ADB:Wolters, Albrecht Julius Constantin
*): Albrecht Julius Constantin W., protestantischer Theologe, † 1878. Seiner Geburt, Bildung und vieljährigen Wirksamkeit nach gehörte W. der Rheinprovinz an, in welcher er in reichem Segen im praktischen Kirchenamte gearbeitet hat; nur die vier letzten Jahre seines Lebens war er Professor der praktischen Theologie in Halle. W. wurde geboren am 25. August 1823 zu Emmerich am Rhein, einer Stadt nahe an der holländischen Grenze unter vorwiegend katholischer Bevölkerung. Am Gymnasium seiner Vaterstadt erhielt er seine Vorbildung; er studirte seit 1842 in Bonn und Berlin; Nitzsch, Sack, Bleek und vor allem August Neander wurden seine Lehrer, deren Einfluß er sich willig hingab; wenn man ihn einer theologischen Richtung zuweisen will, so war es die positive Vermittlungstheologie Neander’scher Observation, der er sein Leben lang treu blieb; zumal die kirchengeschichtlichen Bestrebungen derselben betrieb er mit großer Freude und gutem Erfolge auch als Schriftsteller. Provisorisch thätig war W. 1849 als Pfarrgehülfe zu Crefeld und 1850 als Lehrer an einer höheren Töchterschule in Köln. 1851 wählte ihn die evangelische Gemeinde zu Wesel zu einem ihrer Pfarrer; mit Jugendfrische entfaltete er hier eine reiche und vielseitige Thätigkeit. Die Folge davon war seine Berufung als Pfarrer nach Bonn im J. 1857. Hier war es ihm beschieden, als Prediger, Seelsorger und Superintendent eine vorzüglichr Wirksamkeit auszuüben; in der Gemeinde genoß er allgemeine Verehrung. An den Prüfungen der theologischen Candidaten nahm er als Deputirter der Provinzialsynode mehrere Jahre Theil. 1868 promovirte ihn die Bonner evangelisch-theologische Facultät zum D. theol. honoris causa. 1874 erhielt er einen Ruf als Professor der praktischen Theologie an der Universität in Halle. Dort lehrte und lehrt noch jetzt sein treuer Freund D. Beyschlag. Das Freundschaftsverhältniß zu ihm hatte wol den Ausschlag gegeben, als W. den Ruf annahm. Aber ist es ohnehin ein Wagniß, im Alter von nahezu 51 Jahren einen ganz neuen Beruf zu beginnen, so ward dieser Wechsel zumal für den zur Schwermuth geneigten W. erst recht verhängnißvoll. Als Pfarrer zu Bonn war er von der Liebe seiner Gemeinde getragen worden; die Liebe der Studenten sollte er sich erst erwerben. Dazu hatte aber der rheinländische Superintendent trotz seiner an sich sehr wohlwollenden [551] Art nicht die rechte Begabung. Das übte wol auf seine Stimmung einen noch besonders niederdrückenden Einfluß. Als einer der Führer der kirchenpolitischen Mittelpartei Preußens genoß er in der Aera Falk solches Ansehen bei der Staatsregierung, daß er, als Generalsuperintendent D. Nieden aus dem „Gerichtshofe für kirchliche Angelegenheiten“ ausschied, 1877 in diesen berufen wurde. Aber als er der ersten Sitzung beiwohnte, kam eine schwere Krankheit zum Ausbruch, der er zum Opfer fiel. Er starb am 29. März 1878 in Halle; seine Leiche aber wurde in der heimathlichen Provinz beigesetzt. W. war ausgezeichnet durch eine reiche natürliche Begabung, erfüllt von tiefer Herzensfrömmigkeit, und eine echt ethische Persönlichkeit; er hatte in seinem Auftreten etwas im besten Sinne des Wortes Episkopales. Dazu kam seine vorzügliche allgemeine Bildung und sein feines Kunstverständniß, welches er sich einst in einer dreijährigen Hauslehrerzeit in Neapel erworben hatte. Seinen regen wissenschaftlichen Sinn bethätigte er durch eine Reihe vortrefflicher Arbeiten.
WoltersSchriften: „Der Heidelberger Katechismus in seiner ursprünglichen Gestalt“ (1864); „Reformationsgeschichte der Stadt Wesel“ (1868); „Ein Blatt aus der Geschichte des Truchseßischen Krieges“ (1872); „Der Abgott zu Halle“ (Haller Osterprogramm der Theol. Facultät. Bonn 1877). Außerdem zwei Predigtsammlungen, eine Monographie über „Conrad von Heresbach“, eine kleine Schrift über „Ernst Moritz Arndt, ein Zeuge für den evangelischen Glauben“ und verschiedene Aufsätze in Zeitschriften. Zugleich mit D. Beyschlag begründete er die Zeitschrift „Deutsch-evangelische Blätter“, welche jetzt von D. Beyschlag allein herausgegeben werden.
[550] *) Zu S. 173.