Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H12
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Auf einem Berge an der Mandau, ¾ bis 1½ Stunde westlich von Zittau, liegt das Rittergut Hainewalde (Haynewalde), ein Majoratsgut des Geschlechtes von Kyau. Das schöne mit einem stattlichen Thurme versehene Schloss gewährt eine reiche Aussicht weithin über die Umgegend und ist mit schönen, parkähnlichen, terrassirten Gartenanlagen umgehen, die ihm ein freundliches Ansehen gewähren. Es wurde in den Jahren 1749 bis 1756 erbaut und 1781 mit einem Blitzableiter, einem der ersten in ganz Sachsen, versehen. Dieser that schon im Jahre 1728, wo das Schloss vom Blitze getroffen wurde, seine Schuldigkeit. Es liegt an einer Berglehne, fällt durch Bauart und Lage angenehm in die Augen, und gereicht zu einer wahren Zierde des Ortes.
Hainewalde, welches in der Volkssprache Henewale genannt wird, gehört zu den vielen volkreichen Dörfern des Erzgebirges und wird grösstentheils von Webern bewohnt. Es zählt an 400 Häuser und 2500 Einwohner. Ausser der Weberei treiben diese vorzüglich Ackerbau. Früher wurde auch Bergbau betrieben, indess ist dieser schon seit längerer Zeit gänzlich erloschen.
Ausser den genannten Beschäftigungen werden in Hainewalde noch verschiedene Handwerke betrieben und darunter besonders stark die Haarsiebweberei.
Zu dem Rittergute gehören noch ein Vorwerk und eine Ziegelei.
Bei der Kirche, d. h. in der Mitte des Ortes, liegt Hainewalde unter 50° 55’ der Breite und 32° 21½’ der Länge. Von diesem Punkte aus gerechnet beträgt seine Entfernung 3 Stunden südwestlich von Herrnhut, 7/4 Stunden von der böhmischen Grenze, 3 Stunden von Rumburg und 2½ Stunde von Georgenthal. Es beginnt am Butterberge. Dieser trägt noch einen Theil des Niederdorfes, sowie ein Vorwerk und die sogenannte Armeruh, die an der Strasse von Zittau nach Rumburg liegt, und wird im Süden von der Mandau bespült und im Südwesten von einem kleinen Bache, welcher seine Quelle an dem Hohensteine bei Cunersdorf hat.
Von dem Butterberge, jenseit dessen, in Norden, der Busch liegt, zieht sich Hainewalde bis gegen Grossschönau heran, und schliesst sich hier der Dörferreihe an, die sich ununterbrochen über zwei Meilen weit erstreckt und diese Gegend zu einer der bevölkertesten und gewerbreichsten von ganz Deutschland macht.
Im Süden des Ortes erheben sich der Scheibenberg und die hörnitzer Höhen. An diesen liegt in einiger Entfernung das Vorwerk Charlottenruh. Im Westen liegt der Wiederberg und im Südosten der Breite-Berg, der zu Schönau gehört.
Die Mandau nimmt bei Hainewalde mehrere kleine Bäche auf; an einem derselben, nordwestlich von der Kirche, liegt eine besondere Häusergruppe, die Scheibe genannt.
Die Kirche ist ein schönes, dem Ort zur Zierde gereichendes Gebäude; sie selbst wird wieder durch einen hübschen Thurm geschmückt. Eingepfarrt ist in dieselbe nur die Gemeinde mit ihrem Zubehör. Im Jahre 1771 gab es in derselben 47 Geburten und 36 Todesfälle; 1772 gab es dagegen nur 34 Geburten und 143 Todesfälle. Von dieser grossen Sterblichkeit war eine epidemische Krankheit die Ursach.
Die Kirche ist ursprünglich sehr alt, denn bereits im 14. Jahrhundert wird Hainewalde als Kirchdorf genannt; in ihrer jetzigen Gestalt aber wurde der Bau am 15. April 1705 begonnen, jedoch erst am 7. October 1711 fand die feierliche Einweihung statt. Die Kirche ist durchaus massiv gebaut und ihr Inneres schön und hell. Die Decken und die Emporkirchen sind gewölbt. Ihr einziger Schmuck ist das lebensgrosse Bild ihres Erbauers sowie die Portraits einiger der Pastoren, welche hier fungirten.
Der schöngebaute Thurm hat 3 Glocken, sämmtlich ganz neu, da sie erst 1825 umgegossen wurden.
Das Vermögen der Kirche ist nicht unbedeutend, denn die Zinsen des Kapitales sowie die übrigen regelmässigen Einnahmen reichen zur Bestreitung der laufenden und gewöhnlichen Ausgaben hin. Ausserdem setzte der Obrist von Canitz ein Legat von 600 Thalern aus, dessen Zinsen alljährlich zwischen Pfarrer und Schullehrer getheilt werden. Die Zinsen eines Legates von 25 Thalern, gestiftet von dem Chirurg Israel, sind dazu bestimmt, das Lauten am Charfreitag Nachmittag und am Morgen des Ostersonntag zu bezahlen.
Ausser dem Kirchenvermögen stehen unter der Verwaltung des Pfarramtes noch verschiedene Stiftungen und Legate. Darunter verdient eine besondere und sehr rühmliche Erwähnung das Hospital, 1703 von der Obristin von Canitz gestiftet und reich dotirt. Das Gebäude desselben liegt nördlich unmittelbar an der Kirchhofsmauer. Zur Aufnahme in dasselbe sind drei altersschwache oder sonst arbeitsunfähige Personen aus Hainewalde, drei aus Spitzkunnersdorf und drei aus Oderwitz berechtigt, welche letztere beide Güter schon seit langer Zeit mit Hainewalde [90] combinirt sind, das dadurch zu einer sehr bedeutenden Besitzung geworden ist.
Diese neun Personen erhalten nicht nur Wohnung Holz und Licht frei, sondern jede derselben bekommt auch noch ausserdem wöchentlich 12½ Ngr. baar ausgezahlt, und mit vollem Rechte wird daher dieses Hospital von den dankbaren Einwohnern dieser drei Orte als eine grosse Wohlthat betrachtet. Nach und nach sind ausserdem von verschiedenen Personen 6 grössere oder kleinere Armenlegate gestiftet worden.
Auch eine eigene Kirchenbibliothek stiftete der Obrist von Canitz. Sie hat gegen 200 Thaler Vermögen und zählte schon vor 15 Jahren über viertehalbhundert Bände.
Ausser der Kirche ist der Kirchhof noch mit der herrschaftlichen Gruft geschmückt. Diese liess im Jahre 1715 ebenfalls der Obrist von Canitz errichten. Sie ist ganz von Sandstein erbaut und mit 17 grossen Bildsäulen verziert, so dass sie sich sehr stattlich ausnimmt.
Im 14. Jahrhundert gehörte Hainewalde unter das Prager Erzbisthum, das Archidiaconat Bunzlau und das Diaconat Zittau. Später, das heisst nach der Reformation, war Hainewalde trotz seiner eigenen Kirche und seines frühern eigenen Pfarramtes, Filial von Grossschönau. Als Grund dieser auffallenden Erscheinung vermuthet man den Umstand, dass die Gutsherrschaft katholisch blieb, während die Gemeinde zu dem neuen Glauben übertrat, und dass deshalb der Gutsbesitzer keinen ketzerischen Pfarrer anstellen mochte. Erst 1617 bekam Hainewalde einen protestantischen Pfarrer, und zwar in der Person des M. Caspar Holstein aus Bunzlau. Da derselbe sich aber des Calvinismus schuldig machte, wurde er im Jahre 1625 removirt und an seine Stelle kam der M. Christoph Ziegler, der seines evangelischen Glaubens wegen aus Böhmen vertrieben worden war.
An der Pest, die im Jahre 1642 Hainewalde heimsuchte, starb unter vielen andern Bewohnern auch der damalige Pastor, Balthasar Pursche, der 1635 ins Amt gekommen war.
Der kursächsische Oberhofprediger, Dr. Gottlob Friedrich Seligmann, wurde 1654 in Hainewalde geboren, wo sein Vater Pfarrer war.
Das Pfarrhaus wurde im Jahre 1796 neu erbaut, und befindet sich gleich den dazu gehörigen Gebäuden in gutem Stande.
Die Schule hat ein eigenes neugebautes Schulhaus, in der Mitte des Dorfes, dicht bei der Kirche. Die feierliche Einweihung dieses Schulhauses fand im Jahre 1830 statt, am Jubelfesttage der Reformation. Ausser dem besteht noch eine zweite, ältere Schule. An 400 Kinder, gleichmässig verthcilt, besuchen diese beide Schulen. Die zweite Schullehrerstelle wurde 1822 gestiftet.
Als Sohn eines Schullehrers in Hainewalde verdient hier Georg Schön genannt zu werden, der 1764 als Bürger in Freiberg starb und ein sehr geschickter Orgelbauer war. Von ihm rühren unter andern die Orgeln in Haynichen und Herzogswalda her, die für Meisterwerke gelten.
Was nun die Geschichte von Hainewalde betrifft, so verliert sich dieselbe bis in das graueste Alterthum. Der Sage nach soll es an einem Orte erbaut worden worden sein, wo einst tief in des Waldes Dunkel ein heidnischer Opferhain sich versteckte, und davon der Name Hainewalde herrühren; wann aber und unter welchen Umständen diese Erbauung stattgefunden, darüber schweigt die Geschichte. So viel aber weiss man, dahs Hainewalde (wie oben erwähnt) schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts Kirchdorf war; seine Entstehung dürfte also jedenfalls noch weiter zurück zu verlegen sein. — Ein Otto Plebanus in Hainewalde, wird in einer Urkunde vom Jahre 1326 als Zeuge genannt.
Als Besitzer wurden unter dem Jahre 1386 die von Warnsdorf genannt, deren Geschlecht wahrscheinlich schon seit längerer Zeit im Besitz des Rittergutes war. Auf die Warnsdorfe folgte 1497 Hans von Mauschwitz, dann Tyll Knobel, der 1546 starb; von 1547 bis 1625 finden wir als Besitzer die von Nostitz, unter denen der Dr. Ullrich von Nostitz eine besondere Erwähnung verdient. Hans Ulrich von Nostitz gerieth am 14. December 1622 mit einem Herrn von Gersdorf, der als Gast bei ihm war, in Streit, und Herr von Nostitz stiess seinen Gegner, ihn tödtend, nieder. Nach der That ergriff der Mörder die Flucht, und es entstand nun ein Process zwischen ihm und der Familie des Gefallenen, der nach langen Verhandlungen im Jahre 1625 damit endete, dass Hans Ulrich von Nostitz seine Güter an die von Gersdorf abtreten musste. Hainewalde blieb darauf bei dem Geschlechte seiner neuen Besitzer von 1626 bis 1671. Von 1671 bis 1686 war Besitzer Eleutherius von Temritz; dann folgten die von Canitz, und von diesen kam Hainewalde im Jahre 1788 an das Geschlecht der Kyau, die es vereint mit Spitzkunnersdorf und Oderwitz besassen und zu einem Familien-Majorate machten.
Von diesem Geschlechte der Besitzer Hainewalde’s verdient eine besondere Erwähnung der berühmte Epigrammendichter, Waisenamtsassessor Ernst August Wilhelm von Kyau, geboren zu Giessmannsdorf 1771, und gestorben am 16. Juni 1821.
Unter den Bauergütern giebt es einige sehr ansehnliche. Ausserdem hat Hainewalde noch 3 Wassermühlen, 1 Oelmühle, 1 Kretzscham und 1 Schiesshaus, in welchem von der uniformirten und privilegirten Schützengesellschaft alljährlich zwei stark besuchte Hauptschiessen gehalten werden.
Von harten Schicksalen wurde Hainewalde, den bereits erwähnten Besuch der Pest ausgenommen, nicht heimgesucht. Auch Feuersbrünste hat der Ort nicht zu beklagen. Eine grosse ihm drohende Gefahr wurde im Jahre 1435 dadurch abgewendet, dass ein Streifcorps der Hussiten, welches Haynewalde einen Besuch zugedacht hatte und bei demselben nach seiner gewöhnlichen Art gewiss arg gewirthschaftet haben würde, bei dem Breitenberge von den Zittauern überfallen und in die Flucht geschlagen wurde.
Die sehr bedeutenden Fluren von Hainewalde rainen mit denen von Grossschönau, Spitzkunnersdorf, Oderwitz, Scheibe und Hörnth.
Die Mandau tritt zwar bei grossen Gewässern über ihre Ufer und richtet dann einigen Schaden an, doch ist dieser bisher noch nie so beträchtlich gewesen dass er sich nicht hätte verwinden lassen.
Das altschriftsässige Rittergut Trattlau liegt in dem lausitzer Kreise und der Zittauer Amtshauptmannschaft, nahe der böhmischen Grenze (an die gräflich Clam-Gallas'sche Herrschaft Friedland stossend) und mit seinen Fluren unmittelbar auch an der preussischen; einige zu dem Rittergute gehörende Wiesen liegen sogar auf dem Gebiete Preussens.
Vor der Theilung Sachsens im Jahre 1815, gehörte Trattlau zu dem Hauptkreise Görlitz.
Trattlau ist von Görlitz in der Richtung gegen Süden 4 Stunden entfernt, von Ostritz, unter dessen Gericht es gehört. 1 Stunde, und eben so weit Seydenberg. Es liegt an der Chaussee, welche die beiden letztgenannten Städte mit einander verbindet.
Trattlau hat 41 Häuser, mit etwa 300 Einwohnern; unter diesen sind 3 Bauergüter, 12 Gärtnernahrungen und die Uebrigen Häusler.
Der Hof des Rittergutes wird geschmückt mit einem schönen Schlosse, das von 1756 bis 1757 der damalige Besitzer, Herr von Uechtritz, erbauen liess, und welches mit einem grossen, im Geschmacke jener Zeit angelegten Garten umgeben ist. Die Lage von Trattlau, 831 Pariser Fuss über dem Meere, ist wunderschön; ja, man darf sagen, dass es nächst der von Gröditz in der ganzen Lausitz keine schönere giebt. Die Aussicht, besonders nach dem Lausitzer Mittelgebirge, ist reizend.
Trattlau besitzt keine eigene Kirche, sondern[WS 1] ist nach dem preussischen Dorfe Nieda eingepfarrt, wohin auch die Kinder zur Schule gehen. Die Collatur über Kirche und Schule zu Nieda übt Trattlau mit Wanscha und Wilka gemeinschaftlich.
Trattlau scheint in frühester Zeit eben so wie die sämmtlichen Güter in seiner nächsten Umgebung zu einer der Herrschaften Friedland, Leidenberg oder Reibersdorf gehört zu haben. Demnach theilt es wahrscheinlich deren älteste Geschichte. Die erste schriftliche Nachricht, die sich von Trattlau findet, ist ein noch vorhandener Kaufbrief über das Gut Trawtelau, vom Jahre 1410, an Niclas Grafen von Donye (Dohna); den Dohnas aber gehörten zu jener Zeit die oben genannten Herrschaften.
In der Mitte des 15. Jahrhunderts gehörte Trattlau denen von Gersdorf aus dem Hause Tauchritz. Von diesen scheint es an die Familie Pentzig gekommen zu sein, der die Nachbargüter Wanscha, Wilka, Bohra, Nieder-Rudelsdorf etc. gehörten. Nach dem Ableben des Hans von Pentzig theilten im Jahre 1622 dessen Söhne Adam, Ludwig, Carl, Rudolph und Christoph, die väterlichen Güter unter sich, und Trattlau fiel dabei durch das Loos dem Christoph von Pentzig zu. Nach dem Ableben des letzten von Pentzig aus dem Hause Trattlau wurde dieses von den Kyau's aus dem Hause Hainewalde erkauft.[1]
Von den Kyau's kam Trattlau im Jahre 1740 oder 1745 durch Heirath an den Besitzer von Gephardtsdorf, den Herrn von Uechtritz, und aus dessen Nachlass an den Oberlandshauptmann Johann Wilhelm Traugott von Schönberg auf Luze, Solm, Commerau etc. Dessen Tochter war vermählt mit dem Grossvater des gegenwärtigen Besitzers, dem Herrn Ludwig Eckart von Götz, und dieser kaufte es im Jahre 1795 seinem Schwiegervater ab. Nach seinem Ableben im Jahre 1815 war Trattlau in dem gemeinschaftlichen Besitze seiner 3 Söhne Hermann, Otto (Vater des jetzigen Besitzers) und Ferdinand von Götz.
Der älteste dieser 3 Brüder starb am 3. Februar 1843 und als am 10. August 1855 auch der zweite Bruder, Stiftsverweser des Familienstiftes Joachimstein, gestorben war, trat dessen Wittwe, Frau Theila von Götz, geborne von Gersdorf, in den Besitz. Als diese Dame zur Stiftshofmeisterin des ebenerwähnten Familienstifts gewählt worden war, gelangte Trattlau am 1. Juli 1856 durch Kauf an seinen jetzigen Besitzer, den Herrn Maximilian von Götz, der für gewöhnlich seinen Wohnsitz auf seinem reizenden Gute hat.
- ↑ Vergleiche den Artikel Giesmannsdorf in dem 7. Hefte dieses Kreises.
In einem freundlichen Thale, durch welches die hier noch jugendliche Spree, sich schlängelnd von Osten nach Westen fliesst und am Ufer dieses Flusses, liegt das ansehnliche Rittergut und Pfarrkirchdorf Taubenheim, zuweilen auch Taubenhayn geschrieben, in älteren Urkunden aber Duvenheim.
Taubenheim, welches zum Lausitzer Kreise gehört, ist 31/2 Stunden südlich von Bautzen entfernt, 3 Stunden südwestlich von Löbau, 3/4 bis 5/4 Stunden von Neusalza, 1 Stunde nördlich von der böhmischen Grenzstadt Schluckenau und nur 1/4 Stunde von der böhmischen Grenze selbst, die hier mit der meissnisch-spremberger Grenze zusammentrifft. Nach andern Angaben beträgt die Entfernung von Bautzen 4 Stunden, die von Schluckenau dagegen nur 3/4 Stunden.
Die Zeit der Entstehung des Ortes kann aus Mangel zuverlässiger Quellen nicht genau angegeben werden, indess ist Taubenheim jedenfalls sehr alt. Man vermuthet, es sei schon im 12. Jahrhundert von der Familie von Duvenheim, die noch jetzt unter dem Namen von Taubenheim in mehreren Zweigen fortblüht, erbaut worden und habe von diesen den eigenen Namen erhalten. Nach andern Angaben soll indess der Name von den vielen wilden Tauben hergeleitet sein, die in jenen Zeiten auf dem Taubenberge nisteten, welcher südlich vom Dorfe liegt und ebenfalls danach benannt worden sein soll.
Taubenheim bestand ursprünglich aus den beiden Rittergütern Ober- und Nieder-Taubenheim, diese wurden aber schon längst combinirt und obgleich sie dann im Besitz wieder getrennt waren, sind sie jetzt wieder zu einem Gute verschmolzen.
Taubenheim grenzt im Osten an das böhmische Dorf Fugau, sowie an Neuoppach, gegen Norden an Oppach, gegen Westen an Sohland und gegen Süden an Böhmen.
Die Gegend ist eine der volkreichsten in Sachsen, ja, in ganz Deutschland, denn in beinahe ununterbrochener Folge reihen sich hier längs der Spree die belebten und gewerbthätigen Fabrikorte Ebersbach, Friedersdorf, Neusalza, Fugau, Taubenheim, Sohland und Schirgiswalde an einander und bilden so einen einzigen grossen Ort, der bei einer Länge von 2 Meilen an 12,000 Einwohner zählt und an den sich noch überdiess in den Seitenthälern der Spree mehrere gleich grosse sächsische und böhmische Fabrikdörfer anschliessen.
Taubenheim hatte im Jahre 1798 nur 1287 Einwohner, 1824 aber in 270 Häusern schon über 1400 und seitdem ist die Einwohnerzahl im steten Wachstimm begriffen.
Die Einwohner von Taubenheim treiben starke Leinweberei; besonders wird viel weissgärnige Leinwand und Packleinen oder Barasse gefertigt; auch andere Handwerke werden betrieben; selbst Uhrmacherei und Goldschmiedearbeit. Ausserdem treibt Taubenheim einen nicht unbedeutenden Handel mit Leinwand und Flachs.
Ausser den genannten Nahrungszweigen wird auch noch die Tischlerei ziemlich stark betrieben und viele Einwohner beschäftigen sich damit, den sehr guten Granit, der auf dem Taubenberge gebrochen wird, zu Mauersteinen, Thür- und Fensterstöcken, Treppenstufen, Wassertrögen etc. zu verarbeiten.
Der Ackerbau bietet für Taubenheim ausser den Fluren des Rittergutes ein Areal von 680 Scheffel Aussaat.
Von dem Taubenberge, über welchen die Landesgrenze läuft, die Sachsen von Böhmen trennt, hat man eine freundliche Aussicht auf die Zittauer Berge, die Lausche und einen Theil von Böhmen. Auch den grossen Winterberg in der sächsischen Schweiz kann man bei heiterem Wetter von hier erblicken.
Nordwestlich von dem Dorfe steht der Wacheberg; er hat zwar keine bedeutende Höhe, zeichnet sich aber dadurch aus, dass die Basaltsäulen, aus denen er gebildet ist, an mehreren Stellen zu Tage ausgehen, und dass sein Gipfel mit einer Spitzsäule geziert ist, die dankbares Andenken hier zu Ehren eines früheren Besitzers errichtete, des Herrn Hans Heinrich von Zeschwitz, welcher Taubenheim im Jahre 1730 durch Kauf erwarb. Von dieser Höhe geniesst man ebenfalls eine hübsche Aussicht, besonders in der Richtung gegen Osten über die grossen Dörfer Gersdorf, Ebersdorf und die diesen zunächst gelegenen Ortschaften.
Die früheren Besitzer von Taubenheim werden nach Nachrichten im dortigen Kirchenarchiv nur bis zum Jahre 1540 zurück angegeben und sind danach folgende gewesen:
Christoph von Eberhardt, eben so wie die Nachfolger, bei denen nichts bemerkt ist, Besitzer von Ober- und Nieder-Taubenheim zusammen, und in Taubenheim selbst begraben; — Hans von Eberhardt, in Kottmarsdorf begraben; — die Familie von Schönbach aus Schlesien; — Rudolph von Gersdorf; — Abraham von Metzrad; — Georg Abraham von Metzrad, Obristlieutnant, starb 1632; — Hans Ernst von Rechenberg auf Crosta; — Hans Adolf von Haugwitz, Oberamtshauptmann und Landeshauptmann im Markgrafthum Ober-Lausitz, Herr auf Hoyerswerda, Taubenheim, Nieder-Gurig und Quatitz, von 1642 bis 1652. Im letztgenannten Jahre erkaufte Taubenheim Melchior von Gersdorf. [93] Nach diesem trat eine Trennung beider Güter ein, denn dessen Sohn, Hans Christoph, kaufte im Jahre 1663 das Niedergut Dieses ging 1674 durch Kauf an Hans von Schlief über. Im Jahre 1679 kaufte Hans Sigismund von Warnsdorf das Obergut, welches dessen Vetter, Hans Christoph von Warnsdorf, schon 1781 wieder von ihm erkaufte. Das Niedergut ging im Jahre 1688 an Hans Fabian von Ponikau durch Kauf über, welches dann die Wittwe des zuletzt genannten Herrn von Warnsdorf, als Vormünderin ihrer 3 unmündigen Söhne, erkaufte und so beide Rittergüter wieder in einer Hand vereinigte. Diese übernahm, zur Mündigkeit gelangt, Christoph Adolph Benjamin von Warnsdorf, welcher 1718 starb, und von seiner Gemahlin, einer gebornen von Einsiedel, zwei unmündige Söhne hinterliess, Hans Adolph und Gottlob Ferdinand Friedrich. Von deren Vormund übernahm 1726 Haubold Adolph von Warnsdorf das combinirte Gut, als er aber am 20. Juni 1729 gestorben war, brach Concurs aus und in demselben erwarb beide Güter am 13. Juni 1730 Hans Heinrich von Zeschwitz, welcher sie seinen beiden Söhnen übergab und sich in die Stille eines beschaulichen Lebens nach Herrnhut zurückzog, wo er am 9. December 1778, 83 Jahr alt, das Zeitliche segnete. Sein ältester Sohn, Carl Heinrich, war Landesbestallter und dann Landesältester des Markgrafthums Ober-Lausitz, ein Mann von ausgezeichneten Geistesgaben und vortrefflichem Character, der für seine Gutsangehörigen viel Gutes that und deshalb noch jetzt in dankbarem Andenken fortlebt.
Dies verdient er auch in der That, und die Erinnerung an ihn wird alljährlich durch ein Legat aufgefrischt, das er mit 1000 Thalern errichtete und von dessen Zinsen eine aus dem Orte gebürtige Braut eine Aussteuer erhält, sowie auch noch anderen Mädchen eine kleine Freude bereitet wird.
Die Stiftung, welche den Namen des Jungfernlooses führt, feiert alljährlich, am 9. October, als dem Geburtstage ihres Stifters, ihr Fest. Bei diesem kommen die Zinsen des oben genannten zu 5 procent angelegten Capitales, zur Vertheilung.
Der Stifter hatte nämlich im Laufe seiner vieljährigen Erfahrung die Bemerkung gemacht, dass selbst die grössten körperlichen Vorzüge und die besten moralischen und sonstigen Eigenschaften für arme Mädchen oft ein unüberstergliches Hinderniss der Ehe boten; um ihnen nun den Weg zu ebenen, setzte er jene Summe aus, die als eisernes Kapital hypothekarisch auf Taubenheim eingetragen ist.
Zur Begehung des Festes werden von der jedesmaligen Gutsherrschaft 6 Mädchen gewählt, die aus Taubenheim gebürtig, arm, und zwischen 18 und 24 Jahren alt sein müssen. Da sich Unbescholtenheit von selbst versteht, um zu der Wahl zugelassen zu werden, ist diese Stiftung zugleich von sehr günstigem moralischem Einflusse.
Die Wahl der glücklichen Empfängerin wird, um jede Partheilichkeit auszuschliessen, unter den 6 Candidatinnen durch das Loos getroffen, und diejenige von den Sechsen, welche das Loos zieht, das mit den Worten bezeichnet ist „erhält 40 Thaler“ darf über diese Summe zu ihrer Ausstattung verfügen, wenn sie sich im Laufe des nächsten Jahres verheirathet. Geschieht dies nicht, so verfällt das Geld der Gemeinde, die dann das Recht hat, es zu nöthigen Zwecken, und nach eingeholter Genehmigung der Gutsherrschaft, zu verwenden. Dies ist schon mehrmals der Fall gewesen und der Gemeinde dadurch mancher Vortheil erwachsen.
Die 10 Thaler, welche von den Zinsen noch übrig bleiben, werden unter den Pfarrer, den Schulmeister und unter die 5 Mädchen vertheilt, die bei der Verloosung leer ausgingen.
Der Begründer dieser Stiftung starb am 22. Mai 1795 und liegt auf dem Kirchhofe von Taubenheim unter einem einfachen Grabsteine beerdigt.
Nach seinem Tode fiel Taubenheim an seinen Bruder, Friedrich Christlieb von Zeschwitz, der sich, dem Beispiele seines Vaters folgend, zum grössten Theile in Herrnhut aufhielt, wo er auch im Jahre 1810 starb.
Von ihm erbten Taubenheim seine hinterlassenen Söhne, und im Jahre 1840 war es im Besitze der nachbenannten fünf Personen: des Appellationsgerichts-Präsidenten, August von Zeschwitz, welcher das Gut im Namen seiner Mitbesitzer administrirte; — des Kriegsministers, Johann Rudolph von Zeschwitz; — des Regierungsrathes Georg Ernst von Zeschwitz; — des Herrn von Zeschwitz auf Gerlachsdorf in Schlesien; — und des Herrn Emil von Zeschwitz. — Letztere Beide Söhne der verstorbenen Brüder erstgenannter Drei. Der gegenwärtige Besitzer ist der Herr von Nostitz und Jänkendorf, Schwiegervater des Herrn von Metzrad auf Hermsdorf und Zedlitz.
Ausser den beiden herrschaftlichen Höfen zu Ober- und Nieder-Taubenheim enthält das Gut eine Kirche, eine Pfarre, eine Schule, einen Gerichtskretscham, einen Gasthof, welcher an der Chaussee liegt, die von Neustadt nach Neusalza führt und im Jahre 1832 neu erbaut wurde, ferner zwei gewöhnliche Schenken, zwei Mühlen, drei Schmieden, neun Bauergüter, zweiundzwanzig Gärtner und hunderteinundsiebzig Häusler.
Der Ackerbau wird von den Einwohnern Taubenheim’s mit besonders grossem Eifer betrieben und zwar wegen der eigenthümlichen hier bestehenden Einrichtung. Es hat nämlich die Herrschaft ihr sämmtliches Feld an die Gutsangehörigen in kleineren Parcellen, wenigstens zu ein oder zwei Scheffel Aussaat, verpachtet, und die grösste Anzahl der Einwohner erzeugt sich auf den erpachteten Feldern den nöthigen Bedarf an Kartoffeln. Wegen des lehmigen und strengen Bodens erfordert aber die Erbauung dieser Frucht hier eben so viel Fleiss als Aufmerksamkeit, wenn sie nicht missrathen soll. Korn[WS 2] wird dagegen nicht in der gehörigen Menge erzeugt und muss der Mehrbedarf aus Bautzen, Schlesien oder Böhmen bezogen werden.
Die Kirche liegt mitten im Dorfe, und ist rings von schönen grossen Linden umgeben, die ihr ein sehr freundliches Ansehen verleihen. Sie ist von Steinen erbaut, der Thurm aber nur hölzern und das Dach mit Schindeln gedeckt. Sie hat zwei Emporkirchen, die zu beiden Seiten über einander stehen. Dem Altar und der Kanzel gegenüber ist die Orgel und unter dieser die herrschaftliche Loge.
Die Kirche gehörte zur katholischen Zeit unter das Decanat Bautzen, [94] und war bis zum Jahre 1524 Filial von Oppach. Die Bewohner von Taubenheim gingen zwei Sonntage nach einander zur Kirche nach Oppach und der dortige Pfarrer las an jedem dritten Sonntage die Messe in der Kirche zu Taubenheim. Nachdem aber die Lehre Luthers in der hiesigen Gegend Eingang gefunden hatte, trennte sich Taubenheim von Oppach und im Jahre 1524 wurde in der Person des Johann Faber der erste lutherische Prediger in Taubenheim eingesetzt.
Von den Schicksalen, welche die Kirche betroffen haben, ist Folgendes zu erwähnen: Am 24. April 1644 war die Gemeinde zum Gottesdienst versammelt, da ertönte plötzlich der Schreckensruf: Feuer! In der That brannte es in dem Oberhofe oder dem Rittergute von Ober-Taubenheim. Da dieser unmittelbar neben der Kirche liegt, wurde diese bald ebenfalls von dem Feuer ergriffen und sie brannte so wie der Edelhof gänzlich nieder. Der damalige Besitzer von Taubenheim, der Landeshauptmann von Haugwitz, widmete sich mit ganzem Eifer der Wiederaufbauung des zerstörten Gotteshauses, wobei er durch die Herrschaft auf Crosta wesentlich unterstützt wurde, indem dieselbe das ganze zum Bau erforderliche Holz unentgeltlich lieferte und so war es möglich, die neue Kirche schon zu Ende des nächsten Jahres, 1645, wieder einzuweihen. Auf dem Rahmen an der Kirche, unter dem Dache, sind die Namen des Maurer- und des Zimmermeisters, welche den Bau leiteten, so wie das Jahr der Erbauung, ausgehauen.
Bereits im Jahre 1662 wurde sie auf Veranlassung des nunmehrigen Besitzers, Melchior von Gersdorf auf Ober- und Nieder-Taubenheim renovirt und 1682 durch die gemeinschaftlichen Collatoren, Johann Christoph von Warnsdorf auf Ober-Taubenheim und Ernst von Schlief auf Unter-Taubenheim auf deren alleinige Kosten im Innern ausgemalt.
Im Laufe der Zeit war aber die ältere Kirche theils baufällig, theils für die Bedürfnisse der bedeutend angewachsenen Gemeinde zu klein geworden, und so liess am 7. Juni 1757 der damalige Besitzer, der fromme Hans Heinrich von Zeschwitz, den Grundstein zu einer Verlängerung der Kirche in der Richtung gegen Abend legen, bei welchem feierlichen Act ausser den sämmtlichen Einwohnern noch mehrere dazu eingeladene Personen anwesend waren. Der Maurermeister Wendler und der Zimmermeister Paul, beide aus Taubenheim selbst, leiteten den neuen Bau. Die Drangsale des siebenjährigen Krieges aber lasteten so schwer auf der Gemeinde, dass der Bau nur langsam betrieben werden konnte. In den Jahren 1771 und 1772 trat dann eine Theuerung ein, welche neue Stockungen herbeiführte und darüber starb der Begründer des Baues. Dessen Söhne aber, als Erben würdig in die Fusstapfen des Vaters tretend, vollendeten was dieser mit Liebe begonnen hatte. Sie selbst lieferten einen Beitrag von 260 Thalern; eine Collecte in der Ober-Lausitz brachte 268 Thaler ein; auf Verwendung der Herren von Zeschwitz gingen von verschiedenen Freunden derselben bedeutende Gaben ein; die Gemeinde steuerte 314 Thaler 13 Groschen, auch aus dem Kirchenvermögen wurde ein Beitrag entnommen und so ward es möglich, den Bau im Innern wie im Aeussern zu vollenden. Am 6. Juni 1775, als am dritten Pfingstfeiertage, wurde der Gottesdienst zum letzten Male in der alten Kirche gehalten, dann aber einstweilen in einem grossen Saale des Herrschaftshauses, bis endlich am 19. November 1775 die feierliche Einweihung des neuen, erweiterten Gotteshauses stattfinden konnte. Zum Andenken daran wurde über eine der Kirchthüren eine blecherne Tafel angebracht, welche die Inschrift trägt:
IN MAIUS AC MELIUS
EXSTRUCTA
CURA
GENTIS DE ZESCHWITZ
Auf dem beinahe ganz neu erbauten Thurme setzte darauf am 29.
September 1780 der obengenannte Zimmermeister Paul im Beisein der
versammelten Gemeinde Knopf, Fahne und Stern auf.
Ende des Jahres 1648 wurde das Geläute, welches bisher nur aus einer Glocke bestanden hatte, durch 2 Glocken vermehrt, die einer Kirche in Schluckenau gehört hatten, bei dem Brande derselben gerettet, und von der Gemeinde zu Taubenheim erkauft worden waren. 1717 wurden alle drei Glocken von Michael Weinhold in Dresden umgegossen, wonach die grösste 11 Centner, die mittlere 5 und die kleinste 3 Centner wog; die letztere aber sprang beim Aufziehen, wurde dem Glockengiesser bei der Zahlung mit angegeben und es blieb bei den übrigen 2 Glocken, die auch als hinreichend befunden worden sind.
Das Vermögen der Kirche beträgt nur 485 Thlr. 16 Gr. 6 Pf., doch bestehen daneben 4 Legate zu verschiedenen wohlthätigen oder gemeinnützigen Zwecken.
Ausser dem gewöhnlichen Gottesdienste findet auch einer am ersten Osterfeiertage Morgens 5 Uhr statt; auch wird die Christnacht gefeiert und eine gleiche Feier der Neujahrsnacht stiftete der hiesige Pfarrer M. Brückner 1817.
Die ältesten kirchlichen Nachrichten sind vom Jahre 1643. Es waren in diesem Jahre 6 Kinder geboren, 4 Personen gestorben und 1 Paar getraut. 1739 wurden 28 Kinder geboren, 13 Personen begraben und 18 Paare getraut. Unter den 2090 Communicanten dieses Jahres waren 39 Confirmanden.
Ein seltenes Fest wurde im Jahre 1830, den 21. Juni, durch den damaligen Pastor M. Brückner begangen: die Einsegnung der sechzigjährigen Ehe des Johann Gottlob Wagner, Häusler und Tischler, mit seiner Frau, Anna Maria geborne Wagner. Dem Jubelgreise wurde bei dieser Gelegenheit als gerechte Anerkennung seiner stillen bürgerlichen Tugenden und seines langen, redlichen Wandels, durch den Gerichtsdirector Matthesius im Auftrage des Königs von Sachsen die silberne Verdienstmedaille überreicht 10 Jahre zuvor hatte dieses seltene Ehepaar [95] die goldene Hochzeit in Gemeinschaft eines zweiten 50jährigen Jubelpaares gefeiert, des Gärtners Herrmann aus Ober-Taubenheim mit seiner Frau, einer gebornen Adler.
Der die Kirche umgebende Kirchhof wird schon seit längerer Zeit nicht mehr als Begräbnissplatz benutzt. Bereits im Jahre 1738 überliess die Herrschaft der Gemeinde im Austausch gegen ein Gemeindegrundstück einen unfern der Kirche gelegenen Grasacker zum Begräbnissplatze, und als derselbe bei dem allmäligen Anwachsen der Gemeinde zu klein geworden war, schenkte sie dazu noch einen unmittelbar anstossenden Garten. Der ganze Platz wurde 1834 mit einer neuen Mauer umgeben und gewann durch mehrfache Verschönerungen ein sehr freundliches Ansehen. Verschiedene neuere Monumente gereichen ihm zur Zierde, die älteren Leichensteine aber sind sämmtlich an der innern Seite der Kirchhofsmauer befestigt worden, die dadurch einen eigenthümlich feierlichen Anblick gewährt. Einige andere Leichensteine, und darunter namentlich solche von verstorbenen Pastoren, sind an der äussern Seite der Kirche eingemauert worden.
Die Pfarrwohnung steht unmittelbar neben der Kirche und ist ein freundliches massives Gebäude, welches im Jahre 1795 fast ganz neu aufgeführt worden ist. Zur Pfarre gehören 14 Acker Feld, 21/2 Acker Wiesen und 6 Acker Wald.
Die Schule wurde im Jahre 1758 neu erbaut, gross genug für das Bedürfniss jener Zeit. Da sich aber die Gemeinde fortwährend vergrösserte und der gesetzliche Schulzwang eintrat, zeigte sich die Schulstube bald zu klein und es musste 1826 eine zweite Schulstube, so wie eine Wohnung für einen Hülfslehrer eingerichtet werden. Die Zahl der schulpflichtigen Kinder ist um 300. Die Lehrer erhalten ihre Besoldung aus dem Schulgelde, durch freiwillige Gaben bei Hauscollecten, Hochzeiten und Kindtaufen und durch einige der oben erwähnten Legate. Dabei verdient es rühmende Anerkennung, dass die Gutsherrschaft sich die Unterstützung der Armen und namentlich der armen Schulkinder sehr angelegen sein lässt. Zur Schule gehören 21/2 Acker Feld und 1/4 Acker Wiese.
Endlich wollen wir noch verschiedener Schicksale und Unfälle erwähnen, die Taubenheim im Laufe der Zeiten betroffen haben.
Im Jahre 1666 entstand ganz plötzlich eine gewaltige Wassersfluth, gerade am heiligen Pfingstmorgen; dabei ertrank der Fischer Simon Müller mit seiner Frau und zwei Kindern.
Im Jahre 1759, im 7jährigen Kriege, statteten kaiserliche Truppen mit 200 Wagen in Taubenheim einen Besuch ab, um zu fouragiren; ausserdem aber wurde der Ort durch seine abgelegene Lage vor den Stürmen des Krieges und namentlich vor wiederholten lästigen Durchmärschen beschützt.
Das Jahr 1763 wird wegen seiner ausserordentlich gesegneten Erndte an allen Feldfrüchten gerühmt; dagegen machten sich die Jahre 1771 und 1772 durch grosse Theuerung auf eine sehr empfindliche Weise bemerklich: obgleich die damaligen Preise (9 Thaler der Scheffel Korn) gegen unsere jetzigen nicht eben drückend erscheinen, starben im Jahre 1772 in Folge der Noth 60 Personen in Taubenheim.
Im einjährigen Kriege 1778 hatte Taubenheim viel durch Streifereien der österreichischen Truppen zu leiden; namentlich beging am 1. October ein Commando Husaren verschiedene Excesse, nahm auf dem Herrenhofe zwei Reitpferde weg und erzwang eine Contribution von 40 Dukaten. Den 6. October fand ganz in der Nähe von Taubenheim bei dem Wacheberge ein Gefecht zwischen den Preussen und den Oesterreichern statt, wobei von den Letzteren ein Lieutnant getödtet und mehrere andere Offiziere schwer verwundet wurden.
Am 10. Mai 1789 wurde der aus Taubenheim gebürtige Musquetier Kretschmar aus Unvorsichtigkeit durch einen Schmiedegesellen erschossen, der ihm ein geladenes Pistol überreichen wollte.
Am 14 Juni 1804 überstieg die Spree ihre Ufer in einer solchen Höhe, dass sich keiner der lebenden Bewohner eines ähnlichen Wassers zu erinnern wusste, doch richtete sie verhältnissmässig nur wenig Schaden an; indess war die Nässe doch anhaltend so gross, dass sie für das nächstfolgende Jahr eine Theuerung zur Folge hatte, wobei der Dresdner Scheffel Korn bis auf 18 und 20 Thaler stieg. Einige Erleichterung dieser drückenden Zeit fanden die Bewohner darin, dass die Weberei gerade sehr gut ging.
Im Jahre 1813 hatte Taubenheim, gleich ganz Sachsen, von den Drangsalen des Krieges schwer zu leiden.
Auch von Brandunglüch ist Taubenheim mehrmals betroffen worden, indess wurde das Feuer immer bald wieder gelöscht, ehe es zu empfindliche Opfer fordern konnte, ausgenommen die bereits erwähnte Einäscherung des Oberhofes und der Kirche.
Am 18. Februar 1767 brach bei heftgem Sturmwinde Feuer bei dem Gemeindeältesten Herrmann aus, und dieser wurde dabei so schwer beschädigt, dass er nach 3 Wochen unsäglicher Schmerzen starb. Ausserdem äscherte das Feuer noch zwei Häusler- und eine Gärtnerwohnung ein.
Am 10. Mai 1833 tobte ein furchtbares Gewitter in den ersten Nachmittagsstunden über Taubenheim. Es zündete durch zweimaliges Einschlagen an zwei verschiedenen Orten, indess brannten nur die beiden getroffenen Gehöfte ab, obgleich das Herrenhaus, die Schule, das Pfarrhaus und die Kirche in der grössten Gefahr schwebten, so dass sie nur durch die gewaltigsten Anstrengungen gerettet werden konnten. Dennoch war bei diesem Feuer ein Menschenleben zu beklagen, denn in einem der entzündeten Häuser wurde ein aus Oppach gebürtiges Webermädchen [96] vom Blitze so schwer beschädigt, dass es am 12. Tage danach an den Wunden starb.
Am 7. October 1838 verbrachten mehrere junge Leute einen Theil der Nacht lustig in dem Gasthofe des Wassergrundes; als sie gegen 2 Uhr Morgens nach Hause gingen, gerieth der 22jährige Carl August Reseberg mit dem Schirrarbeiter Bähr aus Oppach in Streit; Bähr stiess dabei mit seinem Messer nach Resenberg und traf diesen in das Herz, so dass er nach wenigen Augenblicken starb. Bei dem Leichenbegängnisse des Ermordeten hielt der damalige Pastor, M. Kretschmar, eine Leichenrede, von der alle Anwesende lebhaft ergriffen wurden.
Im Lausitzer Kreise und zu dem Amte Bautzen gehörend, liegt das Rittergut Bellwitz, auch Belbitz genannt. Sein wendischer Name ist Bjelezy.
Der Ort zerfällt zwar in Ober- und Niederbellwitz, ist aber ganz zusammenhängend, und lässt sich daher auch in der Beschreibung nicht füglich in zwei Theile sondern oder trennen.
Bellwitz liegt am rechten Ufer des sogenannten Löbauer Wassers, in einer angenehmen fruchtbaren Gegend; seine Entfernung beträgt von Löbau nördlich 1 bis 5/4 Stunden, von Reichenbach 2 Stunden.
Es hat 180 Einwohner in 26 Häusern und gehört unter das Gerichtsamt Löbau.
Die Fluren von Bellwitz rainen mit denen der Dörfer Vornopeln, Rosenhain, Görbitz, Unwürde und Kittlitz.
Ueber die Geschichte von Bellwitz ist nicht viel bekannt, indess werden im Jahre 1518 mehrere Brüder, welche mit dem Orte den gleichen Namen führen, deren Stammsitz also Bellwitz wahrscheinlich ist, als Besitzer des Rittergutes genannt. In den 70 bis 80er Jahren des 17. Jahrhunderts gehörte es der Familie Heldreich.
Im Jahre 1730 finden wir die Herren von Gersdorf im Besitze. Von diesen kaufte es im Jahre 1731 sub hasta der Klostervoigt von Marienthal, Herr Johann Adolph von Heldreich auf Liebstein, für den enorm billigen Preis von 22,000 Thalern und stiftete im Jahre 1764 mit dem dazu erkauften Bauerngute Mittelrosenhain ein Familien-Fideicommiss mit der Bestimmung, dass es für ewige Zeiten in der von Heldreichschen Familie bleiben solle. Der Klostervoigt starb 1768 und ihm folgte sein Sohn, Carl Gottlob von Heldreich auf Kolitz, kursächs. Appellationsrath, dem wieder (1787) sein einziger Sohn, Hans Gottlob folgte, welcher Lieutenant im kursächs. Chevauxlegers-Regiment von Sacken war. Nach dessen Tode im Jahre 1818 besassen es dessen Söhne gemeinschaftlich bis zum Septbr. 1823, wo es durch Familienvertrag auf den ältesten derselben, Karl Gottlob, allein überging. Dieser starb am 8. Januar 1842, und dessen Sohn, der jetzige Hauptmann von Heldreich, ererbte Bellwitz.
Eine eigene Kirche besitzt Bellwitz nicht, sondern ist nach dem angrenzenden Kittlitz eingepfarrt, wohin auch die Kinder zur Schule gehen.
Anmerkungen (Wikisource)
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