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Artikel „Pankratius, Andreas“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 119–121, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pankratius,_Andreas&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 05:40 Uhr UTC)
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Pankratius: Andreas P. (auch Pangratius), lutherischer Theolog, Prediger und Erbauungsschriftsteller des XVI. Jahrhunderts. – Von seinem Leben ist wenig Sicheres bekannt. Er wurde geboren 1529 (oder 1531) zu Wunsiedel im Vogtlande (jetzt K. Bayern), studirte vermuthlich in Wittenberg, wo er besonders an Georg Major sich angeschlossen zu haben scheint, war zuerst Diakonus zu Pressath in der Pfalz, dann Prediger zu Amberg in der Oberpfalz, wo er bei Pfalzgraf Ludwig, dem Sohne des Kurfürsten Friedrich III., in besonderer Gunst stand. Als aber Friedrich 1566 in Amberg erschien, um hier statt des lutherischen das reformirte Bekenntniß einzuführen oder wenigstens die Lehre und die Ceremonien der oberpfälzischen mit denjenigen der rheinpfälzischen Kirche in Einklang zu bringen, so wurde M. Andreas P., der schon zuvor in Heidelberg zu wiederholten Malen vor dem Kurfürsten sein lutherisches Bekenntniß mit Entschiedenheit und Gewandtheit vertheidigt hatte, nach mehreren resultatlosen Disputationen mit dem heidelberger Professor Kaspar Olevianus und den kurfürstlichen Räthen, trotz der dringenden Fürsprache des Prinzstatthalters Ludwig und des Pfalzgrafen Richard, seines Amtes entsetzt (October–December 1566). Er ging nun als Prediger, Superintendent und Inspector des Gymnasiums nach Hof im Vogtlande, wo er nicht ganz 10 Jahre lang mit großem Eifer, Treue und Erfolg wirkte und am 27. September 1576 nach kurzer Krankheit starb, bald nach der Rückkehr von einem Convent in Ansbach (17. September), wo über die Concordienformel verhandelt worden war. (Die Annahme von Beck, Erbauungslitt. I, 327, daß P. 1581 zum Lehrer des Pfalzgrafen Friedrich berufen sei und erst 1584 ein Pfarramt in Hof übernommen habe, scheint auf einer Verwechslung zu beruhen.) P. galt bei seinen Zeitgenossen als ein ebenso frommer wie gelehrter Mann, von strengster lutherischer Rechtgläubigkeit, von hervorragender homiletischer und poetischer Begabung, von musterhafter Treue in seinem geistlichen Hirten- und Seelsorgerberuf. Ein Landsmann und Amtsnachfolger von ihm, Dr. Johann Streitberger von Hof († 1602 als Generalsuperintendent von Culmbach) rühmt ihn als ein Licht und eine Zierde der Kirche, als einen unvergleichlichen Mann, der durch seine Weisheit, Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und besonders durch seine erfolgreiche Gemeindeleitung in zehnjähriger Wirksamkeit die größten Verdienste um die Kirche zu Hof sich erworben. Seine eigenen Predigten und Predigtentwürfe, von denen mehrere Sammlungen [120] gedruckt sind (z. B. „Katechismuspredigten“ in 5 Theilen nach der rhetorischen Disposition; „christliche Leichpredigten“ in 4 Theilen, herausg. von Codomann 1592; neue Ausg. von Draudius 1608–10 in 2 Theilen; „fünfzehn Predigten von der Pestilenz“; „Kurze Erklärung der Sonn- und Festtagsevangelien“), gehören zwar ihrem Inhalte nach nicht gerade zu den bedeutendsten ihrer Zeit, da sie mehr einen trocken lehrhaften als erbaulichen Charakter tragen (Zezschwitz nennt ihn einen dialektischen Formkünstler ohne rechte Weihe und Kraft, einen Vorläufer der Scholastik auf dem Gebiet des lutherischen Predigtwesens). Desto mehr aber ist er in formeller Beziehung in der Geschichte der Homiletik einflußreich, ja gewissermaßen epochemachend geworden durch die strenge Durchführung der „thematisch-synthetischen“ oder (wie sie geradezu nach seinem Namen genannt worden ist) Pankratianischen Predigtmethode. Er hat diese zwar keineswegs erfunden, lehnt sich vielmehr an ältere Vorgänger, besonders wie es scheint an Georg Major in Wittenberg an; aber er hat jene Methode nicht blos in seinen eigenen vielgelesenen und mehrfach aufgelegten Predigtbüchern durchgeführt, sondern auch in einem eigenen Lehrbuch der Homiletik sie theoretisch zu begründen versucht u. d. T: „Methodus concionandi, monstrans veram et necessariam artis rhetoricae in ecclesia usum et docens omnes s. conciones ad praecepta ejus ita accommodare et disponere, ut labore docentium minore, fructu vero auditorum majore publice proponi possint. Cum praef. G. Majoris.“ Wittenberg 1571. 8°; denuo rec. 1594. 8°. Mag es auch zweifelhaft sein, ob diese schulmäßige Ausgestaltung der Homiletik als Fortschritt oder als Rückschritt in der Geschichte der christlichen Predigt zu betrachten ist, jedenfalls zeigt schon obiger Titel, daß es des Verfassers ernste Absicht war, durch seine theoretische Anweisung wie durch die von ihm herausgegebenen Predigten und Predigtdispositionen (z. B. „Sylva thematum ect.“ Wittenberg und Frankfurt) der Gemeinde sowol als den Predigern zu dienen. Und denselben Zweck verfolgt P. auch mit demjenigen seiner Werke, das in wiederholten, zum Theil umgearbeiteten und vermehrten Ausgaben seinen Namen jahrhundertelang im Gedächtnisse der Prediger und Gemeinden, wenigstens des lutherischen Frankenlandes, erhalten hat, – mit seinem „Haus- und Kirchenbuch oder kurzen Summarien und Gebetlein über die Sonntags- und Festtagsepisteln und Evangelien, sowol für christliche Hausväter als für Geistliche“ Hof 1572. Nürnberg 1574. 91. Neue vermehrte Aufl. Nürnberg 1613. 62; letzte Ausgabe 1771 (vgl. über dieses Werk und seine verschiedenen Ausgaben Waldau, Medicus, Beck a. a. O.). Ursprünglich nur für das christliche Haus bestimmt als Anleitung für Hausväter, ihre Kinder und Hausgenossen mit dem Worte Gottes bekannt und zum Verständniß der Predigt geschickt zu machen, erfuhr diese Arbeit des P. im Lauf der Zeit, besonders im 17. und 18. Jahrhundert, immer zahlreichere Einschaltungen homiletischen, katechetischen und liturgischen Inhalts, so daß aus dem Hausbuch ein vollständiges, die Evangelien und Episteln des Kirchenjahrs nebst Auslegungen und Gebeten, Liedern, Katechismusfragestücken, Beicht- und anderen Predigten umfassendes Kirchenbuch wurde, das in verschiedenen Orten, besonders im Nürnbergischen und Fränkischen, lange Zeit im öffentlichen Gebrauch blieb. Auch als geistlicher Dichter hat sich P. versucht z. B. durch ein Lied über den 147. Psalm: „Lobt den Herrn“ und Anderes.

Ein Verzeichniß seiner Schriften s. bei Jöcher-Rotermund III, 1220. V, 1483. – Ueber sein Leben vgl. Freher, theatr. erud. S. 244. – Zedler, Univ.-Lex. 25, S. 500. – Waldau, neue Beiträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg III, 141 ff. – Fikenscher, gel. Fürstenthum Baireuth. Bd. VII, S. 16 ff. – Medicus, Gesch. der ev. Kirche in Baiern. Erlangen 1863. S. 127 ff. – Beste, Kanzelredner der luth. Kirche II, 280 ff. – Hermann [121] Beck, Erbauungslitteratur der ev. Kirche Deutschlands I. Theil, S. 327 ff. Erlangen 1883. – Kluckhohn, Friedrich der Fromme. S. 265 ff.