BLKÖ:Habsburg, Ludwig Joseph Anton

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 447. (Quelle)
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178. Ludwig Joseph Anton, Erzherzog von Oesterreich (geb. zu Florenz 13. December 1784). Von den 16 Kindern des Kaisers Leopold II. das vierzehnte und dessen 10. Sohn [und nicht, wie es in der Oesterr. National-Encyklopädie heißt: der 6. Sohn]. Da er mit acht Jahren bereits seinen Vater verlor, erhielt der Prinz seine Erziehung unter Oberaufsicht seines Bruders, Kaisers Franz I., und wurde insbesondere in der Kriegswissenschaft ausgebildet. Im Jahre 1809 – 25 Jahre alt – betrat er den Kriegsschauplatz, marschirte an der Spitze eines Truppencorps gegen den Rhein, wo er den linken Flügel der österreichischen Armee befehligte. Nach der Schlacht bei Abensberg (20. April 1809), in welcher [448] Napoleon Sieger war, legte Erzherzog Ludwig das Commando zurück. Nun widmete sich derselbe dem Studium der Naturwissenschaft und Mathematik. In den Jahren 1815 und 1816 unternahm er in Gemeinschaft mit seinem Bruder, dem Erzherzoge Johann, Reisen durch Frankreich nach England, einerseits um den Prinz-Regenten im Namen des Kaisers Franz zu begrüßen, andererseits, um in technischen, militärischen und commerciellen Fächern Erfahrungen zu sammeln. Am 22. October 1815 kamen die Erzherzoge in Dover an, wurden von dem Prinz-Regenten, nachmaligem Könige Georg IV., und dem Volke mit Jubel empfangen, worauf sie das prachtvolle Hotel des verstorbenen Herzogs von St. Albans im Oxfort-Street bezogen und nach einem mehrtägigen Aufenthalte in der Themsestadt am 3. November die Reise nach Schottland antraten. Sie besuchten nun die wichtigsten Fabriksstädte und in denselben die großartigen Manufacturanstalten, Maschinenwerkstätten, Eisen- und Stahlwaaren-Fabriken, Spinnereien, Webereien u. dgl. m. Der Empfang der beiden kaiserlichen Prinzen in Glasgow und Edinburgh war besonders ehrenvoll. Die Universität der erstern Stadt gab den hohen Gästen zu Ehren ein Festmal, der Stadtrath der letztern verlieh ihnen das Bürgerrecht. Nach ihrer Rückkunft in London machten sie mehrere Ausflüge in die Umgebung dieser Stadt und besuchten die wichtigsten Anstalten Londons und der nächstgelegenen Städte, als: Oxford, Bath, Plymouth, Birmingham und Bristol. Mit der Besichtigung der technischen Anstalten aller Art verbanden sie auch die Erwerbung genauer Beschreibungen, Pläne und Modelle des Wichtigsten und für die Anwendung Entsprechendsten. Am 8. März 1816 verließen die Erzherzoge London und kehrten über Dover, Calais, die Niederlande, Lüttich, Aachen und Mainz in ihr Vaterland zurück. Die Reise beider Erzherzoge wurde von Hugo, Altgrafen von Salm, beschrieben und in „Hormayr’s Archiv für Staats- und Kriegskunde“ 1816, Nr. 132–146 und 1817, Nr. 140–155; ferner „Auszüge aus ihrem Tagebuche“ im Stuttgarter Morgenblatte, 1817, Nr. 292–297; 1818, Nr., 21–30, 77–80, 125–133, 210–217; 1819, Nr. 63–67, 143–148, 250 u. f. mitgetheilt. Nun nahm der Erzherzog seinen bleibenden Aufenthalt in Wien, wo er sich den Staatsgeschäften widmete, Mitglied des Staatsrathes und 1822 – nach des Feldmarschall-Lieutenant Grafen Colloredo Mansfeld Tode – General-Director der Artillerie wurde. Indem ihm ferner sein erlauchter Bruder, der Kaiser, einen Theil der Staatsgeschäfte übertrug, repräsentirte er auch denselben in dessen Abwesenheit, und unterzeichnete häufig die Cabinetsschreiben im Namen des Kaisers. Noch größeren Einfluß gewann der Erzherzog nach dem Tode seines Bruders, des Kaisers und der Thronbesteigung des Kaisers Ferdinand I., welchem der sterbende Vater den Erzherzog als die wichtigste Stütze der Regierung empfohlen haben soll. Schon am zweiten Tage nach des Kaisers Franz Tode, am 4. März 1835, wurde im gedachten Sinne ein Handschreiben an den Erzherzog erlassen, der nun als Chef dem Staatsrathe präsidirte, dessen Mitglieder der Erzherzog Franz Karl, der Fürst Metternich und Graf Kolowrat waren. In dieser Stellung vertrat der Erzherzog das vom Kaiser Franz befolgte Stabilitätssystem. Mit dem Umschwunge der Verhältnisse der Neuzeit trat der Erzherzog, dessen strenge Gerechtigkeitsliebe [449] und seltene Herzensgüte ihm die Liebe und das Vertrauen aller Parteien erworben hatten, von dem Schauplatze seiner bisherigen Thätigkeit und lebt, ein stiller Wohlthäter der Bedrängten und Hilfsbedürftigen, in Wien, zurückgezogen von allen Staatsgeschäften.

Schimmer (Carl August), Bilder aus der Heimath (Wien 1854) S. 378. – Oesterr. National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 505. – Vollständiger Titel des Erzherzogs Ludwig. Ritter des goldenen Vließes; Großkreuz des St. Stephan-, Ritter des kais. russ. St. Andreas- und St. Alexander Newsky-, des weißen Adler- und des St. Annen-Ordens erster Classe; des königl. preuß. schwarzen und rothen Adler-Ordens erster Classe; des kön. bayer. St. Hubertus-, dann Großkreuz des großherz. hess. Ludwig-Ordens; Ehrenmitglied der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien; k. k. Feldzeugmeister; Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 8 und des Feld-Artillerie-Regiments Nr. 2. – Porträte. 1) Lithogr. von Kriehuber (Wien, Spina, Fol.); – 2) nach Monten lithogr. (München, Köhler und Comp., Fol.), zu Pferde; – 3) Lithographie aus Förster’s typographischer Anstalt in Wien (4°.); – Stahlstich im Gothaischen Hofkalender (Gotha, Perthes, 8°).