ADB:Tiesenhausen, Paul Freiherr von

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Artikel „Tiesenhausen, Paul Freiherr von“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 289–290, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tiesenhausen,_Paul_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 02:57 Uhr UTC)
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Tiesenhausen: Paul Freiherr v. T., Marinemaler, wurde am 10. Januar 1837 auf Idser, dem Landgute seines Vaters in Esthland, geboren und gemeinsam mit seinem Bruder, der sich für den geistlichen Stand bestimmte, auf der Domschule zu Reval erzogen. Nach Ausbruch des Krimkrieges trat er in patriotischer Begeisterung, obwohl er erst im 16. Lebensjahr stand, als Freiwilliger in die russische Armee ein, in der er es bis zum Premierlieutenant brachte. Im Laufe der Jahre aber entwickelte sich eine so große Neigung zur Malerei in ihm, daß er im J. 1861 seinen Dienst aufgab, um nach München überzusiedeln und sich ganz der Beschäftigung mit der Kunst zu widmen. Er wurde hier zuerst Schüler des Landschaftsmalers Karl Millner, ließ sich aber [290] dann als Schüler in die Akademie aufnehmen, obwol er sich bei seinem fortgeschrittenen Alter nur schwer entschließen konnte, sich unter die Reihen jüngerer Schüler zu mischen. Indessen wurde sein Streben vom Erfolg gekrönt. Als er im October 1869 ein kleines Marinebild ausstellte, erregte dasselbe das Interesse des damals in der Blüthe seines Schaffens stehenden Landschaftsmalers Adolf Lier, der sofort die Begabung Tiesenhausen’s erkannte, in enge persönliche Beziehung zu ihm trat und als Lehrer seine vollständige Ausbildung leitete. Schon die ersten größeren Bilder, die seit diesem Wendepunkt in seinem Leben und künstlerischen Streben entstanden, machten seinen Namen in den Kreisen der Kunstfreunde bekannt. Das gilt namentlich von den Bildern „Eintritt der Ebbe“ und „Strand an der Ostsee“ (im J. 1874 in den Besitz der württembergischen Staatsgalerie in Stuttgart übergegangen) und „nordische Nacht“. Die in diesen Bildern verarbeiteten Motive wurden von T. zu den mannichfaltigsten Wiederholungen benutzt, zogen ihn aber immer wieder an, während ein kurzer Aufenthalt an der italienischen Küste und an der Normandie ihn nur in seiner Vorliebe für den nordischen Strandcharakter bestärkte. Aber ein rasch sich entwickelndes Lungenleiden verhinderte ihn an der Wiederaufnahme seiner Studien an der Ostsee. Er starb zu München am 24. November 1876. – T. verstand es, mit den einfachsten Mitteln große Wirkungen hervorzubringen. Er war ein Virtuos in coloristischer Hinsicht, hatte sich eine ungewöhnliche Kenntniß der in sein Gebiet einschlagenden Naturerscheinungen angeeignet, die er sicher zu verwerthen verstand, und hätte sich aller Voraussetzung nach zu dem Rufe eines der ersten deutschen Marinemaler aufgeschwungen, wenn er länger für die Kunst hätte thätig sein können.

Vgl. Rechenschafts-Bericht des Verwaltungs-Ausschusses des Kunstvereins in München für das Jahr 1876. München 1877, S. 74. – Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst 1877 XII, 364 und an vielen anderen Stellen, die das Register verzeichnet.