ADB:Sophie (Herzogin-Regentin von Mecklenburg-Schwerin)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Sophia, Regentin von Mecklenburg-Schwerin“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 674–676, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sophie_(Herzogin-Regentin_von_Mecklenburg-Schwerin)&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 07:43 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Sophie Charlotte
Band 34 (1892), S. 674–676 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Sophia von Schleswig-Holstein-Gottorf in der Wikipedia
Sophia von Schleswig-Holstein-Gottorf in Wikidata
GND-Nummer 121591867
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|674|676|Sophia, Regentin von Mecklenburg-Schwerin|Karl Ernst Hermann Krause|ADB:Sophie (Herzogin-Regentin von Mecklenburg-Schwerin)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=121591867}}    

Sophia, einige Jahre, 1603–1608, Regentin von Mecklenburg-Schwerin, wenn auch nicht im vollen Sinne, war als Tochter Herzogs Adolf von Holstein-Gottorp 1569 geboren, † am 14. Nov. 1634; von ihr stammen beide Linien der heutigen Großherzoge von Mecklenburg. Kaum 19 Jahre alt wurde sie am 17. Febr. 1588 an den Herzog Johann VII. von Mecklenburg-Schwerin verheirathet und kam dadurch in die wüsteste Geldnoth und Schuldenwirthschaft dieses Hofes, dem es oft am allernothwendigsten fehlte. Des Herzogs Vater, der vielgerühmte Johann Albrecht (s. A. D. B. XIV, 239), hatte seinen unmündigen Kindern 1576 ein zerrüttetes Land, eine fast unerträgliche Schuldenlast und unbotmäßige Stände hinterlassen. Die verwittwete Herzogin Anna Sophie (von Preußen) war auf ihr Witthum Lübz gezogen, die Regentschaft hatte Johann Albrecht’s Bruder, Herzog Ulrich von Mecklenburg-Güstrow übernommen, ein strenger Herr, der aber dennoch in die Finanzen keine volle Ordnung bringen konnte, zumal da anfangs dessen jüngerer, apanagirter und auf das Bisthum angewiesene Bruder Christoph neue Ansprüche erhob. 1585 gab Ulrich die Regierung an den ältesten seiner Neffen, Johann VII., ab, nachdem dessen jüngerer Bruder, Sigismund August, weil das Land keine zwei Hofhaltungen tragen konnte, mit einigen Aemtern als Apanage abgefunden war. Dennoch verheirathete sich auch dieser mit einer pommerschen Prinzessin und lebte in dem säcularisirten Kloster Ivenack. Der schwache Johann verstand nicht zu regieren, er vermochte weder seine Mittel zu übersehen, noch seine Beamten im Zaume zu halten, deren Unterschlagungen gegenüber der Hof ohne Mittel blieb, während das Land selbst nach auswärts allen Credit verlor. Die junge Herzogin gibt später selbst an, daß sie von ihrem Gemahl in vier Jahren nur 18 Ellen schwarzen Sammt und 14 Ellen weißen Atlas und einmal 60 Thaler für einen Spiegel erhalten habe, die sie indessen vernünftiger Weise baar behielt. Ihre Jahreseinnahme für sich und den ganzen weiblichen Hofstaat und Haushalt betrug 400 fl., etwa 4–5000 Mark, und um auszukommen, mußte sie zur Aushülfe ihrer Mutter ihre Zuflucht nehmen. Sollte das fürstliche Paar Hochzeits- oder Taufgeschenke machen, so mußte die Herzogin oftmals vorschießen; doch wußte sie sich tapfer in die Verhältnisse zu schicken. Sie gebar in rascher Folge ihrem Gemahle drei Kinder, am 15. Dec. 1588 den späteren Herzog von Mecklenburg-Schwerin Adolf Friedrich (s. A. D. B. I, 119), am 5. Mai 1590 den späteren Herzog Johann Albrecht II. von Mecklenburg-Güstrow und am 19. September 1591 die unvermählt am 17. Februar 1648 in Rehna gestorbene Prinzessin Anna Sophie. Da geschah das Unerwartete. Gerade von einem Besuche in Ivenack zurückgekehrt, überfiel den Herzog am Abend des 8. März 1592 eine Art Delirium, und er brachte sich sieben Dolchstiche bei, die freilich heilten, aber doch am 22. März seinen Tod zur Folge hatten. Die 22jährige Fürstin mit ihren drei Kindern und dem völlig zerrütteten und verwüsteten Lande stand vor einer überaus entbehrungsreichen Zukunft. Man kennt aus der Geschichte der mecklenburgischen Höfe, wie auch anderer, manche abscheuliche Behandlung fürstlicher Wittwen, aber keiner ist schlimmer mitgespielt als der S., und doch hat sie als ein starkes, umsichtiges und gottvertrauendes Weib sich tapfer und siegreich in bitterem Leide durchgekämpft, ohne in Verbitterung zu verfallen. Die Regentschaft mußte abermals der alte Großoheim, Herzog Ulrich, übernehmen. Doch er hatte die Kraft nicht mehr, dem Unwesen der Beamten zu steuern, und diese kühlten an der Fürstin ihr Müthchen. Ulrich war zum Kreisobersten des niedersächsischen Kreises gewählt, der sich in Rüstung gegen drohende ligistisch-spanische [675] Angriffe befand; das zog ihn vollends vom Lande seiner Großneffen ab: er übergab ahnungslos dessen Verwaltung zwei Schurken, dem Rentmeister Andreas Meier und Dettloff Warnstädt, die im eigenen Interesse den Rest vom Credite des Landes völlig untergruben, der Fürstin sogar ihr Eigenthum vorenthielten und sie mit ihren jungen Herrn ganz mittellos in ihr Witthum, das Amt Rehna mit Lübz und Wittenburg, einsetzten, immer unter fälschlicher Berufung auf Herzog Ulrich. Mit 200 fl. (ca. 500 Mark), die der Rentmeister ihr auf das Ostern fällige „Handgeld“ zahlte, zog sie in Lübz ein, wo sie fernerhin residirte; dort war alles unwohnlich, alles Inventar weggeführt. 1000 Thaler, die sie noch in Holstein als Eigenthum hatte, machte sie sofort flüssig und fing alsbald eine umsichtige Bewirthschaftung an, welche unter ihrer thatkräftigen, bis ins einzelnste sich um alles kümmernden Aufsicht Gedeihen hatte, so daß sie bei knappem Leben Auskommen und später selbst Ueberschuß fand. Sie führte ein genaues Tagebuch, darin steht die Rechnungsabnahme ihres Meiers, das Ernten des Kohls, das Pflücken der Johannisbeeren, das eigenhändige Zuschneiden von Leinen und Drell für Gutswäsche etc. Hülfreich zur Seite standen ihr nur zwei treue Männer: Adam v. Bülow und Heinrich v. Strakendorff. Die Verwüstung des Erbes ihrer Söhne durch die ungetreuen Verwalter sah sie mit klarem Blicke, aber sie wagte dem alten Ulrich nichts zu sagen; da starb er am 14. März 1603 und der jüngste von Johann Albrecht’s Söhnen, der 60jährige Karl, seit 1592 Administrator von Ratzeburg, folgte als Herzog in Güstrow und Regent in Schwerin. Auch dieser merkte alsbald das unsaubere Treiben der Verwaltung, aber schwerfällig und selbst belastet durch die Regierung seines eigenen Landes, vermochte er nicht einzugreifen. Er ersuchte daher alsbald die Herzogin Wittwe, selbst die Aufsicht über die Verwaltung des Erbes ihrer Söhne zu übernehmen, damit wurde sie thatsächlich, wenn auch nicht rechtlich, Regentin bis zur Volljährigkeitserklärung ihres ältesten Sohnes; konnte freilich den Ständen und den Gerichten gegenüber die fürstliche Hoheit nicht üben. Sie beobachtete nun zunächst das Treiben der Verwaltung, griff darauf aber entschieden ein trotz des Hasses, den sie erntete. Ihr Hauptbestreben war dann die Herstellung des Credites, die Zahlung der Rückstände und der fälligen Zinsen. Obwohl sie auch dabei Unterschlagungen erleben mußte, schaffte sie doch einigermaßen Ordnung, die Adolf Friedrich freilich bald wieder zerstörte. Im übrigen suchte sie ihre Söhne gut, fromm und christlich zu erziehen; 1604 schickte sie sie auf die Universität nach Leipzig, dann auf die sog. Tour von Europa: durch die Schweiz, Italien und Frankreich, auch da kam Unordnung unter den nachgesandten Geldern vor. Zugleich scheint die Reise von den unzufriedenen Kreisen benutzt zu sein, die Mutter auf das gehässigste bei den Prinzen zu verleumden. Der trotzige und hochfahrende, dabei aber doch nicht willenskräftige Sinn des ältesten, Adolf Friedrich, hatte ihr schon oft Sorge gemacht; die knappe Haltung behagte den umschmeichelten Fürstensöhnen nicht, Einsicht in die Unsicherheit ihrer Existenz hatten sie nicht, da mag es manches harte Wort gesetzt haben. Die Hetzer brachten im Lande herum und trugen den Prinzen zu, die ganze Schuld an den jammervollen Zuständen des Landes trage die Fürstin durch ihre frühere Verschwendung, sie, die nichts erhalten hatte, und sie nehme noch immer für sich, was sie kriegen könne. Das Gedeihen des Witthums konnte die Verleumdung ja als Beweis verwenden. Als daher der eigentliche Regent, Herzog Karl, Adolf Friedrich 1608 vom Kaiser für volljährig erklären ließ und dieser die Regierung übernahm, vermied er es drei Jahre lang, seine Mutter zu sehen und stürzte das Land von neuem in Schulden. Ebenso machte es nachher der jüngere, Johann Albrecht, drei Jahre lang; ja dessen erste Gemahlin, Margarethe Elisabeth, beschuldigte die vielgeprüfte Frau geradezu der Dieberei, worauf [676] der Sohn sich abermals zwei Jahre fernhielt. Die folgenden Jahre der Geschichte Mecklenburgs gehören nicht zur Lebensbeschreibung der S., sie wirkte ruhig und unverdrossen von Lübz aus weiter, selbst eine Eisenhütte legte sie an. Erst als ihre Söhne in des Kaisers Acht vor Wallenstein aus dem Lande weichen mußten, tritt sie wieder hervor. Sie blieb ruhig auf ihrem Witthum und wankte nicht, so erhielt sie diese Jahre hindurch den alten Zusammenhang aufrecht. Wallenstein erkannte ihr Recht an; forderte er von ihr Lieferungen, so wurden sie geleistet, aber Wallenstein ließ sie bezahlen. Ihr kleiner unscheinbarer Hof war doch der Mittelpunkt, auf den man in Mecklenburg blickte, und es sind die Spuren vorhanden, daß die rüstige Frau sich eifrig und unablässig für ihre Söhne bemühte. Sie erlebte noch ihre Wiedereinsetzung. Am 27. Januar 1632 schrieb sie als Einleitung zu ihrem Testamente ihre eigene Biographie, ein Schriftstück, das in seiner Einfachheit erschütternd wirkt. Sie konnte ihren Kindern als treue Haushälterin mitten in dem Jammer des 30jährigen Krieges immerhin nicht unerhebliche Ersparnisse hinterlassen. Sie starb am 14. Novbr. 1634 und wurde ihrer Bestimmung gemäß ohne allen Prunk in der Kirche zu Lübz begraben, ihr Denkmal hat sie sich selber setzen lassen. Lisch faßt (Meckl. Jahrb. VII, 66) ihr Bild in die schönen Worte zusammen: „Ueberall thätig und umsichtig, immer zum Besten rathend, tröstend und heilend, in jeder Lage beharrlich, Hülfe bringend und dabei ächt weiblich und in höchstem Grade häuslich, war sie oft allein die einzige Stütze des wankenden Hauses.“ Sie lebte unentwegt ihrem Wahlspruche: „Hilf Gott zum seligen Ende“.

Rudloff, Neue Geschichte von Mecklenburg II. – v. Lützow, Geschichte Mecklenb. IV. – E. Boll, Gesch. Mecklenb. II – Mecklenb. Jahrb. IX, 128 u. 456; XII, 475 (Epitaph); XV, 79 (Autobiographie) und 301; XXI, 149 (Wahlspruch); XXXV, 53.