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Artikel „Todt, Karl Gotthelf“ von Karl Wippermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 408–410, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Todt,_Karl_Gotthelf&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:45 Uhr UTC)
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Todt: Karl Gotthelf T., sächsischer Politiker, wurde am 20. October 1803 zu Auerbach im sächsischen Voigtlande geboren. Der Vater war Musselinweber, der jedoch seinen Erwerb hauptsächlich aus einer gepachteten Schankwirthschaft zog. Er erhielt den ersten Unterricht in der Bürgerschule, dann in zwei Privatschulen zu Auerbach und war zum Erlernen des Tischlerhandwerks bestimmt, als ein Advocat ihn als Schreiber annahm. Die vielen Fertigkeiten in juristischen Formeln, welche er so erlangte, riefen seinen Wunsch, die Rechte zu studiren, hervor. Durch großen Privatfleiß erreichte er 1820 seine Aufnahme in das Gymnasium zu Plauen, wo er sich den Unterhalt zum Theil durch Ertheilung von Unterricht verdiente, auch einem Grafen Brühl als Vorleser dienstlich war. Ostern 1824 begann er in Leipzig das Studium der Rechte, wurde jedoch 1826 wegen Theilnahme an einer verbotenen Verbindung auf zwei Jahre von der Universität verwiesen. Diese Zeit benutzte er in der Heimath zu eifrigem Studium, worauf er im Februar 1829 in Leipzig eine sehr gute Prüfung ablegte. Zuerst auf der Leipziger Landstube angestellt, nahm er 1830 die ihm angebotene Stelle eines Stadtschreibers zu Treuen im Voigtlande an. Die Umsicht und Entschiedenheit, mit welcher er in demselben Jahre den dort gegen Rittergüter und gegen Uebelstände im Zollwesen gerichteten Unruhen entgegentrat, sowie die Thätigkeit, welche er zur Linderung der im Winter von 1831 über das Voigtland hereingebrochenen Noth entfaltete, verschafften ihm in diesem Landestheile großes Ansehen. Er wurde nun in Treuen zum Stadtrichter ernannt und begann seine ersten schriftstellerischen Versuche in [409] den „Blättern aus dem Voigtlande“. Von der Stadt Adorf zum Bürgermeister gewählt, trat er dieses Amt am 31. October 1832 an. Er gründete hier eine Sonntagsschule, in welcher er selbst Unterricht ertheilte, und wurde 1833 auch hier zum Stadtrichter gewählt, eine Stelle, welche er bis zum Ende der städtischen Gerichtsbarkeit 1839 bekleidete. 1835 gründete er das „Adorfer Wochenblatt“, welches im ganzen Voigtlande schnell Verbreitung erhielt. Die liberalen Ansichten, welche er in diesem Blatte geltend machte, gewannen beim sonstigen Mangel einer regsamen Localpresse, in weiten Kreisen Sachsens Bedeutung, besonders nachdem auch R. Blum in Leipzig sich mit dem Blatte in Verbindung gesetzt hatte. Das von T. beeinflußte Blatt „Die Ameise“ trug zur Aufdeckung und Abstellung von Mißbräuchen in der Verwaltung viel bei. In Folge dieser Wirksamkeit wurde er im Sommer 1836 von der Heimath zum Abgeordneten in die sächsische zweite Kammer gewählt. Hier ließen er und der gleichzeitig zuerst eingetretene Advocat v. Dieskau aus Plauen als die einzigen Liberalen zum ersten Male den bisher nur in Baden laut gewordenen Ton eines kühneren Liberalismus vernehmen. Opponent gegen das System der Ministerien Lindenau und Könneritz, erregte er besonders 1839 Aufsehen durch seine liberale Umgestaltung eines vorgelegten Preßgesetzentwurfs, ferner 1842 durch seinen Antrag auf Erlaß einer die Beschwerden der Kammer enthaltenden Adresse an den König und 1845, als die Mehrheit der Kammer aus Liberalen bestand, durch seinen Adreßentwurf voll Mäßigung und zugleich Kühnheit sachlicher Kritik. Beim Beginn der Bewegung von 1848 wählte ihn eine Versammlung von Abgeordneten in Leipzig zu einem Vertreter im Vorparlament. Das am 16. März ins Leben getretene liberale Ministerium Braun-Georgi ernannte ihn mit dem Titel eines Geh. Reg.-Raths zum Vertreter Sachsens in der zufolge Bundesbeschlusses vom 3. März behufs Revision der Bundesverfassung berufenen Versammlung von Vertrauensmännern. Nach Ausscheiden der Bundestagsmitglieder, welche an unvolksthümlichen Maßregeln mitgewirkt, trat er an v. Nostiz’ Stelle als sächsischer Bundestagsgesandter ein und nach Auflösung des Bundestags vertrat er Sachsen bei der provisorischen deutschen Centralgewalt. Von hier durch das Ministerium Held abberufen, erhielt er die Stelle eines Directors im Ministerium des Innern zu Dresden und vertrat dieses auch bei den Kammern. Als am 4. Mai 1849 infolge der Bewegung für Durchführung der Reichsverfassung König Friedrich August sich auf den Königstein begeben hatte und eine Anzahl von Landtagsabgeordneten in Dresden eine provisorische Regierung einsetzten, bewirkte Tzschirner und sein Anhang, daß behufs Gewinnung der gemäßigteren Theile der Bevölkerung, neben ihm selbst Heubner und T. durch Zuruf gewählt wurden. Daß er diese Wahl annahm, obwol es ihm auf nichts weiter als auf die Reichsverfassung ankam, ist ihm von gemäßigter Seite sehr verdacht worden. Nach einer Darstellung in der „Gegenwart“ (s. unten) soll er seit Beginn der Bewegung von 1848 allen Halt in sich verloren gehabt haben. Völlig in der Hand Tzschirner’s, sah er das Mißliche seiner Lage zu spät ein. Unschlüssig versuchte er sich, ohne zurückzutreten, mehr ins Dunkel zurückzuziehen. Auf seinen Wunsch unterzeichnete Heubner mit für ihn. Am 6. Mai erschien er nochmals in der provisorischen Regierung, Abends aber entfernte er sich heimlich aus Dresden, hielt sich eine zeitlang verborgen in Sachsen auf und flüchtete in die Schweiz. In Zürich, wo er sich niederließ, beschäftigte er sich litterarisch mit schweizerischem Strafrecht und Gemeindewesen und starb am 10. März 1852 in Rießbach bei Zürich.

Steger’s Ergänz.-Bl. I, 126, Leipzig 1846; II, 51 und 642. – A. Allg. Ztg. 1848, Nr. 125. – Gegenwart V, 574, 580, 602, Leipzig 1850, [410] und VI, 640 und 648. – Grenzboten 1848, 2. Sem., IV, 73 („Deutsche Flüchtl. i. d. Schweiz“). – H. Blum, „Rob. Blum“, S. 266, Leipzig 1879. – Biedermann, Dreißig J. d. Gesch. I, 210 und 443. – Friesen, Erinn. I, 105, Leipzig 1880. – Biedermann, Mein Leben, S. 293, Bresl. 1886. – Beust, Aus dreiviertel Jahrhunderten I, 44 und 77, Stuttgart 1887. – N. Nekrol. d. D., Jahrg. 1852, Thl. 2, Weimar 1854, Nr. 293. – Todt’s Bild in Lasker und Gerhard, Des d. Volks Erheb. i. J. 48, Danz. 1848, S. 433.