gar sein erbitterter Gegner wurde. Von dieser Zeit an beginnt bei P. die Epoche seines unabhängigen Wirkens, in welcher er eine große Anzahl Bildhauerwerke lieferte, die sich eines allgemeinen Beifalles erfreuten und in denen auch sein Leben, über welches sonst keine weiteren Nachrichten vorliegen, aufgeht. Hier folgen die wichtigsten derselben in chronologischer Reihenfolge ihrer Entstehung, 1776: das „Porträt des damals regierenden Fürsten Nikolaus Eszterházy“, Basrelief aus Bronze, im Feuer vergoldet; – 1777: die „Büste Kaiser Joseph’s II.“; – die „Büste Voltaire’s“, beide aus weichem Metall; – ferner „Ein Kind“, in Lebensgröße, aus Sandstein, und zwei „Weibliche Figuren“; – 1779: „Porträtbüste des damaligen englischen Gesandten am Wiener Hofe“, in Lebensgröße, aus Marmor; – dann „Zwei Gruppen“, jede aus zwei 9 Fuß hohen Figuren bestehend, von Sandstein, auf der Façade am Primatialgebäude in Preßburg befindlich; – 1781: für den Hochaltar der Hof- und Pfarrkirche zum h. Michael in Wien: „Der h. Sebastian“ und „Der h. Rochus“, mit ihren Attributen, aus Sandstein mit Gyps überzogen, geschliffen und polirt; – 1784: „Der H. Stephan“ und „H. Ladislaus“, zwei Statuen, jede 9 Fuß hoch, aus Carraramarmor für die Domkirche zu Papa bei Raab in Ungarn; – 1786: für den öffentlichen Brunnen in der Wiener Vorstadt Neulerchenfeld: „Der Adler, das Basrelief aus Marmor auf der einen und das Porträt Joseph’s II. auf der anderen Seite“; – 1788: „Die Taufe Christi durch Johannes“, aus Bronze im Feuer vergoldet, für die Domkirche zu Papa in Ungarn; – 1790: „Sämmtliche Verzierungen und Figuren für die Triumphpforte auf dem Stockimeisenplatze in Wien“, aufgestellt beim Einzuge Leopold II.; – ferner ein „Basrelief mit einem Kinde“, für die Außenseite des fürstlich Liechtenstein’schen Palais in der Herrengasse in Wien; – 1791: „Zwei Kinder“, aus weichem Metall, für ein Bassin im Schlafzimmer der Fürstin ebenda, wie auch in dem Wintergarten daselbst: „Vier Basreliefs aus Holz. Diana, die Trauer“ u. s. w. vorstellend; – 1792, zwei Gruppen: „Die Wohlthätigkeit und die Freude“, – „Minerva und eine Parze“, aus Sandstein, 6 Fuß hoch, auf der Hauptstiege des vorhergenannten Palais befindlich; – ferner „Sämmtliche Figuren und Verzierungen zum Castrum Doloris Leopold II.“, in der Stephanskirche zu Wien; – die Figuren zu Moretti’s Modell des Hofburg-Theaters“; – 1793: ein „Ruhender Löwe“, bei der Apotheke in der Josephstadt, Kaiserstraße in Wien befindlich; – 1794: „Christus am Kreuze, ober demselben Gott Vater auf einer Wolke, unten Maria, Johannes und Magdalena“, aus Alabaster, ein Cabinetstück für seinen Freund, den Miniaturmaler Johann Georg Bauer; [3] – 1795: „Glaube, Hoffnung und Liebe“, Gruppe aus Sandstein; – 1796: „Die Apostel Petrus“ und „Paulus“, 11 Fuß hoch aus Sandstein; – 1797: „Johannes der Täufer“ und „Moses“, 10½ Fuß hoch, ebenfalls aus Sandstein; – 1799: zwei Gruppen: „Ein Engel und Zacharias am Rauchaltare“ und „Der h. Joseph schlafend an seiner Arbeitsbank, neben ihm ein Engel“ beide in Stucco, die letztgenannten sechs Arbeiten für die Domkirche zu Steinamanger in Ungarn; die beiden letzten Gruppen blieben jedoch bis 1806 in P.’s Atelier in Wien; – 1800: sein „Eigenes Porträt“, in Basrelief, in Lebensgröße aus Gyps; – ein „Christus, stehend und auf seine Seitenwunde zeigend“, in Lebensgröße aus Holz, am Postament befindet sich die Vorstellung von den armen Seelen im Fegefeuer; – „Apollo“ und „Diana“, zwei Statuen in Lebensgröße aus Sandstein, für einen Garten der Vorstadt Matzleinsdorf in Wien; – 1801: „Eine trauernde weibliche Figur mit einem Wappen“, aus Sandstein, zu einem Epitaphium für den Major Fronius; es befindet sich zu Kronstadt in Siebenbürgen; – 1802, die oberwähnten zwei Gruppen: „Zacharias am Rauchaltare“ und „Der h. Joseph an seiner Arbeitsbank“, aus Alabaster, Cabinetsstücke; – 1803: die „Venus von Medicis“, aus weichem Metall in Lebensgröße, für den Garten des Baron Baloszay zu Eperies in Ungarn; – die „Porträtbüste des Kaiser Franz I. von Oesterreich“, aus bayerischem Alabaster in Lebensgröße, für den Grafen Franz Széchényi, gegenwärtig in dem Museum zu Pesth befindlich; – 1804: „Zwei Kinder und ein Lamm“, aus Alabaster, für einen Altar der Kirche zu Galantha in Ungarn; – 1805: „Madonna mit dem schlafenden Jesukinde“, Basrelief aus weichem Metall; – dieselbe aus Alabaster für Leopold von Szomogy, Bischof zu Steinamanger; – 1806: „Grabmal des Matthäus Hartmann, Verwalter der Herrschaft Mauer V. A. W. W.“, aus Sandstein, auf dem Kirchhofe daselbst; – „Die vier Elemente: Luft, Feuer, Wasser und Erde“, Statuen aus Holz, in Hermannstadt; – 1807: die „Lebensgrossen Basrelief-Porträts aus Alabaster der Bischöfe Johann Szily und Leopold von Szomogy“, ersteres über dem Eingange in die Sacristei, letzteres über dem Eingange in die Michaelscapelle in Steinamanger angebracht; — die „Vier Propheten“, 10 Fuß hoch, aus Stucco, in der Domkirche zu Steinamanger; – zwei Gruppen, weibliche Figuren mit Kindern, die eine den „Glauben“, die andere die „Liebe“ darstellend, in Lebensgröße aus Stucco für den Grafen Franz Széchényi, sie befinden sich in der Kirche zu Perestaegen bei Oedenburg in Ungarn; – 1808, vier Basreliefs aus Holz: „Scenen aus dem Leben der h. Maria“ vorstellend, auf den Chorstühlen der Domkirche zu Steinamanger, und eine weibliche Statue: „Der Glaube“, auf der Kanzel ebendaselbst; – 1809: „Christus am Kreuz“ aus Alabaster, 2 Fuß hoch, für Emerich von Szalay; – „Derselbe Christus“, aus weichem Metall, für sich selbst; – 1810: „Das Grabmal des Apothekers Joseph Moser“, auf dem Friedhofe zu Penzing bei Wien; – ein anderes aus Sandstein, einen „Jüngling und zwei Sphinxen“ darstellend, das sich in Siebenbürgen befindet; – 1812, für ein Gebäude in Ofen neunzehn Basreliefs: „Köpfe von Gelehrten“ und ein „Neptun", aus weichem Metalle; – 1816, in seinem Sterbejahre, unternahm er noch die Arbeit zu dem „Grabmale für den Gouverneur der sächsischen Nation in Siebenbürgen, Freiherrn v. Bruckenthal“, es besteht aus der Porträtbüste des Verstorbenen, aus weichem Metall, [4] dann einem Schilde, Wappen, Eichenkranz, Fahnen, Scepter, Schwert, Ordens-Insignien u. s. w. alles aus Holz, theils vergoldet, theils antik bronzirt, jedoch war es ihm nicht vergönnt die Arbeit selbst zu vollenden, er starb, ehe das Werk zur Hälfte gediehen war, in seinem 74. Lebensjahre. Sein Sohn Franz; beendigte dasselbe[WS 1] und sandte es an den Ort seiner Bestimmung nach Hermannstadt. Außer den angeführten größeren Arbeiten sind noch die Engel am Hochaltare, die Anbeter bei den Tabernakeln und Glorien, ferner noch viele Kindergruppen aus Marmor, Holz, Sandstein in den Kirchen zu St. Michael zu Wien, besonders aber in der zu Papa bei Raab und in der Domkirche zu Steinamanger in Ungarn, von P.’s Künstlerhand gemeißelt. P. war bloß einmal verehelicht, und zwar mit Katharina Streitriegel, welche er im Jahre 1787 in der Kirche kennen lernte. Er hatte aus dieser Ehe vier Kinder, drei Mädchen und den vorgenannten Sohn Franz, welcher auch Bildhauer wurde, über dessen künstlerische Thätigkeit Näheres die Quellen [Nr. 2] berichten.

Frankl (Ludwig Aug. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.), VI. Jahrg. (1847), im Kunstblatte (Beilage zu demselben), Nr. 22, S. 131 [nennt seinen Geburtsort irrig Rehberg statt Rohberg]. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) XVII. Jahrg. (1826), Nr. 109, Nr. 85. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XII, S. 89. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 299. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon, für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. IV, S. 1102. – Dlabacz (Gottfried Johann), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Haase, 4°.) Bd. II, Sp. 514. – In allen Quellen, mit Ausnahme der Frankl’schen „Sonntagsblätter“, erscheint er mit einem p (Prokop), in diesen mit zwei p (Prokopp) geschrieben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: daselbe