ADB:Johann Ludwig (Fürst von Nassau-Hadamar)

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Artikel „Johann Ludwig v. Nassau-Hadamar“ von Ernst Joachim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 258–260, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Ludwig_(F%C3%BCrst_von_Nassau-Hadamar)&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:39 Uhr UTC)
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Johann Ludwig v. Nassau-Hadamar, jüngster Sohn Johann des Aelteren von dessen dritter Gemahlin Johannette v. Sayn-Wittgenstein, geb. den 12. August 1590. Erzogen auf der Akademie zu Herborn, studirte er von 1602–1605 zu Heidelberg, Sedan und Genf. Reisen an die Königshöfe von Frankreich und England, sowie nach Holland, wo er als Hauptmann auf kurze Zeit Kriegsdienste nahm, vollendeten seine Bildung. Bei dem Tode seines Vaters (1606) noch minderjährig, kam er unter Vormundschaft und erhielt in der Brudertheilung vom 31. März 1607 das Hadamarische und Antheile an [259] Altweilnau, Camberg, Kirberg und der Esterau und vereinbarte am 8. April auch einen Erbvertrag mit den Brüdern. Er begab sich darauf von Neuem auf Reisen, und zwar durch Deutschland nach Ungarn und zurück nach Holland und hielt sich nach der Rückkehr (1609) am Hofe des Landgrafen Moritz v. Hessen-Kassel auf. 1610 betheiligt er sich als Freiwilliger an der Belagerung von Jülich. – 1612 finden wir ihn zu Frankfurt bei der Krönung des Kaisers Matthias und kurze Zeit darauf in England als Begleiter seines Jugendfreundes Friedrich V. von der Pfalz auf dessen Brautfahrt. In das J. 1614 fällt seine Theilnahme an dem Feldzuge der Niederländer gegen den spanischen General Spinola – seine letzte Waffenthat: denn er ward weniger zum Kriegshelden, als zu einem gewandten Diplomaten geboren. 1617 trat er in die Ehe mit Ursula v. Lippe-Detmold. Vom J. 1619 an wird sein Land Tummelplatz der verschiedenartigsten Kriegsvölker, und alle Gräuel des dreißigjährigen Krieges haben sich in demselben abgespielt. Diese Drangsale vermochte er nur theilweise durch Bildung des Landesausschusses und eigenes muthvolles Auftreten, mehr noch durch diplomatische Verhandlungen, Geldopfer und Fürbitten, z. B. bei Tilly und dem Schwedenkönig Gustav Adolf, aber immer nur mit geringem Erfolge abzuwenden. Wegen der Erfüllung seiner Lehnspflichten gegen den von der kaiserlichen Partei als Rebell verabscheuten Pfalzgrafen zur Zeit seines Winterkönigthums wurde J. L. zugleich mit den Grafen Ernst Casimir von Nassau-Diez und Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg im J. 1628 auf die Proscriptionsliste gesetzt und auf kaiserlichen Befehl sollten ihre Lande der Confiscation anheimfallen. Da wurde er von den Bedrohten ausersehen, nach Wien zu gehen, um dort durch Verhandlungen und Bitten diese Gefahr abzuwenden (1629). Dort am Kaiserhofe gelang es den besonderen Bemühungen des kaiserlichen Beichtvaters, P. Lämmermann, den Grafen in den Schooß der katholischen Kirche zu führen, worauf er, mit der Verzeihung des Kaisers für sich und seine mitcompromittirten Anverwandten und dem Range eines kaiserlichen Kämmerers zurückkehrend, unter Berufung von Jesuiten den Katholicismus in seinem Lande einführte, wenn auch nicht unter Anwendung von so viel Gewalt, wie gleichzeitig in Siegen seitens Johanns des Jüngeren. 1631 begegnen wir dem Grafen im Gefolge des Erzbischofs von Trier zu Regensburg auf dem Kurfürstentage, während in das Jahr 1632 eine Audienz bei Gustav Adolf in Frankfurt fällt. Während dessen hatten die grausamen Schrecken des Krieges seine Länder mit wenigen Unterbrechungen heimgesucht, ja 1633 war er bei Gelegenheit von Plünderungen schwedischer Soldaten selbst mit knapper Noth eigener Lebensgefahr entronnen. Als seine nassauischen Stammesvettern walramischer Linie wegen Bethätigung ihrer protestantischen Gesinnung und Verbindung mit den Schweden verjagt und vom Kaiser ihrer Lande verlustig erklärt wurden, bewarb J. L. im Vereine mit seinem Vetter Johann dem Jüngeren von Nassau-Siegen sich um die Verleihung der Länder der Geächteten. Zu diesem Zwecke ging er 1636 nochmals nach Wien und erreichte dadurch wirklich so viel, daß Beiden wenigstens die Usingischen Gebiete zuerkannt wurden. Zu gleicher Zeit unter die Mitglieder des Reichshofrathes aufgenommen, erhielt er bald darauf eine kaiserliche Commission nach Lüttich, um daselbst Schlichtungsversuche bei den Zwistigkeiten der dortigen Bürgerschaft mit dem Erzbischof von Köln zu unternehmen. 1638 ernannte der Kaiser ihn zu seinem ersten Minister und Generalbevollmächtigten zu den nach Köln ausgeschriebenen Verhandlungen wegen Abschlusses eines den langen Krieg beenden sollenden Friedens. Da sich diese Verhandlungen in die Länge zogen, wurde ihr Schauplatz nach Münster und Osnabrück verlegt und so siedelte auch 1643 J. L. in gleicher Eigenschaft nach Münster über, wo er nicht ohne schwere Geldopfer, da er namentlich ganz besondere Repräsentationspflichten zu erfüllen [260] gezwungen war, die Verhandlungen mit rühmenswerthem Geschick zu leiten wußte. Der Abschluß des Westfälischen Friedens ist mit sein Werk. Diese Thätigkeit ward 1647 mit der Verleihung des goldenen Vließes und 1650 mit der Ertheilung der erblichen Fürstenwürde (Verhandlungen darüber schon seit 1645) und einer Baarzahlung von 150,000 Gulden belohnt. Von seiner Regententhätigkeit gibt Zeugniß die im J. 1617 erlassene Gerichts-, Landes- und Polizei-Ordnung. Im Uebrigen lassen die unheilvollen Wirren des verheerenden Krieges ihn zu einer ersprießlichen Entwickelung landesväterlicher Fürsorge nicht gelangen. Doch darf man ihm nachrühmen, daß er an seinem Theile redlich und eifrig bemüht war, die vielen zu Tage tretenden Uebel nach seinen Kräften zu verhüten und zu lindern. Durch Erbschaft gewann er nach dem Tode seines Bruders Wilhelm Ludwig von Dillenburg 1620 das Amt Stuhlgebiet, Mengerskirchen und den Diez’er Antheil am Dehrn’er Cent. Durch Kauf, Tausch und Pfandschaft erwarb er andere Vergrößerungen seines Gebietes, sah sich jedoch 1643 wegen des ihm durch die kaiserliche Commission nach Köln aufgenöthigten Geldaufwandes genöthigt, die Esterau mit anderen Gebietstheilen dem Grafen Peter von Holzappel zu verkaufen. Die Erwerbung der den Walramiern abgesprochenen Landestheile war von keinem andauernden Erfolge, da mit Abschluß des Friedens 1648 auch die Restitution eintrat. In seinem Testamente vom 6. September 1648 traf J. L. verschiedene Verfügungen zu Gunsten der weiblichen Nachkommenschaft für den Fall des Erlöschens des Mannesstammes, was später zu langwierigen Streitigkeiten Veranlassung gegeben hat. Am 10. März 1653 nach längeren Leiden folgte der Graf seiner ihm schon 1638 vorangegangenen Gemahlin im Tode nach. Als Regierungsnachfolger hinterließ er seinen Sohn Moritz Heinrich.

C. H. v. Rauschard, Nass. Geschlechtstafel des Otton. Stammes, 1789, Mscr. E. F. Keller, Drangsale des Nass. Volkes, 1854. J. Wagner, Regentenfamilie von Nassau-Hadamar, 1. Bd., 1863.