BLKÖ:Laicharding, Johann Nepomuk von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 1. (Quelle)
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Laicharding, Johann Nepomuk von (Naturforscher, geb. zu Innsbruck 4. Februar 1754, gest. ebenda 7. Mai 1797). Ein Sohn des k. k. oberösterr. Gubernialrathes und Straßenbau-Directors Joseph Andreas von L. aus dessen Ehe mit Maria Franziska gebornen von Goldeck und Lindenburg. Johann Nepomuk erhielt in Anerkennung der Verdienste seines Vaters von der Kaiserin Maria Theresia unentgeltliche Aufnahme in die Theresianische Ritterakademie zu Wien, in welche er, 9 Jahre alt, im Jahre 1763 eintrat und sie 1776, nach beendeten juridischen Studien, verließ. An dieser von den Jesuiten geleiteten Anstalt wirkte zu jener Zeit auch der Dichter Denis, der für den strebenden Jüngling eine besondere Zuneigung empfand; aber auch dieser fühlte zu dem Dichter sich so hingezogen, daß sich zwischen Beiden ein freundschaftlicher Verkehr entspann, der auch dann noch fortdauerte, nachdem L. bereits die Anstalt verlassen hatte. Seine Vorliebe für naturwissenschaftliche Studien fand in dem Institute hinlängliche Förderung. Schiffermüller, Denis selbst waren treffliche Entomologen, und L. arbeitete in seinen Mußestunden unter ihrer Anleitung. Seine Absicht, sich dem Studium der Naturwissenschaft als seinem Lebensberufe zu widmen, fand Widerstand bei seinem Vater, auf dessen Wunsch L. die administrative Laufbahn betrat. L. trat nun im Jahre 1776 als Praktikant bei dem tirolischen Gubernium ein, aber sein Augenmerk blieb immer auf eine naturgeschichtliche Professur gerichtet und seine Muße widmete er ausschließlich seiner Lieblingswissenschaft. Um seinen Zweck zu erreichen, ging er auf den Rath des Hofrathes Born [Bd. II, S. 71] daran, mit einem naturgeschichtlichen Werke in die Oeffentlichkeit zu treten und sich so zu sagen durch eine wissenschaftliche Arbeit als Fachmann zu legitimiren. So entstand denn sein treffliches Werk über die Tiroler Insecten, welches, als es 1781 erschien, in der Gelehrtenwelt eine sehr beifällige Aufnahme fand. Leider scheint durch den 1786 erfolgten Tod J. C. Fueßli’s, seines wackeren Verlegers, mit dem sich Laicharding auf einer Reise durch die Schweiz, die er im Jahre 1778 als Begleiter des geistvollen Grafen Franz Enzenberg gemacht, befreundet hatte, die Fortsetzung und Vollendung dieses Werkes, für welches sich kein neuer Verleger finden mochte, in’s Stocken gerathen zu sein. Indessen waren seine verschiedenen Versuche, eine seinen Wünschen entsprechende und in seinen naturwissenschaftlichen Studien ihn fördernde Anstellung zu erlangen, fruchtlos, aber Kaiser Joseph bewilligte ihm noch ferner den Bezug der jährlichen 400 fl., der ihm bei seinem Austritte aus der Theresianischen Ritterakademie bis zu seinem Eintritte in einen besoldeten Posten war zugestanden worden. Auch andere, seinen wissenschaftlichen [2] Eifer hemmende Zwischenfälle traten ein. Indem im Jahre 1782 die Universität in Innsbruck aufgehoben wurde, verließen mehrere Professoren die Stadt und eine das Jahr zuvor gegründete literarische Gesellschaft, welche sich die Erforschung Tirols nach allen Richtungen vorgenommen und zu deren thätigsten Mitgliedern L. zählte, löste sich somit nach kaum einjährigem Bestande wieder auf. L.’s Gönner, der geistvolle Franz Graf Enzenberg, der noch immer seines Biographen harrt[1], kam als Vicepräsident nach Klagenfurt. Einen ihm von Born gemachten Antrag, sich um die Professur der Naturgeschichte in Mantua zu bewerben, hatte L. auch abgelehnt, weil seine Beförderung zum Gubernial-Concipisten bevorstand, welche auch im Jahre 1783 erfolgte; endlich die Aussicht von Seite der tirolischen Landschaft zum Behufe seiner naturhistorischen Studien eine jährliche Unterstützung von 4–500 fl. zu erhalten, wogegen er sich wieder anheischig machte, das naturhistorischer Seits noch so wenig durchforschte Tirol auf das Genaueste durchzuforschen und seine Ergebnisse jährlich in einer Schrift zu veröffentlichen, schwand auch, als die Allerh. Genehmigung dieses Vorschlages nicht – überhaupt nie – erfolgte. Zur Veröffentlichung seiner Arbeiten war die Zeit auch eben nicht angethan. Kaiser Joseph hatte die Presse freigegeben und eine Fluth nichtssagender Schriften, Libelle, Broschüren überschwemmte das Publicum, welches auf längere Zeit für die Lectüre wissenschaftlicher Werke geradezu unempfänglich war. L. ließ also in dieser Zeit nur einige kleinere Arbeiten über die Luftschifffahrt, die Erfindung der Telegraphen, das Wetterläuten u. s. w. drucken, unterhielt mit vielen Fachgelehrten des In- und Auslandes einen ausgebreiteten Briefwechsel und organisirte einen Tauschverkehr mit Naturalien, durch welchen er seine eigenen Sammlungen in werthvoller Weise bereicherte. Im Jahre 1787 wurde er zum Gubernial-Secretär befördert; immer noch war ihm sein Dienst für sein Lieblingsfach ein Hinderniß, das zu beseitigen alle Versuche scheiterten. Selbst eine im Jahre 1791 nach Wien unternommene Reise, um sein Anliegen zu betreiben, blieb erfolglos. Es war ihm bloß möglich geworden, ein mehrere Kisten füllendes tirolisches Herbar dem Kaiser Leopold, der selbst ein Freund der Naturgeschichte war, zu überreichen. L. hatte nämlich, ohne seine entomologischen Studien aufzugeben, um diese Zeit bereits das Studium der Pflanzenkunde begonnen, mit großem Eifer fortgesetzt und an einem botanischen Handbuche gearbeitet, in welchem er vornehmlich auf Tirol Rücksicht nahm und welches nach dieser Seite hin eine von Fachmännern werthgehaltene Arbeit wurde. Endlich sollte die Stunde seiner Erlösung schlagen und er von einem Dienste befreit werden, der ihm an und für sich unangenehm war und bei welchem ihm überdieß nach althergebrachter und noch heute blühender Weise seine wissenschaftlichen Nebenbeschäftigungen, statt zum Verdienste vielmehr zum Vorwurf gereichten. Schon Kaiser Leopold II. hatte bei seinem Regierungsantritte die Absicht gehabt, die Innsbrucker Universität wieder herzustellen, aber dieser Entschluß wurde erst von seinem Nachfolger, [3] dem Kaiser Franz II., ausgeführt. Jetzt bewarb sich L. um die Lehrkanzel der Naturgeschichte und erhielt sie mit Hofdecret vom 26. Juni 1792. Sein längst angestrebtes Ziel hatte L. erreicht und er weihte die Erfüllung seines Wunsches mit einer bemerkenswerthen Handlung ein. Seine seit vierzehn Jahren zusammengetragene Naturaliensammlung, an Mineralien, Conchylien, Pflanzen u. dgl. m., welche von Kennern sehr mäßig auf neunthalbtausend Gulden geschätzt wurde, trat er durch einen Leibgedingvertrag an die tirolische Landschaft ab, die ihm dafür auf seine Lebensdauer einen jährlichen Bezug von 350 fl. zuwies, der, wenn er anderswohin übersetzt würde, auf die Hälfte herabgesetzt werden sollte. Leider, da für das Naturaliencabinet kein Diener zu dessen Reinigung bestellt wurde, ging von der Sammlung im Laufe der Jahre vieles zu Grunde. Nur wenige Jahre versah L. sein Lehramt. Ein schon im Jahre 1796 in Folge der Kriegsereignisse in Tirol grassirendes epidemisches Fieber hatte im Jahre 1797 auch ihn ergriffen und war er demselben, erst 43 Jahre alt, zum Opfer gefallen. Seine selbstständig erschienenen Werke sind in chronologischer Folge: „Verzeichniss und Beschreibung der tiroler Insekten“, 1. Theil, 1. u. 2. Bd. (Zürich 1781–1783, 8°.); über dieses Werk bemerkt der gelehrte Pastor Joh. Aug. Götze zu Quedlinburg: „Kein Insectenwerk kennen gelernt zu haben, worin mehr Genauigkeit, Gründlichkeit und auf Erfahrungsgründen beruhende Berichtigung vieler Verwirrungen, mehr Wahrheitsliebe enthalten wäre, als in Leicharding’s Werke“; – „Das Mineralreich, auf einer Tabelle entworfen, zur bequemen Einrichtung der Mineraliensammlungen“ (Innsbruck 1784, Fol.); – „Die Insulaner, oder das glückliche Ungewitter. Ein Drama in drei Aufzügen“ (Augsburg 1784, 8°.), eine verfehlte Arbeit auf einem Gebiete, wofür L. kein Talent besaß); – „Beitrag zur Luftschifffahrt, nebst einer Anweisung, Luftmaschinen von Papier zu verfertigen und ohne Feuersgefahr frei fliegen zu lassen“ (Kempten 1785, 8°.), hervorgerufen durch Montgolfier’s Erfindung der Luftballone, welche damals viele denkende Köpfe zu Versuchen anregte; – „Trostgründe für den Landmann bei Abschaffung des Wetterläutens, nebst Vorschlägen, sich und Seinige vom Blitze zu schützen“ (Innsbruck 1786, 8°.), Kaiser Joseph hatte zur Bestürzung des tirolischen Landmanns das sogenannte Wetterläuten verboten. Der Professor der Physik zu Innsbruck, Joseph Stadler, hatte aus diesem Anlasse 1784 eine Abhandlung über das Unvermögen des Glockengeläutes gegen Gewitterwolken durch den Druck veröffentlicht. Diese zu wenig im populären Tone gehaltene Schrift blieb in den Kreisen, für welche sie zunächst bestimmt war, wirkungslos und veranlaßte obige neue Arbeit L.’s, welche in zweiter Auflage unter dem Titel: „Hilf- und Lehrbüchlein für den Landmann, bei Abschaffung des Wetterläutens u. s. w.“ (o. J.) erschien; – „Bemerkungen über die den 10. October 1789 erfolgte allgemeine Ueberschwemmung Tirols“ (Innsbruck, 8°.), eine Schrift, welche noch jetzt durch ihre Angaben von den Ursprüngen und dem Laufe der tirolischen Flüsse und Bäche einen schätzbaren Beitrag zur Geographie Tirols bildet; – „Skizze eines Vorschlages, wie die Naturgeschichte in den österr. Staaten bald und mit Nutzen verbreitet werden könnte“ (Wien 1791, 8°.), während seines Aufenthaltes in Wien, im Jahre 1791, um gleichsam seine Bemühungen zur Erlangung einer seinen naturwissenschaftlichen Studien angemessenen Stellung [4] zu unterstützen, geschrieben; – „Rede über das Angenehme in der Naturgeschichte“ (Innsbruck 1792, 8°.), L. eröffnete mit derselben seine Vorlesungen als Professor der speciellen Naturgeschichte an der neu begründeten Innsbrucker Hochschule; – „Vegetabilia Europaea in commodum botanicorum per Europam peregrinantium ex systemate plantarum Caroli a Linné collecta et novis plantis et descriptionibus adaucta“, P. I et II (1790 et 1792, 8°.), L. zählt darin aus den Werken von Jacquin, Cranz, Scopoli und einigen Anderen die bei Linné fehlenden Pflanzen auf, fügt den kurzen aber präcisen Beschreibungen aus anderen Schriftstellern verbunden mit eigenen Beobachtungen schätzbare Ergänzungen bei, auch ist ihr Vorkommen in Tirol sorgfältig angemerkt; die tirolische Landschaft zeichnete ihn für dieses Werk mit einem Ehrengeschenke von 120 Ducaten aus. Eine Abtheilung des zweiten Bandes, welche von den kryptogamischen Pflanzen handelt, erschien zur Bequemlichkeit der Botaniker in besonderer Ausgabe unter dem Titel: „Deliciae autumnales et hyemnales botanicorum seu plantae cryptogamicae in eorum commodum ex vegetalibus Europaeis Laichardingianis excerpta“(1792, 8°.); – „Manuale botanicum sistens plantarum Europaearum characteres generum, specierum differentias, nec non eorum loca natalia“ (Oeniponti et Lipsiae 1794, 8°.), es ist dieß eigentlich ein Auszug aus dem zweiten Theile des vorigen Werkes, in den er mehrere Berichtigungen und viele neue Pflanzen aus anderen Werken aufgenommen hat. In Fueßli’s „Archiv der Insectengeschichte“ befindet sich im 2. Hefte (1787) und im 4. Hefte seine „Beschreibung und Naturgeschichte des Papilio Celtis, eines unbekannten europäischen Tagschmetterlings“; in den Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften sollen von L. die zwei Aufsätze: „Beschreibung der im Salzberge bei Hall in Tirol vorkommenden Fossilien“ – und „Ueber den Bau des türkischen Weizens (Zea Mays L.) in Tirol“ enthalten sein, in dem von I. J. Hanus herausgegebenen „Systematisch und chronologisch geordneten Verzeichniß sämmtlicher Werke und Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften“ erscheinen sie jedoch nicht. In seinem handschriftlichen Nachlasse, der nebst seinen sämmtlichen Druckwerken sich zum größten Theil im Besitze des Ferdinandeums zu Innsbruck befindet, waren enthalten: ein „Catalogus plantarum agri oenipontani“, der den Anfang einer Flora tirolensis bildet; dann ein Manuscript von 160 klein- und vollbeschriebenen Bogen: „Vorlesungen über die Geschichte der Natur nach ihren drei Reichen“ und ein 30 Bogen starkes Fragment einer Umarbeitung derselben, betitelt: „Vorlesungen über die specielle Naturgeschichte“; fünf starke Hefte: „Die Naturgeschichte der Säugethiere“, unverkennbar für seine Vorträge verfaßt; dann ein auf die Tiroler Landesvertheidigung vom Jahre 1796 sich beziehender Zuruf an seine Landsleute unter dem Titel: „Handschlag der Tiroler“, und eine wohl in Folge seiner leidenden Gesundheit entstandene „Anweisung, Kranke zu trösten“. L. war seit dem J. 1787 mit Anna Hermaninn zu Reichenfeld verheirathet und stammte aus dieser Ehe ein Sohn Anton Joseph (geb. 12. August 1788, gest. 3. October 1814), der sich dem forstamtlichen Dienste widmete, ein sehr geschickter Landschafts- und Pflanzenzeichner war, auch in literarischen Arbeiten sich versucht [5] hatte, aber schon im Alter von 26 Jahren starb. Ein Neffe unseres Naturforschers, Joseph von L., starb am 2. März 1816, und mit ihm erlosch das Geschlecht der Laicharding in seinem Mannsstamme.

Beiträge zur Geschichte, Statistik, Naturkunde und Kunst von Tirol und Vorarlberg. Herausgegeben von den Mitgliedern des Ferdinandeums, von Mersi, von Pfaundler und Röggel (Innsbruck, 8°.) Bd. VIII, S. 186–224: „Biographische Nachrichten von dem Naturforscher Laicharding“. – Staffler (Johann Jacob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Bd. I, S. 458. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, gr. 8°.) Sp. 1349. – Meusel (Johann Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1806, Gerh. Fleischer, 8°.) Bd. VIII, S. 12 [nennt ihn Laiarting]. – Nebenbei sei hier bemerkt, daß unter den Mitgliedern der kais. Karolinisch-Leopoldinischen Akademie der Naturforscher, deren jedes als Gesellschaftsnamen den Namen eines berühmten Naturforschers annimmt, der bekannte Botaniker Ludwig Ritter von Heufler [Bd. VIII, S. 450] den Namen Laicharding führt. – Die Familie der Laicharding stammt aus Meran und wurden schon im Jahre 1663 die beiden Brüder Ehrenreich, Pfleger zu Greiffenstein, und Lorenz Laichardinger, der Rechte Doctor und Regierungs-Advocat, geadelt und dieser Adel mit Diplom vom 30. Jänner 1742 dem Hauptmann des Schlosses Tirol, Zacharias Anton L., nicht nur bestätigt, sondern ihm auch gestattet, sich nach den im Besitze der Familie befindlichen Gütern Eichperg und Lüzlgnad zu schreiben.

  1. Des Herausgebers wiederholte Versuche, seine unvollständigen Daten über Enzenberg, von dem Denis in einem Briefe schreibt: „Er ist einer der hellsten Edelsteine an der Krone, die ich mir durch meine Bemühungen am Theresianum errungen habe“, zu ergänzen, sind leider bisher erfolglos geblieben.