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Artikel „Hofer, Johannes Ludwig“ von Max Bach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 383–385, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hofer,_Johannes_Ludwig&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 03:09 Uhr UTC)
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Hofer: Johannes Ludwig H., Bildhauer, geboren am 20. Juni 1801 in Ludwigsburg. Aus dürftigen Verhältnissen hervorgegangen kam der kunstbegabte Knabe als Lehrling in das Atelier des noch aus den Zeiten Herzog Karl Eugen’s übrig gebliebenen Hofbildhauers Isopi. Von dort kam H. als Stuckatorgeselle im J. 1814 nach München, wohin der Bau der Glyptothek viele Arbeiter anzog. Der Architekt derselben, Klenze, der den jungen Mann als Ornamentformer zu schätzen wußte, veranlaßte ihn, sich auch als Steinbildhauer beschäftigen zu lassen, was auch geschah; ein Streithandel mit einem Italiener trieb ihn 1823, obwol er noch lohnende Arbeit hatte, nach Rom in Gemeinschaft des Dannecker-Schülers Th. Wagner. Dort gelang es ihm unerwartet schnell in dem Atelier Thorwaldsen’s Beschäftigung zu erhalten und sich vom Former und Gießer zum Marmorarbeiter und Künstler aufzuschwingen. Fünf Jahre blieb er in diesem Verhältniß; in dieser Zeit schuf er seine erste selbständige Arbeit, ein Basrelief mit Achill und Chiron, welches 1827 der württembergische Kunstverein angekauft hat. 1838 kehrte er in die Heimath [384] zurück und brachte eine Arbeit „Psyche“ mit, welche König Wilhelm ankaufte. Damit hatte er sein Glück gemacht; der König, welcher bis dahin den größeren Theil seiner Aufträge dem Bildhauer Wagner zugetheilt hatte, der inzwischen Professor an der Stuttgarter Kunstschule geworden war, wandte seine Gunst nunmehr dem Neuankömmling zu. Schon länger plante der König, nach dem Vorbild der Dioskuren von Monte Cavallo, Pferdegruppen im kgl. Schloßgarten aufstellen zu lassen. H. erhielt den Auftrag im J. 1842. Anderthalb Jahre verwendete er auf die Modelle, wozu ihm die schönsten Thiere des kgl. Privatgestüts zur Verfügung standen. Zur Ausarbeitung in Marmor brachte H. drei Jahre in Carrara zu. Die Ueberführung der fertigen Werke zu Schiff von Livorno über Rotterdam, den Rhein und Neckar herauf bis Cannstatt war schwierig, gelang aber ohne Zwischenfälle; 1848 wurden die Gruppen aufgestellt, fanden aber beim Publicum nur getheilten Beifall. In der That verdient aber das Werk, besonders als treffliche Leistung inbezug auf die Charakterisirung der arabischen Pferderassen alles Lob. Zugleich mit den Pferdegruppen brachte H. aus Carrara die Hylasgruppe mit, welche 1850 ebenfalls im kgl. Schloßgarten am untern See aufgestellt wurde.

Mit den bisher aufgeführten Arbeiten hatte sich der Künstler in der Gunst König Wilhelm’s so befestigt, daß er zum Hofbildhauer ernannt wurde. Ein weiterer schöner Auftrag erfolgte 1853, indem ihm der König die Ausführung einer ganzen Reihe von Marmorcopien nach Antiken und einiger moderner Werke übertrug, welche ebenfalls im Schloßgarten aufgestellt wurden. Ferner erhielt er die Bestellung für eine Reiterstatue Herzog Eberhard’s im Bart, welche der König 1859 im Hofe des kgl. Residenzschlosses aufstellen ließ, die aber später auf Befehl des Königs Karl in das alte Schloß versetzt wurde. In die letzten Lebensjahre König Wilhelm’s fällt noch die ursprünglich als Victoria gedachte Concordia auf der Jubiläumssäule (1863) und der nach dem Originale von Giovanni di Bologna modellirte Mercur auf dem ehemaligen Wasserthürmchen an der Nordostecke der „Alten Kanzlei“.

Nach dem Tode des Königs beschäftigte sich der Meister mit allerlei Entwürfen und führte unter anderem eine Proserpina-Gruppe aus, die er dem König Karl zum Geschenk machte. Ein neues Werk unternahm der 70jährige, der an den deutschen Siegen 1870/71 regen Antheil nahm, mit der Schöpfung einer Kriegergruppe, zu der ihm der Tod der beiden Grafen v. Taube in der Schlacht von Champigny Anlaß bot. Das Werk wurde 1885 als Kriegerdenkmal im Geburtsort des Vaters des Künstlers, Pleidelsheim, aufgestellt. Der Stadt Ludwigsburg schenkte H. 1882 eine Schillerstatue, die ursprünglich für Marbach bestimmt war, dort aber keinen Anklang fand. 1884 wurde im Hofe des kgl. Kunstgebäudes in Stuttgart, die Reiterstatue K. Wilhelm’s enthüllt, welche der Künstler zum Andenken an seinen königlichen Gönner in München in Erz gießen ließ. Die kurze Zeit der völligen Ruhe verlebte der Greis ohne schwerere Beschwerden des Alters. Noch im Sommer 1886 sahen ihn seine Freunde in Baden-Baden in voller Munterkeit des Geistes. Doch von da an nahmen seine Kräfte allmählich ab, am 6. März 1887 traf ihn ein Schlaganfall, welcher zwei Tage darauf seinem Leben ein Ende machte.

H. besaß ein starkes Künstlerbewußtsein, das sich aber nach seinen eigenen Aeußerungen mehr auf seine Technik, als auf die Einbildung schöpferischer Kraft stützte. Vor den größten Meistern seiner Kunst beugte er willig sein Haupt; über technisches Unvermögen mancher neuerer Kunstgenossen konnte er mit scharfer Zunge reden. Seine näheren Freunde rühmen sein gutes Herz, seinen in den verschiedensten Lebenslagen unverzagten Sinn. Die Kunstgeschichte muß ihn als Marmorarbeiter neben die neueren Italiener stellen; [385] als Pferdebildner wird sie ihm unter den Künstlern aller Zeiten einen ehrenvollen Rang anweisen.

Wintterlin, Württembergische Künstler in Lebensbildern, 1895.