ADB:Glutz von Blotzheim, Robert

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Artikel „Glutz-Blotzheim, Urs Robert Joseph“ von Wilhelm Gisi, Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 262–263, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Glutz_von_Blotzheim,_Robert&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 01:29 Uhr UTC)
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Glutz-Blotzheim: Urs Robert Joseph G.-B., schweizerischer Geschichtschreiber, wurde am 31. Januar 1786 in Solothurn geboren, † 1818. Er stammte aus einer patricischen Familie, die sich zur Unterscheidung von anderen Zweigen des Geschlechts nach der 1681 erkauften Herrschaft Blotzheim im Elsaß nannte und von Ludwig XIV. in den Adelsstand erhoben worden war. Seine Vorbildung erhielt er auf dem damals renommirten Jesuitencollegium der Vaterstadt. Von 1804–6 studirte er dann in Landshut und Würzburg Geschichte und Staatswissenschaften. In Landshut schloß er sich namentlich an den Historiker Friedrich Breyer (Bd. III. 324), einen begeisterten Bewunderer von J. Müller, an, der seine Verehrung für diesen auch ihm mittheilte und ihn ganz für die Geschichte gewann. Nachdem er noch einen großen Theil Deutschlands und Oesterreichs bereist hatte, kehrte G. zu Ende 1806 nach Solothurn zurück, wo er bald der Mittelpunkt aller wissenschaftlichen Bestrebungen wurde. Er gründete 1807 die litterarische Gesellschaft, restaurirte 1808 die Stadtbibliothek, redigirte 1809 zeitweilig das in der Folge als Urkundensammlung zur Schweizer Geschichte so wichtig gewordene „Solothurner Wochenblatt“, wirkte 1811 mit dem Schultheißen v. Mülinen für Gründung der schweizerischen geschichtsforschenden Gesellschaft. Vorübergehend nahm er auch am politischen Leben Theil, indem er nach dem Putsch vom 8. Januar 1814, der in Solothurn die Mediationsverfassung stürzte und die alte Ordnung der Dinge wieder einführte, in den Großen Rath gelangte, das Kriegscommissariat und andere öffentliche Geschäfte besorgte. Vor Allem aber widmete er seine Thätigkeit der Aufhellung der Geschichte seiner Vaterstadt und seines Heimathkantons. Früchte derselben waren die „Topographisch-statistische Beschreibung des Kantons Solothurn“ (Helvet. Almanach 1813), die „Darstellung des Versuchs, die Reformation in Solothurn einzuführen“ (Schweiz. Museum 1816), die „Nachrichten von öffentlichen Lehranstalten Solothurns und Vorschläge zur Verbesserung derselben“, Schriften, welche von gründlichem Quellenstudium und unbefangenem Urtheil zeugen und durch ihre freimüthige Kritik großes Aufsehen erregten. Der Reichthum an Urkunden über die Zeit nach den Burgunder Kriegen im Solothurner Staatsarchiv reizte und der Rath seiner Freunde bestimmte ihn, die Geschichte der Schweiz, welche Müller bis 1489 geführt hatte, von da an weiter zu bearbeiten. 1816 erschien in Zürich die „Geschichte der Eidgenossen vom Tode des Bürgermeisters Waldmann bis zum ewigen Frieden mit Frankreich von Robert G.-B.“, auch unter dem Titel „Johann v. Müller’s Geschichten schweizerischer Eidgenossenschaft fünften Theiles zweite Abtheilung“. Der Zeitraum, den dieses Werk umfaßt (1489–1517), bildet den Höhepunkt der äußeren Machtstellung und des kriegerischen Ruhmes der Schweizer, in welchem aber die Anzeichen des nahenden Verfalles bereits deutlich hervortreten. G. war durch seine Charaktereigenschaften – lebhaften Sinn für die Größe der Altvordern und unbestechliche Wahrheitsliebe – für die Darstellung dieser Zeit vorzüglich geeignet. Seine Arbeit ward auch mit hohem Beifall aufgenommen. Wenn er auch an Kunst der Gestaltung und Glanz der Diction hinter seinem Vorgänger zurücksteht, so ist er diesem hinwieder durch Gründlichkeit des Quellenstudiums – das Buch ist ganz auf urkundlicher Grundlage aufgebaut – ebenbürtig; er ist ihm durch ungeschminkte Darstellung, welche auch die Schattenseiten nicht verschweigt, überlegen. Um ganz der Wissenschaft zu leben, legte G. im December 1816 seine Aemter in Solothurn nieder und siedelte nach Zürich über, wo ihm mehr litterarische Hülfsmittel zu Gebote standen und der lebhafte Verkehr mit Männern, [263] wie P. Usteri, J. J. Hottinger, Schinz, J. H. Füßli u. A. mehr, Anregung bot. In der Hoffnung, in Deutschland eine für ihn geeignete Stellung zu finden, begab er sich aber schon 1818 nach München zu seinem Lehrer Breyer, der 1809 als Mitglied der reorganisirten Akademie der Wissenschaften dorthin berufen worden war, starb aber wenige Tage nach seiner Ankunft, am 14. April, an einem Gehirnschlag. An seiner Stelle übernahmen später J. J. Hottinger, Vuillemin und Monnard (s. d.) die Fortsetzung des Nationalwerks. G. schrieb auch ein „Handbuch für Reisende in der Schweiz“, Zürich 1818, welches später von G. v. Escher († 1846) wiederholt überarbeitet und neu aufgelegt wurde (9. Ausg. Zürich 1851).[1]

Solothurner Wochenblatt 1818, S. 150–53. – Schinz, in Verhandlungen der helvet. Gesellschaft von Schinznach 1820, S. 50–59. – Lutz, Moderne Biographien (Lichtensteig 1826), S. 91. – Hartmann, Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit, II. Bd. (Baden 1861), Nr. 64. – Monnard zu Anfang seiner französ. Uebersetzung von Glutz (Histoire de la Confédération Suisse par Müller, Glutz etc. IX Vol., Paris 1840). – Litterarische Würdigung bei Monnard a. a. O. und bei J. J. Hottinger, Neue Helvetia 1844. S. 102–22.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 263. Z. 9 v. o. l.: 1876 (st. 1846). Das von Glutz-Blotzheim besorgte Reisehandbuch war nur die 4. Ausgabe von Ebel’s „Anleitung, die Schweiz zu bereisen“; vgl. Allg. Deutsch. Biogr. Bd. V. S. 518 Z. 25 ff. v. o. [Bd. 12, S. 795]