Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rommel, Christoph von“ von Arthur Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 126–128, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rommel,_Christoph_von&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 21:17 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Römoldt, Johannes
Band 29 (1889), S. 126–128 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christoph Rommel in der Wikipedia
Christoph Rommel in Wikidata
GND-Nummer 116606428
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|126|128|Rommel, Christoph von|Arthur Wyß|ADB:Rommel, Christoph von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116606428}}    

Rommel: Dietrich Christoph v. R., Philolog und Historiker, geboren zu Kassel am 17. April 1781, † daselbst am 21. Januar 1859. Sein Vater war der Metropolitan und erste Prediger der Unterneustädter Gemeinde, spätere Generalsuperintendent und Oberhofprediger zu Kassel, Justus Philipp R. 1790–99 besuchte R. das Lyceum Fridericianum seiner Vaterstadt, wo namentlich der Philologe Karl Ludwig Richter fördernd auf ihn einwirkte. Schon während seiner Schulzeit trieb er nebenbei orientalische Sprachen, namentlich das Arabische, was auf die spätere Richtung seiner Studien von Einfluß war. Zum Theologen bestimmt, bezog er 1799 die Universität Marburg, die er jedoch schon im Frühjahr 1800 mit Göttingen vertauschte. Bereits in Marburg war er von der Theologie zur classischen Philologie und Alterthumskunde übergegangen. Für dieses Studium fand er in Göttingen an Heyne einen hervorragenden Meister, der mächtigen Eindruck auf ihn machte und ihm später viel Wohlwollen bewies. Daneben nennt er als seine Lehrer Eichhorn, Schlözer, Heeren, Blumenbach. 1802 gewann er einen von der Göttinger philosophischen Facultät ausgesetzten Preis mit einer Untersuchung und Erläuterung der Beschreibung Arabiens des Abulfeda. Ein im folgenden Jahre verfaßter Commentar zu Strabo’s Beschreibung des Kaukasus erhielt das Accessit. Am 14. Mai 1803 wurde er in Göttingen zum Doctor promovirt. Jene Arbeit über den Kaukasus [127] verschaffte ihm Aussicht auf eine Berufung nach Rußland. Er trat aber der Sache nicht näher, da er mit dem Gedanken umging, sich in Göttingen zu habilitiren. Da erhielt er, im März 1804, einen Ruf als außerordentlicher Professor der Eloquenz und der griechischen Sprache an der Universität Marburg an Stelle des nach Heidelberg übersiedelnden Georg Friedrich Creuzer. Er nahm an, und schon im Januar 1805 wurde er zum ordentlichen Professor befördert. Seine Stellung in Marburg, wo er auch Vorlesungen über Universalgeschichte, Geographie, Ethnographie und Statistik hielt und daneben eine ziemlich lebhafte schriftstellerische Thätigkeit entfaltete, gewährte ihm indessen auf die Dauer nicht die gehoffte Befriedigung. Er folgte in den Alterthumswissenschaften der neueren, durch Heyne und Winckelmann vertretenen Richtung, fand aber damit, wie er klagt, weder bei seinen Amtsgenossen noch bei der Mehrzahl der Studierenden den erwarteten Beifall. Dazu kam die Unsicherheit der politischen Verhältnisse und die Befürchtung einer Reduction der Universitäten unter der westfälischen Regierung. So war ihm denn eine durch Heyne’s Vermittelung erhaltene Berufung als Professor der classischen Philologie an die russische Universität Charkow willkommen, und im November 1810 trat er über Göttingen, Berlin, Dresden die weite Reise nach seinem neuen Bestimmungsort an, überall bedeutende Männer, namentlich Gelehrte von Ruf aufsuchend. Auch dem vertriebenen Kurfürsten von Hessen, der in Prag seine Residenz aufgeschlagen hatte, machte er seine Aufwartung. Am 27. Januar 1811 traf er in Charkow ein. Er fand hier recht urwüchsige Zustände; ein gar bunt zusammengesetztes Lehrercollegium und eine Studentenschaft, der gründlichere Vorkenntnisse ganz abgingen. Für die Feinheiten der Wissenschaft, für die Tiefen der Forschung war hier kein Boden. Es galt aus dem Rohen zu arbeiten und nur das praktisch Brauchbare zu lehren. Da es an Büchern fehlte, so veranstaltete er einige Classikerausgaben, die in Charkow gedruckt wurden. Im Uebrigen herrschte ein munteres geselliges Leben, an welchem der junge Professor regen Antheil nahm. Seine Verheirathung mit einer jungen Ukrainerin, der Tochter eines russischen Majors, schien geeignet, ihn ganz in den Kreisen der Eingeborenen aufgehen zu lassen. Allein die Ehe war nicht glücklich (sie wurde 1816 geschieden), und als infolge des Feldzugs von 1812 an Stelle der bisherigen Zuvorkommenheit eine gewisse Abneigung gegen die Fremden bei den Russen sich geltend machte, erbat R. einen einjährigen Urlaub und ging im Juli 1814 über Moskau nach St. Petersburg, um womöglich eine befriedigendere Anstellung zu erlangen. Da seine Wünsche sich nicht erfüllten, reiste er nach Deutschland zurück und löste, nachdem er eine Berufung als ordentlicher Professor der Geschichte zu Marburg erhalten hatte (2. Juni 1815), sein russisches Dienstverhältniß. Seine Frau war in Petersburg zurückgeblieben. R. widmete sich nun ganz den historischen Studien und unternahm die Abfassung einer eingehenden Geschichte seines hessischen Heimathlandes, ein Werk, für das er während seines ganzen übrigen Lebens thätig gewesen ist und welches er bis zur Regierung des Landgrafen Karl (1670–1732) geführt hat. Der Werth der Arbeit liegt nicht sowohl in der Darstellung der alten und mittleren Zeiten, als in der des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit dem Auftreten Philipps des Großmüthigen wächst das Interesse des Verfassers für seinen Stoff sichtlich, und hier hat er die reichen archivalischen Quellen, die ihm zu Gebote standen, ausgiebig benutzt. Bereits der erste, 1820 erschienene Band verschaffte ihm die Ernennung zum Director des hessischen Hof- und Staatsarchivs zu Kassel und den Titel eines Historiographen des hessischen Hauses. 1828 wurde er in den erblichen Adelstand erhoben und 1829 auch zum Director der Landesbibliothek und des Museums zu Kassel ernannt. Von der Leitung des Museums trat er jedoch schon nach zwei Jahren zurück. 1854 erhielt er [128] den Titel Staatsrath. Er gehörte zu den Stiftern des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Von seinen zahlreichen Schriften können hier nur die für seine Entwickelung wichtigen und die sachlich bedeutenderen genannt werden: „Abulfedae Arabiae descriptio commentario perpetuo illustrata.“ Gotting. 1802; „Caucasicarum regionum et gentium Straboniana descriptio ex recentioris aevi notitiis commentario perpetuo illustrata.“ Lips. 1804; „De Taciti descriptione Germanorum.“ Marburger Programm 1805; „Ueber Philologie und philologische Erklärung der griechischen und römischen Classiker“, Marb. 1805; „Kurze Geschichte der hessischen Kirchenverbesserung unter den Landgrafen Philipp dem Großmüthigen, Wilhelm dem Weisen und Moritz dem Gelehrten“, Kassel 1817; „Geschichte von Hessen“ (Marburg u.) Kassel 1820–58, 10 Bde. Das sechste Buch erschien unter dem Titel: „Philipp der Großmüthige, Landgraf von Hessen. Ein Beitrag zur genaueren Kunde der Reformation und des 16. Jahrhunderts“ mit Anmerkungen und einem Urkundenbuche besonders (Gießen 1830, 3 Bde.); „Correspondance inédite de Henri IV. roi de France et de Navarre avec Maurice-le-Savant, Landgrave de Hesse“, Paris 1840; „Leibnitz und Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels. Ein ungedruckter Briefwechsel über religiöse und politische Gegenstände“, Frankfurt a. M. 1847, 2 Bde. Das Jahr 1848 veranlaßte ihn zu der Broschüre „Deutschland und die deutsche Nationalversammlung“, Kassel 1848. Von seinen vielen Arbeiten in verschiedenen Zeitschriften und Sammelwerken mag hier nur noch seiner Artikel über ethnographische und historische Gegenstände in Ersch’s und Gruber’s Encyclopädie gedacht werden.

Ueber sich und seine Schriften hat R. selbst Nachricht gegeben bei Strieder-Justi, hess. Gelehrten-Gesch. XVII, 405 ff., und für die Zeit bis 1815 ausführlich in den „Erinnerungen aus meinem Leben und meiner Zeit“, welche er in Bülau’s Sammelwerk „Geheime Geschichten und räthselhafte Menschen“ V, 421–600 im Jahr 1854 veröffentlichte.

Vgl. A. Duncker, Der Verein f. hess. Gesch. u. Landeskunde in den ersten fünfzig Jahren seines Bestehens (1834–84). Festschrift. Kassel 1884 S. 14–17, wo auch ein Bild R.’s.