ADB:Philipp II. (Herzog von Pommern-Stettin)

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Artikel „Philipp II., Herzog von Pommern-Stettin“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 34–36, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Philipp_II._(Herzog_von_Pommern-Stettin)&oldid=- (Version vom 12. Dezember 2024, 11:39 Uhr UTC)
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Philipp II., Herzog von Pommern-Stettin, war ein Sohn des Herzogs Bogislaw XIII. († 1606), aus dessen erster, am 8. September 1572 vollzogenen Ehe mit Clara, einer Tochter des Herzogs Franz von Braunschweig-Lüneburg zu Gifhorn († 1549), und der Herzogin Clara von Sachsen-Lauenburg, und wurde am 29. Juli 1573 auf dem Schlosse zu Franzburg geboren. Der fürstliche Hofhalt wechselte damals zwischen diesem Orte, wo sein Vater an der Stelle des säcularisirten Cistercienserklosters Neuencamp (1587) einen großen Palast im Renaissancestil, mit einer neuen nach seinem Schwiegervater Franz benannten Stadt, begründete, – und dem Schlosse zu Barth, wo schon seit 1582 die von ihm neben der Residenz angelegte Buchdruckerei bestand, welche durch eine Reihe typographischrr Musterwerke, u. A. durch die Barther Bibel, berühmt geworden ist. Unzweifelhaft haben beide Schöpfungen des Vaters einen wesentlichen Einfluß auf die Bildung des Sohnes ausgeübt, und in P. jene Vorliebe für die Künste und Wissenschaften, namentlich für die Theologie, erzeugt, welche wir als den Grundcharakter seines Lebens bezeichnen können. Zu Erziehern des Sohnes erwählte Bogislaw XIII. Joachim Toelemann, seinen fürstlichen Rath, einen Sohn des Stralsunder Rathsherrn Simon Toelemann, sowie den gelehrten Juristen Dr. Martin Marstaller, welcher sich durch genealogische und heraldische Arbeiten in der pommerschen Geschichte auszeichnete, und später auch P. in der Regierung unterstützte; auch ließ Bogislaw sich von seinem Sohne auf einer Reise nach Dänemark, zur Vermählung des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel mit der Prinzessin Elisabeth, Tochter des Königs Friedrich II., (1590) begleiten, wo P. den König Jakob I. von England und Schottland, Maria Stuart’s Sohn, kennen lernte, und mit diesem gelehrten Monarchen in fortgesetztem Briefwechsel blieb. Zu seiner weiteren Ausbildung besuchte er (1594) die Universität Rostock, wo er das Rectorat führte, und unternahm (1595–97) in Begleitung Marstaller’s und mehrerer fürstlichen Räthe eine größere Reise über Nürnberg, Augsburg, Venedig nach Rom, und von dort, nach längerem Aufenthalte, bis Neapel und Salerno, von wo er über Florenz nach Venedig zurückkehrte. Von hier aus machte er mehrere Ausflüge nach Oesterreich und nach der Lombardei, sowie nach der Schweiz, wo er, u. A. in Como, die von Paul Jovius hinterlassenen Sammlungen, und in Costnitz die an Joh. Huß erinnernden Denkmäler in Augenschein nahm. Als dann die Nachricht von der gefährlichen Erkrankung seiner Mutter ihn an der weiteren Ausdehnung seiner Reise nach den Niederlanden, Frankreich und England verhinderte, kehrte er über Böhmen und Schlesien, wo er Prags und Breslaus Merkwürdigkeiten betrachtete, sowie über Dresden nach der Heimath zurück, und langte Ausgang Novembers 1597 wieder in Barth an. Zwar war ihm hier noch die Freude beschieden, seine kranke Mutter am Leben zu finden, doch wurde dieselbe schon bald darauf, am 26. Januar 1598, durch den Tod ihrem glücklichen Familienleben entrissen. Nachdem er dann (1599) eine zweite Reise nach Böhmen unternommen und dort Carlsbad besucht und sich in Pilsen dem Kaiser Rudolph II. vorgestellt hatte, war er an Erfahrung und Kenntnissen so gereift, daß er von seinem Vater, als dieser, zum Zweck seiner zweiten Vermählung mit Anna, Tochter des Herzogs Johann von Holstein, sich nach Sonderburg (1601) begab, zum Stellvertreter in der Regierung ernannt, und später, als das Herzogthum Stettin, nach dem Tode seiner Oheime, Johann Friedrich (1600) und Barnim XII. (1603), sich auf Bogislaw XIII. vererbte, (1603) durch die Stände zum Statthalter dieses Landestheils, und (1604) zu des Vaters [35] künftigem Nachfolger berufen wurde. Als dann Bogislaw XIII. am 7. März 1606 verstarb, übernahm Philipp, als alleiniger selbständiger Regent, das Herzogthum Stettin, während die früher von seinem Vater verwalteten Aemter Barth und Franzburg an seinen Vetter Philipp Julius fielen, und mit dem Herzogthum Wolgast vereinigt wurden. Mit seinen Brüdern und der Wittwe seines Vaters einigte er sich dahin, daß Franz außer dem Bisthum Cammin das Amt Bütow, Georg und Bogislaw XIV. das Amt Rügenwalde, Ulrich dagegen eine Jahresrente von 5000 Gulden empfingen, indes die Herzogin Wittwe Anna Neuen-Stettin als Sitz erhielt. Zugleich knüpfte er das verwandtschaftliche Band mit dem Hause Johanns von Holstein-Sonderburg noch fester, indem er sich (1607) mit einer jüngeren Schwester seiner Stiefmutter Anna, der Herzogin Sophia, verheirathete. und seinen Bruder Bogislaw XIV. (1615) eine Ehe mit Johanns dritter Tochter, Elisabeth, schließen ließ. Leider wurde seine Gesundheit schon im besten Mannesalter durch Krankheit, namentlich Gichtanfälle, geschwächt, sodaß er sich von allen körperlichen Anstrengungen und Reisen zurückziehen und sich bei solchen, u. A. (1610) bei der Vermählung seines Bruders Franz mit Sophia, einer Tochter das Kurfürsten Christian I. von Sachsen, und (1613), bei der Belehnung durch den neu erwählten Kaiser Matthias auf dem Reichstage zu Regensburg, durch seine jüngeren Brüder oder Gesandte vertreten lassen mußte; auch der Gebrauch des neuentdeckten Gesundbrunnenes bei Lüneburg im J. 1612 ließ ihn die verlorene Kraft nicht wieder gewinnen. In der Heimath förderte er jedoch, in Uebereinstimmung mit seiner Geistesrichtung, die Werke des Friedens, und beobachtete bei den drohenden Verwicklungen zwischen Schweden und Polen, sowie zwischen den katholischen und protestantischen Ständen eine vermittelnde Neutralität, während er sich zugleich bemühte, die bürgerlichen Unruhen in Stettin und den Unfug der Wegelagerung durch zweckmäßige Verordnungen zu beseitigen. In glücklicher, wenn auch kinderloser Ehe, widmete er sein häusliches Stillleben den Künsten und Wissenschaften, für deren Studium er durch seine sorgfältige Erziehung und seine Reise nach Italien günstig vorbereitet war. Hinreichend geübt im Gebrauch der lateinischen und italienischen Sprache, blieb er in fortgesetztem Briefwechsel mit gleichgesinnten Fürsten und namhaften Gelehrten, von welcher Verbindung eine Reihe lateinischer Briefe an die pommerschen, holsteinschen und braunschweigschen Herzoge und den König Jakob von Schottland, sowie an Heinrich Camerarius und David Chyträus in Rostock, Joh. Caselius in Helmstädt, Martin Chemnitz, Martin Marstaller und seine Brüder Protasius und Gervasius, und den holsteinschen Statthalter Heinrich Rantzow Zeugniß geben. Diese Correspondenz behandelt theils theologische und ethische Fragen, theils neue litterarische Erscheinungen, u. A. auch neue Druckwerke aus der Officin zu Barth und einen Katalog von Philipp’s Büchern, sowie das Studium der Schriften des Genuesischen Gelehrten Ubertus Foglieta, endlich aber auch mit besonderer Vorliebe die Sammlung von Kunstwerken, welche P. schon in der Jugend begann und bis zu seinem Tode fortsetzte. Um diesen Bestrebungen, für welche die oben erwähnte Reise nach Italien, Prag und Dresden von wesentlichem Einfluß war, zu genügen, begründete er theils in Stettin eine größere Bibliothek, theils knüpfte er überall, wo ihm die Namen von bedeutenden Künstlern oder gebildeten Kunstfreunden entgegentraten, eine dauernde Verbindung an, indem er sie einerseits mit Aufträgen zu neuen Bildwerken und mit Ankauf von Alterthümern beschäftigte, andererseits dieselben an seinen Hof lud, um die Freude des Betrachtens seiner Kunstschätze mit ihnen zu theilen, so daß die Burg von Stettin, nach ihrer Gastlichkeit und ihrem Schutze der Künste und Wissenschaften, in Deutschland eine ähnliche Stellung einnahm, wie der Palast der Medici in Florenz. Die wichtigste Verbindung dieser Art [36] schloß der Herzog im J. 1610 mit dem Augsburger Patricier und Rathsherrn Philipp Hainhofer, welcher sich durch eine gleiche gelehrte Bildung und gleichen künstlerischen Geschmack auszeichnete, und eine Galerie von Kunstwerken besaß, welche europäischen Ruf erlangte. Diesem ertheilte er den Rang eines fürstlichen Rathes, übertrug ihm (1612–1614) wiederholte Gesandtschaften an andere Höfe, und ließ unter seiner Aufsicht mehrere Kunstwerke, u. A. den pommerschen Schrank, jetzt im Berliner Museum, einen Meierhof. d. h. eine plastische Darstellung des Landlebens, sowie das pommersche Majestätssiegel anfertigen; auch lud er ihn im J. 1617 zu einem Besuche nach Stettin ein, welcher Bitte Hainhofer auch folgte, und vom 24. August bis zum 2. October am herzoglichen Hofe verweilte. Ein ausführliches Reisetagebuch gibt uns genaue Kunde über das gesellige Leben jener Zeit und über die von P. gesammelten Kunstschätze. Unter diesen sind, außer den genannten Gegenständen, namentlich hervorzuheben: die beiden Stammbücher, von denen das eine 113 Gemälde, vorzugsweise biblischen Inhalts, in Wasserfarben, mit den Wappen und Wahlsprüchen der betreffenden fürstlichen Personen, das andere anscheinend nur eine Sammlung von 160 Emblemen enthielt; ferner die Medaillensammlung, und die Galerie von Porträts pommerscher und anderer Fürsten, sowie berühmter Männer; endlich die nach den Vorarbeiten von Dr. Eilhard Lubin durch Nikolaus Geilkercken ausgeführte Karte Pommerns. Dieselbe enthält außerdem auch noch die Abbildungen der pommerschen Städte und Wappen, sowie die Porträts Philipps II. und seiner Brüder und seines Vetters Philipp Julius, nebst dem pommerschen und rügischen Stammbaum, eine Zusammenstellung, zu welcher schon Mart. Marstaller von Heinrich Rantzow für ein von diesem beabsichtigtes topographisches Werk aufgefordert wurde; ein anderes Porträt von P. und seiner Gemahlin, ein Metallrelief, befindet sich in Braunschweig. Diese Denkmäler, namentlich auch das von Abraham Schwarz in Wien für 300 Gulden mit außerordentlicher Sorgfalt ausgeführte Majestätssiegel, blieben nach Philipp’s frühzeitigem Tode am 3. Februar 1618, im Besitz seiner Brüder Franz († 1620), und Bogislaw XIV. († 1637), dann aber, nach dem Aussterben des pommerschen Herzogshauses, sind sie unter der Verwirrung des 30jährigen Krieges theils zersplittert, theils verschollen.

Quellen: Justa Philippica, Leichenpredigt Philipps II., von 1618, in Bohlen’s Personalien und Leichenprocessionen der Herzöge von Pommern, 1869, S. 268 – J. V. Winther, or. de vita Philippi II., 1618. – Joachim v. Wedel’s Hausbuch, h. v. Bohlen, in der Bibliothek des litt. Vereins in Stuttgart, CLXI. 1882, S. 359 ff. – Paul Friedeborn, Beschr. von Stettin III, S. 42–112. – Cramer, Pom. Kirchen Chronicon IV, c. 36, S. 148 ff. – Sell, Pom. Gesch. III, 146 ff. – Barthold, Pom. Gesch. IV, 2, S. 422 ff., 453 ff., 456 ff., 469 ff. – Fock, Rüg.-Pom. Gesch. II, 121. – Ueber die Gesch. der Druckerei zu Barth vgl. Mohnike, Gesch. der Buchdruckerkunst in Pommern, S. 66 ff. – Ueber Philipp’s II. Kunstsammlungen Hainhofer’s Tagebuch in den Balt. Studien II, 2, S. I–XXXII, S. 1–180, sowie Balt. Stud. XX, 1, S. 108 ff. und Julius Müller, Beitr. zur Gesch. der Kunst in Pommern, Balt. Stud. XXVIII, S. 29–544, endlich auch Merian’s top. Pom. S. 106 – Ueber Philipps II. Majestätssiegel vgl. Bohlen, Gesch. des Geschlechts Bohlen, S. 146 ff. mit Abbildung Tafel III, 8. – Philipps II. Briefwechsel ist abgedruckt in Oelrichs, Hist.-Dipl. Beiträge, S. 68–120, Nr. I–LXV, und Dähnert, Pom. Bibl. II, 99–106, Nr. 1–7. – Balt. Stud. XXVIII, 259–275, 542–544. Abb. der Schlösser zu Barth und Franzburg, sowie der Druckerei zu Barth befinden sich auf Lubins Karte und bei Merian.