BLKÖ:Habsburg, Anton Victor Joseph Johann Raymund

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
fertig
Band: 6 (1860), ab Seite: 154. (Quelle)
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34. Anton Victor Joseph Johann Raymund, Erzherzog von Oesterreich (geb. zu Florenz 31. August 1779, gest. 2. April 1835). Achter Sohn des Kaisers Leopold II. und Maria Ludovica’s, kön. Prinzessin von Spanien. Wurde anfänglich zum geistlichen Stande bestimmt und waren ihm auch die Bisthümer Cöln und Münster zugedacht; aber im Hinblick auf die revolutionären Bewegungen in Frankreich lehnte er beide Würden ab. Als Erzherzog Karl das Hochmeisterthum des deutschen Ordens ablegte, wurde A. dazu berufen (30. Juni 1804), und bekleidete diese Würde, welche im Preßburger Frieden (26. Dec. 1805) erblich an Oesterreich überging, zeitlebens; verlor aber durch Artikel 4 des Wiener Friedens (14. October 1809) alle Güter, welche von den deutschen Fürsten mit Beschlag belegt worden sind, und blieb, da der Orden in Deutschland und Italien aufgehoben wurde, auf die österreichische Monarchie beschränkt[1]. [155] Im October 1805 begab er sich in einer Sendung seines Bruders, des Kaisers Franz, nach Berlin, eben nachdem Mack (17. October 1805) die Festung Ulm übergeben hatte, der siegreiche Feind die Kaiserstadt bedrohte, und Kaiser Alexander sich in Berlin befand; seine Mission, Preußen zu einer Offensiv-Allianz gegen Frankreich zu gewinnen, gelang jedoch nicht. Es ist dieß schon edle Preußenart, wie die Geschichte der neuesten Zeit ein Seitenstück dazu aufzuweisen hat. Im Jahre 1816 wurde A. Vicekönig des eben gegründeten lombardisch-venetianischen Königreiches, welchen Posten jedoch Anfangs 1828 sein Bruder Erzherzog Rainer übernahm. A. lebte nunmehr ausschließend seinem Berufe, den Wissenschaften und dem Wohlthun. Seit mehreren Jahren bereits bewohnte er den Sommer über in Baden eine freundliche Villa, und verdankt ihm diese Stadt die mannigfaltigsten Verschönerungen, zu denen die Reize der Natur in der nächsten Umgebung gleichsam hilfreiche Hand bieten. Nach dem unglücklichen Brande der Stadt (12. Juli 1812) war es Erzherzog Anton, der im Verein mit seinen zwei erlauchten Brüdern, den Erzherzogen Karl und Ludwig, den Wiederaufbau der Stadt, von der 137 Häuser eingeäschert wurden, wesentlich förderte. Auch unterstützte er auf das Kräftigste das von J. W. Klein 1804 gegründete Blindeninstitut, erwirkte, daß dasselbe 1808 zu einer Staatsanstalt erhoben und in ein k. k. Blindeninstitut verwandelt wurde; übernahm das Protectorat desselben und führte endlich die Verbindung der auch als Privatunternehmen gegründeten Versorgungs- und Beschäftigungs-Anstalt für unheilbare erwachsene Blinde mit dem kais. Blindeninstitute durch. Nach dem Tode seines Bruders, des Erzherzog-Cardinals Rudolph, übernahm A. auch das Protectorat der „Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates“ und in der kurzen Frist (1831–1835) dieses Schutzes hob sich diese Anstalt zusehends, die ehemals eine Bedeutung besaß, welche sie später verloren zu haben scheint. Der Erzherzog, von früher Jugend an ein eifriger Botaniker und tüchtiger Blumist, übernahm auch das Protectorat der „Gesellschaft der Gartenfreunde zu Wien“, welche nun in der Lage war, die Zahl ihrer Preise zu vermehren, und überhaupt sie sich gestellten Zwecke energisch zu fördern. Des Erzherzogs eigener Garten aber, im Stadtgraben nächst dem Karolinenthore, war ein wahrer Mustergarten und zeigte jährlich einen, wohl von Niemand übertroffenen Kamelienflor. Einen bedeutenden Theil seiner Einkünfte verwendete der erlauchte Prinz zur Vermehrung seiner wissenschaftlichen Sammlungen, unter denen die Bibliothek (über 15.000 Bände stark) eine hervorragende Stelle einnahm, und an seltenen Manuscripten wie an botanischen Prachtwerken einen großen Reichthum besaß. Der Erzherzog pflegte Abends gern die Cirkel der höhern Gesellschaft Wiens zu besuchen und war ein häufiger Gast in jenem der Landgräfin von Fürstenberg; auch war er Mitglied des Ritterbundes der Wildensteiner auf blauer Erde [von dem dieses Lexikon im Artikel „Steiger“ mehreres berichten wird]. Seinem Bruder, dem Kaiser Franz (gest. 2. März 1835), folgte der Erzherzog in wenig Wochen, nachdem er das 55. Jahr erreicht hatte. Der Erzherzog war ein großer Wohlthäter und that viel Gutes im Verborgenen, er war ein Humanist in des Wortes edelster Bedeutung, ein Freund und Förderer der Wissenschaften, und [156] obgleich k. k. Feldzeugmeister und Inhaber des Infanterie-Regimentes Nr. 4, hatte er das Waffenhandwerk nie ernstlich betrieben, sondern seinen Thatenkreis auf das Bereich des innern Menschen, wissenschaftlicher Arbeiten und des edelsten Wohlthuns beschränkt.

Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Voigt) XIII. Jahrg. (1835) S. 357–373 [ausführlicher Nekrolog von Heinrich Matháy]. – Schimmer (Karl August), Bilder aus der Heimath (Wien 1854, gr. 8°.) S. 372. – Oesterreich. Zuschauer, herausgegeben von S. Ebersberg, 1838, Bd. III, S. 1060. – Porträte. 1) Lithographirt von Kriehuber (Wien, Spina, Fol.); – 2) Lithographirt von Staub (Wien, J. Bermann, kl. Fol.).

  1. Eine lichtvolle Darstellung des Hoch- und Deutschmeister-Ordens und seines Verkommens durch deutsche Zwietracht siehe in Dr. C. W. v. Lancizolle’s: „Uebersicht der deutschen Reichsritterschaft und Territorial-Verhältnisse“ (Berlin 1830) S. 91 u. f.