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Artikel „Prugger, Johann Joseph“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 672–674, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Prugger,_Johann_Josef&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 11:58 Uhr UTC)
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Prugger: Johann Joseph P., bairischer Rechtsgelehrter; geb. zu Landsberg, einem oberbaierischen Städtchen am Lech, als Sohn des dortigen Oberschreibers, im J. 1717, † zu Ingolstadt am 14. December 1788. P. fand seine erste humanistische Bildung an der von den Vätern der Gesellschaft Jesu geleiteten Anstalt seiner Vaterstadt, hörte dann am Münchner Lyceum während zweier Jahre Philosophie, und ging 1736 nach Ingolstadt, um dort die Rechte zu studiren. Als er nach dreijährigem Aufenthalte daselbst eben in München die Rechtspraxis begonnen, brach nach dem Tode Kaiser Karls VI.[WS 1] (20. October 1740) alsbald der österreichische Erbfolgekrieg aus. P. trat in patriotischer Begeisterung sofort als Freiwilliger unter die Fahnen, und blieb bei diesen, bis [673] durch den Füssner Vertrag vom 22. April 1745 der Friede geschlossen wurde. Als mit diesem endlich geordnete Zustände wiederkehrten, kehrte auch P. zu seinem früheren Berufe zurück. Er fand alsbald bei dem Reichsgrafen Fugger-Zinneberg als Verwalter auf dessen Besitzung Zinneberg Verwendung, wurde jedoch vor Ablauf von 3 Jahren von den Vätern der Gesellschaft Jesu für ihr Kloster in Neuburg a. D. als Syndicus erwählt, und zugleich zum Vorstand der Civilgerichte ernannt. Als zu Ingolstadt Johann Georg Weishaupt, der den Lehrstuhl für Institutionen und Lehenrecht inne hatte, im Herbste 1753 mit Tod abgegangen war, wurde P. Ende October dieses Jahres an dessen Stelle für Institutionen und Strafrecht berufen, und am 7. November zum Doctor der Rechte erwählt, worauf er sofort seine Vorträge begann. Nach Chlingensberger’s Tode mußte er im März 1755 unter Besoldungserhöhung von 600 auf 800 Gulden auch die Vorlesungen über jus patrium (Baierisches Landrecht) übernehmen; diese jedoch nach wenigen Monaten (September 1758) wieder dem neu ernannten Professor Schiltenberger jun. abtreten, worauf er bis zum Wintersemester 1765–66 stets Pandekten las, welche von diesem Zeitpunkte an J. P. Sutor übernahm, während Prugger’s Nominalfach bairisches Staats- und Land-Recht bildeten. – P. war wegen seiner streng rechtlichen Gesinnung und seines liebenswürdigen Benehmens von allen Collegen geachtet und geliebt; in Universitäts-Angelegenheiten und Reformfragen stand er nicht immer, doch mehrmals auf Seite Ickstatts, welchen der Kurfürst Max Joseph III. in der hochsinnigen Absicht berufen hatte, durch eine neue wissenschaftliche Richtung den Gesammtbestand der Hochschule, vor Allem die Juristen-Facultät zu beleben, der aber von Seite seiner Collegen – namentlich der Aelteren leider nicht jederzeit die erforderliche Unterstützung fand. Da P. mit den vorerwähnten Eigenschaften Erfahrung, Gründlichkeit und Verläßigkeit verband, genoß er in den weitesten Kreisen unbedingtes Vertrauen und wurde ihm eine Reihe öffentlicher und Privatgeschäfte übertragen. Als Mitglied der Universität war er Vorstand und Custos von deren Archiv, führte dreimal (1757, 1764, 1774) das Rectorat, siebenmal (1754, 1757, 1760, 1764, 1769, 1778, 1782) das Decanat; seit 1756 das „Provasallagium (?) in feudo Eichstettensi“, und stand fast regelmäßig an der Spitze der Abgeordneten, welche von der Universität zeitweise an den Münchner Hof entsendet wurden. Außerdem erhielt er kurz nach Antritt seiner Professur das Assessorat über das unmittelbare Amt Hirschberg in Franken, war Director des kurfürstlichen Polizei- und Stadtcommissariates Ingolstadt, und wurde 1784 von Karl Theodor zum Vorsitzenden und Regierungs-Commissär der neuerrichteten Universitäts-Cameral-Deputation (nun Verwaltungsausschuß) erwählt, nachdem er bereits früher von dem ihm wohlgewogenen Kurfürsten Max Joseph III. Titel und Rang eines wirklichen kurbaierischen Hofrathes erhalten hatte. Bei dem großen Ansehen und unbedingten Vertrauen, deren er sich von Seite seiner Mitbürger zu erfreuen hatte, war es eine natürliche Folge, daß dem ohnedieß Vielbeschäftigten mannigfache Arbeiten auch von angesehenen Privaten übertragen wurden; Auseinandersetzung großer Verlassenschaften, Uebernahme wichtiger Vormundschaften, Fällung von Schiedssprüchen in verwickelten Processen, Abgabe von Gutachten und Consilien in streitigen Rechtsfragen und dergleichen. Unter solchen Verhältnissen konnte seine schriftstellerische Thätigkeit, welche dem Gebiete des bairischen Staatsrechts angehört, nur von untergeordneter Bedeutung sein, sie beschränkt sich auf Abfassung zweier größerer Dissertationen: „Observationes practicae ad Jus et Consuetudines Bavariae de privilegiis Statuum provincialium der drey gefreyten Landständen“ (Monachii & Ingolstadii 1761, 4°), u. „Dissert. sistens Jus et Consuetudines Bavariae de jure foeminarum illustrium singulari“ (Ingolstadii 1765). Dagegen hinterließ er in Folge der ihm übergebenen Privatarbeiten [674] handschriftlich eine große Zahl von Aufsätzen und juristischen Abhandlungen, welche im Laufe der Jahre verloren gegangen zu sein scheinen. – Altorfer Universitäts-Professoren, welche 1778 den katholischen Süden bereisten und bei dieser Gelegenheit unsern Gelehrten in Ingolstadt besuchten, berichten in ihren „Bemerkungen über einige Gegenden des katholischen Deutschlands“ (S. 14): „P. sey ein ansehnlicher Mann von 60 Jahren, der verschiedenes in der Welt versuchet, sich aber nie verehlicht habe. – – Menschen- und Gerechtigkeitsliebe seien ein paar Hauptzüge seines Charakters. Sie hätten bei ihm schöne Malereien und ein kleines artiges Naturalien-Cabinet gesehen.“ P. starb als Senior der R.-Facultät 1788 im 71. Lebensjahre; am 17. December desselben Jahres hielt Georg Franz Semer, ord. Prof. der Pandekten, seinem verstorbenen Amtsgenossen die übliche Denkrede (Oratio in parentali sacro Viri etc. Prugger. Ingolst. s. a. 4°).

Semer a. a. O. – Mederer, Annal. Ingolst. III, 285, 292. – Permaneder, Annal. Ingolst. 106. – Weidlich, Biogr. Nachr. jetzt lebender Rechtsgelehrter, 2. Thl. 190. – Prantl, Gesch. d. Ludw.-Maxim.-Univers. I, 593, 672; II, 510 N. 194.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Karl VII.