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Artikel „Möhler, Johann Adam“ von Anton Lutterbeck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 59–61, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%B6hler,_Johann_Adam&oldid=- (Version vom 8. Oktober 2024, 05:19 Uhr UTC)
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Möhler: Johann Adam M., berühmter katholischer Theologe, geb. am 6. Mai 1796 zu Igersheim unweit Mergentheim in Württemberg, † am 12. April 1838 zu München. M. wurde durch seinen Vater, einen wohlhabenden Gastwirth, in den Stand gesetzt zu studiren. Er erhielt auf dem Gymnasium zu Mergentheim und auf dem Lyceum zu Ellwangen seine Gymnasialbildung und studirte dann von 1815 an am letztgenannten Orte, seit 1817 an der Universität zu Tübingen, seit 1818 als Zögling des dortigen Wilhelmsstifts unter Leitung der Professoren Drey, Hirscher, Herbst und Feilmoser die Theologie mit ausgezeichnetem Erfolg. Am 18. September 1819 erhielt er die Priesterweihe und widmete sich darauf ein Jahr lang der Seelsorge. Im Herbst 1820 wurde er in das mit dem Wilhelmsstift verbundene Präparandeninstitut für das Gymnasiallehramt aufgenommen und schon nach einigen Monaten zum Repetenten der Anstalt ernannt. Hier beschäftigte er sich fast ausschließlich mit dem Studium der älteren Litteratur und besonders mit der altgriechischen Philosophie und Geschichte. Zugleich war dieses hauptsächlich die Zeit, wo er die Schärfe und Klarheit des Urtheils, die Feinheit des Ausdruckes, die Gewandtheit der Darstellung und überhaupt die höhere formelle Bildung sich aneignete, die ihm später in seinen theologischen Werken so gute Dienste leisten sollte. Schon wollte er sich ganz der Philologie widmen und bereitete sich vor, sich um eine grade vacante Gymnasiallehrerstelle zu bewerben, als ihm der Antrag gemacht wurde, sich zur Stelle eines Privatdocenten an der Universität für das damals erledigte Lehrfach der Kirchengeschichte zu melden. Da er sich dazu und zu einer vorher zu unternehmenden litterarischen Reise bereit fand, wurde er am 8. September 1822 dazu designirt. Er besuchte auf dieser Reise die Universitäten zu Göttingen, Berlin, Prag, Wien, Landshut etc. und unternahm es bald nach seinem Auftreten (1823), die erste öffentliche Probe seiner Gesinnung und Leistungsfähigkeit abzulegen in seiner Schrift „Die Einheit der Kirche, oder das Princip des Katholicismus“, Tübingen 1825. Wie gut die Schrift aufgenommen wurde, zeigt seine bald nachher (1826) erfolgende Ernennung zum außerordentlichen Professor. Nicht lange darauf erschien seine zweite Schrift „Athanasius der Große und die Kirche seiner Zeit im Kampfe mit dem Arianismus“, 2 Bde., Mainz 1827. Diese Schrift zeigte durch ihre patristische Gelehrsamkeit und insbesondere durch ihre reichen Auszüge aus den Werken des Athanasius eine gediegene Kenntniß der alten Zeit und begründete eine für ihn sehr ehrenvolle Berufung nach Breslau (1829). Er lehnte jedoch dieselbe auf den ausdrücklichen Wunsch des Ministeriums [60] ab, wurde aber dafür zum ordentlichen Professor und von der theologischen Facultät zu Tübingen zum Doctor der Theologie ernannt. Jener ältere confessionelle Kampf führte ihn auf den nicht minder heftigen und in der Sache noch weit umfassenderen Kampf der neueren Zeit, der ihm zunächst in seinen Vorlesungen über die Unterscheidungslehren der Katholiken und Protestanten näher trat. Das führte ihn zu seiner dritten und bei weitem wichtigeren Schrift „Symbolik oder Darstellung der dogmatischen Gegensätze der Katholiken und Protestanten nach ihren öffentlichen Bekenntnißschriften“, Mainz 1832, die alsbald Aufsehen erregte, in den Jahren 1832–1838 fünf Auflagen erlebte und mehrere Entgegnungen hervorrief, besonders die Schrift von Professor F. C. Baur: „Der Gegensatz des Katholicismus und Protestantismus nach den Principien und Hauptdogmen der beiden Lehrbegriffe“, Tübingen 1834, welcher letzteren M. seine Schrift „Neue Untersuchungen der Lehrgegensätze zwischen den Katholiken und Protestanten“, Mainz 1834–1835, entgegensetzte. In diesen drei Schriften findet man von dem großen Kampf der letzten drei Jahrhunderte die ausführlichste, beiderseits mit den betreffenden Belegstellen begleitete Darstellung, wovon wir nur bemerken wollen, daß Baur von seinem Gegner nachgewiesen ist, daß er mehrere entscheidende Stellen aus den symbolischen Büchern seiner eignen Partei unbeachtet gelassen hat. Dieses findet zum Theil wol seine Erklärung darin, daß Baur bekanntlich nicht blos den Gegensatz zwischen dem Katholicismus und Protestantismus, sondern auch den Gegensatz zwischen dem alten und neuen Protestantismus aufs schärfste darzustellen bemüht gewesen ist, so daß er z. B. selbst von dem neuen Testament nur drei oder höchstens vier kleinere Theile als ächt beibehalten hat. So findet auch überhaupt bei Baur die auf einigen leitenden Grundsätzen beruhende, von anderen aber absehende Kritik, bei M. dagegen das allgemeine historische Bestreben als das alles Bestimmende statt, und man wird darnach dem Einem wie dem Anderen sein Recht zukommen lassen können. In der Aufregung aber, in die M. dadurch versetzt ward, ging ihm die Freude des Lebens in Tübingen verloren und er verlangte von da fort zu kommen. Preußen suchte ihn deshalb für Bonn oder Münster zu gewinnen; allein Hermes’ Schüler und der Erzbischof Spiegel zu Köln sprachen sich dagegen aus, während Baiern ihn nach München zu ziehen suchte. Diesem Vorschlag folgte er, und so wurde er durch das Decret vom 30. April 1835 an die Maximilians-Universität zu München als Professor der neutestamentlichen Exegese versetzt. Seine Brust war jedoch sehr angegriffen und auch die damals ausgebrochene Cholera wirkte nachtheilig auf ihn, so daß er im Sommer 1837 seine Vorlesungen aussetzen und in Meran Erholung suchen mußte. Erst im Herbst kehrte er zurück. Seine Kränklichkeit aber war noch nicht ganz gehoben und auch die Abführung des Erzbischofes Clemens August v. Droste von Köln nach Minden griff ihn sehr an. Am 8. December 1837 machte ihm Preußen den Antrag, Professor in Bonn zu werden und ein Canonicat in Köln anzunehmen; denn man wollte in Preußen die Hermesianer damals fallen lassen und die Aufregung am Rhein wieder einigermaßen zu beschwichtigen suchen. Er lehnte jedoch auch diesmal den Antrag ab, zumal sein leidender Gesundheitszustand ihm die Annahme unräthlich machte. Er konnte im Anfange des Jahres 1838 nur noch einige Male den Katheder besteigen und die Aerzte riethen von jeder Anstrengung ab, indem sie zugleich ein wärmeres Klima für ihn empfahlen. Das bestimmte den König, ihm ohne sein Nachsuchen die Stelle eines Domdecans zu Würzburg zu geben, am 22. März 1838. Dadurch wurde er nur noch kränker, legte sich alsbald wieder zu Bette und starb drei Wochen später am 12. April 1838, nachdem er sich vorher zum Tode wohl vorbereitet hatte. Er wurde am Charsamstag begraben und der Stadtmagistrat sorgte dafür, daß ihm ein schönes [61] Denkmal auf dem Kirchhofe gesetzt wurde, wozu halb Deutschland seine Beiträge lieferte. Nach seinem Tode erschienen noch „Möhler’s gesammelte Schriften und Aufsätze, herausgegeben von I. Döllinger“, Regensburg 1839, 2 Bde., und „Möhler’s Patrologie, mit Ergänzungen herausgegeben von F. X. Reithmayr“, 1. Bd., Regensburg 1840. M. hatte noch die Absicht gehabt, seine Symbolik umzuarbeiten, besonders die Lehre von den Sacramenten, aber er kam nicht mehr damit zu Stande. Nach Nachschriften von Zuhörern hat P. B. Gams Möhler’s Vorlesungen über Kirchengeschichte (sehr unvollkommen) herausgegeben, 1867 ff.

Biographie (von F. X. Reithmayr) in den späteren Auflagen der Symbolik. Artikel (von demselben) im Freiburger Kirchenlexikon 7, 189, und (von Wagenmann) in der Realencyklopädie für prot. Theol. 10, 123. – J. A. Möhler. Ein Lebensbild von Balth. Wörner. Mit Briefen u. kleinen Schriften Möhler’s herausgeg. von P. V. Gams. 1866 (enthält auch ein Verzeichniß seiner zahlreichen Beiträge zu der theol. Quartalschrift).