ADB:Ungnad zu Sonneck, Hans
K. Maximilian I., 1519 mit einer Gesandtschaft der österreichischen Erblande nach Spanien zu König Karl (K. Karl V.), 1523 im Dienst des K. Ludwig von Ungarn, 1530 Landeshauptmann in Steiermark, Hauptmann und Vicedom zu Cilli. Im selben Jahre wohnte er dem Reichstage zu Augsburg bei und hörte das Bekenntniß der protestantischen Stände, welches der Leitstern seines Lebens wurde. 1532 siegte er mit H. Kazianer über die Türken auf dem Kreuzer Felde, ward 1540 Oberster Feldhauptmann der fünf österreichischen Erbländer, sowie der windischen und kroatischen Lande, war des Kaisers Rath und Oberster Fürschneider, 1542 auch Verwalter des Statthalteramts bei der niederösterreichischen Regierung in Wien. 1553 wollte er die Landeshauptmannschaft in Steiermark niederlegen, allein König Ferdinand ersuchte ihn zu bleiben und ertheilte ihm hingegen einen längeren Urlaub. U. benützte diesen zu einer Reise nach Wittenberg um hier seine evangelische Erkenntniß und Ueberzeugung zu stärken. 1555 legte er die Oberste Feldhauptmannschaft nieder, ging nach Wittenberg und Barby, wo er sich 1. Juli 1555 mit seiner zweiten Gemahlin (die erste war eine Gräfin Thurn gewesen) Gräfin Magdalena v. Barby vermählte. Im J. 1556 wiederholte er [309] mit andern Gesandten der inner- und niederösterreichischen Länder bei König Ferdinand kniefällig die schon 1541 in Prag und 1548 in Augsburg gestellte Bitte um Gestattung des evangelischen Glaubensbekenntnisses und Zulassung dieser Länder zu den im Augsburger Religionsfrieden 1555 den Reichsständen Augsburger Confession bewilligten Rechten. K. Ferdinand erwiderte, die Stände seiner Länder seien wie anderer Fürsten Unterthanen im Religionsfrieden begriffen und hätten also der Religion ihres Herrn, somit der katholischen zu folgen; wem diese nicht gefalle, dem stehe es frei Hab und Gut zu verkaufen und anderswohin zu ziehen. Hierauf legte U. alle seine hohen Aemter nieder, übergab einen Theil seiner Güter in Oesterreich seinen beiden ältesten Söhnen, und reiste mit seinen übrigen Kindern und seiner Gemahlin nach Sachsen, um offen und unbedrückt seiner evangelischen Ueberzeugung leben zu können. Mehr als zwei Jahre lebte er nun in Wittenberg, namentlich im Verkehr mit Melanchthon. Allein die hier entstandenen häßlichen theologischen Streitigkeiten verleideten ihm den Aufenthalt daselbst und in Sachsen überhaupt, und er übersiedelte im Sommer nach Württemberg, wo der Herzog Christoph ihn zu seinem Rath ernannte und ihm das ehemalige Amandistift (den Mönchshof) in Urach zur Residenz einräumte. U. stand schon seit längerer Zeit (vielleicht schon von Cilli her) mit Primus Truber, dem krainischen Reformator und Begründer der slovenischen Schriftsprache und Litteratur, in Verkehr. Als nun dieser, mit der Veröffentlichung seiner slovenischen Uebersetzung des Neuen Testaments beschäftigt, ihm (1. April 1560) meldete, daß seine neuen slovenischen Bücher von zwei kroatischen Priestern in die krobatische Sprache übertragen worden seien und nun mit krobatischen (glagolitischen) Lettern gedruckt werden sollen, daß auf seine Anregung Einer jener Priester, Stephan Consul, die Herstellung dieser Lettern jetzt in Nürnberg besorge, daß es aber an den nöthigen Geldmitteln fehle, daß hingegen sich Großes werde erreichen lassen, wenn Herr U. von den evangelischen Kurfürsten und Herren so viel Unterstützung bekommen könne, um den Unterhalt der beiden Priester in Tübingen beim Druck und einen Theil der Druckkosten zu bestreiten: da faßte U. Truber’s Idee mit vollstem Eifer auf und brachte seinen Plan in noch größerer Ausdehnung zur Ausführung. Er ließ Consul mit den glagolitischen Lettern zu sich nach Urach kommen, legte eine eigene Druckerei an, und begründete damit seine berühmte krobatische Bibelanstalt, für deren Erhaltung er Beiträge von König Maximilian, Herzog Christoph von Württemberg, den protestantischen Kurfürsten, Fürsten, Herren und Reichsstädten erhielt, aber das Meiste aus seinem eigenen Vermögen darstreckte. Zumeist unter Truber’s Oberleitung arbeiteten bei derselben und für dieselbe Stephan Consul, Ant. Dalmata, Georg Juritschitsch, Georg Zwetzitsch u. a. Aus ihr gingen in der kurzen Zeit ihres Bestehens 31 Druckwerke in krobatischer Sprache (theils in glagolitischen, theils in cyrillischen, theils in lateinischen Lettern), 6 in italienischer und einige wenige in slovenischer Sprache hervor. U. lebte nur noch für diese Anstalt, sie war sein Schatz. Aber leider dauerte es nicht lange. Als er im September 1564 zu einem Besuche bei seiner Schwester, einer verwittweten Gräfin Schlick, nach Wintritz in Böhmen gereist war, erkrankte er daselbst und starb am 27. December 1564. Seine Leiche wurde nach Württemberg gebracht und in der Stiftskirche zu Tübingen beigesetzt. Die Bibelanstalt wurde aufgelöst, das Druckereimaterial ward nach Kärnten auf das Ungnad’sche Schloß Waldenstein geschickt (hier war es noch 1580), und wahrscheinlich bei der Gegenreformation von hier weggenommen und auf das Schloß nach Graz geschafft. Hier wurden die Typen später wieder aufgefunden, von Kaiser Ferdinand II. der Congregation de propaganda fide geschenkt und 1620 nach Fiume gebracht, von wo sie unter K. Ferdinand III. [310] nach Rom kamen. Die genannte Congregation ließ damit 1648 in Rom ein Breviarium drucken. (Nicht bloß die Bücher haben ihre Schicksale.)
Ungnad: Hans U. Freiherr zu Sonneck (Schloß in Kärnten), war 1493 geboren, schon in früher Jugend am Hofe- Jak. Andreä, Leichpredig des Herrn H. Ungnad, Tüb. 1565. – Matth. Dresser, Ungnadische Chronica, Leipzig 1602. – Raupach, Evangel. Oesterreich, 6 Bde., 1732–41. – Schnurrer, Slavischer Bücherdruck in Würtemberg im 16. Jhrh., Tüb. 1799. – Joh. Voigt, Briefwechsel des H. Ungnad Frhrn. v. Sonneck mit dem Herzog Albrecht von Preußen, Wien 1858 (Sep.-Abdr. a. d. Archiv f. Kunde österreich. Geschichtsquellen, Bd. XX). – Th. Elze, Pr. Truber und d. Reformation in Krain, 1866 (in Herzogs Real-Encyklopädie f. Theol. und Kirche, Supplem. III.) – Ders., Die Universität Tübingen und die Studenten aus Krain, Tüb. 1877. – Kostrenčič, Urkundl. Beitr. zur Gesch. der prot. Literatur der Südslaven von 1559–65, Wien 1863. – Kausler und Schott, Briefwechsel zwischen Christoph Herz. von Württemberg und P. P. Vergerius, Stuttg. (Literar. Verein) 1875.