ADB:Zezschwitz, Karl Adolf Gerhard von

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Zezschwitz, Karl Adolf Gerhard von“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 143–144, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zezschwitz,_Karl_Adolf_Gerhard_von&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 02:28 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Zevel, Adam von
Band 45 (1900), S. 143–144 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Gerhard von Zezschwitz in der Wikipedia
Gerhard von Zezschwitz in Wikidata
GND-Nummer 118772678
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|45|143|144|Zezschwitz, Karl Adolf Gerhard von|Paul Tschackert|ADB:Zezschwitz, Karl Adolf Gerhard von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118772678}}    

Zezschwitz: Karl Adolf Gerhard von Z., lutherischer Theologe, † 1886. Z. war einer der geistvollsten Vertreter der Disciplin der „Praktischen Theologie“ in Deutschland; seine hauptsächliche Lebensarbeit vollzog er auf der Universität Erlangen. Er stammte aus dem Königreiche Sachsen, wo er am 2. Juli 1825 zu Bautzen in der Oberlausitz geboren wurde; sein Vater war Präsident des kgl. Appellationsgerichts daselbst. Von Ostern 1846 an studirte er in Leipzig Theologie und wurde Harleß’ begeisterter Schüler. Nach Absolvirung seiner theologischen Prüfungen kam er 1852 ins kirchliche Amt als Substitut eines alternden Geistlichen in dem Dorfe Großzschocher bei Leipzig, wo er sich mit Elisabeth v. Gersdorf verheirathete, die aber bald nach der Geburt eines Kindes starb. 1857 (22. Januar) habilitirte er sich als Privatdocent der Theologie an der Universität in Leipzig, nachdem er vorher (1856) von der theologischen Facultät daselbst zum Lic. theol. promovirt worden war; gleichzeitig (1856) war er zum zweiten Universitätsprediger daselbst ernannt worden. Auch hatte er sich wieder verheirathet (mit Julie geb. Meier aus Nürnberg, einer Freundin seiner ersten Frau). Seine Vorlesungen erstreckten sich wesentlich auf [144] neutestamentlich-biblische Themata. Doch fühlte er sich schon 1861 derartig überarbeitet, daß er sich mit seiner Familie von Leipzig wegbegab. In der Stille von Neuendettelsau suchte und fand er Muße, den ersten Band seiner „Katechetik“ herauszugeben. Aber sein lebhafter Geist sehnte sich alsbald wieder nach mündlicher Lehre. Gelegenheit fand er dafür in Vortragscyklen, die er privatim 1863 bis 1865 in Frankfurt a. M., Darmstadt und Basel hielt; dieselben erschienen unter dem Titel „Apologie des Christenthums nach Geschichte und Lehre“ (Lpz. 1866, 2. Aufl. 1868). 1865 wurde er Professor in Gießen, 1866 (als Nachfolger von Theod. Harnack) in Erlangen, von wo er schon vorher zum Dr. theol. h. c. promovirt worden war. Erst jetzt trat er auf die Höhe seines Wirkens und Schaffens. Er lehrte hier die „Praktische Theologie“, dazu Pädagogik und Didaktik, und wurde 1867 Universitätsprediger an Stelle des alternden Thomasius. Vom Katheder und von der Kanzel übte er bald eine starke Zugkraft aus und durch die sorgsame Leitung des homiletischen und katechetischen Seminars erwarb er sich große Verdienste. Daneben rief er 1868 ein theologisches Studienhaus ins Leben, an dessen wöchentlichen Besprechungen er gleichfalls theilnahm. Im J. 1885 legte er das Predigtamt nieder; 1886 am 20. Juli entschlief er sanft.

Als Prediger war Z. ausgezeichnet durch Glaubensfreudigkeit, Originalität der Rede und herzandringende Kraft; populär zu predigen war nicht seine Gabe. (Es erschien von ihm 1860 eine Predigtsammlung; 1864 eine zweite unter dem Titel „Zeugnisse vom guten Hirten“.) In seiner theologischen Richtung folgte er einer so streng lutherischen Auffassung vom Wesen und Wirken der Kirche, daß er nicht bloß die principielle Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern und Angehörigen anderer evangelischen Gemeinschaften entschieden bekämpfte, sondern selbst die Ausnahme- und Nothfälle, wo das Abendmahl dennoch gewährt werden könne (wie z. B. den Lutheranern in der Union), auf das äußerste Maß beschränkt wissen wollte. Er hielt das für Kirchentreue, zu der er sich verpflichtet glaubte. Katholisirenden Tendenzen aber, wie die Vilmar’sche Ueberordnung des Amtes über die Gemeinde, hat er nie das Wort geredet, und wo nicht direct kirchliche Dinge in Frage standen, hat er stets ökumenisch-christlichen Sinn bewährt.

Schriften: Sein Hauptwerk „System der Katechetik“, 1. Bd., Lpz. 1863; 2. Bd., 1. Abth. Lpz. 1864; 2. Aufl. 1871; 2. Abth. 1. Hälfte auch unter dem Titel „Der bibl. Unterricht in der Volksschule“ 1869 u. 74, 2. Hälfte 1872. (Eine Theorie des kirchlichen Unterrichtes im weitesten Umfange.) Was in diesem Werke theoretisch gefordert wird, ist praktisch ausgeführt in seiner Schrift „Die Christenlehre im Zusammenhange“, 3 Abth. 1880–85 (Zehn Gebote, Glaube, Gnadenmittellehre und seelsorgerlicher Confirmandenunterricht). – „System der praktischen Theologie“ (Lpz. 1878); „Lehrbuch der Pädagogik“ (Lpz. 1881). Aus seiner Beschäftigung mit der deutschen Litteratur erwuchsen seine Schriften 1. „Vom römischen Kaiserthum deutscher Nation. Ein mittelalterliches Drama nebst Untersuchungen über die byzantinischen Quellen der deutschen Kaisersage“ (Lpz. 1877); sodann 2. „Das Drama vom Ende des römischen Kaiserthums und von der Erscheinung des Antichrists nach einer Tegernseer Handschrift des 12. Jahrhs.“ (Lpz. 1878); dazu ein Vortrag „Der Kaisertraum des Mittelalters nach seinen religiösen Motiven“ (Lpz. 1877). Die anderen wichtigeren Schriften (Predigten, Apologie) sind oben erwähnt; andere minder bedeutende werden in dem ausführlichen Artikel Th. Ficker’s über Z. [s. unten] angegeben, der hier besonders benutzt ist.

Vgl. Th. Ficker, Art. „Zezschwitz“ in der Realencyklopädie f. Th. und K. 2. Aufl. 18, 427–440. – Allg. ev. luth. Kirchenzeitung, hrsg. v. Luthardt 1886 Nr. 39 u. „Zur Erinnerung an G. v. Zezschwitz“. Lpz. 1887.