ADB:Sixtinus, Wilhelm Burchard

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Artikel „Sixtinus, Wilhelm Burchard“ von Georg Winter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 442–443, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sixtinus,_Wilhelm_Burchard&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:37 Uhr UTC)
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Sixtinus: Wilhelm Burchard S., Sohn des Rechtsgelehrten Regner S. Ueber seine Jugend und Studienzeit ist nichts weiter bekannt, als daß er gleich seinem Bruder Nicolaus nach vollendeten Studien eine längere Reise ins Ausland, vornehmlich nach Frankreich und Italien, machte und nach seiner Rückkehr eine Zeitlang am Reichskammergericht in Speyer arbeitete. Nachdem er zum Dr. jur. promovirt worden war, verwandte sich sein Vater bei dem Landgrafen von Hessen dafür, daß ihm die durch den Tod des Dr. Phil. Matthäus erledigte juristische Professur verliehen werde. In der That finden wir ihn im J. 1604 als Professor juris am Collegium Mauritianum in Kassel, schon im folgenden Jahre aber wurde er vom Landgrafen Moritz in den von diesem als höchste politische Behörde begründeten Geheimen Rath (entsprechend dem späteren Staatsministerium) berufen, und zwar waren es besonders die auswärtigen Angelegenheiten, für die er verwendet wurde. In dieser Stellung hatte er die ersten schweren Jahre des 30jährigen Krieges mit durchzumachen, die für den hessischen Staat gerade dadurch verhängnißvoll wurden, daß der geistig hochbedeutende, lebhafte und regsame, aber zu wenig ausdauernde Landgraf nicht zu einer festen, standhaft festgehaltenen Stellung inmitten der streitenden Parteien zu gelangen vermochte und durch eine verdeckte Unterstützung der protestantischen Fürsten den Zorn des Kaisers reizte, ohne den Protestanten nachhaltig zu nützen. Die Stellung seiner Räthe ihm gegenüber wurde dadurch zu einer überaus schwierigen, weil sie bei seinen stets wechselnden Intentionen nie wußten, ob sie es ihm recht machten. Je hochfliegender seine Pläne oft waren, je mehr er seine Räthe für dieselben mit fortzureißen suchte, um so größer war deren Enttäuschung, wenn er die erst mit vollem Feuer verfolgten Gedanken infolge irgend eines plötzlichen, oft unbedeutenden Hindernisses unvermittelt wieder fallen ließ. Mit dem zunehmenden Alter und den wachsenden inneren und äußeren Schwierigkeiten wurde dies Verhalten des Landgrafen immer schlimmer, so daß er mit einem der Räthe nach dem andern zerfiel und sie im Zorne entließ. So ist es auch Wilhelm Burchard S. ergangen. 1621 finden wir ihn noch zu diplomatischen Zwecken verwendet; er ging damals mit Ernst v. Borstel nach Corbach, um über die von dieser Stadt gegen den Grafen von Waldeck erhobenen Beschwerden zu verhandeln. Bald darauf aber mehrten sich die Conflicte mit den Räthen, insbesondere mit S. Wie der Landgraf, von dem man sich allenthalben am Anfang seiner Regierung das Höchste versprach, dereinst die Seele der protestantischen [443] Unionsbestrebungen gewesen war, so hoffte man auch am Anfange des 30jährigen Krieges, daß er ein Hort des Protestantismus in Deutschland werden würde. In der That hatte es den Anschein, als ob er sich den Uebergriffen des Kaisers und der Spanier mit Energie entgegenstellen werde. Dann aber wich er doch im entscheidenden Augenblicke – namentlich gegenüber dem gewaltsamen Durchmarsch der Spanier unter Spinola durch die Niedergrafschaft Katzenelnbogen – wieder scheu zurück und suchte seine Neutralität zu wahren, während er auf der andern Seite wieder den Herzog Christian von Braunschweig indirect und heimlich unterstützte. Dadurch bewirkte er, daß die kaiserlichen Truppen die Neutralität seines Gebietes nicht respectirten, wodurch er wieder in die höchste Erregung versetzt wurde. Die Räthe wußten seinem sprunghaften Hin- und Herschwanken gegenüber weder aus noch ein, und so kam es, daß bei einer in einem Einzelfalle hervortretenden Meinungsverschiedenheit im J. 1623 mehrere von ihnen, darunter S., entlassen wurden und aus Kassel weichen mußten. Erst nach der Abdankung des Landgrafen Moritz wurde er von dessen Sohne Wilhelm V. wieder in den hessischen Staatsdienst zurückberufen und gleich seinem Bruder Nicolaus als geheimer Rath angestellt. In dieser Eigenschaft fand er namentlich Verwendung, als der Landgraf mit Einwilligung des schwedischen Kanzlers Oxenstjerna im J. 1634 Fulda in Besitz nahm. Er wurde zum Commissar bei der Besitzergreifung ernannt und dann als hessischer Kanzler in Fulda angestellt, trat aber später wieder aus dem hessischen Dienste aus und starb 1652 als holstein-schaumburgischer Rath zu Hameln.

Vgl. Strieder-Justi, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- u. Schriftsteller-Geschichte XV, 26 und Rommel, Geschichte von Hessen Bd. 6 und 7 passim, außerdem die Acten des Marburger Staatsarchivs, darunter für die Lebensgeschichte Wilhelm Burchard’s von Wichtigkeit namentlich das Schreiben seines Vaters Regner an den Landgrafen, in dem er ihn um Verleihung einer Professur an seinen Sohn bittet.