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Artikel „Theutgaud“ von Franz Xaver Kraus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 290–291, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Theutgaud&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 13:35 Uhr UTC)
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Tietgaud (Tetgaud, Thietgaud), Erzbischof von Trier, wo er seinem Vatersbruder Hetti (814–847) nachfolgte, starb 868. Er soll vor seiner Stuhlbesteigung Abt von Mettlach gewesen sein; die Angabe, daß er erst 851 Erzbischof wurde, beruht auf schlechteren Abschriften des Regino; jedenfalls fällt die von ihm ausgestellte Urkunde, das Eigenthum des Altars von S. Castor in der Villa Rengsdorf betreffend, vor die Kaiserkrönung Ludwig’s (850, Apr. 6). Ein schreckliches Ungewitter, welches im J. 857, am 15. September die Stadt Trier traf, als T. gerade den Gottesdienst feierte, und bei welchem ein Hund von ungeheuerer Größe um den Altar lief (Rudolf. Ann. Fuld. MG. SS. I 370; Prudent. Ann. Bertin. eb. I, 450. Ann. Corb. 857) gab den Chronisten Anlaß, in solchem Zeichen den üblen Verlauf von Tietgaud’s Episcopat vorgebildet zu sehen. 859, am 14. Juni, nahm T. an der Synode zu Savonières bei Toul theil, welcher König Karl d. Kahle und seine Neffen Lothar und Karl anwohnten. Verhängnißvoller war seine Betheiligung an der von Erzbischof Günther von Köln auf Befehl Lothar’s II. in Aachen im Januar 860 gehaltenen Synode, sowie an der ihr folgenden vom Februar desselben Jahres (ebenfalls im Palast zu Aachen) gehaltenen größeren Bischofsversammlung, wo er sich von Günther verleiten ließ, die Absichten König Lothar’s hinsichtlich seiner Ehescheidung von Tietberga und seiner Wiederverheirathung mit der Buhlin Waldrade zu begünstigen. Dasselbe Jahr sah ihn auf der Synode zu Thousey bei Toul (22. October), welche von den Bischöfen aus den Reichen Karl’s des Kahlen, Lothar’s II. und des jüngeren Karl besucht wurde. Wahrscheinlich ins Jahr 862 fällt seine Betheiligung an dem Streite des Erzbischofs Hinkmar von Reims mit dem Bischof Rothad von Soissons, in welcher Angelegenheit er als Primas des [291] belgischen Gallien mit den Amtsbrüdern von Köln, Besançon, Arles und Mailand an die Bischöfe im Reiche König Ludwig’s II. schrieb. Um dieselbe Zeit, am 29. April 862, erschien er mit seinen drei Suffraganen auf der dritten, in der Ehescheidungssache des Königs Lothar zu Aachen gefeierten Synode, und ebenso im folgenden Jahre, im Juni 863, auf der Metzer Synode, wo er sich gemeinschaftlich mit Erzbischof Günther von Köln mit einer Gesandtschaft an Papst Nicolaus I. betrauen ließ. In Rom angelangt, wurden beide Erzbischöfe auf einer Lateransynode (30. October 863) wegen ihrer Begünstigung von Lothar’s ehebrecherischen Plänen vom Papste entsetzt, ihrer bischöflichen Gewalt entkleidet und excommunicirt. Erbittert über diese Behandlung, begaben sich die beiden Prälaten nach Benevent zu Kaiser Ludwig II., mit dem sie zu Anfang 864 nach Rom zurückkehrten, in der vergeblichen Hoffnung, ihre Wiedereinsetzung zu erlangen. Auf des Kaisers Geheiß kehrten sie nun nach Hause zurück, und Erzbischof Günther celebrirte bereits am Gründonnerstag (30. März) in seiner Kathedrale, indem er sich über die Excommunication hinwegsetzte und die Zügel der Regierung seines Stifts wieder ergriff. T. achtete indessen den päpstlichen Bann und enthielt sich geistlicher Functionen. Indessen verhandelte er noch im November 866 in Trier mit Lothar, welcher sich hier bemühte, durch Vermittlung seiner Reichsbischöfe die Königin Thietberga dazu zu bringen, sich selbst eines erdichteten Verbrechens anzuklagen und den Schleier zu nehmen. Dem Ansinnen der Könige Lothar und Ludwig d. Deutschen, T. wieder in sein Amt einzusetzen, setzte Papst Nicolaus I. beharrlichen Widerstand entgegen, auch Papst Hadrian II., welcher diesem am 13. November 864 gefolgt war, war für diese Maßregel nicht zu gewinnen; doch reichte er ihm am 14. December in der Peterskirche das Abendmahl (die Laiencommunion). T., jetzt mittellos, erhielt vom Papste eine Wohnung im Kloster des hl. Gregorius auf dem Clivus Scauri angewiesen, welche er, durch ein Traumgesicht geängstigt, indessen aufgab. Er zog sich dann ins Sabinerland zurück, wo er mit seinen Begleitern dem Fieber unterlag – wahrscheinlich 868 (29. September ?), jedoch steht das Datum nicht fest. Die Lebensführung und Amtsthätigkeit Tietgaud’s läßt darauf schließen, daß er ein Mann von geringen Einsichten und schwachem Charakter gewesen ist.

Vgl. außer den Gesta Trev. bes. Brower, Annal. Trev. I, 413 f. – Görz, Mittelrhein. Regesten I, 174–188; – Derselbe, Reg. d. Erzb. v. Trier S. 1 f. – Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches 1 I, 391, 452, 462, 476, 509 f., 516–520, 522, 541 f., 579 f., 612, 664, 728, 867.