ADB:Guillimann, Franz
Johannes Stumpf und Josias Simler (s. diese) behandelt. Die katholische Schweiz besaß zwar in den Arbeiten von Tschudi die werthvollsten, auch von Jenen schon benutzten historiographischen Schätze; allein diese lagen in Manuscripten verborgen, die nicht Jedermann zugänglich sein konnten. G. beschloß die Lücke auszufüllen, den Werken der beiden Zürcher ein ähnliches vom Standpunkte des Katholiken aus an die Seite zu setzen, und warf sich mit seltener Energie auf diese Aufgabe. Casati’s Einfluß, seine Stellung bei dem Grafen und seine gelehrte Bildung verschafften ihm vielerorts, besonders in den schweizerischen Stiften und Klöstern Eingang, Zutritt zu Bibliotheken und Archiven, mannigfache persönliche Verbindungen. [108] Namentlich trat er in enge Beziehung zu dem, Luzern benachbarten, Kloster Einsiedeln, wo der Abt, Augustin I., sein Gönner, der Bibliothekar P. Christoph Hartmann sein Freund wurde. Bald befand sich G. im Besitze eines reichen historischen Materials und seinem rastlosen Fleiße gelang es, schon im dritten Jahr das beabsichtigte Werk zu vollenden und in seiner Heimath zum Druck zu bringen. Es erschien 1598 unter dem Titel: „Fr. Guillimanni De rebus Helvetiorum sive antiquitatum libri V.“ Friburgi Aventicorum. Ex off. Wilhelmi Möss. MDLXXXVIII.[WS 1] 4°. Aehnlich wie Simler’s Werk verband es die älteste Geschichte der schweizerischen Landschaften bis auf die volle Ausbildung der eidgenössischen Bünde mit einer Beschreibung der schweizerischen Staatseinrichtungen. Eine Geschichte der Eidgenossenschaft bis auf des Verfassers eigene Zeit sollte folgen. Allein so bedeutend die Arbeit, so groß Guillimann’s Erwartung von ihrem Erfolge war, so wenig entsprach beidem die Aufnahme des Werkes gerade bei denjenigen, auf deren Beifall G. am meisten gehofft hatte. Denn G. hatte zwar auch, wie seine Vorgänger, die althergebrachten, von Tschudi bestimmter formulirten Ueberlieferungen der Volkssage über den Ursprung der Eidgenossenschaft wiedergegeben; aber er trat dabei, trotz aller Anlehnung an Tschudi, auch mit selbständigen neuen Ansichten auf, die manchen Anstoß erregen mußten. Nicht sowol die protestantische Schweiz fand sich davon betroffen, da bei G. der confessionelle Gegensatz kaum berührt und das Stärkste, was er gegen die Reformation vorgebracht hatte, mit kluger Wendung in die Geschichte von Arnold von Brescia eingekleidet und verwoben war. Vielmehr waren es gerade die eifrig katholischen Unterkantone, die sich verletzt fühlten. Mit richtigem Blicke hatte G. erkannt, daß die eigentliche Ursprungszeit ihrer Bünde in die Zeiten des Kampfes Kaiser Friedrichs II. mit dem päpstlichen Stuhle und des Interregnums falle, sowie daß einst die geistlichen Stifte ausgedehnte Besitzungen in allen Theilen des schweizerischen Landes und zahlreiche Hörige besessen haben; Hörige, die sich überall in den Stand der Freiheit aufgeschwungen. Diese Thatsachen verallgemeinernd, war er dazu gelangt, in der Entstehung der Eidgenossenschaft wesentlich nur ein Produkt der Emancipation der Bevölkerung von Herrschaftsrechten der Geistlichkeit unter dem Einflusse des gegen den Papst kämpfenden hohenstaufischen Kaiserthums zu erblicken. So sehr diese Auffassung seinen eignen kirchlich politischen Anschauungen entsprach, so empfindlich berührte sie die auf ihre Volksüberlieferung, ihre uralte Freiheit und – bei aller Ehrerbietung gegen den Clerus – doch auch auf ihre politische Unabhängigkeit von demselben stets eifersüchtige Bevölkerung der drei Länder. Guillimann’s Werk gefiel also gerade Denen am wenigsten, bei denen er sich ein Verdienst zu erwerben geglaubt hatte. Begreiflich, daß er nach solcher Erfahrung sich vom Gedanken einer Fortsetzung der Geschichte der Eidgenossenschaft ganz, ja mit Bitterkeit abwandte und seine Vorarbeiten hiefür vernichtete. Er widmete sich nun der Geschichte des Hauses Habsburg, dem Gegenstande, den schon so viele frühere Gelehrte von den verschiedensten Standpunkten aus und meist nur auf Grund der willkührlichsten Hypothesen behandelt hatten. Nach sieben Jahren sorgfältiger Vorbereitung trat er mit seinem ersten Werke auf diesem neuen Felde hervor. Es erschien 1605 in Mailand unter dem Titel: „Fr. Guillimanni Habsburgiaca sive de antiqua et vera origine Domus Austriae etc. Mediolani. Ex off. regia Pandulphi et Marci Tullii Malatestae“, 1605 in 4°. Mit scharfer Kritik räumt G. darin die vielen haltlosen Fabeleien seiner Vorgänger über römischen, trojanischen, königlich fränkischen Ursprung etc. des Hauses Habsburg aus dem Wege und zeigt, – er zuerst – auf Grundlage der Acta Murensia, daß die Habsburger nur aus dem Stamme der Edeln herzuleiten seien, die seit dem frühesten Mittelalter gräfliche Herrschaft im Eigen im Aargau, [109] um Altenburg unweit Brugg an der Aare, und die Landgrafschaft im Elsaß besessen haben. Verleitet durch die unzuverlässigen Quellen der Klostergeschichte von St. Trudpert im Schwarzwald zählt er dann allerdings Ahnen dieses Hauses bis ins siebente Jahrhundert auf und leitet, wie sein Vorgänger Manlius, irriger Weise auch die Herzoge von Zähringen aus diesem Stamme her. Vom Zeitpunkte an aber, wo die Acta Murensia beginnen, gibt er die richtige Stammtafel des Hauses und zeigt sich in der Geschichte desselben wohlunterrichtet. Ob einzelne Irrthümer, wie z. B. die Erzählung von Graf Rudolfs, des nachmaligen Königs, einstmaliger Heerfahrt gegen Ungarn im Dienste König Ottokars von Böhmen (1260), aus nun verlorenen Quellen stammen, oder auf bloßer Combination von G. beruhen, ist nicht zu entscheiden. Der Geschichte des Hauptstammes bis auf König Rudolf ist diejenige der Seitenzweige, der Grafen von Habsburg-Laufenburg und derjenigen von Kiburg in Burgunden, beigefügt. Dies große Werk erwarb G. vielfache Anerkennung. Nicht zwar in der Schweiz, wo man seine Verherrlichung des habsburgischen Hauses nicht gerne sah und nur die Stadt Freiburg die schriftstellerische Auszeichnung Guillimann’s mit Lob bedachte, wol aber bei den Gelehrten des Auslandes, die wie z. B. Goldast u. A. Guillimann’s Werk priesen, und bei dem österreichischen Fürstenhause. Schon während der Vorarbeiten hatte G. bei Kaiser Rudolf II., durch einen ihm von demselben 1604 ausgesetzten Jahrgehalt Förderung gefunden. Nach dem Erscheinen des Werkes verdoppelte der Kaiser diesen Gehalt, bezeugte Erzherzog Maximilian, Regent von Tirol und der österreichischen Vorlande, großen Beifall und nun erlangte G., wie er es sehnlich gewünscht, auch eine feste Anstellung, bei welcher er sich ganz der Geschichte widmen konnte. Im Herbste 1606 ernannte ihn der Erzherzog zum Professor der Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau; von Casati entlassen, siedelte G. Ende des Jahres dorthin über. Eifrig setzte er seine Forschungen fort und hatte schon im März 1607 zehn Bücher einer Geschichte der habsburgischen Herzoge von Oesterreich entworfen, deren Veröffentlichung der Kaiser und der Erzherzog begehrten, G. aber zurückhielt, weil ihm die Arbeit nicht genügte, da ihm bisher freier Zugang zu den fürstlichen Archiven und unmittelbare Benutzung des urkundlichen Materials in denselben noch nicht zu Theil geworden war. Mittlerweile wandte er sich Arbeiten von kleinerem Umfange zu. 1608 gab ihm ein Besuch des Erzherzogs Leopold, Bischofs von Straßburg, in Freiburg Veranlassung demselben eine kurze Geschichte der Straßburger Bischöfe zu widmen: „Fri. Guillimanni de Episcopis Argentinensibus opus“. Friburgi Brisgoiae, 1608. Im Auftrag Erzherzog Maximilians übersetzte er 1609 aus dem Spanischen eine Schrift über König Philipp II. von Spanien: „Antonii Cerverae, Turriani Capellani, Regii Ord. Calat. de felici excessu Philippi II Austriaci Hispaniarum Regis etc. libri III conv. Frs. Guillimannus. Friburgi Brisgoiae“, 1609, in 4°. Im Mai desselben Jahres entwarf er Stammtafeln des jülichschen Fürstenhauses zum Gebrauche des erzherzoglichen in einem Prozesse mit dem Markgrafen von Baden. Für sein beabsichtigtes großes Geschichtswerk fuhr er in Sammlung von Bildnissen der habsburgischen Fürsten fort, die der Augsburger Künstler Lukas Kilian in Kupfer zu stechen übernahm. Endlich schienen seine Wünsche für Förderung in seiner Arbeit sich zu erfüllen. Zu des Kaisers und des Erzherzogs Maximilian Rath und Historiograph ernannt und mit Gehalt als solcher bedacht, erhielt er Ende Mai 1609 die Einladung nach Innsbruck zu kommen. Hier nahm Erzherzog Maximilian ihn freundlichst auf, beschenkte ihn, ließ ihm die Bibliothek und Kunstkammer in Ambras und das Archiv in Innsbruck öffnen und G. konnte nun die reichen urkundlichen Schätze dieses letztern frei benutzen. Den Sommer brachte er hiermit [110] zu. Der Professur in Freiburg wurde er, unter Beibehaltung des Titels, enthoben, um sich ganz seiner historiographischen Aufgabe widmen zu können, und kehrte erst im Herbste zu den Seinigen nach Freiburg zurück. Im Frühjahre 1610 wieder in Innsbruck, brachte er daselbst volle acht Monate in neuen Forschungen zu. Mittlerweile hatte er eine anderweitige Arbeit veröffentlicht: „Fri. Guillimanni de vera origine et stemmate Conradi II Imperatoris Salici Syntagma“, Friburgi Brisgoiae apud Joh. Strasserum 1609 in 4°., eine gründliche Untersuchung über Kaiser Conrads II. Herkunft und Nachkommen, die nur darin irrt, daß G. des Kaisers großväterlichen Ahnen aus dem Geschlechte der Grafen im Wormsgau, Herzog Otto von Kärnthen († 1004), zum Sohne Herzog Otto’s I. von Alemannien, Luitolfs Sohn aus dem sächsischen Königshause und zum Oheim des Kaisers macht. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit stand eine Publication der lombardischen Constitutio de feudis Konrads II., deren Ursprung G., im Gegensatze zu Goldast, richtig erkannte. Auch Plane von Sammlungen der Quellen zur Kaisergeschichte und der Scriptores strategici beschäftigten G. um diese Zeit. In Innsbruck förderte er eifrig die Vorarbeiten zu seinem Werke, ordnete und copirte u. A. auch die eigenhändigen Tagebücher Kaiser Maximilians I. und überreichte dem Erzherzog eine zierliche, mit Zeichnungen geschmückte Copie derselben. Jetzt, im Herbste 1610, erhielt er das nachgesuchte Patent Kaiser Rudolfs, das befahl, G. alle Archive des Reichs und der Stifte und Klöster in Schwaben, Breisgau und Elsaß zu öffnen. Der Erzherzog aber bewilligte im Mai 1611, als G. in seiner Arbeit soweit vorgerückt war, einen ersten Theil derselben ankündigen zu können, die Errichtung einer besonderen Druckerei in Freiburg zum Behufe des Werkes und einen Vorschuß von fünfhundert Gulden für dessen Ausstattung, welche die österreichische Kammer in Ensisheim liefern sollte. Nun glaubte sich G. am Ziele. Allein die Auszahlung der bewilligten Summe von Seite der Kammer wollte nicht erfolgen; selbst seine Besoldung erhielt G. nur in kleinen, stets verzögerten Zahlungen zugestellt; es half nichts, daß er sich endlich mit dringender Klage an den Erzherzog selbst wandte. Inzwischen trat eine andere verdienstvolle Arbeit seiner Hand an den Tag. Mit seinen Freunden in Einsiedeln war G. stets in Verbindung geblieben. Auf die Bitte des Abtes schrieb er eine Geschichte des Klosters, zu welcher P. Christoph Hartmann die Materialien gesammelt und ihm geliefert hatte, und leitete den Druck des Werkes, machte aber dabei mit seltener Selbstverläugnung und Freundschaft zur Bedingung, daß das Buch nur Hartmann’s Namen tragen dürfe. Es erschien nun unter dem Titel: „Annales Heremi Deiparae Matris Monasterii O. S. B. etc. auctore P. F. Christophoro Hartmanno ibidem Monacho et Bibliothecario“, Friburgi Brisgoiae 1612 fol. Aber zur Vollendung seines eigenen historiographischen Werkes gelangte G. nicht mehr. Denn nachdem er noch am 9. Juli 1612 dem Erzherzoge seine Beschwerde und zugleich diese dem Fürsten von Abt Augustin gewidmeten Annales Heremi in des Letzteren Auftrage übersandt hatte, ereilte ihn der Tod am 14. Octbr. 1612. Die näheren Umstände desselben sind nicht bekannt. Nach einer von Senckenberg 1735 aus dem Munde eines Baslers vernommenen Angabe (Selecta Juris III, 36) wäre G. an Mißhandlung durch Schläge schweizerischer Bauern gestorben, die er durch beleidigende Worte gereizt habe. Vielleicht bezieht sich dies auf einen im J. 1616 von dem Zürcher Theologen J. J. Ulrich erzählten Vorfall (Vindiciae pro Bibliorum translatione tigurina, Tiguri 1616. p. 28), bei welchem G. (denn diesen scheint Ulrich’s Erzählung allerdings zu bezeichnen) „unlängst von Dorfbewohnern in einem angesehenen katholischen Cantone der Schweiz“ („profectus ad cantonem inter pontificios non obscurum“) in einen Brunnentrog geworfen worden sein soll. Auffallend [111] ist, daß der Rath zu Freiburg in der Schweiz erst am 4. Jan. 1613 von der Universität Freiburg im Breisgau offizielle Kunde vom Tode Guillimann’s erhielt. Der Inventur des Nachlasses wohnten im Auftrage des Erzherzogs ein Beamter aus Innsbruck und der Professor der Theologie Paul Windeck in Freiburg bei; sie sollten die zur österreichischen Geschichte gehörenden Papiere an sich nehmen und Windeck wurde mit Vollendung von Guillimann’s Werk betraut. Im J. 1617 legte er dem Erzherzog sein Manuscript vor, betitelt: De Principibus Habsburgi-Austriacorum etc. Guillimann’s Plan entsprechend und größtentheils auch G.’s Arbeit, behandelte dasselbe im ersten Theil die Geschichte des Herzogthums Oesterreich bis auf Erzherzog Sigmund († 1496), in einem zweiten Theile die habsburgischen Kaiser von Maximilian I. bis auf 1617. Die Handschrift, 1725 noch in Innsbruck vorhanden, war schon 1783 nicht mehr aufzufinden. – Von Guillimann’s übrigen Papieren und Bibliothek kam Manches in die Bibliothek des Klosters Einsiedeln. Neben den obgenannten historischen Werken und den Oden an Casati besitzt dieselbe auch einige andere Gedichtsammlungen von G. Von der einen, betitelt: „Apostolica sive Apostolorum gesta et laudes, stylo et numeris Pindaricis, ad Serm. Sabaudiae Ducem“, 8°., ohne Ort und Jahr, spricht G. in Briefen. Um 1599 begonnen, muß sie später in Freiburg im Breisgau gedruckt worden sein, war aber 1607 schon vergriffen. Zwei andere führen die Titel: „Eidyllia melica“, 8°. und „Carmina“, 4°.; eine dritte enthält Guillimann’s Epigramme auf Promovirende an der Universität Dillingen aus der Zeit seiner dortigen Studien. Ein Gedicht Guillimann’s betitelt: „Aliquid“, steht in des Dornavius Amphitheatrum sapientiae socraticae jocosae. Hanoviae 1619. Tom. II. Von einem andern, der poetischen Beschreibung einer Reise durch die Schweiz mit Graf Casati im J. 1597, gibt G. ein auf Appenzell bezügliches Bruchstück in seinen „Res Helvetiorum“. Ein Gedicht auf den Tod eines Schweizerobersten in Frankreich besitzt die öffentliche Bibliothek in Besançon (Partie hist. Nr. 8527) unter dem Titel: „Monodia in obitum Dni Guilelmi Tugineri“, 4°. S. a. et l. – Von dem handschriftlichen Nachlasse in Einsiedeln sind Guillimann’s Briefe und eine Vorarbeit zu seiner beabsichtigten Fortsetzung der Res Helvetiorum, das sogenannte „Chronicon helveticum“, kurze schweizerische Annalen von 1313–1585, das Wichtigste. – Guillimann’s historische Werke wurden wiederholt gedruckt. Sie zeichnen sich unter den zeitgenössischen durch Selbständigkeit und Gründlichkeit der Forschung und durch ein elegantes oft nur zu gedrängtes Latein aus. G. selbst hatte sich den Florus zum Muster des historischen Stils erwählt. Andere verglichen seinen Stil demjenigen des Sallust, so daß sogar der Verleger einer neuen Titelausgabe seiner Res Helvetiorum im J. 1623, in Anspielung auf Sallust’s Geburtsort, dem Buche als Angabe des Druckortes: Amiterni (statt Friburgi Aventicorum) voransetzen ließ.
Guillimann: Franz G., Historiker, kaiserlicher Rath und Professor in Freiburg im Breisgau; † am 14. Octbr. 1612. – G. stammte aus der Familie Guillimat, zubenannt Deposieux, die im schweizerischen Dorfe Villa Saint Pierre bei Romont Kantons Freiburg unter dem erwähnten Zunamen noch heute blüht. Geboren um 1565–70 in Freiburg in der Schweiz, wo sein Vater lebte, 1587 Zögling der Universität Dillingen, 1589 in Paris, fand er 1590 Anstellung als Provisor der Lateinschule in Solothurn. Talent, Wissen, Fleiß erwarben ihm daselbst die Gunst des bedeutendsten Mannes der Stadt, des gelehrten Stadtschreibers Jacob von Stall, und 1592 Beschenkung mit dem städtischen Bürgerrecht. Allein mit allzugroßem Eifer vertrat er in den Partheiungen, die damals in- und außerhalb der Schweiz die Anhänger des französischen Königthums Heinrichs IV. und diejenigen Spaniens und der Ligue trennten, die specifisch katholischen Anschauungen der Letztern, mit denen ihn seine Bildung bei den Dilling’schen Jesuiten erfüllt hatte. In Solothurn, der Residenz des französischen Gesandten in der Schweiz, war man nicht geneigt, dies zu dulden. Schon im März 1594 erhielt G. deshalb einen Verweis der Obrigkeit und nur Stall’s Fürsprache wandte Gefängnißstrafe und Buße von ihm ab. Bald nachher zog G. sich doch Beides zu und als er sich wieder ehrverletzende Aeußerungen gegen den König und allerlei Umtriebe erlaubte, entsetzte ihn der Rath am 13. März 1595 seiner Lehrerstelle, seines Bürgerrechtes und verwies ihn aus dem Gebiete der Stadt. Bei dem in Luzern residirenden spanischen Gesandten in der Eidgenossenschaft, dem mailändischen Grafen Alfons Casati, fand G. einen neuen Gönner, in dessen Dienste er nun trat. Er widmete demselben sein litterarisches Erstlingswerk, eine Sammlung geistlicher Oden: „Francisci Guillimanni (so latinisirte er seinen Namen) Odarum sive hymnorum natalitiorum libri duo ab Nob. et Praecl. Dn. Alphonsum Casatum etc. Bruntruti apud Joannem Fabrum MDCXCV in 18°.“ Zehn Jahre brachte G. bei dem Grafen zu, theils in Luzern, theils Casati auf Reisen begleitend. Jetzt wandte er sich den Studien und Forschungen zu, die ihm zum Lebensberufe wurden. Die Geschichte der Schweiz war damals in wissenschaftlicher Weise nur in den Werken zweier Protestanten, der Zürcher- Ueber G. siehe vorzüglich Senckenberg, Selecta juris, Tom. III. 1735. – Thesaurus Historiae Helveticae. Tiguri 1735. – Gaßler, Franz, Abhandlung über Fr. Guillimann’s Leben und Schriften, Wien 1783. – Daguet, Alex., Biographie de Fr. Guilliman, Fribourg (en Suisse) 1843 (wo auf Grund unvollständiger Citation von J. J. Ulrich’s Worten – S. 18, Anm. 36 – die G. widerfahrene Mißhandlung ganz irrthümlich den Bewohnern eines zürcherischen Dorfes zugeschrieben wird); ferner ebendesselben Illustrations Frebourgeoises. Heinrich Schreiber, Geschichte der Albert-Ludwigs Universität zu Freiburg im Br. 1. Thl. S. 244–249, und handschriftliche Notizen des verstorbenen P. Gall Morel in Einsiedeln.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die ADB gibt den Titel falsch wieder. Korrekt wäre gemäß Titelblatt: Mæſs MDXCVIII (Maeß, 1598).