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Artikel „Mordeisen, Ulrich von“ von Theodor Distel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 216–218, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mordeisen,_Ulrich_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:15 Uhr UTC)
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Mordeisen: Ulrich v. M., Rechtsgelehrter und Staatsmann. Derselbe wurde am 13., nicht am 3. (v. Stintzing) Juli 1519 zu Leipzig geboren („früh 5 Min. nach 3 Uhr“). Ueber den Ursprung seiner Familie gehen die Ansichten auseinander. Hier sei nur bemerkt, daß ein über seinen Nachlaß aufgenommenes Verzeichniß im kgl. sächs. Hauptstaatsarchiv neben einem deutschen Wappenbrief Karls V. und einem Wappen- und Rathsbrief desselben Kaisers auch einen Wappenbrief Friedrichs IV. von 1487 für Mordeisen’s Vorfahren enthält.) M. bediente sich des Adels übrigens nicht. Sein Vater scheint der Bürger zu Leipzig gleichen Namens, sein Großvater der Handelsherr Lorenz gebürtig aus Hof, Stifter stattlicher Legate für Kirchen und Klöster, seine Mutter Margarethe Magdalene von Brockdorff gewesen zu sein. Mordeisen’s Bruder hieß Lorenz und saß auf Reichenbach. – Bereits im Wintersemester 1534/5 bezog M. die Universität Wittenberg und wurde eifriger Schüler Hieronymus Schürpffs. Schon 1539 soll er daselbst – an „Jena“ (Friedberg) war damals noch nicht zu denken – zum Licentiaten promovirt worden sein. Alsbald finden wir ihn in Padua in der Schule des Marianus Socinus d. J., dessen glänzendes Zeugniß [217] in dem bekannten Briefe an Schürpff auf uns gekommen ist. Erst 1543, nachdem M. sich einige Zeit am Reichskammergericht zu Speyer als Praktiker bethätigt hatte, ging die Doctorpromotion in Wittenberg vor sich, wenigstens schreibt der Kanzler Gregor Brück in jenem Jahre an den Kurfürsten, daß M. darüber sehr unwillig sei, weil der von ihm erbetene und zugesagte Hirsch beim Doktorate ausgeblieben sei. In der Disputation, so fährt Brück fort, hat sich M. sehr gut erwiesen und verspricht ein trefflicher Mann zu werden. M. richtete zunächst ein Repetitorium ein und wurde im August desselben Jahres an Stelle des oft verhinderten und anderweit beschäftigten Sindringer („Pleicardus“) Lector im Rechten, mit 200 Gulden jährlichem Gehalt. Am Hofgericht war M. schon vorher mit 30 Gulden Jahresgehalt angestellt. 1545 bekleidete M. das Rectorat, Ordinarius war er jedoch in Wittenberg, wie von Manchen behauptet worden ist, nicht. Schon 1546 scheint M. Wittenberg verlassen zu haben: es wird für seine Stelle Dr. Theodor Scheffenstedt als Lector der Universität durch Brück empfohlen. Später finden wir M. in Moritz’ Diensten, als dessen Kanzler er bis nach dem heldenvollen Tode seines Herrn rühmlichst wirkte. Moritz begnadete ihn (10. April 1550) mit 4000 Gulden und gewährte ihm fortan 500 Gulden jährliche Besoldung, 100 Gulden Kostgeld, 30 Klafter Brennholz, 2 Fäßchen gesalznes Wildpret, 1 Faß guten Landwein; außerdem bezog M. die Hälfte der Kanzleigefälle. Moritz gab ihm u. A. auch die Anwartschaft auf das Gut Dornreichenbach, welches M. 1558 übernahm und Kaiser Ferdinand begnadete ihn für seine Dienste auf der Wahlhandlung zu Frankfurt mit 5000 Gulden. Christian Thomasius hat behauptet, das Leben am Hofe habe M. besonders zugesagt. Dem ist jedoch nicht so, M. sehnte sich vielmehr nach dem Lehrstuhl zurück und so kam er an des Ordinarius Ludwig Fachs († 6. April 1554) Stelle im Ordinariat und im Oberhofgericht. Diese Bestallung (vom 9. April 1554) wurde bereits am 14. Juli desselben Jahres, als M. ernstlich vom Hofe beurlaubt zu werden begehrte, geändert. Der Kurfürst hielt dafür, daß M. ihm zu Hof nützlicher, denn anderswo dienen könne und so ernannte er ihn zu seinem (Kammer-)Rath (nicht zum Kanzler, wie man hin und wieder liest, August’s Kanzler war schon bei Lebzeiten Moritz’ Hieronymus Kysenweter). M. willigte ein am Hofe zu Dresden bei gleichgünstigen Bedingungen wie unter Moritz, so lange es dem Kurfürsten gefalle, wesentlich zu sein, und heißt es in dem Decret weiter „doch soll er nicht verpflichtet sein alle Tage durchaus in gemeinen Sachen in der Rathstube zu sein, sondern auf unsere eigen Händel und was Wir ihm sonderlich befehlen werden vornehmlich warten und beschieden sein. Wan wir ihn auch außerhalb des Hoflagers zu Uns erfordern, soll er sich gehorsamblich zu Uns verfügen, Unser Gemüth und Willen vernehmen und verrichten …“. Es ist hier nicht Raum, auf die Einzelheiten dieser Bestallung, insbesondere die „Ergötzlichkeit“ für die Dienstwartung einzugehen, doch im Hinblick auf das spätere Mißgeschick Mordeisens sei noch erwähnt, daß er jeder Zeit freien Zutritt zum Kurfürsten erhielt und, „da Jemand, wer der were, sich unterstehen würde, ihn bei Uns zu verunglimpfen, einzutragen oder sonst etwas aufzulegen, das ihm zu Nachtheil gereichen möchte, demselbigen wollen Wir seiner unerhört keine Statt noch Glauben geben, Uns auch zu keiner Ungnad noch Abgunst wider ihn bewegen lassen, sondern seine Antwort jederzeit gnädigst von ihm vernehmen.“ An Mordeisen’s Stelle im Oberhofgericht kam laut Rescript vom 11. December 1555 interimistisch der Wittenberger Ordinarius Dr. Laurentius Lindemann, während Modestinus Pistoris schon vorher Viceordinarius in Leipzig geworden war und das wirkliche Ordinariat noch bei Mordeisens Lebzeiten erhielt (1565). Nach Pistoris’ Tode (1565) wurde Jakob Thomingk Ordinarius, und überlebte dieser M. um vier Jahre (Friedberg gibt fälschlich 1564 als Todesjahr an). Schon 1563 argwöhnte August, als er vor seiner [218] Schuldenlast erschrak, daß die Räthe H. von Ponikau und M. „sich zum besten gewärmt“ hätten, bald darauf scheiterte, angeblich durch Mordeisens Schuld ein Heirathsproject zwischen dem Bruder der Kurfürstin Anna und einer österreichischen Prinzessin, so daß M.’s „Hin- und Wiederwaschen“ gerügt sowie ihm vorgeworfen wurde, daß er die dänische Sache beim Kaiser nicht treulich wider Schweden gefördert habe. Die Zeit seiner Regierung, schreibt der cholerische Kurfürst, habe er keinen „schädlicheren groben, falschen und unverschämten Mann gehabt, den eben diesen Fiegel“. M. wurde seiner Aemter entsetzt und bestrickt. Ohne Erlaubniß durfte er sein am Markte (Kreuzecke) zu Dresden belegenes Haus, welches ihm 1561 der Kurfürst hatte bauen helfen, nicht verlassen (Revers vom 12. Mai 1565). Insbesondere interessirte den Kurfürsten Mordeisens Correspondenz mit Dr. Zasius. M. gab dieselbe auf Befehl an den Kurfürsten und schrieb, daß er nicht heucheln könne, sondern offnen, ja zu offnen Herzens sei. Die Ungnade des Kurfürsten dauerte lange fort (Kneschke meint zwar, daß schon 1566 sich Mordeisen’s Unschuld herausgestellt habe), und wurde M. bei Hofe immer und immer wieder verdächtigt. In großer Anzahl liegen Bittgesuche Mordeisens an den Kurfürsten und die Kurfürstin vor. Nach einem Jahre willigte endlich August auf Vorbitte seiner Gemahlin darein, daß M. die Kreuzkirche besuchen könne, wenn er stets rechtzeitig wieder heimkehre. M. bedankt sich für die Gnade, stellt aber dem Kurfürsten gleichzeitig unter Seufzen vor, daß er seit zwei Jahren nicht auf sein Gut (Klein-)Waltersdorf bei Freiberg gekommen sei, dort herrsche Unordnung und den Kindern fehle die Mutter (Ursula, geb. Scherl aus Leipzig, war 1564 gestorben). Später, als die Pest grassirte, wiederholte er seine Bitte, doch wurde ihm nur erlaubt, vorübergehend anderweit im Lande zu wohnen, nur nicht in Waltersdorf. M. ging nach Freiberg. Erst 1568 wurde des „verdrückten Ritters“, wie sich M. nennt, traurige Lage abermals durch Fürsprache der Kurfürstin insofern gebessert, als er zwischen Dresden und Waltersdorf hin und her reisen durfte. (Das Jagen auf den Gütern wurde ihm nicht erlaubt.) Auch der Landgraf Wilhelm von Hessen verwandte sich bei August für M., doch erlangte derselbe nur so viel, daß die Reiseerlaubniß für M. auch auf seine übrigen Güter und Dörfer erstreckt wurde. Am 8. Februar 1570 schritt M. zur zweiten Ehe „wahrlich, schreibt er, aus keinem Fürwitz, sondern von wegen meiner schweren Haushaltung“. Er führte seines Kollegen Modestinus Pistoris Wittwe Magdalena, geb. Ziegler, heim. Im Jahre vorher hatte sich Hartmann Pistoris mit der ältesten Tochter Mordeisens, Barbara, vermählt. Endlich nach siebenjähriger schwerer Bestrickung und darin geleistetem Gehorsam ließ der Kurfürst größere Milde gegen M. walten, er achtete ihn wieder für einen getreuen Unterthan, ließ ihn wieder „schreiben“, auch im Lande frei reisen; dabei dauerte die Bestrickung ruhig fort. Wenige Monate darauf, am Juni 1572, spät Abends, verschied der treue Diener zu Dresden. Er hinterließ aus erster Ehe zwei Söhne: Joachim (Pathe der Kurfürstin), Rudolph und vier Töchter: Barbara (Pathe der Kurfürstin und von derselben die „schwarze Magd“ genannt), Margarethe, Justine und Elisabeth. Aus zweiter Ehe stammte eine Tochter Marie und ein nachgeborner Sohn, Namens Ulrich. In dem Eingangs erwähnten Inventar seines Nachlasses ist auch ein Verzeichniß seiner reichen Bibliothek enthalten. Gedruckte Arbeiten hat M. nicht hinterlassen. In der Kirche zu Kleinwaltersdorf, am Altar, unter welchem M. begraben liegt, lesen wir die in Wilisch’s Kirchenhistorie von Freiberg II, 393 und in Victor Schwabe’s 1885 erschienener Chronik der Orte Kleinwaltersdorf und Kleinschirma S. 23/24 (vgl. auch Steche, Beschr. Darstellung etc. III, 102) richtig mitgetheilten Distichen. (Benutzt wurden neben der einschlägigen Litteratur die Staatsarchive zu Dresden und Weimar. In der Personalregistrande (XVI, 5 Bl. 184) des königl. sächs. Hauptstaatsarchivs[WS 1] werde ich, da hier der Raum mangelt, genauere Citate niederlegen.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Hauptstaatsarchvs