BLKÖ:Rothschild, Anselm Freiherr
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Rothschild, Salomon Freiherr von | ||
Band: 27 (1874), ab Seite: 114. (Quelle) | |||
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[BN 1] Sohn des Freiherrn Salomon von Rothschild [s. d. Folg.]]. Nachdem er die Universität in Berlin einige Zeit besucht, begann er bereits im Jahre 1820 die commercielle Laufbahn im Hause seines Oheims, des Pariser Bankiers James. Bald wurde er zu verschiedenen wichtigen Geschäften auf den ersten Handelsplätzen des Continents, in Berlin, Kopenhagen, Brüssel und dem Haag verwendet, wo er mit großem Geschicke bedeutende Finanzprojecte in’s Werk setzte und sich bald als ein gewiegter Financier bewährte. In der Folge bestimmte ihn das vorgerückte Alter Anselm Maier’s, des Chefs des Frankfurter Stammhauses, seinen Wohnsitz dahin zu verlegen und sich mit demselben an der Führung der Geschäfte gemeinschaftlich zu betheiligen. Nach einem Aufenthalte von mehreren Jahren in Frankfurt a. M. begab sich Baron Anselm im Jahre 1855 nach Wien, wo er, nachdem sein Vater in Folge der stürmischen Ereignisse, welche zu Anbeginn des Jahres 1848 über die Monarchie hereingebrochen [115] waren, sich veranlaßt sah, mit seiner Familie nach Paris zu übersiedeln, die Leitung des Wiener Großhandlungshauses übernahm, jedoch die alte Firma S. M. von Rothschild beibehielt. Seit dieser Zeit hat Baron Anselm seinen ständigen Sitz in Wien, und nur im Sommer, den er früher einige Zeit in Bädern zubrachte, verlebte er in den letzteren Jahren in der nächst Hietzing bei Schönbrunn gelegenen Sommerfrische Unter-St. Veit. Am 18. April 1861 wurde Baron Anselm auf Lebensdauer in das Herrenhaus des österreichischen Reichsrathes berufen, in welchem er unter Anderem als Berichterstatter über die Reduction des Silberanlehens vom 2. Mai 1864 und über den Staats-Voranschlag: „Zinsen der Staatsschuld“ fungirte. Baron Anselm hat sich durch mehrere Stiftungen den Dank der Stadt Wien erworben. So ließ er zum Andenken an seinen Vater der Wiener israelitischen Cultusgemeinde 16.000 fl. zu Stiftungen für verschiedene Wohlthätigkeits-Anstalten, als das Spital, den Handwerks-Verein, den Frauen-Verein, die Kleinkinder-Bewahranstalt, den Kreuzer-Verein, die Chevra Kadischa, den Pensionsfond und das Taubstummen-Institut verabfolgen. 10.000 fl. erhielt die Stadt Wien zu ähnlichen Zwecken, 1000 fl. der Wiener Schutz-Verein zur Rettung verwahrloster Kinder, 2000 fl. die Versorgungs- und Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde, 1000 fl. der allgemeine Hilfs- und Sparverein und 2000 fl. die Krankenanstalt der Wiener barmherzigen Brüder. Ferner ließ der Baron zum Andenken an seinen verewigten Vater in den Jahren 1869–1872 das Krankenhaus der israelitischen Cultusgemeinde in Wien aus eigenen Mitteln erbauen. Das an der Währinger Hauptstraße gelegene, unter Leitung des Architekten W. Stiasny erbaute Haus umfaßt an ein halbes Hundert Zimmer und ist zur Erinnerung an den Erbauer mit einer Gedenktafel versehen. Am 10. März 1873 fand die Feier der Schlußsteinlegung Statt. Ueberdieß ist der Baron Anselm ein großer Freund der Kunst und besitzt eine höchst werthvolle Sammlung von Gemälden und von Kunstwerken aller Art, darunter Gegenstände in Email, Glasgefäße, Majoliken, Holzschnitzwerke, Elfenbein-Sculpturen, Uhren, Bronzen, Waffen, Goldschmiedarbeiten, Kleinodien, Gehänge und Gefäße, Arbeiten in edlen Steinen, in Bergkrystall und Halbedelsteinen, Medaillen in Kehlheimerstein, Dosen, Miniaturgemälde, Manuscripte mit Miniaturen. Arbeiten in Rhinozeroshorn, Schildpat u. dgl. m., welche einen Schatz von höchstem Werthe bildet. Diese Sammlung ist in einer durch den Architekten Flohr eigens erbauten, mit Oberlichte versehenen Gallerie, welche an das in der Renngasse gelegene Palais Rothschild angebaut ist, untergebracht. Ueber die Sammlung, welche Ende 1872 606 Stücke zählte, erschien – als Manuscript gedruckt und also nicht im Handel vorräthig – eine ausführlichere Beschreibung unter dem Titel: „Katalog der Kunstsammlung des Freiherrn Anselm von Rothschild. Von Franz Schestag“ (Wien 1866, gedr. bei Carl Gerold’s Sohn, 4°.) I. (65 S.) Beschreibung der Nummern 1–474; II. (31 S.) jene der Nummern 475–606 enthaltend. Auch hat der Baron die durch ihren Kunstwerth oder ihre Seltenheit bedeutendsten Objecte photographisch, u. z. einen großen Theil durch den k. k. Hofphotographen Angerer aufnehmen lassen. Von diesen Aufnahmen, die zum größten Theile trefflich ausgefallen, gehören [116] 42 Tafeln zum ersten Theile und über 50 zum zweiten Theile des Katalogs. Auch diese Blätter kamen nicht in den Handel. Baron Anselm ist mit seiner eigenen Nichte, Charlotte, der ältesten Tochter seines Oheims Nathan Maier, des ehemaligen Chefs des Londoner Hauses, verheirathet und über den zahlreichen Familienstand gibt die Stammtafel nähere Aufschlüsse.
Rothschild, Anselm Freiherr (Mitglied auf Lebensdauer des Herrenhauses des österreichischen Reichsrathes, geb. 29. Jänner 1803).- Bohemia (Prager polit. und belletr. Blatt, 4°.) 1868, Nr. 309, im Feuilleton: „Wiener Börsenbilder. Baron Rothschild“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1869, Nr. 141, in der Beilage: „Rothschild über die Börse“. – Hahn (Sigm.). Reichsraths-Almanach für die Session 1867 (Prag 1867, H. Carl J. Satow, 8°.) S. 71. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1866, Bd. I, S. 28. – Linzer Wochenbulletin. Herausg. von Rossi (4°.) 1856, Nr. 6: „Die beiden Rothschilde“. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1873, Abendbl, Nr. 3069: „Eröffnung eines neuen Krankenhauses“. – Neues Wiener Tagblatt 1868, Nr. 108, im Feuilleton von Sigmund Schlesinger. – Wiener Lloyd (polit. Blatt) 1864, Nr. 261, im Feuilleton: „Creditbriefe“. – Zeitgenossen. Almanach für das Jahr 1863 (Gratz, S. Settele, kl. 8°.) S. 248. – Neue freie Presse 1868, Nr. 1337: „Gallerie Rothschild in Wien“.
Berichtigungen und Nachträge
- ↑ † Rothschild, Anselm Freiherr von [Bd. XXVII, S. 114], gestorben zu Döbling nächst Wien am 27. Juli 1874).
- Neue freie Presse 1874, Nr. 3563, 28. Juli, S. 6; dieselbe Nummer im zweiten Leitartikel. – Allgemeine Zeitung (Augsburg) 1874, Nr. 211, 30. Juli, S. 3295. [Band 28, S. 271]