ADB:Friesen, Richard Freiherr von

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Artikel „Friesen, Richard Freiherr von“ von Hans Beschorner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 143–148, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friesen,_Richard_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 21:20 Uhr UTC)
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Friesen: Richard Freiherr von F. aus dem Hause Cotta, wurde am 9. August 1808 geboren. In seinem Heimathsorte Thürmsdorf am Fuße des Königsteins, wo sich sein Vater Heinrich Adolph 1806 kurz nach seiner Vermählung mit Henriette Charlotte Louise Gräfin v. Seydewitz aus dem Hause Pülswerda angekauft hatte, verlebte er seine erste Jugend. Anfänglich von dem Dorfschullehrer, später von dem Königsteiner Garnisonprediger K. Flemming vorgebildet, kam er Ostern 1821 auf die Fürstenschule zu Meißen. Bei seinem Abgange Ostern 1825 zeigte er Lust zum philologischen Studium, ließ sich aber von seinem Vater bestimmen, Bergmann zu werden. Nachdem er Michaelis 1825 bis October 1829 die Freiberger Akademie besucht hatte, eignete er sich die für jeden Bergmann der damaligen Zeit nothwendigen Rechtskenntnisse in Göttingen und Leipzig an (October 1829 bis September 1832). Schon in seiner frühen Studentenzeit begann er sich für Politik lebhaft zu interessieren. Durch die Pariser Juli-Revolution und noch mehr durch die blutige polnische Erhebung wurde er zum Nachdenken über politische Dinge angeregt und schließlich von solchem Drange nach eigener staatsmännischer [144] Bethätigung erfüllt, daß er zum großen Leidwesen seines Vaters nach glänzend bestandenem juristischen Examen dem bergmännischen Berufe entsagte und sich dem Staatsdienste in der allgemeinen Verwaltung widmete. Nach kurzem Accesse bei dem Justizamte, der Amtshauptmannschaft und der Landesdirection wurde er bei der Neuorganisation der Verwaltungs- und Justizbehörden (1. Mai 1835) zunächst ohne Gehalt bei der Kreisdirection Dresden und, nachdem eine archivalische Arbeit über die Altenburger Grenzstreitigkeiten Anerkennung gefunden hatte, mit einem Jahresgehalte von 300 Thalern bei der Kreisdirection Leipzig angestellt, wo er am 5. Juni 1841 zum Regierungsrathe aufrückte. Hier hatte er Gelegenheit, unter Leitung v. Falkenstein’s, des nachmaligen Ministers, die verschiedensten Zweige der Verwaltung gründlich kennen zu lernen. Namentlich vertiefte er sich als von der Regierung ernanntes Mitglied der sächsisch-bairischen Eisenbahngesellschaft in das Eisenbahnwesen und nahm die diesbezüglichen Einrichtungen anderer Länder auf einer längeren Reise durch Deutschland, Holland und Belgien in Augenschein. Nach elfjährigem Aufenthalte in Leipzig, dem er reiche Anregungen zu danken hatte, siedelte er November 1846 nach Dresden über und trat als Referent in das Ministerium des Innern ein. Dank seiner während des Dresdener Barrikadenkampfes bewiesenen Unerschrockenheit, Ruhe, Umsicht und Energie stieg er bereits am 6. (bezw. 7.) Mai 1849 zum Minister des Innern auf; auch die Leitung des Finanzministeriums wurde ihm vorübergehend übertragen. Der Uebergang aus der Revolutionszeit zu geordneten Verhältnissen im Staate machte ihm viel Arbeit. Allerorten ließ er das Verhalten der städtischen Collegien und Gemeindevertretungen sorgfältig prüfen und auf Grund dieser Untersuchungen die Personalverhältnisse neu regeln. Allenthalben mußte das Ansehen der Regierung wieder gefestigt und fast alle inneren Verhältnisse des Staates neu geordnet werden. Da die Stände hierfür wenig Verständniß zeigten, setzte F. 1851 die Auflösung des „Unverstandslandtages“ und nach Aufhebung der provisorischen Gesetze vom 15. November 1848 die Einberufung der alten, auf der Verfassung von 1831 beruhenden Stände durch, ein Schritt, der zwar bei den einzelnen Parteien, der Leipziger Universität und der Presse als Staatsstreich verschrieen, aber doch schließlich segensreich empfunden wurde. Im übrigen ließ sich F. die Hebung der sächsischen Industrie, über deren Verhältnisse er sich auf häufigen Reisen durch das ganze Land unterrichtete, möglichst angelegen sein. Die große deutsche Industrieausstellung 1850 in Leipzig machte ihm viel Mühe. Um die Stellung des sächsischen Gewerbes auf der ersten Weltausstellung beurtheilen zu können, scheute er Mai 1851 eine Reise nach London nicht. Indem er dabei gleichzeitig den staatlichen Einrichtungen Englands seine Aufmerksamkeit schenkte, brachte er reiche Erfahrungen mit nach Hause, die namentlich dem Gefängniß- und Strafanstaltswesen Sachsens zu Gute kamen. Nach seiner Rückkehr machte er sich an die schwierige Aufgabe, eine Trennung der Justiz und Verwaltung in den Unterinstanzen nach dem Vorbilde der bereits bestehenden Sonderung in den Ober- und Mittelbehörden durchzuführen. Mitten in dieser aufreibenden Arbeit sah er sich infolge des sogenannten Zollkrieges 1852 zum Austritt aus dem Ministerium genöthigt. Als Oesterreich bei den durch Preußens rücksichtsloses Benehmen verstimmten Kleinstaaten auf Sprengung des Zollvereins hinarbeitete und Beust mit nachträglicher Billigung des Königs auf der Münchner Conferenz ziemlich eigenmächtig in diesem Sinne gewirkt hatte, reichte F. am 24. September seine Entlassung ein, da er in Uebereinstimmung mit dem Finanzminister Behr die Zukunft des deutschen Binnenhandels allein in Erneuerung des alten Zollvereins sah. Ungern wurde sie ihm vom Könige am 3. October 1852 unter [145] Verleihung des Großkreuzes vom Civilverdienstorden gewährt. Tief verstimmt begab er sich nach der Schweiz, deren Großartigkeit belebend auf seinen gesunkenen Lebensmuth wirkte, und bereiste Italien, wohin es ihn schon immer gezogen hatte. Aus Rom wurde er in die Stelle eines Kreisdirectors nach Zwickau berufen. Ueber Marseille, Lyon und Straßburg in die Heimath zurückgekehrt, trat er im Mai 1853 seine neue Thätigkeit an, die von reichem Erfolge begleitet war. Er bahnte die Abschaffung der veralteten Zunftverfassung und Einführung der Gewerbefreiheit an. Nothständen der Bevölkerung, die durch ungünstige Verhältnisse der Absatzgebiete für die Industrieerzeugnisse, namentlich Amerikas, hervorgerufen und besonders drückend 1854/55 und 1857 empfunden wurden, suchte er durch zweckmäßige Staatsunterstützungen, Anlegung neuer Eisenbahnen und Einführung eines unbedingt freien Getreidehandels zu begegnen. Den Betrieb des Kohlenbergbaues unterzog er einer Neuordnung und verhalf den gewerblichen Lehranstalten, namentlich den Klöppelschulen, zu neuer Blüthe. Aus dieser segensreichen Wirksamkeit, die ihm die Liebe seines ganzen Kreises und Ehrungen aller Art, namentlich die Ernennung zum Ehrenbürger zahlreicher Städte einbrachte, schied er Ende 1858, um mit dem 1. Januar 1859 an die Spitze des Finanzministeriums zu treten, das bisher Behr, von nun an Justizminister, verwaltet hatte. Der Zeitpunkt der Uebernahme war denkbar ungünstig, da die durch den Krieg in Italien bedingte Mobilmachung der sächsischen Armee außerordentliche Anforderungen an die Staatskasse stellte. Erst nach Ueberwindung dieser Schwierigkeiten, die ähnlich 1863 bei Entsendung sächsischer Truppen nach Holstein wiederkehrten, konnte F. an Verbesserung der Finanzen gehen. Durch sparsame Verwaltung, namentlich aber durch bessere Ausnützung der staatlichen Einnahmequellen, gelang ihm die Erzielung erheblicher Ueberschüsse, die er zur Erhöhung der Staatsdienergehälter verwendete. Den Bergbau förderte er in vieler Beziehung. Er erließ ein neues Berggesetz, ordnete den Betrieb der fiscalischen Hütten und des Steinkohlenwerkes zu Zaukerode und setzte großartige Anlagen, wie z. B. den Bau des Rothschönbergschen Stollens, fort. Die Meißner Porzellanmanufactur erweiterte er unter Verlegung von der Albrechtsburg nach dem Triebischthale. Die Elbschiffahrt belebte er neu durch Regulierung des Fahrwassers und Aufhebung der Elbzölle. Eisenbahnen baute er in großer Zahl und kaufte viele der bestehenden Privatbahnen für den Staat an. Das gesammte Eisenbahnwesen aber reorganisirte er durch Errichtung der Generaldirection. Endlich schuf er 1861 die Landescultur- und Altersrentenbank, von denen sich namentlich erstere bestens bewährte. In der Zollvereinskrisis von 1862 zögerte er nicht, ohne Rücksicht auf möglicherweise mit Oesterreich entstehende Schwierigkeiten den Abschluß des von Napoleon III. angeregten Handelsvertrages zwischen Frankreich und dem deutschen Zollverein seiner Regierung anzuempfehlen, da er sich von demselben Vortheile für ganz Deutschland versprach.

Bei Ausbruch des Krieges 1866 wußte er durch geeignete Maßnahmen die großen Baarbestände der Staatscasse vor Beschlagnahme durch Preußen zu sichern. Als Mitglied der Landescommission, die nach seinem Plane für die Zeit der Abwesenheit des Königs gebildet wurde, hütete er sich trotz persönlicher Anfeindungen mannichfacher Art vor jedem unbedachten Schritte, den das Land schwer hätte büßen müssen. Dafür wurde er so wenig, wie Falkenstein und Schneider, von seinem Könige fallen gelassen, als bei Beginn der Nikolsburger Friedensverhandlungen das Gesammtministerium, um Beust zum Rücktritte zu bewegen, seine Entlassung nachsuchte. Vielmehr erhielt er, da auch die Geldfrage eine große Rolle in der Auseinandersetzung mit Preußen spielte, den wenig angenehmen, aber ehrenvollen Auftrag, zusammen mit Graf [146] Hohenthal über den Frieden zu verhandeln. Versehen mit einer Instruction, die er am 12. bis 15. August in Wien selbst hatte entwerfen und ausarbeiten müssen, traf er am 19. August in Berlin ein. Die erste Unterredung mit Bismarck am 20. August war so entmuthigend, daß beide Bevollmächtigte am liebsten sofort wieder abgereist wären. Auch in der Folgezeit blieben ihnen mannichfache Enttäuschungen und selbst Demüthigungen nicht erspart. Aber mit Selbstverleugnung und Geduld glückte es ihnen endlich, die Verstimmung Preußens gegen Sachsen, die sich während der Verhandlungen noch durch verschiedene Anlässe steigerte, zu beseitigen, und die vielleicht absichtliche Langsamkeit im Geschäftsbetriebe der preußischen Behörden, der in Abwesenheit des erkrankten Bismarck jeder Einheit und Klarheit zu entbehren schien, zu überwinden. Nach reichlich acht Wochen gelangten sie mit dem Geheimen Rathe v. Savigny, der zum Commissar für die Verhandlungen mit Sachsen bestimmt war, zur Verabredung eines Friedensvertrages, der am 23. October von König Johann zu Teplitz unterzeichnet wurde. Am 25. October tauschten Savigny und Hohenthal in Berlin die Ratificationsurkunden aus. Für schnelle Bezahlung der im Frieden geforderten 10 Millionen Thaler Kriegskostenentschädigung sorgte F. Bereits am 1. November, also sechs Tage nach Abschluß des Friedens, lieferte er 5 Millionen und am 7. December den Rest ab. Hier, wie überhaupt während des ganzen Krieges, legte er eine staunenswerthe Geschicklichkeit in der Behandlung von Geldgeschäften an den Tag.

Für seine aufopfernde Thätigkeit in Berlin erntete er die volle Anerkennung seines Königs. Er erhielt den höchsten sächsischen Orden, die Rautenkrone, und wurde außerdem am 26. October 1866 zum Minister des Auswärtigen ernannt, so daß er nunmehr zwei Ministerien vorstand. Als solcher nahm er an der vom 15. December 1866 bis zum 9. Februar 1867 tagenden Conferenz der verbündeten Regierungen theil, die über Gestaltung des Norddeutschen Reichstages beriethen. Später wohnte er als stimmführendes Mitglied den Sitzungen des Bundesrathes bei, führte sogar mehrmals für Bismarck den Vorsitz in demselben. Endlich vertrat er auch Sachsen als Commissar im Reichstage und gab hier, wie im Bundesrathe, wiederholt Proben seiner glänzenden Beredtsamkeit. Von vornherein trat er, wo er konnte, mit Entschiedenheit für eine Politik ein, „die offenkundig in einem aufrichtigen und rückhaltlosen Anschließen an das Reich und seine Verfassung“ bestand, ohne dabei auf „Erhaltung einer mit der Reichsidee und mit dem allgemeinen Interesse des Ganzen vereinbaren Selbständigkeit der Einzelstaaten“ zu verzichten. Dieser Standpunkt und die Art, wie er ihn vertrat, fanden allgemeinen Beifall. „Sehr gefallen hat mir“, schreibt z. B. der Gothaer Staatsminister v. Seebach am 24. Januar 1867, „der neu eingetretene Friesen, ein sehr gescheidter Mann, von sehr rascher Faßlichkeit und durch und durch sicher, wie sein König jetzt ehrlich sein soll“. Auch Bismarck wollte ihm von Anfang an wohl. Er vertraute ihm in jeder Beziehung und ließ ihn mehr als einmal merken, daß, wie er es in einem Briefe vom 22. Juli 1869 ausdrückte, „der Versuch, Mißtrauen zwischen ihnen beiden zu säen, gar keinen Boden finden würde, auf dem er haften könnte“. (Bismarck-J.B. VI, 206.) F. verkehrte auch viel beim Reichskanzler und hatte 1868 sogar die Ehre, ihn am 3. und 12. December in Dresden als seinen Gast begrüßen zu können.

1870/71 hatte F. mehrmals Gelegenheit, eine Rolle zu spielen. In der denkwürdigen Bundesrathssitzung vom 16. Juli 1870, in der Bismarck die Unvermeidlichkeit des Krieges mit Frankreich erklärte, sprach er im Namen seiner und aller Bundesregierungen „das Einverständniß mit allen bisherigen Schritten des Bundespräsidiums und mit der von Preußen kundgegebenen [147] Auffassung der Sachlage“ aus. „Frankreich“, schloß er mit Nachdruck, „will den Krieg. Möge derselbe denn möglichst schnell und kräftig geführt werden!“ Als dann, im Herbste 1870 die süddeutschen Staaten zum Eintritt in den norddeutschen Bund veranlaßt werden sollten, wurde er zusammen mit dem Staatsminister Delbrück mit Führung der Verhandlungen betraut. Begleitet von dem Geheimen Legationsrathe v. Watzdorf, dem nachmaligen Finanzminister, begab er sich am 24. October 1870 nach Versailles und trug in dieser schwierigen, für Gründung des deutschen Reiches so wichtigen Angelegenheit das Seine zum Zustandekommen der Verträge bei, die am 15. November mit Baden und Hessen in Versailles, am 23. November mit Baiern und am 25. mit Württemberg in Berlin abgeschlossen wurden. Die durch sein offenes und ehrliches Eintreten für die neuen Verhältnisse dem deutschen Reiche geleisteten Dienste wußte Kaiser Wilhelm wohl zu würdigen. Bei der Goldenen Hochzeit König Johann’s 1872 überreichte er dem verdienten Staatsmanne in Dresden persönlich den Schwarzen Adlerorden.

Nach Beendigung des Krieges widmete sich F., am 1. October an Stelle v. Falkenstein’s mit dem Vorsitze im Gesammtministerium betraut, wieder mit bestem Erfolge der inneren Politik seines Vaterlandes. Indem er die Steuergesetzgebung einer Umwandlung unterzog, schuf er den Uebergang zur Einkommensteuer. Für die Staatsschulden führte er die Rentenform ein. Die Privatbahnen übernahm er sammt und sonders auf den Staat. Außerdem wirkte er segensreich für die königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, deren Direction ihm am 1. Juli 1869 übertragen worden war. Für dieses neu geschaffene Amt brachte er nicht nur ausgesprochene Neigung, sondern auch tiefgehendes Verständnis mit. Schon in der frühsten Kindheit von seinem Vater in die Kunstwissenschaft eingeführt, hatte er seine Kenntnisse auf Reisen nach Italien, Belgien, Holland (1857) u. s. w., sowie durch Anlegung einer Sammlung auserlesener Bilder und kunftgewerblicher Gegenstände vertieft. Wie gründlich sein Wissen war, bezeugt seine Schrift über „Das Schaffen in der bildenden Kunst“ (Dresden, W. Baensch), worin er sein ästhetisches Bekenntniß in einer schlichten, jedem Laien verständlichen Sprache ablegte. Die königlichen Sammlungen haben ihm viel zu danken. Zunächst schuf er für sie eine neue Verwaltungsbehörde in der Generaldirection und berief an ihre Spitze geeignete Kräfte (1870 v. Zahn aus Weimar, 1873 Roßmann aus Düsseldorf). Von dem Antheile Sachsens an der französischen Kriegskostenentschädigung wandte er durch Gesetz vom 25. Juni 1874 450000 Mk. den Sammlungen zur Verstärkung ihres Reservefonds und 300000 Mk. zu allmählicher Verwendung für Zwecke der modernen Kunst zu. Ebenso setzte er bei den Ständen regelmäßige Zuschüsse zur Vermehrung der Sammlungen durch. Für das zoologische und ethnographische Museum kaufte er die Sammlung Hofrath Dr. Meyer’s an, den er zum Director beider Institute ernannte. Ebenso bereicherte er die Porzellan- und Gefäßsammlung, die er zusammen mit der historischen in dem umgebauten Johanneum (alten Galeriegebäude) unterbrachte, um die werthvolle Wittgenstein’sche Vasensammlung. Auch sei an dieser Stelle der Anregung, die er zur Wiederherstellung und Ausschmückung der Albrechtsburg in Meißen gab, und des neuen Hoftheaters gedacht, das unter seiner Leitung für das 1869 abgebrannte errichtet wurde.

Schwierigkeiten in der äußeren Politik veranlaßten F. 1876 jüngeren Kräften Platz zu machen. Nachdem er noch mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften das Bismarck’sche Project einer Vereinigung der Staatsbahnen aller deutschen Bundesstaaten zur Reichseisenbahn bekämpft hatte, reichte er seine Entlassung aus Staatsdiensten ein und erhielt sie in einem huldvollen [148] Schreiben König Albert’s vom 31. October 1876. Seitdem wurde sein Name nur noch ein Mal in der Oeffentlichkeit genannt, als er 1878 vom conservativen und Reichsvereine zu Dresden als Reichstagscandidat für Dresden-Altstadt aufgestellt wurde. Still verbrachte er den Rest seines thatenreichen Lebens. Alljährlich reiste er ein paar Monate nach Italien, wo er schließlich jede irgendwie interessante Stadt kannte, die übrige Zeit verbrachte er zurückgezogen in Dresden, mit Niederschrift seiner Lebenserinnerungen beschäftigt. Sehr breit angelegt und bisweilen auch nicht ganz zuverlässig bilden die drei Bände, von denen der letzte (1866 ff.) bisher ungedruckt blieb, eine wichtige, oft sogar unentbehrliche Quelle zur neuesten Geschichte Sachsens. Infolge der oft sehr herben Beurtheilung zeitgenössischer Persönlichkeiten riefen diese Denkwürdigkeiten eine Reihe scharfer Kritiken und Entgegnungen, namentlich Flathe’s und Beust’s (s. u.), hervor.

Geistig und körperlich frisch, nur von einem rasch zunehmenden Ohrleiden heimgesucht, das ihn auch an der Annahme einer vom Könige angebotenen Stelle als Mitglied der ersten Kammer hinderte, verschied er nach zweitägigem Krankenlager in der Morgenstunde des 25. Februar 1884. In ihm verlor die Welt einen Mann, der getragen von patriotischer Gesinnung und ausgestattet mit nie erlahmender Pflichttreue Sachsen und seinem Königshause in bewegten Zeiten hervorragende Dienste geleistet und sich auch in der deutschen Politik einen geachteten Namen zu verschaffen gewußt hat.

Vgl. R. Frhr. v. Friesen, Erinnerungen aus meinem Leben. 2 Bände. Dresden 1880. Dazu F. Graf Beust, Erinnerungen zu Erinnerungen (Leipzig 1881), und Th. Flathe, Die Memoiren des Herrn v. Friesen, im 46. Bande von Sybel’s histor. Zeitschr. (1881). – [v. Thümmel, v. Watzdorf, v. Friesen], Nachruf im Dresdner Journal vom 6. März 1884. – E. Frhr. v. Friesen, Gesch. der reichsfreiherrl. Familie von Friesen I (Dresden 1899), S. 267–278. – M. Dittrich, R. Frhr. v. Friesen, in der Illustr. Ztg. vom 15. März 1884. – O. Banck, Staatsminister Frhr. v. Friesen in seiner Stellung zur Kunst, im Dresdner Journal vom 18. März 1884. – P. Hassel, Aus d. Leben d. Königs Albert v. Sachsen. 2 Theile. Berlin u. Leipzig 1898–1900. – H. v. Poschinger, Fürst Bismarck u. der Bundesrath. Stuttgart u. Leipzig 1897–1898.