ADB:Feilmoser, Andreas Benedict

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Feilmoser, Andreas Benedict“ von Langen. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 604–605, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Feilmoser,_Andreas_Benedict&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 02:17 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Feil, Joseph
Nächster>>>
Fein, Eduard
Band 6 (1877), S. 604–605 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand August 2014, suchen)
Andreas Benedict Feilmoser in Wikidata
GND-Nummer 116437480
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|604|605|Feilmoser, Andreas Benedict|Langen.|ADB:Feilmoser, Andreas Benedict}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116437480}}    

Feilmoser: Andreas Benedict F., am 8. April 1777 zu Hopfgarten in Tirol geboren, erhielt nach dem frühen Tode seines Vaters, eines Landmannes, den ersten Unterricht von seiner ernst gesinnten, religiösen Mutter. Durch den Hülfsgeistlichen seines Geburtsortes weiter vorbereitet, studirte er seit 1789 am Gymnasium zu Salzburg und bezog als 17jähriger Jüngling die Universität Innsbruck. Nach Absolvirung des zweijährigen philosophischen Curses trat er in das Benedictinerstift zu Fiecht in Tirol ein und studirte bereits während des Noviciates die orientalischen Sprachen. Dieses Studium setzte er dann nach vollendetem Noviciat in dem Benedictinerkloster zu Villingen im Schwarzwald unter Leitung Georg Maurer’s fort, wie er auch an Gottfried Lumper einen wohlwollenden und anregenden Lehrer auf dem gesammten Gebiete der Theologie, namentlich aber der Kirchengeschichte erhielt. Schon mit 23 Jahren wurde er zum Lector der Exegese des Alten und Neuen Testamentes in Fiecht ernannt, bald nachher zum Priester geweiht und mit der Leitung des Noviciats betraut. Zwei Jahre später erhielt er das Lehramt für Moraltheologie und wieder nach Ablauf eines Jahres das für Kirchengeschichte. Der Heterodoxie verdächtigt, ward er seines Amtes als Novizenmeister, 1806 auch seiner Professur entsetzt und als Hülfsgeistlicher an der seinem Kloster incorporirten Pfarrei Achenthal verwendet. Doch noch in demselben Jahre übertrug ihm die baierische Regierung die Professur der orientalischen Sprachen und der alttestamentlichen Wissenschaft an der Universität Innsbruck, wo er 1808 zum Doctor der Theologie creirt wurde und auch die Professur der neutestamentlichen Exegese, eine kurze Zeit lang außerdem noch die der Kirchengeschichte versah. Dann gerieth er durch Andreas Hofer in Gefangenschaft, kehrte aber bald an die mittlerweile in ein Lyceum verwandelte Universität Innsbruck zurück. Nun hatte er namentlich lateinische und griechische Sprache und Litteratur zu lehren. 1817 ward er von neuem mit der Lehrkanzel der neutestamentlichen Exegese betraut, aber wiederholten und gesteigerten Angriffen auf seine Orthodoxie im J. 1820 durch eine ehrenvolle Berufung als Professor der neutestamentlichen Exegese an die katholisch-theologische Facultät zu Tübingen entzogen. Hier wirkte er ein ganzes Decennium hindurch mit ungeschwächter Kraft, unangefochten, von Collegen und Schülern wegen seiner wissenschaftlichen Tüchtigkeit und seines reinen, liebenswürdigen Charakters allgemein geschätzt. In Folge einer längeren Lungenkrankheit starb er friedlich und gottergeben am 20. Juli 1831. – Die Hauptverdienste Feilmoser’s liegen auf dem Gebiete der neutestamentlichen Wissenschaft. Leider sind schriftliche Aufzeichnungen von seinen exegetischen Vorlesungen nicht vorhanden. Auch hat er zu Lebzeiten keinen biblischen Commentar veröffentlicht. Dagegen ist sein Hauptwerk die „Einleitung in die Bücher des neuen Bundes für die öffentlichen Vorlesungen“, 1810, 2. Aufl. 1830. Heutzutage freilich durch die inzwischen äußerst lebhaft gepflogenen Verhandlungen über diesen Gegenstand überholt, bleibt das gelehrte und fleißig gearbeitete Werk nicht blos ein dauernder Beweis für die Erudition und die streng wissenschaftliche Methode des Verfassers, sondern auch aus dem Grunde immer noch brauchbar, weil F., gleich weit von beiden Extremen entfernt, mit Scharfsinn und Vorsicht Sicheres und Unsicheres stets gewissenhaft von einander scheidet. Von ausschweifendem Conjecturiren zu nüchterner und besonnener Kritik zurückgekehrt, wird die Zukunft manches von den Feilmoser’schen Forschungen wieder anerkennen, was jetzt vielleicht [605] Vielen als antiquirt erscheint. Die Katholiken freilich, sofern sie an dem vaticanischen Concil und dessen schroffer Inspirationstheorie festzuhalten entschlossen sind, werden auf den Gebrauch der Feilmoser’schen Waffen in dem Kampfe gegen den Rationalismus verzichten müssen. Denn gerade eine freiere Auffassung der Lehre von der biblischen Inspiration ist es, von welcher aus F. die destructiven Tendenzen mit Erfolg bekämpft. Er denkt sich unter der Inspiration der neutestamentlichen Schriften blos negativ die Bewahrung vor wesentlichen, die Lehre Christi aufhebenden Irrthümern. Hierdurch wird er in den Stand gesetzt, die streng historische Methode auf die Auffassung der neutestamentlichen Bücher anzuwenden, zu unterscheiden, was in ihnen zeit- und ortsgeschichtliche, vorübergehende und was ewig bleibende Bedeutung besitzt. Zu jenem rechnet er beispielsweise und namentlich die Erzählungen von den Besessenen. Ueber letzteres äußert er sich S. 664: „Die christliche Glaubens- und Sittenlehre erscheint jetzt in einer ziemlich veränderten Darstellung; die Theologen und Philosophen der Mittelzeit haben sie oft durch Untersuchungen und Grundsätze, die ihrem Geiste fremd sind, verunstaltet; aber eben diese Behandlungen, die sie erfahren mußten, haben sehr vieles zu ihrer Aufklärung und Sichtung beigetragen. Auch in Zukunft wird diese Läuterung immer fortgehen; diese in der Natur des menschlichen Geistes gegründete Forderung wird von den apostolischen Schriften an mehreren Stellen vernehmlich genug ausgesprochen. Man denke aber ja nicht, daß diese Aufhellung einmal in eine bloße Verneinung übergehen könne. Was die im Christenthum liegenden Vernunftwahrheiten betrifft, so wird bei allen Umwandlungen der Begriffe das Wesentliche davon, die Lehre von dem Dasein des einzigen Gottes, von der Freiheit des menschlichen Willens und von der Unsterblichkeit der Seele und die Hauptsache der evangelischen Sittenlehre, welche einen übersinnlichen, über alles Irdische erhabenen Zweck und Beweggrund zum Handeln, Achtung der Würde des Vernunftwesens und Behandlung aller Menschen als Selbstzweck fordert, immer und überall übrig bleiben, weil diese Stücke nicht auf zufällige, örtliche oder zeitliche Bedingungen, sondern auf die wesentlichen Forderungen der vernünftigen Natur gegründet sind.“ Außer der Einleitung zum Neuen Testament und vielen kleineren Abhandlungen und Recensionen in den Annalen für österreichische Litteratur und Kunst und in der Tübinger theologischen Quartalschrift veröffentlichte F. in den J. 1803 u. 4 nach damaliger Sitte als Disputirstoff für die Studirenden Thesen aus der christlichen Sittenlehre, den biblischen Wissenschaften und der Kirchengeschichte, welche eben dem bischöflichen Ordinariate von Brixen Veranlassung boten, gegen den freisinnigen, kritisch durch Maurer und Lumper, philosophisch durch Kant angeregten, jungen Professor einzuschreiten. Einem Auszug der hebräischen Grammatik von Jahn (1812) ließ er dann auf die gegen seine Orthodoxie gerichtete anonyme Schrift: „Die Lehrweisheit, in einem Beispiele den katholischen Theologen zur Würdigung vorgelegt“, 1818, die Vertheidigungsschrift folgen: „Die Verketzerungssucht, in einem Beispiel den katholischen Theologen zur Würdigung vorgelegt“, 1820.

Nekrolog in der Tübinger theol. Quartalschrift 1831, S. 744. Felder, Gelehrtenlex. I. 216. N. Nekrol. 1831, Th. II. S. 644. Wetzer u. Walter[1], Kirchenlex. XII. 348.
Langen.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 605. Z. 8 v. u. l.: Welte (st. Walter). [Bd. 7, S. 796]