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Artikel „Hirt, Ferdinand“ von Ernst Kelchner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 479–481, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hirt,_Ferdinand&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:55 Uhr UTC)
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Hirt: Ferdinand H., Universitäts- und Verlagsbuchhändler in Breslau, geboren am 21. April 1810 zu Lübeck. Er erhielt eine gute Erziehung im Elternhause und gute wissenschaftliche Bildung auf der dortigen Schule. Die Neigung zu den Wissenschaften und für den Verkehr mit gebildeten Leuten, ließ ihn zu der Erlernung des Buchhandels greifen. So trat er denn in die alte Buchhandlung von Johann Friedrich Korn in Breslau ein, in welchem Geschäfte er 1827–30 seine Lehrzeit bestand. Da die Hauptstadt Schlesiens damals für sein sicheres Fortkommen die nöthige Aussicht bot, so entschloß er sich dort, wenn auch erst mit kleinen Mitteln, im J. 1832 eine Buchhandlung zu errichten und zwar in einem bescheidenen Locale in der Ohlauerstraße. Zur Zeit der dreißiger Jahre befand sich Deutschland in vollständiger politischer Ruhe und Breslau, der Sammelplatz [480] des Adels und der gesammten gebildeten Welt Schlesiens, gab für den strebsamen jungen Mann willkommene Gelegenheit, sein Fortkommen zu finden und sein Geschäft fest zu gründen und zu erweitern. Wenn er sich auch in den ersten Jahren seines Etablissements des Wohlwollens von vielen Seiten der wissenschaftlichen Kreise der blühenden Universität, z. B. eines Passow, David Schulz, Wachler, v. Cölln u. A. zu erfreuen hatte, so wurde es ihm doch nicht so leicht, gleich das Geschäft in die gewünschten Bahnen zu bringen, da ihm im Anfang die finanziellen Mittel nicht so zu Gebote standen, wie er dieselben zu seinen Unternehmungen zur Ausführung seiner Pläne nöthig gehabt hätte. Doch ließ er den Muth nicht sinken und strebte unverdrossen, sein Geschäft durch Fleiß und Ausdauer immer mehr zu heben. Sein Hauptaugenmerk richtete nun H. zunächst auf das Sortimentsgeschäft und zwar für dessen Ausbreitung in den gelehrten und vornehmen Kreisen seiner neuen Heimath. Durch sein freundliches und einnehmendes Benehmen gewann er sich daher bald die Zuneigung dieser Kreise, so daß sein Geschäftslocal sehr bald der Sammelplatz von Gelehrten und Vornehmen wurde. So entwickelte sich sein Geschäft zur höchsten Blüthe; er verlegte dasselbe jetzt nach dem „Ringe“, wodurch er seine Thätigkeit in schön und elegant eingerichteten Räumen ausdehnen konnte. Seine Geschäfte erstreckten sich über ganz Schlesien, Posen, Polen und Oesterreich, sowie er denn Geschäftsverbindungen mit Paris, London und Lissabon etc. unterhielt. Jetzt wandte sich der fleißige und umsichtige Mann auch Verlagsunternehmungen zu und es war namentlich die Förderung der Litteratur des Unterrichts und der Jugendschriften, worauf er ganz besonders sein Augenmerk richtete. Auch hier hatte er den Grundsatz fest gehalten, sich lieber nur auf einen kleinen Kreis von Unternehmungen einzulassen, aber dafür auch um so Tüchtigeres zu leisten, und somit seinem Verlage einen bestimmten Charakter zu verleihen, was ihm auch vollkommen gelungen. Auf das Aeußere seiner Verlagsartikel legte er ganz besonderen Werth, aber den allergrößten auf den Inhalt und die Veranschaulichung durch Illustrationen. Und so wurde H. für die Entwicklung des Holzschnittes in Deutschland eine mächtig fördernde Kraft, denn die Illustrationen seiner Verlagswerke waren sein Stolz. Zu allen Werken seines Verlags ließ er die Holzstöcke anfertigen und verwandte nie dazu andere Abbildungen, als solche, welche er eigens, nach seinen Angaben, hatte anfertigen lassen. Aber auch nie ließ er sich dazu bewegen, Cliché davon an andere Buchhändler abzugeben, selbst wenn ihm hohe Summen für deren Ueberlassung geboten wurden. Er selbst besorgte auf das Gewissenhafteste die Ueberwachung der Ausführung der mustergültigen und vollendeten Ausstattung seiner Verlagswerke. So kam es, daß dieselben sich bald über alle Theile Deutschlands verbreiteten, zu den beliebtesten gehörten und in tausenden und aber tausenden von Exemplaren ihren Absatz fanden. Seine Bücher tragen den Wahlspruch: „Cum deo et die“. Als besonders zu erwähnende Verlagsunternehmungen sind hier hervorzuheben: Das Eduard Bock’sche Lesebuch in seinen verschiedenen Gruppen und Ausgaben, sowie die sonstigen Lesebücher seines Verlags, wobei er nicht allein Absetzer von Millionen von Bänden, sondern auch geistiger Mitschöpfer war. Stets verknüpft mit seinem Namen werden die verschiedenen Ausgaben von der „Seydlitz’schen Geographie“ sein, wobei er selbst an der Spitze der ausgedehnten Redaction stand. Aber erst der Verlag und Ausstattung der „Naturgeschichte von Schilling“, wo zum ersten Male die Verwendung des Holzschnittes für diesen Zweck der Anschauung in den Vordergrund trat, kann als eine buchhändlerische That bezeichnet werden. Nicht minder „Kambly’s Mathematik“, deren einzelne Theile bis zu 50 Auflagen und mehr erlebten und die beinahe in einer halben Million von Exemplaren verbreitet ist. Nicht minder sind die schön ausgestatteten Jugendschriften [481] seines Verlages zu erwähnen, sowie die größeren wissenschaftlichen Werke, wie z. B. Barkow’s morphologische Werke und Monographien, das große und hübsche Prachtwerk über die Eingeborenen Süd-Afrika’s von Fritsch, die theologischen Werke und die gesammelten Kanzelvorträge von dem Fürstbischof H. Förster von Breslau. Dann die epochemachenden pharmaceutischen Werke von Professor A. Duflos etc., die alle durch Inhalt und Ausstattung der Firma Ferdinand Hirt’s eine ehrenwerthe Stellung in der Wissenschaft gesichert haben. In Anbetracht seiner Thätigkeit als Buchhändler und seiner Verdienste um die Beförderung der Wissenschaften im Allgemeinen wurde ihm im Anfange der sechziger Jahre die Ehre zu Theil, zum königlichen Universitäts-Buchhändler ernannt zu werden. Im J. 1864 verkaufte er sein blühendes und in hoher Achtung stehendes Sortimentsgeschäft an Louis Köhler, um seine ganze Thätigkeit seinen Verlagsunternehmungen widmen zu können. Durch körperliche Leiden mußte sich H. in der letzteren Zeit von aller Oeffentlichkeit fern halten, dafür arbeitete er aber vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein unermüdlich an der Vervollkommnung und Verbesserung seines Verlages. An seinem Sohne Arnold fand er bald die gewünschte Unterstützung und wurde ein Theil seines Verlags zur Begründung der Firma Ferdinand Hirt & Sohn in Leipzig an jenen abgetreten. Nach seinem am 3. Februar 1879 erfolgten Tode, wurde das Geschäft von diesem Sohne Arnold übernommen, der den in hohen Ehren und Ansehen stehenden Verlag nicht allein zu erhalten, sondern auch als ein kostbares Erbtheil noch zu vermehren bemüht ist.

Vergl. Ferdinand Hirt’s Buchhandlung, Eine Skizze ihres Strebens und Wirkens, ihrer Einrichtungen und Bestände etc. Breslau 1850. 8°. Bock, Eduard, Worte der Erinnerung an meinen verstorbenen Freund, den königl. Universitäts- und Verlags-Buchhändler Herrn Ferdinand Hirt. Breslau 1879. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1879. Nr. 70 und Mittheilungen von Hirt’s Sohn.