Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Preshel, J.
Band: 23 (1872), ab Seite: 267. (Quelle)
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Prešern [sprich: Preschern], Franz (slovenischer Dichter, geb. zu Bresnic in Oberkrain 3. December 1800, gest. zu Krainburg in Krain 8. Februar 1849). Besuchte während der französischen Herrschaft in Krain die Normalschule zu Reifnitz, hierauf das Gymnasium zu Laibach, wo er in allen Classen mit „Schulpreisen“ ausgezeichnet wurde, und ging dann nach Wien, um sich an der dortigen Universität den Rechtswissenschaften zu widmen. Noch während seiner Studienjahre wurde P. in Wien Lehrer in dem v. Klinkowström’schen Institute, woselbst er auch in den Jahren 1823 bis 1824 den Grafen Anton Alexander von Auersperg, den als Anastasius Grün gefeierten Dichter, unter seinen Schülern zählte und mit demselben innige Freundschaft schloß. Am 27. März 1828 wurde P. in Wien zum Doctor der Rechte promovirt, begab sich hierauf nach Laibach und trat bei dem k. k. Fiscalamte daselbst in den Staatsdienst. Er verließ aber denselben bald wieder und wendete sich der Advocatur zu. Jedoch erst 1839 nach langem und mühseligem [268] Ringen war es P. gelungen, eine Advocatenstelle in der Stadt Krainburg zu erlangen. Zehn Jahre später starb er im Alter von erst 49 Jahren. P. liegt zu Krainburg begraben, wo man ihm, „dem Manne des Volkes“, wie er genannt wurde, im Jahre 1850 ein Denkmal setzte. P. ist nächst Vodnik der beste Poet der Slovenen. Ueber seine 1847 erschienenen „Poezije“ fällt Šafařík nachstehendes Urtheil: „Seine Gedichte hatten sich eines vorzüglichen Beifalles zu erfreuen. Nicht nur seine Ballade: „Der Wassermann“ in veredeltem Volkstone, seine Uebersetzung der Bürger’schenLeonore“, in der er mit dem Originale wacker gerungen, sondern auch seine Stanzen: „Abschied von der Jugend“ (Slovo od mladosti), worin er die italienische Form der Ottave versuchte, so wie jene der Terzine, in „Zabavljivi napisi“, Epigramme auf krainische Schriftsteller; ferner die des Sonettes, und endlich als Spielerei selbst die der spanischen Assonanzen, sind beifälliger Anerkennung werth. In allen diesen Gedichten ist übrigens auch der für jede Form geeignete Ton getroffen.“ Dieses Urtheil Šafařík’s ist das des trockenen slavischen Linguisten, dem der Umschwung der deutschen Poesie durch Heine, Grün, Lenau, Uhland, Schwab unbekannt geblieben, und eben, daß Preshern nach diesen Mustern sich gebildet und seinen slovenischen Dichtungen der Erste in Form und Inhalt nach diesen edlen Vorbildern das Gepräge gegeben, das ist es, was ihm als slovenischen Poeten die eigentliche Bedeutenheit verleiht und ihm mit Recht den ersten Rang unter einer Reihe von Dichtern gibt, die, mit wenigen Ausnahmen: mit ihren Gedichten nicht über die Nüchternheit gereimter Prosa hinauskommen. Viele Gedichte P.’s sind in den Illyrischen Blättern, noch mehr aber in der von Kastelić herausgegebenen „Krajnska Čbelica“, d. i. Krainische Biene, abgedruckt. Außer lyrischen Gedichten, nämlich Liedern und Balladen, schrieb P. auch ein kleines Epos: „Kerst pri Savici“, d. i. Die Taufe an der Savica, welches die Bekehrung des letzten heidnischen Slavenhelden Krotomir schildert. Einzelne Gedichte Preshern’s sind von A. Grün, Dimitz, Frau Luise Pessiak, Vincenz Zusner, dem Herausgeber dieses Lexikons u. A. in’s Deutsche mehr oder minder gut übersetzt worden; eine größere Sammlung erschien erst in neuester Zeit: „Lieder von Franz Prešern, deutsch von A. Pace“ (Laibach 1869, Kleinmayr u. Bamberg, 12°.), welche eine Verdeutschung jenes Theiles der Preshern’schen Poesien enthalten, der unter dem Titel: „Pesmi“ die erste Abtheilung der Originalausgabe bildet; und das vorerwähnte epische Gedicht gab in Uebersetzung Heinrich Penn unter dem Titel: „Die Taufe an der Savica“ (Laibach 1866) heraus. Die Erinnerung an Preshern – dessen Namen nebenbei gesagt seine Landsleute Prešern, Preshern, Presirn, Preserin, Presherin schreiben – ist bei seinen Landsleuten, namentlich bei der slovenischen Jugend und mit vollem Rechte lebendig. In Wien wird seit mehreren Jahren von den slovenischen Studenten der dortigen Hochschule am 3. December, als des Dichters Geburtstage, eine Beseda veranstaltet, in welcher mit Gedichten auf P. Festreden und ästhetisch-kritische Darstellungen desselben abwechseln. In der letzten Beseda (4. December 1869) betonte der Festredner, Herr Levc, mit Recht die Thatsache: „daß P. der erste eine freisinnige Richtung in die slovenische [269] Literatur gebracht habe“, fügte aber dieser Bemerkung die ganz unwahre bei, daß P., der erste unter den Slovenen, der Idee des Panslavismus gehuldigt habe, indem diese Richtung P.’s sich aus dessen Dichtungen nicht nachweisen läßt. Sein Zögling und nachmaliger Freund A. Grün hat dem Verewigten bei der Nachricht seines Todes einen begeisterten, tief ergreifenden Nachruf gewidmet, welcher im Hinblick auf die traurige, durch Verräther an dem eigenen, wie an dem Gesammtvaterlande hervorgerufene Ueberhebung des slovenischen Volksstammes in der Gegenwart beherzigenswerthe Worte enthält und so recht die Stellung bezeichnet, welche P. als Poet den Slovenen gegenüber einnimmt. „Sein Geisterschiff – singt A. Grün – trug keine Flagg am Ständer, nicht blau-roth-weiß’, nicht schwarz-roth-goldne Bänder. – „Den bleichen Mund umschließt ein heitrer Friede, als wollt’ er mild zu seinem Volke sprechen: „Die Zunge löst’ ich dir mit meinem Liede zu vollen Klängen, gleich krystall’nen Bächen; ich war ein Schmied, der dir die Pflugschaar schmiede, der Sprache langverödet Feld zu brechen; und willst du froh ans Erntefest schon denken, noch manches Korn mußt du zur Furche senken“. – Der gold’ne Eimer geht im Völkerringe, von Hand zu Hand, aus deutscher dir zu thauen, du zückst das Schwert, daß deinen Dank es bringe, die Hand, doch nicht die Wohlthat, kann’s zerhauen ...“ Im Jahre 1865 vollendete der slavische Bildhauer Franz Saic das Modell der colossalen Büste Preshern’s. Der Bildhauer hat zu diesem Zwecke ein Oelgemälde des Malers Kurz von Goldenstein benützt, welches derselbe nach P.’s Tode aus dem Gedächtnisse gemalt hat. Ein in einem slovenischen Kalender mit der facsimilirten Unterschrift Preshern’s erschienenes lithographirtes Bildniß des Dichters zeichnet sich nicht gerade durch zu große Aehnlichkeit aus.

Carniola (Laibacher Unterhaltungsblatt, 4°.), III. Jahrg. (1840/41), Nr. 55: „Slovenische Literaturzustände. 1830– 1839“. – Oesterreichische Gartenlaube (Gratz, 4°.) I. Jahrg. (1866), Nr. 10, S. 118: „Der slovenische Dichter Fr. Preshern, eine Erinnerung an den 3. December“. Von Heinrich Penn. – Paul Jos. Šafařík’s Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Jos. Jireček (Prag 1865, Friedr. Tempsky, 8°.) I. Slovenisches und glogolitisches Schriftthum, S. 44, 76. – Vodnik Album. Herausgegeben von Dr. E. H. Costa (Laibach 1859, Kleinmayer u. Bamberg, gr. 4°.) S. 90, 96. In diesem befinden sich außer zwei Gedichten P.’s: „Zu Vodnik’s Gedächtniß“ und „Der Sänger“ auch der in der vorstehenden Lebensskizze erwähnte Nachruf Anastasius Grün’s auf Prešern. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1866, Nr. 636: „Ein slovenisches Epos“. – Narodne Novine, d. i. Volks-Zeitung (Zara, Fol.) 1863, Nr. 222 bis 225: „Kratak pregled slovenske literature“, d. i. Kurzer Ueberblick der slovenischen Literatur (enthält ein Verzeichniß der in den illyrischen Blättern und in der krainischen Biene abgedruckten Gedichte Preshern’s]. – Novice, d. i. Neuigkeiten (slovenisches, von Dr. Bleiweis redigirtes Blatt, 4°.) XXII. Jahrg. (1864), Nr. 24, S. 192: „Preširn in Petrarca“, von Janko Pajk. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1869, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 928.