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Artikel „Fuchs, Johann Friedrich“ von Friedrich Wilhelm Cuno in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 209–211, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fuchs,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 19:10 Uhr UTC)
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Fuchs: Johann Friedrich F., reformirter Theologe, durch originelle Darstellung sich auszeichnend, geboren am 15. November 1739 zu Breitscheid, † am 20. Juni 1823 in Herborn. Von seinem Vater, der Pastor in seinem Geburtsorte war, von wo er 1745 in das nahe Schönbach versetzt wurde, wurde er neben dem Unterrichte in der Dorfschule mit seinen drei jüngeren Brüdern privatim bis zum akademischen Studium vorbereitet. Letzteres begann er im October 1754 zu Herborn. Nachdem er zuerst einige philosophische Disciplinen, sowie griechische und römische Litteratur gehört, wendete er sich der Theologie und besonders den orientalischen Sprachen zu, in welche ihn Joh. Eberh. Rau einführte. Außer dem Hebräischen erlernte er Chaldäisch, Syrisch, Arabisch, Persisch und Armenisch, wobei ihm sein ausgezeichnetes Gedächtniß sehr zu statten kam. Auch las er einige Zeit mit einem Rabbiner den Talmud und die Mischna. In seinem letzten Semester übte er sich im Predigen. Die theologische Prüfung bestand er im November 1757 mit Auszeichnung. Im folgenden Jahre erhielt er einen Ruf an das Rectorat zu Stolberg bei Aachen. Mit demselben verbunden war die Stelle eines Wochenpredigers. Wegen Kränklichkeit des Pastors hatte er bald allein das hiesige Predigtamt zu versehen, wodurch er eine große Fertigkeit im Predigen erlangte. Im August 1767 wurde er nach Herborn auf die infolge des Todes Johann Kasimir Mieg’s erledigte Professur der Beredsamkeit und Geschichte berufen. Im J. 1774 wurde ihm dazu das akademische Bibliothekariat übertragen, wodurch seine Liebe zur Litterärgeschichte vorzügliche Nahrung erhielt. Wenige [210] Wochen nachher wurde er auch Ephorus des Pädagogiums und Professor der Philosophie. Im Vereine mit Professor Joh. Otto Dresler trieb er die humanistischen Studien bei seinen Zuhörern im Sinne eines Geßner und Ernesti. Auf dem Pädagogium führte er eine bessere Methodik ein. Vornehmlich suchte er allenthalben das Studium der griechischen Classiker zu empfehlen. Mit Geist und Kritik trug er die Geschichte vor. Im J. 1792 rückte F. aus der philosophischen Facultät in die theologische auf, indem er die zweite theologische Professur erhielt. Seine Hauptfächer wurden nun die Dogmatik, Ethik und Homiletik. Zugleich wurde ihm die erste Pfarrstelle übertragen. Er legte nun sein Bibliothekariat nieder, um sich ganz der Theologie und dem Predigtamte zu widmen. Im April 1794 wurde er nach dem Tode des Professors und Inspectors Arnoldi dessen Nachfolger in der Kirchenleitung mit dem Titel eines Oberconsistorialrathes und in der ersten Professur. Beide Aemter versah er bis zum Jahre 1818, wo er in den Ruhestand trat.

F. bewies sich allezeit als ein Original. Sein Geist war durch und durch encyklopädisch gebildet und sein Verstand stets aufs Praktische gerichtet. Außer der Theologie beschäftigte er sich in seinen Mußestunden viel mit Naturwissenschaft und Geschichte, worin er die göttliche Vorsehung überall wahrnahm. Von seinem Vater ererbt hatte er die Vorliebe für die Geschichte seines engeren oranien-nassauischen Vaterlandes; am meisten Anziehungskraft übte auf ihn die nassauische Gelehrtengeschichte. „Wann wird mein Vaterland“, ruft er einmal in einem Aufsatze aus, „den Porticus und das Poecile für die Bilder seiner würdigen Vorfahren errichten? wann wird sein Varro auftreten, der das Andenken derer, die sich um die Gesetzgebung und regierende Klugheit, die sich um die Gründung und Ausbreitung der Religion, Tugend und Geschmack so verdient gemacht haben, verewigen wird?“ – Mit Männern wie Arnoldi, Steubing, Grimm, durchforschte F. die Vergangenheit seines heißgeliebten Vaterlandes. Eine Zeit lang trug er sich mit dem Gedanken einer umfassenden, über alle einzelne Kirchspiele sich erstreckende Kirchengeschichte desselben, wozu er das Material von den Pastoren einzog. Seine geschichtlichen Aufsätze, soweit sie gedruckt vorliegen in den Dillenburgischen Intelligenz-Nachrichten, sind frisch, geistig anregend, mit gesundem Humor oft durchwürzt geschrieben. Alle sind durchzogen von dem Hauche höchster Begeisterung für Kirche, Vaterland und das oranische Fürstenhaus. Hie und da begegnen wir elektrischen Gedankenblitzen. Das Schönste und Werthvollste aber bleibt sein „Beitrag zur Geschichte des Nassauischen Katechismus“, worin die Arbeiten eines Sarcerius u. a., besonders aber die eines Olevianus mit dem feinsten Takt des Sachkenners besprochen und gewürdigt werden.

F. war als Theologe kein Freund der scholastischen Auswüchse. Aber auch der damals herrschenden rationalistischen Richtung war er nicht hold. Treu hielt er am Väterglauben fest, ebenso sein Bruder Johann Jakob, † am 22. Februar 1830 als Pfarrer zu Hirzenhain, gleich ihm ein Original. Die Angriffe des seichten Aufklärungsschwindels seiner Zeit gegen die biblische Offenbarung schlug F. mit dessen eigenen Waffen zurück, oft mit scharfer Satyre, gemischt mit vielen Bonmots und humoristischen Bemerkungen. Bei den Studenten wie bei den Gemeindegliedern stand er in hoher Achtung. Nur ungern vermißte man ihn, als er von seiner öffentlichen Thätigkeit zurücktrat. Nur einmal, vom October 1775 bis dahin 1776 führte er das Prorectorat der Hohen Schule; er scheute dieses Amt als Hinderniß seiner Privatstudien. Seine zu fürstlichen Geburtstagsfeiern veröffentlichten Reden sind in einem feinen Ciceronianischen Latein geschrieben. In ihm ist der letzte Professor der Herborner Johannea dahingegangen, welcher bis an sein Ende das einstige [211] Bekenntniß derselben, das reformirte, hoch gehalten hat. Die Zahl seiner hinterlassenen Schriften ist nur eine geringe. Seine Bescheidenheit ließ ihn nicht viel in den Druck geben. Seine handschriftliche Hinterlassenschaft befindet sich im Staatsarchiv zu Wiesbaden.

Vogel, J. F. Fuchs nach seinem Leben dargestellt. Eine Gedächtnißschrift, o. J. – Evang. reformirte Kirchenzeitung. Jahrg. 1873, Sept.- u. Oct.-Heft: J. F. Fuchs. Ein nassauisches Theologenbild von dem Unterzeichneten, mit Angabe der Schriften von Fuchs. – Reformirtes Wochenblatt (Elberfeld), 1874, Nr. 21. – Dillenburgische Intelligenz-Nachrichten, Jahrg. 1777 u. ff.