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Artikel „Mierevelt, Michiel Jansz“ von Joseph Eduard Wessely in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 713–714, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mierevelt,_Michiel_Jansz&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 03:14 Uhr UTC)
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Mierevelt: Michiel Jansz M., berühmter Bildnißmaler, geb. zu Delft am 1. Mai 1567, † ebenda am 27. Juli 1641. Sein Vater war Goldschmied und Stecher; da der Sohn frühzeitig Talent für die Kunst offenbarte, gab er ihn zu einem Schüler Blockland’s, später zu diesem selbst in die Lehre. Letzterer war in Utrecht thätig. Seine ersten Kunstproben bestanden in zwei Stichen, „Die Samariterin am Brunnen mit Jesus“ und „Judith mit dem Haupt des Holofernes“, die indessen sehr selten sind. Bei Blockland blieb er etwas über zwei Jahre, malte dann bei seinem Vater Stillleben, Küchenräume, Vasen, und wurde schließlich Bildnißmaler, als welcher er sich zu einem der besten Künstler dieses Fachs emporschwang. Delft, als Sitz der Statthalter, zog eine Menge der berühmtesten Persönlichkeiten in seine Mauern und M., einmal als tüchtiger Porträtmaler bekannt, hatte vollauf zu thun, um die Helden des Tages mit ihren Damen zu abconterfeien. Die berühmtesten Männer der Zeit, feste und tapfere Helden, die sich im Kampfe für die Freiheit des Vaterlandes bewährt haben, treten uns in seinen Bildern wie lebendig entgegen und vor diesen Bildern versteht man erst recht die Geschichte jener langwierigen Kämpfe. Als sich Karl I. von England mit Henriette, der Tochter Heinrichs IV., verheirathet hatte, lud er unseren Künstler ein nach London zu kommen, um das königliche Paar zu malen; die Pest, die damals in London wüthete, hielt aber M. ab, dem ehrenvollen Rufe zu folgen. Nicht alle Bilder des Künstlers stehen auf derselben Höhe der Meisterschaft; da derselbe sehr viele Aufträge bekam, auch die Zahlung nicht gleich hoch war, so artete seine Kunst oft in handwerksmäßige Fabriksarbeit aus, bei der er vielleicht nur den Kopf ausführte und das Andere Schülerhänden [714] überließ. Sandrart sagt, daß M. mehr als 10 000 Porträts gemalt habe; diese unglaubliche Menge reducirt Houbraken auf 5000 und auch dies scheint noch etwas übertrieben. Für ein gewöhnliches Brustbild wurden ihm gewöhnlich 150 Gulden gezahlt, für größere Bilder mit vollendeterer Ausführung natürlich bedeutend mehr. Einzelne berühmte Persönlichkeiten wiederholte er mehrmals oder ließ sie copiren, um sie gleichsam am Lager zu haben. Rathhäuser haben viele derselben für ihren Sitzungssaal erworben. Der Poet Corn. de Bye vergleicht darum M. mit einer Ameise, die immer mehr Körner für die Zukunft sammelt. Wenn M. vielleicht auch seinen Zeitgenossen geizig erschien, sein Testament hat diesen Makel völlig getilgt, da er an 4400 Gulden an wohlthätige Anstalten vermachte. M. wurde auch im Haag viel beschäftigt, was seine häufige Anwesenheit daselbst bedingte. Damit würde sich erklären, warum der Meister im J. 1625 in die Lucasgilde daselbst aufgenommen wurde. Seine Bilder kommen in öffentlichen Sammlungen ziemlich häufig vor. Die meisten und schönsten besitzt das Ryk’s Museum in Amsterdam und die Gallerie im Haag. Im ersteren befinden sich die Bildnisse von den Oraniern: „Wilhelm I.“ (gestochen von Tanjé), „Moritz“, „Friedrich Heinrich“ (gestochen von Tanjé), „Philipp Wilhelm“ (gestochen von Delff, seinem Schwiegersohne); ferner von „Jan van Oldenbarneveldt“ (gestochen von Delff) und „Jac. Cats“ (gestochen von demselben und von J. W. Kaiser). Im Haag findet man dieselben oranischen Porträts, außerdem „Friedrich Heinrich mit seiner Gemahlin Amalia von Solms“ und die „Louise v. Colligny“ (gestochen von J. C. Visscher). Berlin besitzt das Bildniß des „Jan Uytenbogaert“ (1632) und ein unbekanntes männliches Porträt (1627). In Schwerin ist das Bildniß seines Schwiegersohnes, des Stechers Wilh. Delff (1638) und zwei Seitenstücke eines Mannes und dessen Frau. Die Pinakothek in München bewahrt zwei unbekannte männliche Bildnisse, und Braunschweig zwei Paar, je ein Mann mit seiner Frau (1627, 1628). Die besten Künstler der Zeit haben unseres Künstlers Bilder gestochen; so hatte der bereits genannte Wilhelm Delff, der 1618 dessen Tochter Geertruyt geehelicht hatte, allein 54 Bildnisse desselben gestochen. Neben dem bereits genannten P. Tanjé sind ferner zu nennen: B. à Bolswert, W. Hondius, J. Matham, J. Muller, J. Suyderhoef, W. Swanenburg. Diese haben wahre Meisterwerke geliefert, welche den Charakter der Kunst Mierevelt’s getreu wiedergeben. Der Künstler hatte auch zwei Söhne, die sich der Kunst widmeten: der ältere, Jan, starb sehr frühzeitig, der andere, Pieter, war geboren den 5. October 1595, wurde Bildnißmaler und trat ganz in die Fußstapfen seines Vaters, dessen Zögling er war. Sein Hauptbild, „Die anatomische Vorlesung“, die sich in Delff befindet, hat er in Gemeinschaft mit seinem Vater 1617 ausgeführt. Außerdem werden ihm in Dresden drei, in Kopenhagen zwei und in Braunschweig ein Bild zugeschrieben. Er starb am 11. December 1623.

van Mander. Houbraken. Immerzeel. Kramm. Havard (in Gazette des b. a. 1878). Franken (W. Delff).