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Taubenheim.


In einem freundlichen Thale, durch welches die hier noch jugendliche Spree, sich schlängelnd von Osten nach Westen fliesst und am Ufer dieses Flusses, liegt das ansehnliche Rittergut und Pfarrkirchdorf Taubenheim, zuweilen auch Taubenhayn geschrieben, in älteren Urkunden aber Duvenheim.

Taubenheim, welches zum Lausitzer Kreise gehört, ist 31/2 Stunden südlich von Bautzen entfernt, 3 Stunden südwestlich von Löbau, 3/4 bis 5/4 Stunden von Neusalza, 1 Stunde nördlich von der böhmischen Grenzstadt Schluckenau und nur 1/4 Stunde von der böhmischen Grenze selbst, die hier mit der meissnisch-spremberger Grenze zusammentrifft. Nach andern Angaben beträgt die Entfernung von Bautzen 4 Stunden, die von Schluckenau dagegen nur 3/4 Stunden.

Die Zeit der Entstehung des Ortes kann aus Mangel zuverlässiger Quellen nicht genau angegeben werden, indess ist Taubenheim jedenfalls sehr alt. Man vermuthet, es sei schon im 12. Jahrhundert von der Familie von Duvenheim, die noch jetzt unter dem Namen von Taubenheim in mehreren Zweigen fortblüht, erbaut worden und habe von diesen den eigenen Namen erhalten. Nach andern Angaben soll indess der Name von den vielen wilden Tauben hergeleitet sein, die in jenen Zeiten auf dem Taubenberge nisteten, welcher südlich vom Dorfe liegt und ebenfalls danach benannt worden sein soll.

Taubenheim bestand ursprünglich aus den beiden Rittergütern Ober- und Nieder-Taubenheim, diese wurden aber schon längst combinirt und obgleich sie dann im Besitz wieder getrennt waren, sind sie jetzt wieder zu einem Gute verschmolzen.

Taubenheim grenzt im Osten an das böhmische Dorf Fugau, sowie an Neuoppach, gegen Norden an Oppach, gegen Westen an Sohland und gegen Süden an Böhmen.

Die Gegend ist eine der volkreichsten in Sachsen, ja, in ganz Deutschland, denn in beinahe ununterbrochener Folge reihen sich hier längs der Spree die belebten und gewerbthätigen Fabrikorte Ebersbach, Friedersdorf, Neusalza, Fugau, Taubenheim, Sohland und Schirgiswalde an einander und bilden so einen einzigen grossen Ort, der bei einer Länge von 2 Meilen an 12,000 Einwohner zählt und an den sich noch überdiess in den Seitenthälern der Spree mehrere gleich grosse sächsische und böhmische Fabrikdörfer anschliessen.

Taubenheim hatte im Jahre 1798 nur 1287 Einwohner, 1824 aber in 270 Häusern schon über 1400 und seitdem ist die Einwohnerzahl im steten Wachstimm begriffen.

Die Einwohner von Taubenheim treiben starke Leinweberei; besonders wird viel weissgärnige Leinwand und Packleinen oder Barasse gefertigt; auch andere Handwerke werden betrieben; selbst Uhrmacherei und Goldschmiedearbeit. Ausserdem treibt Taubenheim einen nicht unbedeutenden Handel mit Leinwand und Flachs.

Ausser den genannten Nahrungszweigen wird auch noch die Tischlerei ziemlich stark betrieben und viele Einwohner beschäftigen sich damit, den sehr guten Granit, der auf dem Taubenberge gebrochen wird, zu Mauersteinen, Thür- und Fensterstöcken, Treppenstufen, Wassertrögen etc. zu verarbeiten.

Der Ackerbau bietet für Taubenheim ausser den Fluren des Rittergutes ein Areal von 680 Scheffel Aussaat.

Von dem Taubenberge, über welchen die Landesgrenze läuft, die Sachsen von Böhmen trennt, hat man eine freundliche Aussicht auf die Zittauer Berge, die Lausche und einen Theil von Böhmen. Auch den grossen Winterberg in der sächsischen Schweiz kann man bei heiterem Wetter von hier erblicken.

Nordwestlich von dem Dorfe steht der Wacheberg; er hat zwar keine bedeutende Höhe, zeichnet sich aber dadurch aus, dass die Basaltsäulen, aus denen er gebildet ist, an mehreren Stellen zu Tage ausgehen, und dass sein Gipfel mit einer Spitzsäule geziert ist, die dankbares Andenken hier zu Ehren eines früheren Besitzers errichtete, des Herrn Hans Heinrich von Zeschwitz, welcher Taubenheim im Jahre 1730 durch Kauf erwarb. Von dieser Höhe geniesst man ebenfalls eine hübsche Aussicht, besonders in der Richtung gegen Osten über die grossen Dörfer Gersdorf, Ebersdorf und die diesen zunächst gelegenen Ortschaften.

Die früheren Besitzer von Taubenheim werden nach Nachrichten im dortigen Kirchenarchiv nur bis zum Jahre 1540 zurück angegeben und sind danach folgende gewesen:

Christoph von Eberhardt, eben so wie die Nachfolger, bei denen nichts bemerkt ist, Besitzer von Ober- und Nieder-Taubenheim zusammen, und in Taubenheim selbst begraben; — Hans von Eberhardt, in Kottmarsdorf begraben; — die Familie von Schönbach aus Schlesien; — Rudolph von Gersdorf; — Abraham von Metzrad; — Georg Abraham von Metzrad, Obristlieutnant, starb 1632; — Hans Ernst von Rechenberg auf Crosta; — Hans Adolf von Haugwitz, Oberamtshauptmann und Landeshauptmann im Markgrafthum Ober-Lausitz, Herr auf Hoyerswerda, Taubenheim, Nieder-Gurig und Quatitz, von 1642 bis 1652. Im letztgenannten Jahre erkaufte Taubenheim Melchior von Gersdorf.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/136&oldid=- (Version vom 31.7.2018)