Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 48. (Quelle)
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Guttmann, Jacob (Bildhauer, geb. zu Arad 1811).[BN 1] Der Sohn armer israelitischer Eltern. Verlor früh – mit 6 Jahren – seine Mutter. Der Vater gab den Sohn zu einem Büchsenmacher, in die Lehre. Von 1824–1827 diente G. unter seinem christlichen Meister, dessen wie seiner Gesellen Liebe der fleißige anstellige Knabe sich bald erwarb. Bereits unter dieser Beschäftigung zeigte sich das Talent des Jünglings. Gravirungen auf den Büchsenläufen, oft mit den unpassendsten Instrumenten ausgeführt, verriethen seine bildnerische Begabung. 1827 freigesprochen, ging er mit seinem ältern Bruder, der das Schneiderhandwerk seines Vaters erlernt hatte, auf Wanderung. So arbeitete er 6 Jahre in den größeren Städten Ungarns: Pesth, Gran, Preßburg u. a. 1833 ging er nach Wien. Unter der handwerksmäßigen Beschäftigung war seine frühere Neigung zum Graviren eingeschlummert. Eines Tages in Wien mit einem alten Büchsenlauf beschäftigt, stellte sich dieser unter der Hand des putzenden Gesellen alsbald als ein Meisterstück der Gravirkunst heraus. Seine alte Neigung erwachte und alle seine freie Zeit widmete er nur der neuen ihm liebgewordenen Beschäftigung. Ohne Lehrer, schritt er durch eigenen Fleiß vom Leichten zum Schwierigern fort. Seine Arbeiten erweckten die Aufmerksamkeit des Meisters, der ihn alsbald ausschließlich zu Gravirungen verwendete. Da diese Beschäftigung als freie Kunst keinem Zunftzwange unterliegt, übte er dieselbe alsbald auf eigene Rechnung aus, und 1834 war G. als selbstständiger Graveur in Wien gekannt [49] und gesucht. Im Jahre 1837 erweckte in der Kunstausstellung eine kunstvoll gravirte Büchse die Aufmerksamkeit des Staatskanzlers Fürsten Metternich. Der Meister, der die Büchse ausgestellt, erklärte nun, daß der Lauf wohl sein eigenes, die Gravirung desselben aber ein Werk des jüdischen Graveurs Jacob Guttmann sei. Eine Audienz beim Fürsten hatte nun den Erfolg, daß G. ein jährliches Stipendium von 200 fl. unter der Bedingung erhielt, daß er als ordentlicher Zögling die Akademie der bildenden Künste besuche. Schon im 2. Semester des ersten Jahres gewann G. in zwei verschiedenem Abtheilungen die Preise. Die gekrönten Arbeiten waren ein „Profil des Kaisers Joseph II.“, in Wachs bossirt, und ein „Metastasio“, in Stahlstich gearbeitet. Da er aber unter diesen Kunststudien allen Erwerb aufzugeben genöthigt war, so lebte G. in kümmerlichen Verhältnissen, welche zu decken die 200 fl. Stipendium nicht ausreichten. Aber Thatkraft und die Kunst zu entbehren führten G. an’s sehnlich erstrebte Ziel. Nach dreijährigem Besuch der Kunstakademie und anderthalbjährigem des kaiserlichen Antikencabinets, etablirte er sich 1843 in Wien als Bildhauer. Eine 1844 vollendete Bronzestatuette des Bankiers Freiherrn Salomon Rothschild, die G. einem Porträte nachgearbeitet, richtete Rothschild’s Aufmerksamkeit auf den jungen vielversprechenden Künstler, der nun von seinem Mäcen 1000 fl. jährliches Stipendium erhielt, um sich in seiner Kunst auszubilden. G. reiste nach Italien und arbeitete in Rom, wo er durch seine Kunst bald hochstehende Freunde gewann. Der österreichische Gesandte in Rom, Graf Eßterházy, erwirkte dem Künstler 1850 die Möglichkeit, den h. Vater in einigen der von ihm ertheilten Audienzen nachzubilden. Die Ausführung in Marmor gelang G. vortrefflich. Nach Aussprüchen von Personen, welche den h. Vater von Angesicht gesehen, ist Guttmann’s Büste das beste plastische Porträt des h. Vaters. G. hielt sich noch einige Zeit in Rom auf, dann aber abwechselnd in Paris und London. Plötzlich um die Mitte des Jahres 1857 verlautete es: G. sei in Paris wahnsinnig geworden. In der That bestätigte sich diese Nachricht, der alsbald die weitere folgte, daß G. in’s Bicetre gebracht worden sei. Außer den genannten Arbeiten, nämlich der Bronzestatuette des Freiherrn Anselm Rothschild, und der Marmorbüste Pius IX., sind von ihm bekannt: Das Grabdenkmal des Rabbi Aron Chorin, mit dessen Porträt, auf Bestellung des Arader israelitischen Jugendvereines; – der „Blumenspender“, Statue in carrarischem Marmor; – die Büste einer italienischen Dichterin mit der Inschrift; „Romaban 1850“; – die Büste von „M. G. Saphir“ – und das Gypsmodell von „Adolph Bäuerle“ (beide 1844), letzteres das einzige ähnliche Bild dieses letzten Wieners, von dem viele Porträte, aber nicht ein gelungenes, vorhanden sind. Außerdem hat G. viele Porträtbüsten vollendet. Ueber die Ursache seines plötzlich ausgebrochenen Wahnsinns – G. zählte damals 46 Jahre – wie über seinen gegenwärtigen Zustand ist nichts Näheres bekannt.

Wiener Kirchen-Zeitung, herausg. von Sebastian Brunner 1856, Nr. 44, S. 348. – Wanderer (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1857, Nr. 157: „Bildhauer Guttmann“. – Rheinische Blätter für Unterhaltung und gemeinnütziges Wirken (Mainz, 4°.) 1857, Nr. 255: „Papst Pius IX. und der jüdische Bildhauer Guttmann“. – Reich (Ignaz), Beth-El. Ehrentempel verdienter ungarischer Israeliten (Pesth 1856, kl. 4°.) S. 22. – Wertheimer (Joseph), Jahrbuch [50] für Israeliten 5618 (1857–1858) (Wien 1857, Sommer, kl. 8°.) Neue Folge, vierter Jahrgang, S. 87. – Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (gr. 8°.) 1844 (III. Jahrg.) S. 1143.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Guttmann, Jacob, Bildhauer [s. d. Bd. VI, S. 48], gestorben im Irrenhause zu Wien 28. April 1860.
    Zwischen-Akt (Wiener Theaterblatt) 1860, Nr. 241. – Bohemia (Prag, 4°.) 1860, Nr. 214, Beilage. [Band 11, S. 423]